„Es gibt nichts, was wir nicht können“, ist das Motto von Helmut Moser, dem Chef der MMGA. Ähnliches könnte auch für Andreas Thierry gelten, der eine bewegte Vergangenheit als Neonazi in Österreich und Deutschland hinter sich hat.
Thierry (41) ist schon lange aktiv. Zunächst in der „Volkstreuen Jugendoffensive“, wo er auf Franz Radl traf, als Schreiber beim Neonazi-Blatt „Volk in Bewegung“ und als österreichischer Verbindungsmann zur in Deutschland verbotenen „Nationalistischen Front“.
Aus den späten 80er- und frühen 90er-Jahren rührt auch seine Bekanntschaft mit Heinz-Christian „Heinrich“ Strache, dem Chef der FPÖ. Bei Wehrsportübungen, von Strache verniedlichend Paintball-Treffen genannt, traf sich die Crème de la Crème der damaligen Neonazi-Szene. Andreas Thierry, Jürgen Hatzenbichler, Markus U., Andreas R. – und eben auch Strache.
Markus U. und Andreas R. machten nach einer Zwischenstation bei der Volkstreuen Außerparlamentarischen Opposition (VAPO) des Gottfried Küssel unter Schwarz-Blau-Orange Karriere: R. als Sektionschef im Verkehrsministerium (BMVIT), U. zunächst auch im BMVIT, dann bei AustriaTech.
1989 wurden Strache, Thierry und Wolfgang Nahrath, Chef der Wiking-Jugend, bei der jährlich stattfindenden und polizeilich verbotenen neonazistischen Silvesterdemo an der „Zonengrenze“ (Hilders an der Rhon) festgenommen. 1995 wurde Thierry wegen eines gemeinsam mit Helmut Adolf Sch. 1992 produzierten Flugblattes zur Waffen-SS zu einer bedingten Haftstrafe wegen Wiederbetätigung verurteilt (18 bzw. 15 Monate)*. Es war die Zeit der Briefbomben, in der die Exekutive etliche Neonazis hinter Gitter brachte oder zumindest anklagte (Küssel, Schimanek, Radl, Thierry usw.). Nach der Verurteilung emigrierte Thierry nach Deutschland, wo er als Redner und Schreiber für diverse Neonazi-Vereine und ‑Organe tätig war. 1999 wurde ihm vom NPD-Vorstand das „Amt für weltanschauliche Schulungen“ übertragen.
Seine Kontakte aus der deutschen „Emigration“ nach Österreich blieben aber weiterhin intensiv: Thierry wird als Schüler der Nazi-Ikone Herbert Schweiger erwähnt, hält Kontakt zu den Kameraden vom Bund freier Jugend (BfJ) in Oberösterreich, ist auch des öfteren bei den Ulrichsberg-Feierlichkeiten, Referent bei der AfP-Akademie. Er verfügt offensichtlich auch über Geld. 2004 ersteigert er einen leerstehenden Gasthof in Ellwangen, den er zu einem Schulungszentrum für Neonazis und später zum Zentrum des Verlagshauses Hohenberg macht, das unter anderem „Volk in Bewegung“ herausbringt.
2006 setzt sich Thierry im „Jugend-Echo“, der Zeitschrift des BfJ, mit der „neuen“, der Strache-FPÖ auseinander und bezweifelt, ob die FPÖ wieder als Hoffnungsträger der Nazionalen firmieren könnte. Für ihn hängt die Einschätzung davon ab, ob Strache ein Bekenntnis zum deutschen Volk und zum Volkstumsbegriff abgeben würde – eine Frage, die sich seit dem jüngsten Parteitag in Graz geklärt haben dürfte. Im April 2009 wird Thierry in den Bundesvorstand der NPD gewählt. Ob diese Funktion des Österreichers Thierry nicht schon einen Tatbestand nach dem Verbotsgesetz begründet?
Im September 2010 verlässt Thierry den Bundesvorstand der NPD und tritt auch aus der Partei aus. Als Grund wird genannt, dass Thierry als Vertreter eines klar nationalsozialistischen und antisemitischen Flügels in der NPD, die gerade in Fusionsvorbereitungen mit der Deutschen Volksunion (DVU) war, keine Perspektive mehr gesehen habe. 2011 verlässt er auch Geschäftsführung und Redaktion von „Volk in Bewegung“. Auch der ihm zugeschriebene Blog nidinfo.wordpress.com, auf dem FPÖ-Interna wie der Brief des stellvertretenden Klubobmannes Fichtenbauer mit der Fax-Kennung Gudenus faksimiliert wiedergegeben wurde, ist verwaist.
Jetzt ist Thierry, mit einem zweiten Namen ausgestattet (Andreas Reichl), in Oberösterreich gelandet und hat dort – Überraschung! – zwei Kameraden aus jüngsten Tagen, Stefan Magnet und Rene Hönig vom früheren BfJ als Mitarbeiter vorgefunden. Ob Thierry auch schon Gelegenheit hatte, seine alte Bekanntschaft mit Strache aufzufrischen? Ab Oktober soll er in Wien beruflich tätig sein, da sollte sich schon ein Treffen mit Kramen in alten Fotos, Austausch von Erinnerungen und Fachsimpeln über den Deutschtumsbegriff ausgehen!
*1995: Verurteilung zu einer bedingten Haftstrafe von zwei Jahren, in einer Berufungsverhandlung (ebenfalls 1995) auf 18 Monate herabgesetzt. Helmut Adolf Sch.: Verurteilung zu einer 15-monatigen bedingten Haftstrafe. Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung wurden im selben Jahr abgewiesen.
➡️ derstandard.at (8.9.11): Ex-NPDler wirkte mit falschem Namen als Journalist