Wien/Graz: Freispruch nach Nazi-Postings
Flachgau-Salzburg: 12 Monate bedingt für 12 Jahre Wiederbetätigung
Wien-Tumeltsham/OÖ: Urteile gegen Hells Angels-Mitglieder lösen Kopfschütteln aus
Klagenfurt: Polizist u.a. wegen gestohlenen Sturmgewehrs vor Gericht
Ein 58-jährige islamischer Lehrer aus Graz war ursprünglich im Rahmen der „Operation Luxor“ ins Visier der Ermittler geraten, da er verdächtigt wurde, Anhänger der Muslimbruderschaft zu sein. Bei ihm war eine Hausdurchsuchung durchgeführt worden, wo auf dem Handy WhatsApp-Konversationen mit Nazi-Inhalten gefunden wurden. Neben dem Lehrer waren auch vier Ex-Schüler angeklagt.
Konkret ging es um zwei WhatsApp-Gruppen, die während des Lockdowns für das Home Schooling eingerichtet worden waren und in denen zwischen April und November 2020 antisemitische und nach Ansicht der Staatsanwaltschaft den Nationalsozialismus verherrlichende Inhalte gepostet worden sein sollen. Eine Gruppe hatte sechs, die andere 14 Mitglieder. So sollen etwa Konterfeis von Adolf Hitler geteilt und mit Bemerkungen wie „Verführerisch“ oder „Kuck Kuck“ versehen worden sein. Dem Lehrer wurde angelastet, diese Beiträge nicht gelöscht zu haben, wodurch er sich nach dem Verbotsgesetz mitschuldig gemacht habe.
Der Angeklagte bestritt die Vorwürfe und betonte seine Unschuld, insbesondere in Bezug auf die Verwaltung von WhatsApp-Gruppen, die während des Online-Unterrichts genutzt wurden. Er erklärte, er sei nicht der Betreiber dieser Gruppen gewesen und habe sich lediglich bei der Einrichtung helfen lassen, da er mit Messenger-Diensten nicht vertraut sei. Er habe klargestellt, dass in den Gruppen nur religiöse Inhalte gepostet werden dürften, aber dass einige seiner Schüler diese Regeln gebrochen hätten, was er jedoch nicht bemerkt habe.
Ein Beitrag sei um 23.32 Uhr online gestellt, da sei er nicht am Handy gewesen, oder ein Hitler-Bild sei während einer Lehrerkonferenz gepostet worden. Auf die Frage, warum er als Administrator die Beiträge nicht nachträglich gelöscht habe, erklärte er, dass er beim Öffnen des Handys nicht nach älteren Nachrichten schaue. Und überhaupt distanziere er sich von Hitler, dem Nationalsozialismus und dem Antisemitismus.
„Hitzig wurde es, als der Staatsanwalt Unterlagen vorlegte, aus denen hervorgehen soll, dass der Religionslehrer auf seinem Handy eine Ausgabe von Hitlers ‚Mein Kampf‘ abgespeichert hatte und Mitglied der Muslimbruderschaft sein soll. (…) Auch die mitangeklagten Ex-Schüler (drei Männer, eine Frau) bekannten sich ‚nicht schuldig‘. Sie behaupteten, sie hätten die Hitler-Bilder ironisch gepostet, um sich über ihn lustig zu machen, bzw. ‚eine Blödheit, eine Dummheit‘ begangen, wie einer von ihnen sagte. Außerdem habe er nicht geahnt, dass das Verschicken eines Bildes, das Hitler mit ausgestrecktem rechtem Arm zeige, strafrechtlich bedenklich sei.“ (kurier.at, 24.9.24)
Letztlich sprachen die Geschworenen mit knapper Mehrheit alle Angeklagten frei. Der kaum nachvollziehbare Freispruch ist mittlerweile rechtskräftig.
Lang war der Tatzeitraum, in dem sich ein 36-jähriger Mann aus dem Flachgau wiederbetätigt hatte. Die Salzburger Staatsanwaltschaft lastete ihm 25 Delikte von 2010 bis 2022 an, für die sich der Salzburger am 25.9. vor einem Geschworenensenat zu verantworten hatte. Der Angeklagte, ein KFZ-Werkstattbesitzer, hatte in sozialen Medien nationalsozialistische Inhalte verbreitet, darunter Parolen wie „Heil Hitler“ und „Sieg Heil“ und braune Nachrichten mit einem Like versehen.
Besonders erschütternd: Laut Staatsanwalt hatte der 36-Jährige etwa im Jahr 2017 mit seiner damals noch keine fünf Jahre alten Stieftochter Nazisymbole wie SS-Siegrunen und ein Hakenkreuz gebastelt. „Davon machte er dann ein Foto und leitete es via WhatsApp einem Freund weiter”, so Weinkammer. (sn.at, 25.9.24)
Der Staatsanwalt Florian Weinkamer führte an, dass der Angeklagte bereits in jungen Jahren einer rechtsextremen Gruppe, der „Nordic Hate Society“, nahegestanden und dieses Gedankengut nie vollständig abgelegt habe. Der Verteidiger des Angeklagten sprach von „sehr vielen dummen Entscheidungen“ seines Mandanten, die auch durch Gruppendynamik beeinflusst gewesen wären. Sehr gesprächig zeigte sich der Flachgauer vor Gericht nicht.
