Sebastian Ortner, der Klubobmann der Linzer FPÖ, der in seiner Jugend als Sebastian Müllegger bei der VAPO aktiv war, schafft sich mit Erklärungen zu seiner neonazistischen Vergangenheit neue Probleme. Und damit auch der FPÖ. Die will nämlich erklären, dass sie die geeignete Resozialisierungsanstalt für Neonazis ist. Auch das sehen wir anders.
Gestern noch erklärte Ortner dem „Kurier“, er sei im Sommer 1988 aus der VAPO ausgetreten, habe seither keinen Kontakt zu Küssel und sich schon längst von seiner Vergangenheit distanziert.
Ortner und Küssel bei Sonnwendfeier 1988, wer erkennt Ortner? ;-)
[youtube kMQTIs1UYEs] (Küssel: „Sonnwendfeier 1988 — 99” — gemeint ist 99 Jahre nach Hitlers Geburtstag!)
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Heute klingt das schon ganz anders. “Ich habe nie gesagt, dass ich von heute auf morgen abrupt ein völlig anderer gewesen bin“, erklärt er dem „Kurier“.
Das ist mehr als eine sanfte Untertreibung.
Beginnen wir von vorne. Ortner behauptet, er habe im Sommer 1988 „einen Schlussstrich gezogen und sei freiwillig aus der VAPO ausgetreten“ (Kurier).
Es muss ein langer Sommer gewesen sein im Jahr 1988! Bei der Sommersondwendfeier 1988 war Ortner als Müllegger noch sehr aktiv bei der VAPO. Das Kampftraining mit Nieren- und Halsstich, die Ansprache von Gottfried Küssel zur Sonnwendfeier mit anschließendem gemeinschaftlichen Hitler-Gruß, die Bilder aus den Langenloiser Weinbergen, die Interviews – da war der Sebastian Müllegger mitten dabei. An welchem Sommertag will er da ausgetreten sein?
Im April 1991 dürfte Ortner tatsächlich nicht mehr bei der VAPO gewesen sein. Aber die Adressenliste, die Gottfried Küssel an seinen Statthalter in Salzburg schickt mit der Bitte um Aktualisierung, ist keine Entlastung für Ortner. Küssel, dessen Fimmel für Listen amtsbekannt ist, schickte am 3. April 91 einen Brief an den „lieben Günther“ in Salzburg, mit „Heil und Sieg“ unterzeichnend und den beiliegenden „Personenlisten“ für Oberösterreich und Salzburg. In den Personenlisten hat der ordnungszwänglerische Küssel alle Kontakte mit Buchstaben von a bis i kategorisiert.
Sebastian Müllegger ist in der Liste aufgeführt mit einer Linzer Adresse und dem Vermerk „NS, ehem. Korporierter (Ostmark), Gruppe mit Lang, ehem. Kafüstv. Salzburg“.
Bei diesem Vermerk ist der Hinweis auf NS und die Gruppe mit Lang interessant. Küssel liegt so ziemlich überall daneben, aber in einem irrt er wohl kaum: wenn er jemanden als NS kategorisiert, dann hat das was für sich. Der Hinweis auf Lang bezieht sich auf Rene Lang, bei dem er eingetragen hat „ehem. Kafü. Wels, hat sich eigenen Verein aufgemacht“.
1991 hatte die VAPO ihren Zenith bereits überschritten, Müllegger hatte sich – so wie Lang — selbstständig gemacht und einen eigenen Verein gegründet: die Heimatverbundene Jugend – Kameradschaft Linz. Das war kein Ausstieg, sondern ein Umstieg! Die neonazistische Aktionsgemeinschaft für Politik (AfP), deren Kommentaren zum Zeitgeschehen wir den Hinweis auf die Neugründung verdanken, war damals sehr heftig auf der Suche nach Nachwuchs. Lang, der in der VAPO für das Innviertel zuständig war, blieb der Neonazi-Szene bis in die jüngere Vergangenheit über den BfJ verbunden. Das DÖW meldete 2004, dass ihm die AFP das „Silberne AFP-Abzeichen“ verliehen hat, während Franz Radl mit dem Ehrenzeichen “für Verdienste um Volk und Heimat“ honoriert wurde.
Ortner alias Mülleger wird in den AFP-Kommentaren des Jahres 1992 als einer der Varantwortlichen der neonazistischen „Heimatverbundenen Jugend” genannt
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Müllegger alias Ortner pflegte enge Kontakte zum „Dichterstein Offenhausen“: 1989 nahm er dort an einem Redewettbewerb zum Thema „Sind wir Österreicher Deutsche?“ teil, 1995 trat er dort als Referent auf, was ihm auch eine Erwähnung neben prominenten Neonazis in wikipedia sicherte. Ende 1998 wurde der Verein Dichterstein Offenhausen wegen NS-Wiederbetätigung behördlich aufgelöst.
Sebastian Müllegger alias Ortner war in der Neonazi-Szene nicht nur bis zu dem langen Sommer 1988, sondern bis Mitte der 90er Jahre aktiv. Sein Name findet sich damals in diversen Neonazi Kontaktlisten, etwa auch in der von der Zeitschrift „Wiener“ im Mai 1992 veröffentlichten.
Irgendwann dann – Ortner kann sich heute nicht mehr erinnern — , wann begann dann das angebliche Resozialisierungsprogramm durch Eintritt in die FPÖ OÖ. In einer Presseaussendung vom 17.4.2013 beschreibt das Ortner so:
„Aber ebenso wie viele andere Jugendliche, die vom geraden Weg abgekommen sind, habe ich meinen Fehler früh erkannt und bin aufgrund eigenen Bestrebens wieder in die Mitte unserer Gesellschaft gerückt, zu deren Werten ich mich nach wie vor bekenne“.
Nun ja, von den Werten der Mitte ist die FPÖ ein ordentliches Stück entfernt! Und innerhalb der FPÖ OÖ ist die Linzer FPÖ mit Detlef Wimmer, Sebastian Ortner und Horst Rudolf Übelacker usw. auch nicht mittig unterwegs. Aber Ortner ist nicht der einzige, der auf der Resozialisierungsschiene in die Partei gekommen ist. Der Bund freier Jugend schaffte es auch so. Aber dazu in einer weiteren Folge.