Salzburg: Prozess nach Verbotsgesetz vertagt
Ried/OÖ: Zwei Berufungen durch die Staatsanwaltschaft
OÖ: FPÖ-Chef Haimbuchner setzt Journalisten mit Islamisten gleich
Graz: Ex-FPÖler und Polizist Michael Winter von FPÖ geoutet
Österreich-EU: Schlechtester Platz in Rassismus-Studie
Telfs/T: Massenschlägerei und NS-Parolen
Ampflwang/OÖ: Hakenkreuz-Schmierage auf Gemeindeamt
Gallneukirchen/OÖ: Zahlreiche NS-Aufkleber im Ort verteilt
Deutschland: Razzien im Neonazi-Musikproduktionsmilieu
Salzburg: Prozess nach Verbotsgesetz vertagt
Ein Geschworenenprozess nach dem Verbotsgesetz am Salzburger Landesgericht wurde vergangenen Montag auf 27. November vertagt. Angeklagt ist ein 53-jähriger Portugiese, dem angelastet wird, er habe Anfang April dieses Jahres zwei SPÖ-Wahlhelfer beim Anbringen eines Plakats beschimpft und sinngemäß gesagt, es brauche „wieder einen Hitler“. Die Verteidigung konterte, der Mann habe den NS nicht glorifizieren, sondern im Gegenteil mahnen wollen, denn das Plakat habe ihn an die faschistische Diktatur in Portugal erinnert. Die Richterin vertagte, auch weil eine physische Erkrankung des Mannes angeführt wurde – sie will die behandelnden Ärzt*innen hören. (Quelle: Salzburger Nachrichten, 24.10.23, S. L4)
Ried/OÖ: Zwei Berufungen durch die Staatsanwaltschaft
In den vergangenen Wochen fanden im Landesgericht Ried mehrere brisante Prozesse nach dem Verbotsgesetz bzw. im Zusammenhang mit neonazistischer Aktivität statt. Nun wurden zwei Berufungen nach Schuldsprüchen angemeldet.
Es geht einmal um Daniel F., jenen Neonazi, der wegen seiner im Schwimmbad Braunau zur Schau gestellten NS-Tattoos für Aufregung gesorgt hatte und zu 24 Monaten Haft, davon acht unbedingt, verurteilt wurde. Dem Staatsanwalt ist das zu wenig. Er erklärte gegenüber den „Oberösterreichischen Nachrichten“ zu dem lange amtsbekannten Wiederholungstäter:
„Es war die vierte Verurteilung wegen des Verbrechens nach 3g Verbotsgesetz. Der Mann hatte jahrelang Zeit, sich die Nazi-Tätowierungen entfernen zu lassen. Passiert ist trotz dreier einschlägiger Verurteilungen nichts. Daher fordert die Staatsanwaltschaft Ried eine höhere Strafe“. (nachrichten.at, 27.10.23)
Derselbe Staatsanwalt meldete außerdem Berufung gegen die Strafhöhe gegen Manuel S. (aka „Speedy“) an. Der u.a. wegen Vergehen nach dem Waffengesetz und Verbrechen nach dem Verbotsgesetz mehrfach vorbestrafte 42-jährige Innviertler wurde vorletzte Woche wegen des Verkaufs von 420 Gramm Amphetamin zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten unbedingt verurteilt. „Speedy“ ist aus dem Umfeld des inzwischen zerschlagenen neonazistischen Vereins „Objekt 21“ bekannt und steht zudem in mutmaßlicher krimineller Verbindung zu dem rechtsextremen Motorradclub „Bandidos“, bei dem Ende Juni ein riesiges Arsenal von Waffen und NS-Devotionalien gefunden wurde. Vor diesem Hintergrund wundert es kaum, dass dem Staatsanwalt das Urteil zu milde ist. Das Oberlandesgericht Linz muss nun über die beiden Berufungen entscheiden. (nachrichten.at)
