Innerhalb der deutschvölkischen und rechtsextremen Szene Österreichs war Walter Sucher über mehrere Jahrzehnte bekannt. Der Ring Volkstreuer Verbände (RVV, früher auch „Rat Volkstreuer Verbände“), dem Sucher über viele Jahre als Obmann vorstand, beweinte bis 2012 fast jedes Jahr am 8. Mai die Niederlage von Nazi-Deutschland und dessen Gefallene unter dem Vorwand eines „Totengedenkens“. Der RVV war neben dem „Wiener Korporations Ring“ (WKR) Mitveranstalter dieser geschichtsrevisionistischen Veranstaltung.
Sucher (Jahrgang 1934) hatte im Unterschied zu seinem Vorgängerobmann im RVV, Roland Timmel (SS-Offizier, Blutordensträger), den Nationalsozialismus nur als Kind erlebt, war aber sehr früh gemeinsam mit Norbert Burger, dem späteren Gründer der neonazistischen Partei NDP (Nationaldemokratische Partei) Mitglied der Burschenschaft Olympia (damals „Akademischer Bund Olympia“) geworden und hatte nie Berührungsängste mit bekennenden Neonazis. Dem Südtirol-Terroristen Norbert Burger gratulierte er namens des RVV 1979 öffentlich zu dessen 50. Geburtstag. Dies war ein ebenso deutliches Zeichen wie sein Beitrag in der neonazistischen Zeitschrift „Klartext“ (Nr. 3/1979) der NDP, in der er dagegen wetterte, den „alten, volkstümlichen und umfassenden Begriff ‚deutsch‘ staatspolitisch einzuengen und nur auf die Bundesrepublik Deutschland zu beziehen“.
Noch kurz vor seinem Tod bekräftigte er beim Burschentag der Deutschen Burschenschaft im Jahr 2023, diese klar rechtsextreme Position, indem er „dem Streben nach der vollständigen Einigkeit des Deutschen Volkes“ das Wort redete und die „bleibende Trennung von den deutschen Ostgebieten“ (zit. nach autonome-antifa.org, 29.9.24) bejammerte.
In den 80er und 90er-Jahren war Sucher Bezirksrat der FPÖ und Mitglied der Wiener Landesparteileitung, was kein Hindernis darstellte, 1987 bei der neonazistisch orientierten „Aktionsgemeinschaft für Politik“ (AFP) als Referent aufzutreten. Thema: „Die parlamentarische Vertretung des nationalen und des freiheitlichen Lagers seit 1945 und die Systemparteien“.
Am 23. Mai 1945 wurde die Deutsche Reichsregierung von den Siegermächten gegen herrschendes Völkerrecht gefangengesetzt. Ab diesem Zeitpunkt ist das Deutsche Reich, obzwar existent, nicht handlungsfähig. Im Staatsgebiet des Reiches haben sich drei deutsche Staaten gebildet. Die Bundesrepublik Deutschland, die Deutsche Demokratische Republik und die Republik Österreich. […] Die seither in allen deutschen Teilstaaten herrschende Geschichtsauffassung von der Alleinschuld aller Deutschen an Krieg, Not und Vertreibung wird von den Ratsmitgliedern als historisch falsch abgelehnt und verurteilt. Der Rat der Volkstreuen Verbände fordert, daß die deutsche Jugend in den drei deutschen Staaten durch Erziehung und Schule wieder zu geschichts- und volksbewußten Deutschen erzogen wird. Wenn die Deutschen schon historisch bedingt gezwungen sind, in verschiedenen Staaten zu leben, dann muß wenigstens das gemeinsame Erbe der Sprache, Kultur, Geschichte und Nation erhalten bleiben. […] In einem geeinten freien Deutschland, verbunden durch gleiches Volkstum, gleiche Geschichte und gleiche Kultur mit einem freien Österreich, im Herzen eines geeinten Europas, sieht der Rat der Volkstreuen Verbände den besten Garanten für eine glückliche Zukunft unserer geliebten Heimat Österreich. (Walter Sucher, Die Kameradschaft, 7–8/1985)
(zit. nach DÖW (Hg.), Handbuch des österreichischen Rechtsextremismus, 1994, S. 207)
Ein starkes Stück hatte sich Sucher im Jahr 1982 geleistet, als er und 20 weitere Personen eine Klage gegen das DÖW angestrengt hatten mit dem Vorwurf, im Buch „Rechtsextremismus in Österreich nach 1945“ „durch die Ausdrücke ‚demokratiefeindlich‘ und ‚Neofaschisten‘ in ihrer Ehre gekränkt“ worden zu sein. Die Verhandlung endete mit einem Vergleich.
Ein Jahrzehnt später fand sich Sucher dann allerdings im „Handbuch des österreichischen Rechtsextremismus“ deutlich als Rechtsextremist charakterisiert. Zu Recht, wie nicht nur sein Engagement bei den „Totengedenken“ am 8. Mai, sondern etwa auch sein Auftritt als Delegierter am Landesparteitag der Wiener FPÖ im Jahr 2006 belegten. Das DÖW schrieb im Mai 2006:
Weiters sprach Sucher von der zu erhaltenden Wortwahl der Deutschvölkischen. Man lasse es sich nicht nehmen, Lieder wie die SS-Hymne „Wenn alle untreu werden” auch heute noch zu singen. Schließlich beendete Sucher seine Rede mit einem Gruß, „der wirklich unser alter Gruß ist. Ich grüße euch alle mit einem kräftigen Heil!“
Nachdem 2013 endlich die rechtsextremen Totengedenken des WKR und RVV durch Befreiungsfeiern verdrängt werden konnten, wurde es, abgesehen von seinem Auftritt 2023, ziemlich still um Walter Sucher und den RVV. Beruflich werkte er noch bis 2017 als geschäftsführender Gesellschafter einer Immobilienfirma, die bald nach seinem Abgang in den Konkurs ging.
Am 10. September 2024 verstarb Walter Sucher. Der „Ring Volkstreuer Verbände“, dem er jahrzehntelang vorstand, dämmert noch vor sich hin.