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WKR-Proteste: Feminismus als Untersagungsgrund oder: Schreibt das Innenministerium bei der FPÖ ab?

Nach der Unter­sa­gung aller Pro­tes­te gegen den rechts­extre­men WKR-Ball im Jän­ner 2011 erfrag­te der grü­ne Natio­nal­rats­ab­ge­ord­ne­te Albert Stein­hau­ser von Innen­mi­nis­te­rin Fek­ter in einer par­la­men­ta­ri­schen Anfra­ge den Grund für die Ver­hin­de­rung anti­fa­schis­ti­scher Ver­an­stal­tun­gen. Die Ant­wort der Innen­mi­nis­te­rin ist — fast schon wie üblich — als eher selt­sam zu bezeich­nen. Die Behör­de habe die Pro­tes­te unter­sagt, weil […]

7. Apr 2011

Die Ant­wort der Innen­mi­nis­te­rin ist — fast schon wie üblich — als eher selt­sam zu bezeich­nen. Die Behör­de habe die Pro­tes­te unter­sagt, weil angeb­lich im Vor­feld der Pro­tes­te mit Gewalt gedroht wor­den sei. Gewalt­auf­ru­fe erblick­te die Bun­des­po­li­zei­di­rek­ti­on Wien in einer Web­site der Inter­net­platt­form „radicalqueer.blogsport.eu” und einem You­tube-Video. Dazu der Abge­ord­ne­te Steinhauser:

Als Bei­spiel für „öffent­li­che Gewalt­an­dro­hun­gen und ‑auf­ru­fe” wur­de von der Poli­zei auf einen Auf­ruf des que­er-femi­nis­ti­schen Bünd­nis­ses ver­wie­sen. Dem­nach sei­en die dort for­mu­lier­ten Slo­gans „Män­ner­bün­de angrei­fen“ und „Raum zu neh­men, den wir haben wol­len“ (sic!), als Auf­ru­fe zur öffent­li­chen Gewalt zu ver­ste­hen. Das que­er-femi­nis­ti­sche Bünd­nis ver­weist in die­sem Auf­ruf aber zu einem krea­ti­ven und bun­ten Wider­stand. Wei­ters wird ein Video auf You­tube ange­führt, dass in kei­ner Wei­se in Zusam­men­hang mit Orga­ni­sa­to­rIn­nen der Demons­tra­ti­on gebracht wer­den kann.

Dazu der Stan­dard:

Wäh­rend ers­te­rer Demo-Auf­ruf sogar um beson­ne­nes Ver­hal­ten und Ver­zicht auf Alko­hol wäh­rend der Kund­ge­bung ersucht, ist beim zwei­ten Link kei­ne Ver­bin­dung zwi­schen Demo-Orga­ni­sa­ti­on und Video erkenn­bar. Ein Fak­tum, das auch beim Grü­nen Jus­tiz­spre­cher Albert Stein­hau­ser für Kopf­schüt­teln sorgt. „Wenn man sich auf ein X‑beliebiges Video beruft, dass irgend­je­mand anonym ins Netz stellt, dann kann man mit die­ser Begrün­dung in Zukunft jede Demo unter­sa­gen”, so Steinhauser.

Die FPÖ-Vor­ga­be

Damit soll­te eigent­lich schon alles gesagt sein, wenn da nicht auch noch fol­gen­der Punkt wäre, auf den uns Lese­rIn­nen dan­kens­wer­ter Wei­se auf­merk­sam gemacht haben: Am 17. August 2010 fin­det sich eine OTS-Aus­sendung des FPÖ-Abge­ord­ne­ten Wolf­gang Jung, einer der eif­rigs­ten Unter­stüt­zer des rechts­extre­men WKR-Balls. Schein­bar noch gezeich­net durch die Som­mer­hit­ze schreibt Jung fol­gen­de inter­es­san­te Sätze:

Zu Gewalt hat noch nie­mand in der FPÖ auf­ge­ru­fen, ganz im Gegen­satz zu den Grü­nen, deren von der Stadt Wien geför­der­te Jugend­or­ga­ni­sa­tio­nen bei allen Kra­wall­de­mos dabei sind. Allen vor­an die Grün­al­ter­na­ti­ve Jugend Wien, manch­mal mit Abge­ord­ne­ten wie Ellen­sohn an der Spit­ze, so Jung der abschlie­ßend eini­ge Bei­spie­le aus sol­chen fried­li­chen Auf­ru­fen zitiert: „Nimm dei­ne … Krea­ti­vi­tät und Wut mit…”, „Män­ner­bün­de angreifen”.

Dabei bezieht sich Jung auf einen Auf­ruf­text gegen den vor­letz­ten WKR-Ball. Es drängt sich also die Fra­ge auf, wer im Innen­mi­nis­te­ri­um von FPÖ-Aus­sen­dun­gen abschreibt? Und war­um war der Auf­ruf des letz­ten Jah­res kein Grund die Demons­tra­ti­on zu unter­sa­gen und wur­de erst die­ses Jahr als Begrün­dung verwendet?