OÖ: FPÖ-Chef Haimbuchner setzt Journalisten mit Islamisten gleich
Der oberösterreichische FPÖ-Chef und Landeshauptmann-Stv. Manfred Haimbuchner hat in einer Rede, die von dem Journalisten Dietmar Mascher (OÖ-Nachrichten) in einem Social-Media-Post zitiert wurde, folgenden Satz vom Stapel gelassen: „Wenn Herbert Kickl Kanzler wird, wird er einigen Benehmen beibringen: Islamisten und Journalisten.“
Der infame Satz zielt einerseits darauf ab, unliebsame Journalist*innen mit islamistischen Mörderbanden gleichzusetzen. Andererseits bedient er durch die Verwendung des moralisierenden und entpolitisierenden Begriffs „Benehmen“ ein autoritäres Bedürfnis nach Ab- und Bestrafung, das für die rechtsextreme Führerkult-Partei FPÖ typisch ist. Die SPÖ-Parlamentarierin Sabine Schatz hat Haimbuchners Bemerkung via X (vormals Twitter) aufgegriffen und die berechtigte Frage gestellt, was der ÖVP-Landeshauptmann Stelzer zu derlei autoritären Ergüssen sagt:
Ich habe eine Frage. Was sagt eigentlich Landeshauptmann Stelzer zu diesen Angriffen seines Stellvertreters Haimbuchner auf die Presse? Das laute Schweigen der ÖVP in OÖ zu derartigen Aussagen des Koalitionspartners FPÖ ist nicht mehr tragbar! pic.twitter.com/rVdg3WnF65
— Sabine Schatz (@SabineSchatz) October 25, 2023
Graz: Ex-FPÖler und Polizist Michael Winter von FPÖ geoutet
Michael Winter war langjähriger FPÖ-Politiker in Graz, bis er zum KFG („Korruptionsfreier Gemeinderatsklub“) wechselte, für den er nun im Gemeinderat sitzt. Dabei handelt es sich um eine FPÖ-Abspaltung, die nach dem dortigen Kollaps der Partei im Zuge eines Finanzskandal gegründet wurde. Winter ist außerdem Polizist. Vergangene Woche, am 25.10., war er allerdings der Grund eines Polizeieinsatzes: Er soll seine Ehefrau im Gesicht verletzt haben, Details sind nicht bekannt. Allerdings erhielt er, wie es bei potenziellen Gefährdern vorgeschrieben ist, eine polizeiliche Wegweisung und zudem ein vorübergehendes Waffenverbot. (orf.at, 26.10.23)
Dass es sich bei der Person um Michael Winter handelt, wurde von der steirischen FPÖ in einer Presseaussendung geoutet, die eindeutig auf seine Person schließen lässt, ohne jedoch den Namen genannt zu haben. Damit zeigt die freiheitliche Truppe erneut die intime Feindschaft, die sie mittlerweile mit ihren Ex-Parteiangehörigen verbindet – was wohl auf Wechselseitigkeit beruht. Das Outing hat Winter dann offenbar zum Anlass genommen, seine Unschuld gegenüber der „Kleinen Zeitung“ zu beteuern, der er auch die Zeugeneinvernahme seiner Frau zur Untermauerung vorlegte. (kleinezeitung.at, 27.10.23)
Winter wurde übrigens im Jahr 2008, als er steirischer RFJ-Obmann war, rechtskräftig wegen Verhetzung verurteilt, womit er seiner Mutter, Susanne Winter, zuvor kam: Sie wurde bekanntlich als FPÖ-Abgeordnete im Jahr 2009 wegen einer inhaltlich ähnlichen rassistischen Verhetzung verurteilt.
