Der vor kurzem noch strahlende FPÖ-Parteiobmann eines Bezirks wird von seinem Landesobmann auf offener Bühne abmontiert und ausgeschlossen. Der Vorwurf an Andre Taschner, den früheren Obmann der FPÖ Liezen: Er habe Rechtsextremisten (das sind in Österreich zumeist Neonazis) als Mitglieder für die Partei geworben.
Was ist dran an dem Vorwurf? Taschner, der auch Obmann des RFJ Liezen ist, bestreitet nähere Kontakte zu Neonazis, vor allem zu dem strammen Kameraden, der sich „Blood & Honour“ auf die Brust tätowieren ließ: „Ich hatte zu diesem Herrn keinen näheren Kontakt und kenne ihn kaum. Er hat mich als Werber angegeben, ich hatte damit nichts zu tun (…) ich habe ihn auch nie mit nacktem Oberkörper gesehen.“ (Kleine Zeitung, 30.11.2011)
Fast hätten wir dem smarten Andre Taschner geglaubt. Dann aber sind wir über eine Einladung zu einem Stammtisch des RFJ Liezen gestolpert. In etwas holprigem Deutsch laden drei junge Männer ein: Andre Taschner, Harald Schachner und Andreas Oberbichler. Harald Schachner ist FPÖ-Gemeinderat und Andreas Oberbichler weist jene Ähnlichkeiten zu dem von uns gezeigten Andi O. auf, dass man mit Fug und Recht behaupten kann, es ist derselbe.

Möglich, dass Taschner nicht den nackten Oberkörper von Andi O. gesehen hat, auch wenn man auf seinem Facebook-Profil regelrecht darüber stolpert. Andi O. räumt gerade auf bei seinem FB-Konto: Der Hinweis auf die Reichsuniversität Straßburg mit Hakenkreuz, wo er studiert haben möchte, ist nicht mehr zu sehen.

Ein Foto zeigt jedenfalls, dass Taschner und Andi Oberbichler anscheinend gemeinsam auf einer FPÖ-Demo waren, mit einem Transparent. Sinniger Spruch: „Wir sind das Volk, wir sind das Recht, wir sind nicht ein Brüssel-Knecht!“

Nur einer protestiert nach dem Ausschluss von Taschner für einige Stunden auf dem Facebook-Konto von Susanne Winter: „Und ich kotze auf diese art und weise, wie Herr Andre Taschner (bezirk liezen) aus seinem Amt (Parteiintern) rausgeeckelt wurde. Ein fähiger junger Mann der was für den Bezirk getan hat, rausgedrängt von alten A.H. Fans die ihn aber selbst dafür verurteilen!“

Vermutlich als Susanne Winter entdeckte, wer mit den alten Männern und mit A.H. gemeint war, verschwand das Posting von ihrer Seite. Inhaltlich gesehen ist es natürlich interessant: Alle sind Fans von A.H., nur wenn die Jungen Fans sind, werden sie rausgedrängt und verurteilt. So kann man es natürlich auch sehen, aber stimmt es auch?
Im Bekanntenkreis von Andi O. gibt es einige, die nur einen im Sinn haben: A.H.! In Rottenmann (Bezirk Liezen) scheint das besonders ausgeprägt. Jedenfalls gelingt es dort, den Glauben an A.H. und das Deutsche Reich mühelos mit dem an die FPÖ und mit „Patriotismus“ zu verbinden.
Philosophie: „Der Führer Adolf Hitler” — Welche Wort sagt ihr täglich: „Hitler” — Interessen: „Deutsches Reich, FPÖ”
Taschner, der von der FPÖ Ausgeschlossene, könnte sich seit dem für ihn so schmachvollen Wochenende ja eigentlich als politisch Verfolgter beklagen. Tut er aber nicht. Er schweigt, nicht nur gegenüber dem „Standard“, sondern auch auf seinem Facebook-Profil. Er schweigt und genießt. Bei Martin Graf, dem Dritten Präsidenten des Nationalrats, hat er Unterschlupf gefunden. Martin Graf wird mit dem Problem, dass sein Mitarbeiter gerade aus der FPÖ ausgeschlossen wurde, schon irgendwie fertig werden. Schließlich hat er Erfahrung mit Mitarbeiter-Problemen.

Eigentlich alles in Ordnung, oder richtiger, alles bei den Alten in der FPÖ? Ein gewisses Unbehagen bleibt noch. Dem rührigen Bezirksparteiobmann der FPÖ und des RFJ war auch vorgeworfen worden, er baue „Parallelstrukturen“ zum RFJ auf. Im Rahmen dieser Parallelstrukturen sei auch das Parteilokal der FPÖ in Liezen mit Nazi-Schmierereien verunstaltet worden. Die Landesspitze der FPÖ war damals so empört, dass sie den Vorwurf der Wiederbetätigung gegen Taschner erhob.
Wurde eigentlich Anzeige erstattet? Und vor allem: Was ist mit der Konkurrenzorganisation? Es wird sich ja hoffentlich nicht um den Neonazi-Bund freier Jugend (BfJ) handeln, dessen Gründung im Herbst 2010 die neonazistisch orientierte Arbeitsgemeinschaft für demokratische Politik (AfP) in ihren Kommentaren zum Zeitgeschehen für das Ennstal vermeldete? Der BFJ zeichnet sich ja gerade dadurch aus, dass er nicht als eigenständiger Verein, sondern im Rahmen des RFJ tätig wird bzw. wurde.
Die neonazistisch orientierte AfP berichtet über die Gründung des BFJ Ennstal
Aufklärung wäre notwendig. Von der FPÖ Liezen ist sie leider nicht zu erwarten. Die aktuellste Meldung auf ihrer Website stammt ungeachtet ihrer Turbulenzen vom 29. Oktober 2011 und ist betitelt mit: „Freiheitliche kegelten um die ‚Sau‘“.
↳ Martin Grafs Neuer
↳ FPÖ Liezen: Tumulte unter Rechtsextremen?
↳ FPÖ Liezen: Ein merkwürdiger Rücktritt
↳ Leoben (Stmk): 6 Jungnazis verurteilt