Die Gewalt­frei­heit, die die FPÖ meint

Den Abge­ord­ne­ten Jung möch­ten wir noch mit Hil­fe einer nur klei­nen Aus­wahl hin­sicht­lich sei­ner eige­nen Par­tei und über Bur­schen­schaf­ten auf­klä­ren, über die er schein­bar nur wenig Bescheid weiß. Im Juni 2009 kün­dig­te die Neo­na­zi-Sei­te alpen-donau.info einen Angriff auf eine Kund­ge­bung der SJ Wien an. Tat­säch­lich atta­ckier­ten zehn Per­so­nen, ver­mummt mit „Smi­ley-Mas­ken mit Rechts­schei­tel, der an Adolf Hit­ler erin­nert” (Zitat: Öster­reich), die Kund­ge­bung. Dabei wur­de der belieb­te Neo­na­zi-Kampf­ruf „frei, sozi­al, natio­nal!” gebrüllt. Unter den Angrei­fern befand sich auch S.P., der ehe­ma­li­ge Mit­ar­bei­ter des Natio­nal­rats­ab­ge­ord­ne­ten der FPÖ, Mar­tin Graf.

Zwei Mona­te spä­ter gab es dann ein „Beken­ner­schrei­ben” in den „Bur­schen­schaft­li­chen Blät­tern”. Ein nament­lich nicht genann­ter Autor nann­te „Akti­ve der Olym­pia” als Täter. (Quel­le: doew.at)


Die Ankün­di­gung auf alpen-donau.info, Tage dar­auf wur­de die SJ-Kund­ge­bung ange­grif­fen. In den „Bur­schen­schaft­li­chen Blät­ter” nennt zwei Mona­te spä­ter ein nament­lich nicht genann­ter Autor die angeb­lich wah­ren Ver­ant­wort­li­chen. Dem­nach hät­ten „Akti­ve der Olym­pia” die Kund­ge­bung angegriffen.

Bereits 2008 betei­lig­ten sich Bur­schen­schaf­ter, dar­un­ter wie­der S.P., bei einem Angriff auf eine kor­po­ra­ti­ons­kri­ti­sche Kund­ge­bung, die auf die men­schen­ver­ach­ten­de Poli­tik der Bur­schen­schaf­ten hin­wei­sen woll­te. Etwa zehn Per­so­nen ver­üb­ten einen Über­griff auf die Kund­ge­bungs­teil­neh­me­rIn­nen, die sich bei der Uni­ver­si­tät Wien sammelten.


Män­ner­bund (Bild­quel­le: indy­me­dia)

In Graz ste­hen dem­nächst 2 Funk­tio­nä­re des Rings Frei­heit­li­cher Jugend (RFJ) vor dem Schwur­ge­richt: wegen des Ver­dachts des Ver­bre­chens der Wie­der­be­tä­ti­gung nach dem Ver­bots­ge­setz (§ 3g VerbG) und wegen des Ver­dachts des Ver­bre­chens der absicht­li­chen schwe­ren Kör­per­ver­let­zung (§§ 83,84 und 87 StGB). Sie haben zusam­men mit ande­ren mut­maß­li­chen Neo­na­zis u.a. Teil­neh­mer einer Geburts­tags­fei­er schwer ver­letzt und sich dabei auch im Sin­ne des Ver­bots­ge­set­zes wie­der­be­tä­tigt. Die Ankla­ge ist rechtskräftig.

Die FPÖ-Abge­ord­ne­te Susan­ne Win­ter, ihr Sohn Micha­el Win­ter (frü­her RFJ-Obmann der Stei­er­mark) und der frü­he­re FPÖ-Abge­ord­ne­te Karl Heinz Kle­ment wur­de alle wegen Ver­het­zung rechts­kräf­tig verurteilt.

In Vor­arl­berg wur­den bei einem Funk­tio­när der FPÖ Göt­zis zahl­rei­che Waf­fen, teil­wei­se mit NS-Sym­bo­len sichergestellt.

Der Natio­nal­rats­ab­ge­ord­ne­te Wer­ner Königs­ho­fer steht unter Ver­dacht, ein Mail an die Neo­na­zi-Sei­te alpen-donau.info wei­ter­ge­lei­tet zu haben. Also an eine Sei­te die öffent­lich zu Gewalt auf­ge­ru­fen hat und die die Wie­der­ein­rich­tung eines ver­bre­che­ri­schen NS-Regimes statt der Demo­kra­tie pro­pa­gier­te. (derstandard.at — Post an Neo­na­zis: FP-Poli­ti­ker unter Ver­dacht)

Wei­te­re Bei­spie­le: Die FPÖ und der Rechts­extre­mis­mus: Die Behör­den sind gefordert!

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