Wien: Antisemitischer Hass und ein geheimnisvoller Marek
Graz: Alles nur „satirisch gemeint“, dennoch verurteilt
Braunau/OÖ: Vier Hitler-Pilger*innen aus Deutschland angezeigt
Wien: Anklage gegen Wiener Mitglied der „Feuerkrieg Division“
Wien: Antisemitischer Hass und ein geheimnisvoller Marek
Am 15.4. erfolgte die Fortsetzung eines Prozesses vom 15.2. am Wiener Landesgericht. Dem angeklagten E.H. wurde vorgeworfen, dass er am 7.10.21 auf Facebook unter einer Reportage über Antisemitismus des Westdeutschen Rundfunks (WDR) kommentiert hatte: „Hitler hat es leider nicht zu Ende gebracht.“ Weil der Angeklagte bei der Verhandlung im Februar behauptet hatte, ein ehemaliger Arbeitskollege hätte den Kommentar von seinem Account aus veröffentlicht, musste die Verhandlung vertagt werden. H. gab an, seine Zugangsdaten dem Kollegen „Marek“ – der Nachname sei ihm nicht bekannt – gegeben zu haben, damit sich der einen Account bei einem Online-Poker-Spiel zulegen könne. Der Richter wollte im Februar einen technischen Sachverständigen hinzuziehen sowie „Marek“ als Zeugen vorladen.
Neben der Anklage nach dem Verbotsgesetz ging es noch um ein weiteres Delikt: Der Angeklagte soll am 13.6.2023 seine Ex-Gattin in einer Sprachnachricht gefährlich bedroht haben (er könne Männer anheuern, die sie in den Rollstuhl bringen), wenn diese es nicht unterlasse, eine einstweilige Verfügung gegen ihn zu erwirken. Bezüglich beider Vorwürfe plädierte H.s Verteidiger für „nicht schuldig“.
Der ominöse „Marek“ konnte auch bis zum Prozess am 15.4. nicht ausgeforscht werden, ebenfalls nicht die Firma, die der Angeklagte angegeben hatte. In ihrem Schlussplädoyer hielt die Staatsanwaltschaft die Marek-Geschichte daher für wenig plausibel. Die Verteidigung blieb dabei und bezog sich hinsichtlich der gefährlichen Drohung darauf, dass eine solche Wortwahl in dem sozialen Milieu des Angeklagten nicht ungewöhnlich sei.
Zuletzt wurde H. in beiden Punkten schuldig gesprochen und zu einer bedingten Haftstrafe von 18 Monaten bei einer Probezeit von drei Jahren verurteilt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Danke an prozess.report für die Prozessbeobachtung!
Graz: Alles nur „satirisch gemeint”, dennoch verurteilt
Am 18.4. am Landesgericht Graz musste sich Manuel W. in einem Verfahren nach dem Verbotsgesetz verantworten. Der Angeklagte hatte zwischen September 2017 und März 2023 NS-verherrlichende Bilder in drei WhatsApp-Einzelchats versandt und NS-verherrlichende Aussagen via der Vorlesefunktion bei einer Onlinespieleplattform getätigt. Darunter fiel neben „Sieg Heil“-Rufen etwa auch die Aussage „Wir müssen die Juden ausrotten und sie in Konzentrationslagern vergasen.“ Außerdem hatte der Angeklagte NS-verherrlichendes Bildmaterial auf Datenträgern gespeichert.
Er gab sich vor Gericht tatsachengeständig, aber nicht hinsichtlich eines Vorsatzes: Das alles sei „satirisch gemeint“ gewesen. Unter den geladenen Zeugen war auch Stefan M., jener Freund des Angeklagten, mit dem er die inkriminierten Inhalte ausgetauscht hatte (auf M. wartet noch ein Prozess nach dem Verbotsgesetz). Auch er bestand auf den „satirischen“ Hintergrund ihres – im Falle der Onlinespieleplattform öffentlichen – Austauschs.
Die Geschworenen befanden W. dennoch schuldig. Das Urteil lautete auf acht Monate bedingter Haft sowie eine Geldstrafe von 240 Tagessätzen à 45 Euro (10.800 Euro). Alle Datenträger bleiben konfisziert. Über die Rechtskraft des Urteils ist uns nichts bekannt.
Danke an prozess.report für die Prozessbeobachtung!
Braunau/OÖ: Vier Hitler-Pilger*innen aus Deutschland angezeigt
Zwei Schwestern (24 und 26 Jahre alt) pilgerten just am 20. April 2024 gemeinsam mit ihren Lebensgefährten (29 und 31) aus dem niederbayrischen Plattling nach Braunau am Inn, um beim Hitler-Geburtshaus weiße Rosen niederzulegen. Dabei machte die Gruppe auch Fotos, wobei die 26-Jährige mit Hitlergruß posiert haben soll. Dies wurde von einer Polizeistreife gesehen, was zur Einvernahme am Polizeirevier und zur Anzeige der vier Pilger*innen bei der Staatsanwaltschaft Ried führte. Um den 20. April (Hitlers Geburtstag) kommt es v.a. beim Hitler-Geburtshaus zu Schwerpunktaktionen der Exekutive. (Quelle: LPD OÖ via polizei-nachrichten.at, 21.4.24)
Das Hitler-Pilgern aus Deutschland ist nicht neu und führte bereits zu Verurteilungen, die aufgrund des österreichischen Verbotsgesetzes empfindlich strenger ausfallen können als in Deutschland. (siehe dazu z.B. stopptdierechten.at, 14.2.23)
Wien: Anklage gegen Wiener Mitglied der „Feuerkrieg Division“
Jener junge Wiener Neonazi von dem rechtsterroristischen Netzwerk „Feuerkrieg Division (FDK)“, der nach einer Verhaftung im Jänner schon im Februar wieder freigelassen wurde, ist nun wieder in Haft. Es dürfte zu einer Anklage kommen, wie die Plattform „ZackZack“ berichtet:
Wie ZackZack erfuhr, hat die Staatsanwaltschaft Wien nun gegen den Wiener Anklage erhoben. “Wir können bestätigen, dass eine entsprechende Anklage bei Gericht eingebracht wurde”, sagt Behördensprecherin Nina Bussek. Es gehe um Delikte nach §3g Verbotsgesetz sowie um Verhetzung, Aufforderung zu mit Strafe bedrohten Handlungen und der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung. Anfang April wurde über ihn Untersuchungshaft verhängt, nachdem er sich lange Zeit auf freiem Fuß befand. (zackzack.at, 18.4.24)
Was die Staatsanwaltschaft bzw. Gericht dazu bewogen hat, den Wiener nach der ersten Hausdurchsuchung auf freiem Fuß zu belassen, dann aber doch zu verhaften, um ihn wieder freizulassen und ihn nun erneut verhaften zu lassen, ist nicht nachvollziehbar.
Update 25.4.24: Die neuerliche Verhaftung erfolgte aufgrund einer Beschwerde der Staatsanwaltschaft Wien , „die sie gegen die Enthaftung des 20-Jährigen eingebracht hatte. Dem Oberlandesgericht Wien (OLG) erscheint der HTL-Absolvent zu gefährlich, um ihn auf freiem Fuß zu lassen“ (APA via derstandard.at, 25.4.24).