Alpen-Donau: Urteile fertig, viele Fragen offen

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Die Urtei­le im NS-Wie­der­be­tä­ti­gungs­pro­zess gegen die mut­maß­li­chen Betrei­ber von Alpen-Donau sind da: neun Jah­re unbe­dingt für Gott­fried Küs­sel, sie­ben Jah­re unbe­dingt für Felix Budin und 4,5 Jah­re für Chris­ti­an Ander­le (die Urteils­sprü­che sind nicht rechts­kräf­tig). Trotz eines auf­wen­di­gen und teil­wei­se lang­at­mi­gen Pro­zes­ses blei­ben einst­wei­len etli­che Fra­gen ungeklärt.


Die Het­zer von Alpen-Donau.info wur­den (nicht rechts­kräf­tig) verurteilt

Das Mei­nungs­bild bei den Geschwo­re­nen, die sechs Fra­gen zur Ver­ant­wor­tung der Ange­klag­ten zu beant­wor­ten hat­ten, macht deut­lich, dass es trotz eines beein­dru­cken­den Schluss­plä­doy­ers des Staats­an­walts eini­ge Unsi­cher­hei­ten gab. Die wich­tigs­ten Fra­gen an die Geschwo­re­nen lau­te­ten in etwa: War Küs­sel Initia­tor von Alpen-Donau.Info (ADI) und des Forums ali­n­fo­do (ADF) (5 Ja, 3 Nein). Vom Vor­wurf, die bei­den Sei­ten betrie­ben zu haben, wird Küs­sel freigesprochen.

Budin wird als Admi­nis­tra­tor von ADI, Super­user von ADF und Autor NS-ver­herr­li­chen­der Bei­trä­ge schul­dig gespro­chen (6 Ja, 2 Nein). Auch hat Budin nach Ansicht der Geschwo­re­nen (7 Ja, 1 Nein) eine Hit­ler-Hul­di­gungs­re­de gehal­ten, den Hit­ler-Gruß gezeigt und als „Prinz Eugen“ gepostet.


Logo der behörd­lich auf­ge­lös­ten “Wie­ner Aka­de­mi­schen Feri­al­ver­bin­dung Reich”, wäh­rend einer Ver­an­stal­tung soll Budin eine Hit­ler-Hul­di­gungs­re­de gehal­ten und den Hit­ler-Gruß gezeigt haben

Ander­le wird für die Regis­trie­rung der bei­den Sei­ten und für die Pos­tings als „Heid­eg­ger“ ver­ant­wort­lich gemacht (6 Ja, 2 Nein).

Das Straf­aus­maß wur­de bei Küs­sel und Ander­le im Wesent­li­chen mit den ein­schlä­gi­gen Vor­stra­fen, bei Küs­sel aber auch mit des­sen Füh­rungs­rol­le in der Neo­na­zi-Sze­ne, bei Budin mit dem Aus­maß der ihm zuge­schrie­be­nen NS-Pos­tings begründet.

Thiazi Prinz Eugen

Thia­zi Prinz Eugen

Eine aus­führ­li­che Beur­tei­lung des Pro­zes­ses wird noch spä­ter nach­ge­reicht. Schon jetzt aber ist eines sicher: Die drei Ange­klag­ten sind nicht die ein­zi­gen Ver­ant­wort­li­chen für Alpen-Donau. Im Pro­zess wur­de mehr­mals auf die Rol­le von Franz Radl und Richard Pfingstl (der an einem Pro­zess­tag auch als Zuhö­rer teil­nahm) ver­wie­sen. Auch bei wei­te­ren Per­so­nen, wie etwa dem Ham­bur­ger Robert Mar­quardt, bleibt einst­wei­len deren Ver­ant­wor­tung ungeklärt.

Die poli­tisch bri­san­te Fra­ge der Bezie­hun­gen zwi­schen FPÖ-Akti­vis­ten und den Alpen-Donau-Nazis und des Trans­ports von Infor­ma­tio­nen aus dem FPÖ-Bereich zu Alpen-Donau blieb völ­lig aus­ge­klam­mert: kei­ne offen­ge­leg­ten Ermitt­lungs­er­geb­nis­se, kei­ne Fra­gen und daher auch kei­ne Ant­wor­ten dazu.

Offen bleibt auch, wie es – unab­hän­gig von den Rechts­mit­teln, die die Ange­klag­ten ein­ge­legt haben – wei­ter­geht. Gegen Felix Budin wird wegen einer gefähr­li­chen Dro­hung auf thia­zi-net, die gegen den frü­he­ren Land­tags­ab­ge­ord­ne­ten der Grü­nen, Gun­ther Trübs­was­ser, gegen den Spre­cher des „Netz­wer­kes gegen Rechts­extre­mis­mus”, Robert Eiter und gegen den DÖW-Mit­ar­bei­ter Andre­as Peham gerich­tet war, ein Ver­fah­ren geführt. Gott­fried Küs­sel wird sich wegen uner­laub­ten Waf­fen­be­sit­zes auch noch ein­mal vor Gericht ver­ant­wor­ten müs­sen. Eini­ge Pro­zes­se gegen User des Forums ali­n­fo­do wegen NS-Wie­der­be­tä­ti­gung haben bereits statt­ge­fun­den, ande­re sind noch aus­stän­dig. Ob und wann Ankla­ge gegen die mut­maß­li­chen wei­te­ren Betrei­ber und Ver­ant­wort­li­chen von Alpen-Donau erho­ben wird, bleibt einst­wei­len eben­falls offen.

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