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MKÖ muss Broschüre ergänzen: Neun neue FPÖ-„Einzelfälle” in nur acht Wochen

Im August hat das Maut­hau­sen Komi­tee Öster­reich (MKÖ) eine Bro­schü­re über rechts­extre­me Akti­vi­tä­ten von FPÖ-Poli­­ti­kern ver­öf­fent­licht. Die­se Bro­schü­re stellt rund 60 „Ein­zel­fäl­le” aus der jün­ge­ren Ver­gan­gen­heit dar. Ein enor­mes Medi­en­echo und eine brei­te Debat­te waren die Fol­ge. Nun muss das Maut­hau­sen Komi­tee die­se Bro­schü­re bereits ergän­zen: In den acht Wochen seit Redak­ti­ons­schluss haben FPÖ-Poli­­ti­ker für […]

3. Okt 2017

Und wie­der sind Ras­sis­mus, Anti­se­mi­tis­mus und NS-Wie­der­be­tä­ti­gung Teil der „Ein­zel­fäl­le“: Es wird die Wie­der­eröff­nung des Kon­zen­tra­ti­on­la­gers Maut­hau­sen gefor­dert, Nazi-Dik­ti­on wie „Sau­ju­den“ wird ver­wen­det und es wird gegen Kin­der mit „fal­scher“ Her­kunft gehetzt.

„Es ist eine Schan­de, dass die FPÖ sogar Volks­schul­kin­der an den Pran­ger stellt, wenn deren Eltern zuge­wan­dert sind”, bezieht sich MKÖ-Vor­sit­zen­der Wil­li Mer­nyi auf zwei der geschil­der­ten Fäl­le. „Bun­des­par­tei­ob­mann Stra­che hat sich selbst an die­ser wider­li­chen Stim­mungs­ma­che beteiligt.”



 

„FPÖ-Tschürtz zeigt hochgradige Demokratieunfähigkeit”

Ein „Hot­spot” ist der­zeit das Bur­gen­land: Bei den dor­ti­gen Gemein­de­rats­wah­len kan­di­dier­ten drei FPÖ-Poli­ti­ker, die durch ras­sis­ti­sche, anti­se­mi­ti­sche und neo­na­zis­ti­sche Umtrie­be auf­ge­fal­len sind. „In der Par­tei will nie­mand davon gewusst haben, obwohl die drei Rechts­extre­mis­ten seit Jah­ren ein­schlä­gig aktiv waren”, ist Mer­nyi erstaunt. „Zwei der drei wur­den auch schon straf­recht­lich ver­ur­teilt – einer wegen NS-Wie­der­be­tä­ti­gung, einer wegen Ver­het­zung. Bezeich­nen­der­wei­se hat der frei­heit­li­che Lan­des­haupt­mann-Stell­ver­tre­ter Johann Tschürtz zu die­sen bei­den Fäl­len geschwie­gen und zum drit­ten nur gemeint, wenn kei­ne straf­recht­li­che Ver­ur­tei­lung vor­lie­ge, inter­es­sie­re ihn das nicht. Damit will er nicht nur die Öffent­lich­keit für dumm ver­kau­fen, son­dern zeigt auch eine hoch­gra­di­ge Demokratieunfähigkeit.”

Eben­so scharf kri­ti­siert das Maut­hau­sen Komi­tee Nor­bert Hofer: Der Drit­te Natio­nal­rats­prä­si­dent hat­te wäh­rend einer Fern­seh­de­bat­te die Euro­päi­sche Men­schen­rechts­kon­ven­ti­on in Fra­ge gestellt, weil die­se angeb­lich die Todes­stra­fe zulas­se. Letz­te­re Behaup­tung erwies sich rasch als falsch. „Hofer ist sei­nes Amtes nicht wür­dig, wenn er ver­sucht, mit einer Unwahr­heit eine Grund­la­ge der öster­rei­chi­schen Ver­fas­sung und der euro­päi­schen Eini­gung schlecht zu machen”, sagt Mer­nyi. „Aber damit setzt er den bis­he­ri­gen FPÖ-Kurs fort: Stra­che und Kickl haben ja schon aus­drück­lich eine Ein­schrän­kung der Men­schen­rech­te verlangt.”

