Gestern noch erklärte Ortner dem „Kurier“ (17.4.13), er sei im Sommer 1988 aus der VAPO ausgetreten, habe seither keinen Kontakt zu Küssel und sich schon längst von seiner Vergangenheit distanziert. Kurz darauf klingt das schon anders. „Ich habe nie gesagt, dass ich von heute auf morgen abrupt ein völlig anderer gewesen bin”, erklärt er dem „Kurier“ (17.4.13).
Rückblick
Bei der Sommersondwendfeier 1988 war Ortner als Sebastian Müllegger noch sehr aktiv bei der VAPO. Das Kampftraining mit Nieren- und Halsstich, die Ansprache von Gottfried Küssel zur Sonnwendfeier mit anschließendem gemeinschaftlichen Hitlergruß, die Bilder aus den Langenloiser Weinbergen, die Interviews – da war der Sebastian „Müllegger” mitten dabei. An welchem Sommertag will er da ausgetreten sein?
Im April 1991 dürfte Ortner tatsächlich nicht mehr bei der VAPO gewesen sein. Aber die Adressenliste, die Gottfried Küssel an seinen Statthalter in Salzburg schickt mit der Bitte um Aktualisierung, ist keine Entlastung für Ortner. Küssel, dessen Fimmel für Listen bekannt ist, schickte am 3. April 91 einen Brief an den „lieben Günther“ in Salzburg, mit „Heil und Sieg“ unterzeichnend und den beiliegenden „Personenlisten“ für Oberösterreich und Salzburg. In den Listen hat der ordnungszwänglerische Küssel alle Kontakte mit Buchstaben von a bis i kategorisiert. Sebastian „Müllegger” ist dort mit einer Linzer Adresse und dem Vermerk „NS, ehem. Korporierter (Ostmark), Gruppe mit Lang, ehem. Kafüstv. Salzburg“ angeführt.
Bei diesem Vermerk ist der Hinweis auf NS und die Gruppe mit Lang interessant. Küssel liegt so ziemlich überall daneben, aber in einem irrt er wohl kaum: Wenn er jemanden als „NS” kategorisiert, dann hat das Bedeutung. Der Hinweis auf Lang bezieht sich auf Rene Lang, bei dem er eingetragen hat „ehem. Kafü. Wels, hat sich eigenen Verein aufgemacht“.
1991 hatte die VAPO ihren Zenith bereits überschritten, „Müllegger” hatte sich – wie Lang – selbstständig gemacht und einen eigenen Verein gegründet: die Heimatverbundene Jugend – Kameradschaft Linz. Das war kein Ausstieg, sondern ein Umstieg! Die neonazistische Aktionsgemeinschaft für Politik (AfP), deren Kommentaren zum Zeitgeschehen wir den Hinweis auf die Neugründung verdanken, war damals intensiv auf der Suche nach Nachwuchs. Lang, der in der VAPO für das Innviertel zuständig war, blieb der Neonazi-Szene bis in die jüngere Vergangenheit über den BfJ verbunden. Das DÖW meldete 2004, dass ihm die AFP das „Silberne AFP-Abzeichen“ verliehen hat, während Franz Radl mit dem Ehrenzeichen „für Verdienste um Volk und Heimat” honoriert wurde.
Ortner alias Mülleger wird in den AFP-Kommentaren des Jahres 1992 als einer der Varantwortlichen der neonazistischen „Heimatverbundenen Jugend” genannt
Müllegger alias Ortner pflegte enge Kontakte zum „Dichterstein Offenhausen“: 1989 nahm er dort an einem Redewettbewerb zum Thema „Sind wir Österreicher Deutsche?“ teil, 1995 trat er als Referent auf, was ihm auch eine Erwähnung neben prominenten Neonazis in Wikipedia sicherte. Ende 1998 wurde der Verein Dichterstein Offenhausen wegen NS-Wiederbetätigung behördlich aufgelöst.
Sebastian Müllegger alias Ortner war in der Neonazi-Szene nicht nur bis zu dem langen Sommer 1988, sondern bis Mitte der 90er Jahre aktiv. Sein Name findet sich auch in der von der Zeitschrift „Wiener“ im Mai 1992 veröffentlichten Adressenliste von Küssel.
Irgendwann später (Ortner kann sich heute nicht mehr erinnern, wann) begann das angebliche Resozialisierungsprogramm durch Eintritt in die FPÖ Oberösterreich. In einer Presseaussendung vom 17.4.2013 beschreibt das Ortner so:
Aber ebenso wie viele andere Jugendliche, die vom geraden Weg abgekommen sind, habe ich meinen Fehler früh erkannt und bin aufgrund eigenen Bestrebens wieder in die Mitte unserer Gesellschaft gerückt, zu deren Werten ich mich nach wie vor bekenne.
Nun ja, von den Werten der Mitte ist die FPÖ ein ordentliches Stück entfernt! Und innerhalb der oberösterreichischen FPÖ ist die Linzer FPÖ mit Detlef Wimmer, Sebastian Ortner und Horst Rudolf Übelacker usw. auch nicht mittig unterwegs.