Die Antwort der Innenministerin ist — fast schon wie üblich — als eher seltsam zu bezeichnen. Die Behörde habe die Proteste untersagt, weil angeblich im Vorfeld der Proteste mit Gewalt gedroht worden sei. Gewaltaufrufe erblickte die Bundespolizeidirektion Wien in einer Website der Internetplattform „radicalqueer.blogsport.eu” und einem Youtube-Video. Dazu der Abgeordnete Steinhauser:
Als Beispiel für „öffentliche Gewaltandrohungen und ‑aufrufe” wurde von der Polizei auf einen Aufruf des queer-feministischen Bündnisses verwiesen. Demnach seien die dort formulierten Slogans „Männerbünde angreifen“ und „Raum zu nehmen, den wir haben wollen“ (sic!), als Aufrufe zur öffentlichen Gewalt zu verstehen. Das queer-feministische Bündnis verweist in diesem Aufruf aber zu einem kreativen und bunten Widerstand. Weiters wird ein Video auf Youtube angeführt, dass in keiner Weise in Zusammenhang mit OrganisatorInnen der Demonstration gebracht werden kann.
Während ersterer Demo-Aufruf sogar um besonnenes Verhalten und Verzicht auf Alkohol während der Kundgebung ersucht, ist beim zweiten Link keine Verbindung zwischen Demo-Organisation und Video erkennbar. Ein Faktum, das auch beim Grünen Justizsprecher Albert Steinhauser für Kopfschütteln sorgt. „Wenn man sich auf ein X‑beliebiges Video beruft, dass irgendjemand anonym ins Netz stellt, dann kann man mit dieser Begründung in Zukunft jede Demo untersagen”, so Steinhauser.
Die FPÖ-Vorgabe
Damit sollte eigentlich schon alles gesagt sein, wenn da nicht auch noch folgender Punkt wäre, auf den uns LeserInnen dankenswerter Weise aufmerksam gemacht haben: Am 17. August 2010 findet sich eine OTS-Aussendung des FPÖ-Abgeordneten Wolfgang Jung, einer der eifrigsten Unterstützer des rechtsextremen WKR-Balls. Scheinbar noch gezeichnet durch die Sommerhitze schreibt Jung folgende interessante Sätze:
Zu Gewalt hat noch niemand in der FPÖ aufgerufen, ganz im Gegensatz zu den Grünen, deren von der Stadt Wien geförderte Jugendorganisationen bei allen Krawalldemos dabei sind. Allen voran die Grünalternative Jugend Wien, manchmal mit Abgeordneten wie Ellensohn an der Spitze, so Jung der abschließend einige Beispiele aus solchen friedlichen Aufrufen zitiert: „Nimm deine … Kreativität und Wut mit…”, „Männerbünde angreifen”.
Dabei bezieht sich Jung auf einen Aufruftext gegen den vorletzten WKR-Ball. Es drängt sich also die Frage auf, wer im Innenministerium von FPÖ-Aussendungen abschreibt? Und warum war der Aufruf des letzten Jahres kein Grund die Demonstration zu untersagen und wurde erst dieses Jahr als Begründung verwendet?
Die Gewaltfreiheit, die die FPÖ meint
Den Abgeordneten Jung möchten wir noch mit Hilfe einer nur kleinen Auswahl hinsichtlich seiner eigenen Partei und über Burschenschaften aufklären, über die er scheinbar nur wenig Bescheid weiß. Im Juni 2009 kündigte die Neonazi-Seite alpen-donau.info einen Angriff auf eine Kundgebung der SJ Wien an. Tatsächlich attackierten zehn Personen, vermummt mit „Smiley-Masken mit Rechtsscheitel, der an Adolf Hitler erinnert” (Zitat: Österreich), die Kundgebung. Dabei wurde der beliebte Neonazi-Kampfruf „frei, sozial, national!” gebrüllt. Unter den Angreifern befand sich auch S.P., der ehemalige Mitarbeiter des Nationalratsabgeordneten der FPÖ, Martin Graf.
Zwei Monate später gab es dann ein „Bekennerschreiben” in den „Burschenschaftlichen Blättern”. Ein namentlich nicht genannter Autor nannte „Aktive der Olympia” als Täter. (Quelle: doew.at)
Die Ankündigung auf alpen-donau.info, Tage darauf wurde die SJ-Kundgebung angegriffen. In den „Burschenschaftlichen Blätter” nennt zwei Monate später ein namentlich nicht genannter Autor die angeblich wahren Verantwortlichen. Demnach hätten „Aktive der Olympia” die Kundgebung angegriffen.
Bereits 2008 beteiligten sich Burschenschafter, darunter wieder S.P., bei einem Angriff auf eine korporationskritische Kundgebung, die auf die menschenverachtende Politik der Burschenschaften hinweisen wollte. Etwa zehn Personen verübten einen Übergriff auf die KundgebungsteilnehmerInnen, die sich bei der Universität Wien sammelten.
Männerbund (Bildquelle: indymedia)
In Graz stehen demnächst 2 Funktionäre des Rings Freiheitlicher Jugend (RFJ) vor dem Schwurgericht: wegen des Verdachts des Verbrechens der Wiederbetätigung nach dem Verbotsgesetz (§ 3g VerbG) und wegen des Verdachts des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung (§§ 83,84 und 87 StGB). Sie haben zusammen mit anderen mutmaßlichen Neonazis u.a. Teilnehmer einer Geburtstagsfeier schwer verletzt und sich dabei auch im Sinne des Verbotsgesetzes wiederbetätigt. Die Anklage ist rechtskräftig.
Die FPÖ-Abgeordnete Susanne Winter, ihr Sohn Michael Winter (früher RFJ-Obmann der Steiermark) und der frühere FPÖ-Abgeordnete Karl Heinz Klement wurde alle wegen Verhetzung rechtskräftig verurteilt.
In Vorarlberg wurden bei einem Funktionär der FPÖ Götzis zahlreiche Waffen, teilweise mit NS-Symbolen sichergestellt.
Der Nationalratsabgeordnete Werner Königshofer steht unter Verdacht, ein Mail an die Neonazi-Seite alpen-donau.info weitergeleitet zu haben. Also an eine Seite die öffentlich zu Gewalt aufgerufen hat und die die Wiedereinrichtung eines verbrecherischen NS-Regimes statt der Demokratie propagierte. (derstandard.at — Post an Neonazis: FP-Politiker unter Verdacht)
Weitere Beispiele: Die FPÖ und der Rechtsextremismus: Die Behörden sind gefordert!
Siehe auch: