Mit problematischen Mitarbeitern hat Martin Graf ja schon reichlich Erfahrung. Seine Mitarbeiter S.P. und Marcus Vetter waren Ende 2008 wegen ihrer Bestellungen beim „Aufruhr“-Versand und wegen ihrer Neonazi-Kontakte in die öffentliche Debatte gelangt und mit ihnen auch Martin Graf, der Dritte Präsident des Nationalrates. Mit Ende Juni wurde die Mitarbeit der beiden bei Martin Graf beendet oder – wie es aus dem Büro von Graf damals hieß – sie „wechseln in die Privatwirtschaft“. Die Privatwirtschaft war für den einen die Kantine des FC Hellas Kagran, dessen Präsident Martin Graf ist. Für den anderen dürfte sein vermummter Auftritt bei einem antifaschistischen Rundgang zu einem Abgang in die freie Wildbahn geführt haben.
Burschenschafter auf der Flucht, nach dem Angriff auf einen antifaschistischen Rundgang (Bildquelle: politwatch.at)
Auch andere Mitarbeiter von Martin Graf sind schon öffentlich auffällig geworden, aber den jüngsten Coup lieferte Graf mit seinem Mitarbeiter André T.. Nach dessen Ausschluss aus der steirschen FPÖ durch Gerhard Kurzmann wegen Nazi-Kontakten während einer tumultartig verlaufenen Bezirksversammlung der FPÖ Liezen war bekannt geworden, dass André T. im Büro des Dritten Präsidenten als Mitarbeiter tätig ist. T. war zuvor parlamentarischer Mitarbeiter von Susanne Winter, der wegen Verhetzung verurteilten FPÖ-Abgeordneten. Wie lange T. bei Winter und ab wann er bei Martin Graf beschäftigt war, ist unklar. Sicher ist nur, dass T. im Dezember 2011 „von sich aus gekündigt habe“.
Susanne Winter und die Kotzerei
Nun ja, „von sich aus“ und „gekündigt“ – das muss man mittlerweile etwas anders interpretieren. Zum einen, weil die Präsidentin des Nationalrats, Barbara Prammer, ja auf Auflösung des Dienstverhältnisses gedrängt hat, zum andern, weil sich die Kündigung in ein neues Arbeitsverhältnis verwandelt hat. André T. wird als parlamentarischer Mitarbeiter der Arbeitsgemeinschaft Graf geführt, in der auch – Überraschung! – Susanne Winter vertreten ist.
Vermutlich wäre die merkwürdige Umwandlung einer Eigenkündigung in ein neues Arbeitsverhältnis kein Thema geworden, gäbe es da nicht die rechtskräftige Verurteilung von André T. wegen falscher Beweisaussage und Begünstigung im September 2012: „Konkret hatte er angegeben, nicht zu wissen, wer die besagten Nazi-Schmierereien im Bezirksbüro hinterlassen habe und so versucht, die Täter zu schützen.“
Zu diesem Zeitpunkt war T. jedenfalls bei der Arbeitsgemeinschaft Graf – befristet bis 31.12.2012 – beschäftigt. Alles kein Problem, erklärte FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl der APA am 8. November: „Der Mitarbeiter hatte niemals und hat weiterhin keine Kontakte zu Rechtsextremen. Alle diesbezüglichen Vorwürfe haben sich als völlig unzutreffend erwiesen.“ Partei- und Klubchef Strache hatte das am Vortag noch anders gesehen: die Verurteilung von André T. wäre aus seiner Sicht „ein Grund, das Dienstverhältnis zu lösen“ (APA, 7.11.2012).
Alter Facebook-Eintrag aus dem Beitrag: Die FPÖ in Liezen und ihr A.H.
Unklarheiten bestehen innerhalb der FPÖ-Spitzen aber nicht nur in Bezug auf die rechtsextremen Kontakte von T. und die „unzutreffenden Vorwürfe“, die mit der rechtskräftigen Verurteilung eigentlich geklärt wären, sondern auch über die FPÖ-Mitgliedschaft von Andre T.. Gerhard Kurzmann behauptet, dass der steirische Landesparteivorstand der FPÖ den Ausschluss, den er per „Notverordnung“ verfügt hatte, am 19.12. 2011 bestätigte. Stimmt nicht, sagen Strache und Kickl: Der Ausschluss sei nie vom Landesparteivorstand bestätigt worden. Wem also glauben? Strache? Kickl? Kurzmann? Uns fällt die Wahl schwer!
Ungeachtet der Frage, ob T. noch Mitglied der steirischen FPÖ ist oder rechtskräftig ausgeschlossen wurde, hat André T., dessen Dienstverhältnis mittlerweile neuerlich gelöst worden ist, einen Antrag auf Aufnahme in die Wiener Landespartei gestellt „und dürfte dort auch offene Türen vorfinden“, berichtet die APA am 8.12.2012. Die Bearbeitung des „Überstellungsantrags“ dauere aber noch an, wurde der APA mitgeteilt. Offenbar findet die „Überstellung“ des wegen Neonazi-Kontakten aus der steirischen FPÖ ausgeschlossenen T. an die Wiener FPÖ auch höchste Billigung. Kurzmann erklärte dem „Standard“, dass er persönlich dem FPÖ-Bundesparteipräsidium T.s Kontakte zu Neonazis durch Fotos belegt habe. Er selbst habe nie verstanden, „dass wir bei uns einen, der undemokratische Skinheads mit tätowierten SS-Runen einschleust, beschäftigen“.
Andere FPÖ-Spitzen verstehen das offensichtlich besser, und die Wiener FPÖ besonders gut.