FPÖ im Parlament (I) : Martin Grafs auffällige Mitarbeiter

„Jet­zt ist schon wieder was passiert“ – so begin­nen die „Brenner“-Romane von Wolf Haas. Auch bei Mar­tin Graf müssten die meis­ten Berichte diese Ein­leitung erhal­ten. Bis Dezem­ber 2011 war Andre T. par­la­men­tarisch­er Mitar­beit­er von Mar­tin Graf. Anfang Dezem­ber 2011 wurde André T. von Ger­hard Kurz­mann, dem steirischen FPÖ-Chef, aus der FPÖ aus­geschlossen. Bei Mar­tin Graf fand er Unterschlupf .

Mit prob­lema­tis­chen Mitar­beit­ern hat Mar­tin Graf ja schon reich­lich Erfahrung. Seine Mitar­beit­er S.P. und Mar­cus Vet­ter waren Ende 2008 wegen ihrer Bestel­lun­gen beim „Aufruhr“-Versand und wegen ihrer Neon­azi-Kon­tak­te in die öffentliche Debat­te gelangt und mit ihnen auch Mar­tin Graf, der Dritte Präsi­dent des Nation­al­rates. Mit Ende Juni wurde die Mitar­beit der bei­den bei Mar­tin Graf been­det oder – wie es aus dem Büro von Graf damals hieß – sie „wech­seln in die Pri­vatwirtschaft“. Die Pri­vatwirtschaft war für den einen die Kan­tine des FC Hel­las Kagran, dessen Präsi­dent Mar­tin Graf ist. Für den anderen dürfte sein ver­mummter Auftritt bei einem antifaschis­tis­chen Rundgang zu einem Abgang in die freie Wild­bahn geführt haben.


Burschen­schafter auf der Flucht, nach dem Angriff auf einen antifaschis­tis­chen Rundgang (Bildquelle: politwatch.at)

Auch andere Mitar­beit­er von Mar­tin Graf sind schon öffentlich auf­fäl­lig gewor­den, aber den jüng­sten Coup lieferte Graf mit seinem Mitar­beit­er André T.. Nach dessen Auss­chluss aus der steirschen FPÖ durch Ger­hard Kurz­mann wegen Nazi-Kon­tak­ten während ein­er tumul­tar­tig ver­laufe­nen Bezirksver­samm­lung der FPÖ Liezen war bekan­nt gewor­den, dass André T. im Büro des Drit­ten Präsi­den­ten als Mitar­beit­er tätig ist. T. war zuvor par­la­men­tarisch­er Mitar­beit­er von Susanne Win­ter, der wegen Ver­het­zung verurteil­ten FPÖ-Abge­ord­neten. Wie lange T. bei Win­ter und ab wann er bei Mar­tin Graf beschäftigt war, ist unklar. Sich­er ist nur, dass T. im Dezem­ber 2011 „von sich aus gekündigt habe“.


Susanne Win­ter und die Kotzerei

Nun ja, „von sich aus“ und „gekündigt“ – das muss man mit­tler­weile etwas anders inter­pretieren. Zum einen, weil die Präsi­dentin des Nation­al­rats, Bar­bara Pram­mer, ja auf Auflö­sung des Dien­stver­hält­niss­es gedrängt hat, zum andern, weil sich die Kündi­gung in ein neues Arbeitsver­hält­nis ver­wan­delt hat. André T. wird als par­la­men­tarisch­er Mitar­beit­er der Arbeits­ge­mein­schaft Graf geführt, in der auch – Über­raschung! – Susanne Win­ter vertreten ist.

Ver­mut­lich wäre die merk­würdi­ge Umwand­lung ein­er Eigenkündi­gung in ein neues Arbeitsver­hält­nis kein The­ma gewor­den, gäbe es da nicht die recht­skräftige Verurteilung von André T. wegen falsch­er Beweisaus­sage und Begün­s­ti­gung im Sep­tem­ber 2012: „Konkret hat­te er angegeben, nicht zu wis­sen, wer die besagten Nazi-Schmier­ereien im Bezirks­büro hin­ter­lassen habe und so ver­sucht, die Täter zu schützen.“

Zu diesem Zeit­punkt war T. jeden­falls bei der Arbeits­ge­mein­schaft Graf – befris­tet bis 31.12.2012 – beschäftigt. Alles kein Prob­lem, erk­lärte FPÖ-Gen­er­alsekretär Her­bert Kickl der APA am 8. Novem­ber: „Der Mitar­beit­er hat­te niemals und hat weit­er­hin keine Kon­tak­te zu Recht­sex­tremen. Alle dies­bezüglichen Vor­würfe haben sich als völ­lig unzutr­e­f­fend erwiesen.“ Partei- und Klubchef Stra­che hat­te das am Vortag noch anders gese­hen: die Verurteilung von André T. wäre aus sein­er Sicht „ein Grund, das Dien­stver­hält­nis zu lösen“ (APA, 7.11.2012).


Alter Face­book-Ein­trag aus dem Beitrag: Die FPÖ in Liezen und ihr A.H.

Unklarheit­en beste­hen inner­halb der FPÖ-Spitzen aber nicht nur in Bezug auf die recht­sex­tremen Kon­tak­te von T. und die „unzutr­e­f­fend­en Vor­würfe“, die mit der recht­skräfti­gen Verurteilung eigentlich gek­lärt wären, son­dern auch über die FPÖ-Mit­glied­schaft von Andre T.. Ger­hard Kurz­mann behauptet, dass der steirische Lan­desparteivor­stand der FPÖ den Auss­chluss, den er per „Notverord­nung“ ver­fügt hat­te, am 19.12. 2011 bestätigte. Stimmt nicht, sagen Stra­che und Kickl: Der Auss­chluss sei nie vom Lan­desparteivor­stand bestätigt wor­den. Wem also glauben? Stra­che? Kickl? Kurz­mann? Uns fällt die Wahl schwer!

Ungeachtet der Frage, ob T. noch Mit­glied der steirischen FPÖ ist oder recht­skräftig aus­geschlossen wurde, hat André T., dessen Dien­stver­hält­nis mit­tler­weile neuer­lich gelöst wor­den ist, einen Antrag auf Auf­nahme in die Wiener Lan­despartei gestellt „und dürfte dort auch offene Türen vorfind­en“, berichtet die APA am 8.12.2012. Die Bear­beitung des „Über­stel­lungsantrags“ dauere aber noch an, wurde der APA mit­geteilt. Offen­bar find­et die „Über­stel­lung“ des wegen Neon­azi-Kon­tak­ten aus der steirischen FPÖ aus­geschlosse­nen T. an die Wiener FPÖ auch höch­ste Bil­li­gung. Kurz­mann erk­lärte dem „Stan­dard“, dass er per­sön­lich dem FPÖ-Bun­desparteiprä­sid­i­um T.s Kon­tak­te zu Neon­azis durch Fotos belegt habe. Er selb­st habe nie ver­standen, „dass wir bei uns einen, der undemokratis­che Skin­heads mit tätowierten SS-Runen ein­schleust, beschäfti­gen“.

Andere FPÖ-Spitzen ver­ste­hen das offen­sichtlich bess­er, und die Wiener FPÖ beson­ders gut.

Teil II: Noch eine Kündi­gung ohne Bedeutung