Österreich-EU: Schlechtester Platz in Rassismus-Studie
In einer empirischen Studie zu Rassismus gegen schwarze Menschen, die letzte Woche von der Europäischen Agentur für Grundrechte (FRA) veröffentlicht wurde, schneiden Deutschland und Österreich unter den 13 befragten Staaten am schlechtesten ab. „Demnach gaben 76 beziehungsweise 72 Prozent der Befragten an, in den vergangenen fünf Jahren wegen ihrer Hautfarbe, Herkunft oder Religion benachteiligt worden zu sein.“ (derstandard.at, 25.10.23)
Der Durchschnitt aller 13 Länder liegt bei 45 Prozent aller Befragten. Insgesamt ist das Ergebnis alarmierend, denn im Vergleich zu einer vorigen Studie aus dem Jahr 2016 ist ein deutlicher Anstieg von Rassismuserfahrungen zu verzeichnen. Der FRA-Direktor O’Flaherty nennt diesen Trend „schockierend“ und fordert die EU-Staaten auf, einerseits bei der Erhebung ihrer Daten genauer zu werden und andererseits Straftaten mit rassistischem Hintergrund härter zu bestrafen. Ganz an der Spitze liegt Österreich in der Studie auch hinsichtlich Diskriminierung durch die Polizei und Diskriminierung bei der Arbeitssuche. Bei rassistisch motivierten Übergriffen liegt Österreich im vorderen Feld, ebenso bei persönlichen Gewalterfahrungen und rassistischen Beleidigungen/Drohungen an Schulen. (Quelle: derstandard.at, 25.10.23)
Telfs/T: Massenschlägerei und NS-Parolen
Am Abend des 28.10. kam es in Tefls zu einer heftigen Schlägerei zwischen zwei Gruppen beim lokalen Sportzentrum. Nach polizeilichen Angaben wurden dabei fünf Personen verletzt, drei von ihnen mussten in ein Innsbrucker Krankenhaus gebracht werden. Eine Person soll währen des Gewaltexzesses mehrmals mit erhobener Hand „Sieg Heil“ und „Heil Hitler“ geschrien haben, die Polizei erstattete Anzeige nach dem Verbotsgesetz. (Quelle: tt.com, 29.10.23)
Ampflwang/OÖ: Hakenkreuz-Schmierage auf Gemeindeamt
In der Gemeinde Ampflwang wurde zum zweiten Mal innerhalb von wenigen Wochen das Gemeindeamt, in dem auch die örtliche Polizeiwache untergebracht ist, mit Hakenkreuzen und Beschimpfungen beschmiert. Anzeigen nach dem Verbotsgesetz wurden erstattet (meinbezirk.at, 30.10.23). Die lokale Politik, insbesondere der SPÖ-Bürgermeister Christian Kienast, reagierte gegenüber den „Oberösterreichischen Nachrichten“ mit Empörung. Betont wurde auch, dass
die Gemeinde erst kürzlich einen „Meilenstein“ in der Erinnerungskultur gesetzt hatte. Wie berichtet, wurde am 7. Oktober eine Gedenktafel für die Ampflwanger Kaufmannsfamilie Grüner enthüllt. Oskar, der jüngste Sohn der Familie, wurde im Alter von 13 Jahren im Vernichtungslager Auschwitz von den Nazis ermordet. (OÖ Nachrichten, 30.10.23, S. 24)
Es ist davon auszugehen, dass die braunen Vandalenakte im Zusammenhang mit der Enthüllung der Gedenktafel stehen.
Gallneukirchen/OÖ: Zahlreiche NS-Aufkleber im Ort verteilt
Es ist heuer bereits der dritte Vandalenakt mit neonazistischem Hintergrund in der Gemeinde Gallneukirchen: Vergangene Woche wurden zahlreiche Aufkleber mit Slogans wie „NS-Zone“ oder „Fuck Antifa“ im Ort angebracht, etwa an Plakatständern und Laternenmasten, aber auch an Schaukästen der Sozialistischen Jugend (SJ) und der Grünen sowie am Jugendzentrumseingang. (Quelle: meinbezirk.at, 30.10.23)
Deutschland: Razzien im Neonazi-Musikproduktionsmilieu
In Deutschland erfolgte am 26.10. ein großer behördlicher Schlag gegen ein international agierendes Neonazi-Musiknetzwerk. Der Rechtsextremismusexperte Andreas Speit berichtete darüber ausführlich für die taz:
Wie das niedersächsische Innenministerium mitteilte, durchsuchten rund 250 Einsatzkräfte drei Objekte in Niedersachsen sowie weitere in Hamburg, Berlin, Thüringen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg – sowie eines auf Mallorca. (…) Im thüringischen Fretterode fand bei der langjährigen NPD-Größe Thorsten Heise eine Razzia statt. Die ZKI (die ermittelnde Zentrale Kriminalinspektion Oldenburg, Anmerkung SdR) hält ihm und weiteren Beschuldigten vor, durch den Vertrieb von „volksverhetzender rechtsextremer Musik“ eine „kriminelle Vereinigung“ zu bilden“ (taz.de, 26.10.23)
Den Hausdurchsuchungen waren nach Polizeiangaben monatelange Ermittlungen vorangegangen, Niedersachsen dürfte den Schwerpunkt dabei gebildet haben – drei Objekte wurden hier durchsucht.
Mit dem Verbot der „Hammerskins“ gab es erst vor kurzem einen groß angelegten Schlag gegen die Neonaziszene in Deutschland, bei dem ebenfalls Rechtsrock-Strukturen zentraler Bestandteil der Ermittlungen waren. (Quelle: taz.de)