„Rechtsextreme Aktivitäten der FPÖ werden nicht plötzlich enden“

„Von einer Mäßi­gung der FPÖ kann kei­ne Rede sein – ganz im Gegen­teil”, fasst der MKÖ-Vor­sit­zen­de die doku­men­tier­ten „Ein­zel­fäl­le” zusam­men. „In nur acht Wochen neun neue „Ein­zel­fäl­le“ sind selbst für die FPÖ ein trau­ri­ger Rekord.“

Rück­fra­gen:
Maut­hau­sen Komi­tee Österreich
Wil­li Mer­nyi, Vorsitzender
Tel. 0664/1036465, E‑Mail: [email protected], Web: www.mkoe.at; www.rechtsextrem.at

Nachstehend die neuen „Einzelfälle” – sie sind auch unter www.mkoe.at abrufbar!

August 2017:

Ein­zel­fall 60
Bun­des­weit berich­ten Medi­en, dass FPÖ-Gemein­de­rats­kan­di­dat Man­fred Sedov­nik aus Andrä am Zick­see 2016 wegen NS-Wie­der­be­tä­ti­gung zu einer Geld­stra­fe von 4.500 Euro ver­ur­teilt wur­de. Er hat­te auf Face­book gefor­dert, das Kon­zen­tra­ti­ons­la­ger Maut­hau­sen wie­der zu öff­nen, und den dama­li­gen Bun­des­prä­si­den­ten Heinz Fischer dort­hin gewünscht. Auch durch gepos­te­te Mord­phan­ta­sien ist Sedov­nik aufgefallen.

(Anm: stopptdierechten.at — Ein Wie­der­be­tä­ti­ger als FPÖ-Kan­di­dat)

Ein­zel­fall 61
Der Ring Frei­heit­li­cher Jugend Kärn­ten pro­tes­tiert gegen den neu­ge­wähl­ten „Mis­ter Kärn­ten”, und zwar aus­drück­lich wegen des­sen Her­kunft und Aus­se­hens. Hin­ter­grund des ras­sis­ti­schen Angriffs: Par­sa Dja­wa­di­raad ist öster­rei­chi­scher Staats­bür­ger und völ­lig inte­griert, stammt aber aus dem Iran.

Ein­zel­fall 62
Es wird öffent­lich bekannt, dass FPÖ-Gemein­de­rats­kan­di­dat Wal­ter Wolf­gang aus Bruck­neu­dorf auch in der neo­na­zis­ti­schen Split­ter­grup­pe „Par­tei des Vol­kes” aktiv war. Auf Face­book hat er zur „Ver­ei­ni­gung” Öster­reichs mit Deutsch­land auf­ge­ru­fen und das Bild eines SS-Sol­da­ten samt dem Spruch „Unse­re Groß­vä­ter waren kei­ne Ver­bre­cher!” ver­brei­tet. Der frei­heit­li­che Lan­des­haupt­mann-Stell­ver­tre­ter des Bur­gen­lan­des, Johann Tschürtz, meint zu die­sen Umtrie­ben eines FPÖ-Poli­ti­kers: „Solan­ge er kei­ne straf­recht­li­che Ver­ur­tei­lung hat, inter­es­siert mich das nicht.”

(Anm: stopptdierechten.at — Bruck­neu­dorf (Bgld): Der nächs­te Ein­zel­fall!)

Sep­tem­ber 2017:

Ein­zel­fall 63
Die FPÖ Vomp ver­öf­fent­licht auf Face­book eine Lis­te von Volks­schul­kin­dern mit aus­län­disch klin­gen­den Namen. Nach empör­ten Reak­tio­nen erklärt der Tiro­ler FPÖ-Lan­des­par­tei­ob­mann Mar­kus Abwerz­ger, das Pos­ting sei gelöscht wor­den. Als „Skan­dal” bezeich­net Abwerz­ger aber den hohen Migra­ti­ons­an­teil in man­chen Schul­klas­sen, und nicht, dass sei­ne Par­tei Kin­der an den Pran­ger stellt.

(Anm: stopptdierechten.at — Wochen­schau (KW 37))

Ein­zel­fall 64
FPÖ-Bun­des­par­tei­ob­mann Heinz-Chris­ti­an Stra­che ver­brei­tet auf Face­book ein Video, das unver­pi­xelt zahl­rei­che Kin­der und Eltern mit Migra­ti­ons­hin­ter­grund vor einer Volks­schu­le zeigt. Dazu schreibt Stra­che: „Bezeich­nend!” Auf die­se Wei­se macht er auch gegen Kin­der wegen deren Her­kunft Stimmung.