„Ich habe es früher nicht ernst genommen, jetzt ist es anders. Es tut mir leid, da gibt es nichts schönzureden“, meint der Angeklagte selbst – und schweigt sonst zu den Fragen des Richters. Beispielsweise: Warum er Bekannte mit dem Hitler-Gruß begrüße. (krone.at, 25.9.24)
Das Gericht verurteilte den Mann zu zwölf Monaten bedingter Haft und ordnete einen pädagogisch geführten Rundgang durch eine KZ-Gedenkstätte an, den er dem Gericht nachweisen muss. Das Urteil ist bereits rechtskräftig.
Wien-Tumeltsham/OÖ: Urteile gegen Hells Angels-Mitglieder lösen Kopfschütteln aus
Der Prozess gegen drei Mitglieder der Hells Angels am Wiener Landesgericht endete nach drei Verhandlungstagen mit der Verurteilung von zwei der Angeklagten und dem Freispruch des dritten. Der Hauptangeklagte, ein 38-jähriger „Gangsta-Rapper“, erhielt eine Haftstrafe von 33 Monaten, von denen elf Monate unbedingt sind, die er aber bereits in Untersuchungshaft abgesessen hat. Ein 31-jähriger Mitangeklagter wurde zu 22 Monaten Haft verurteilt, die er möglicherweise mit einer Fußfessel zu Hause verbringen kann. Der dritte Angeklagte, ein 50-Jähriger, wurde freigesprochen, wobei dieser Freispruch noch nicht rechtskräftig ist.
Die ursprüngliche Anklage umfasste zahlreiche strafbare Handlungen, darunter Schutzgelderpressung, Körperverletzung und Delikte nach dem Verbotsgesetz. Nach langen Beratungen der Geschworenen gab‘s jedoch nur Teile der Anklage Schuldsprüche. Der Hauptangeklagte wurde wegen minderschwerer Erpressung, schwerer Körperverletzung und Wiederbetätigung verurteilt, da er unter anderem Hitler-Bilder über WhatsApp verbreitet hatte. Der jüngere Mitangeklagte wurde ebenfalls wegen Wiederbetätigung und schwerer Körperverletzung schuldig gesprochen, wobei er sich im Gegensatz zum Hauptangeklagten nicht geständig zeigte.
Beide Männer wurden von einigen weiteren Anklagefakten freigesprochen – was bei den Polizeibeamten, die gegen sie ermittelt hatten, auf Unverständnis stieß. Sie reagierten im Großen Schwurgerichtssaal auf den Verfahrensausgang teilweise mit Kopfschütteln. (APA via derstandard.at, 27.9.24)
Ein zentraler Punkt der Anklage betraf eine Schutzgelderpressung in einem Tanzlokal in Oberösterreich, wo der Hauptangeklagte laut Anklage mit anderen Mitgliedern der Hells Angels und einer deutschen Gruppierung den Geschäftsführer und den DJ angegriffen haben soll.
Die Oberösterreichischen Nachrichten (16.10.23) schilderten die Szenen, die sich im Tumeltshamer Lokal abgespielt hatten, so:
„Eine Reihe von Mitgliedern des Motorradclubs tauchte Mitte September in diesem Lokal auf. Dort kam es schließlich zu mehreren absichtlichen Körperverletzungen, zudem wollte man vom Lokalbetreiber Schutzgeld erpressen. Laut den bisherigen Ermittlungen wurde gedroht, dass es erneut zu einem solchen ‚Besuch‘ kommen werde, falls man nicht bereit sei, Geld zu bezahlen”, sagt Ebner auf Anfrage der OÖN. Der Betreiber des Lokals ließ sich vom Besuch der Rocker offenbar nicht beeindrucken und ging zur Polizei. Es folgte der „Gegenbesuch” in Pattigham [Klublokal der Hells Angels; Anmk. SdR] durch die Cobra. „Es wurden Schusswaffen, verbotene Waffen, Suchtgift und mehrere Datenträger, die jetzt detailliert ausgewertet werden, sichergestellt”, sagt Ebner.
Der Hauptangeklagte bestritt die Vorwürfe und gab an, zur Tatzeit mit einer Geliebten in einer Therme gewesen zu sein, was von der Frau zwar bestätigt, jedoch von den Geschworenen nicht geglaubt wurde, da zwei Zeugen – auch wegen der Identifizierung durch gut sichtbare Tattoos am Kopf des Angeklagten – das Gegenteil ausgesagt hatten.
Die Staatsanwältin gab zu den Urteilen keine Erklärung ab, damit sind sie nicht rechtskräftig.
Ein Kärntner Polizist musste die andere Seite von „law and order“ kennenlernen, nachdem bei ihm in Zuge einer waffenpolizeilichen Verlässlichkeitsprüfung ein Sturmgewehr samt Munition aufgestöbert wurde, das im Jahr 2015 aus der Polizeiinspektion Wels-Pernau in Oberösterreich gestohlen wurde.
Denn zu dem merkwürdigen Waffencoup – der Diebstahl ist nach neun Jahren zwar verjährt, aber es bleibt ein Kriegsmaterialdelikt übrig – kommt noch Urkundenunterdrückung samt Datenbeschädigung hinzu. Der Polizist hat beim Dienst in Klagenfurt Dienstunterlagen, die ihn selbst, aber auch andere betreffen, verschwinden lassen. Auch hier bleibt die Frage nach dem Warum völlig offen: „Ich hatte gedacht, dass mir meine Unterlagen schaden könnten“, meint er bloß. (krone.at, 26.9.24)
Das Gericht verurteilte ihn (rechtskräftig) zu fünf Monaten bedingter Haft und einer Geldstrafe von 720 Euro, wobei die Geldstrafe aufgrund seines geringeren Einkommens während der Suspendierung milde ausfiel. Der Polizist ist derzeit suspendiert, über seine berufliche Zukunft wird die Disziplinarbehörde entscheiden.