Ein­zel­fall 65
Die Men­schen­rechts­or­ga­ni­sa­ti­on „SOS Mit­mensch” kri­ti­siert, dass die FPÖ die ihr nahe­ste­hen­de Zeit­schrift „Aula” lau­fend mit gro­ßen Inse­ra­ten unter­stützt. Unter ande­rem wur­den Inse­ra­te mit Bun­des­par­tei­ob­mann Heinz-Chris­ti­an Stra­che und dem oö. Lan­des­par­tei­ob­mann Man­fred Haim­buch­ner geschal­tet. Dabei ent­hält die „Aula” immer wie­der rechts­extre­me, ras­sis­ti­sche und anti­se­mi­ti­sche Arti­kel. Bei­spiels­wei­se hat die FPÖ-nahe Zeit­schrift Über­le­ben­de des Kon­zen­tra­ti­ons­la­gers Maut­hau­sen als „Land­pla­ge” und „Mas­sen­mör­der” beschimpft, was sie im April 2017 nach einem Gerichts­ur­teil wider­ru­fen muss­te. Die „Aula” zeigt auch Sym­pa­thien für die neo­na­zis­ti­sche deut­sche NPD. Der NPD-Poli­ti­ker Karl Rich­ter durf­te sogar für die „Aula” schrei­ben und in sei­nem Arti­kel unter­stel­len, es gin­ge Juden um die „Erschlei­chung von Herrschaft”.

Ein­zel­fall 66
Es wird öffent­lich bekannt, dass FPÖ-Gemein­de­rats­kan­di­dat Fried­rich Ugri­no­vits aus Draß­burg seit Jahr­zehn­ten rechts­extre­me und anti­se­mi­ti­sche Akti­vi­tä­ten setzt. Unter ande­rem hat er Wis­sen­schaf­ter, die das Jüdi­sche Muse­um Eisen­stadt besu­chen woll­ten, als „Sau­ju­den” beschimpft. Zwei­mal wur­de er wegen Ver­het­zung ver­ur­teilt, zuletzt 2013 zu einer beding­ten Haft­stra­fe von zehn Mona­ten. In der FPÖ will nie­mand von den lang­jäh­ri­gen Umtrie­ben des Gemein­de­rats­kan­di­da­ten gewusst haben – auch nicht der Orts­par­tei­ob­mann von Draß­burg, René Tschögl.

(Anm: stopptdierechten.at — Draß­burg: Der neue hef­ti­ge FPÖ Ein­zel­fall)

Ein­zel­fall 67
Der frei­heit­li­che Drit­te Natio­nal­rats­prä­si­dent Nor­bert Hofer behaup­tet, die Euro­päi­sche Men­schen­rechts­kon­ven­ti­on erlau­be die Umset­zung der Todes­stra­fe. Des­halb müs­se sie eva­lu­iert und gege­be­nen­falls durch eine „Öster­rei­chi­sche Men­schen­rechts­kon­ven­ti­on” ersetzt wer­den. Die­ser Ver­such, die Euro­päi­sche Men­schen­rechts­kon­ven­ti­on in Miss­kre­dit zu brin­gen, schei­tert aber rasch: Alle befrag­ten Exper­tIn­nen für Völ­ker­recht wei­sen dar­auf hin, dass die Kon­ven­ti­on in ihren Zusatz­pro­to­kol­len sehr wohl die Todes­stra­fe verbietet.

Ein­zel­fall 68
Mar­tin Hoch­stö­ger, Mit­glied des Tiro­ler FPÖ-Lan­des­par­tei­vor­stan­des, hat in einem Raum hin­ter sei­ner Apo­the­ke eine Tafel ange­bracht, die an die „Heim­kehr der Ost­mark ins Reich“ erin­nert. Außer­dem hat er in einer Vitri­ne einen SS-Toten­kopf und ande­re NS-Devo­tio­na­li­en zur Schau gestellt. Als das öffent­lich bekannt wird, legt Hoch­stö­ger sei­ne Funk­ti­on im Lan­des­par­tei­vor­stand nie­der. Die Staats­an­walt­schaft Inns­bruck ermit­telt. Hoch­stö­ger wird aus der FPÖ ausgeschlossen.

(Anm: stopptdierechten.at — FPÖ: Nazi-Schrott im Hin­ter­zim­mer)