Wochenschau KW 20/22 (Teil 2)

Für einen Oberöster­re­ich­er, der zu den frühen Organ­isatoren der Coro­na-Demos gehörte, reg­net es nun juris­tis­che Kon­se­quen­zen. Nach ein­er nicht recht­skräfti­gen Verurteilung im März, ist die näch­ste Anklage gekom­men – wegen des Ver­dachts auf NS-Ver­harm­lo­sung. Auch Mit­glieder der Iden­titären sind in aller­lei juris­tis­chen Auseinan­der­set­zun­gen involviert: Sie kla­gen und wer­den geklagt. 

Linz: Coro­na-Demo-Organ­isator nach dem Ver­bots­ge­setz angeklagt
Flachgau/Sbg: Dro­gen­han­del und Nazi-Chats
Wien: Haben Iden­titäre nur gegen die Stadt Wien gehetzt?
Wien: Stelz­er klagt Sell­ner, Sell­ner klagte Bonvalot

Linz: Coro­na-Demo-Organ­isator nach dem Ver­bots­ge­setz angeklagt

Nach sein­er nicht recht­skräfti­gen Verurteilung im März 22 zu zwölf Monat­en Haft, davon vier unbe­d­ingt, ist F.O. nun mit der näch­sten Anklage kon­fron­tiert – dies­mal nach dem Verbotsgesetz.

Der Mann hat auf sozialen Medi­en die Coro­na-Maß­nah­men mit den Ver­brechen des Nazi-Regimes ver­gle­ichen, was ein­er Wieder­betä­ti­gung gle­ichkommt“, erläutert Ulrike Bre­it­ened­er, Sprecherin der Staat­san­waltschaft Linz, im VOLKS­BLATT-Gespräch. Dem Müh­lviertler dro­hen im Falle ein­er Verurteilung bis zu zehn Jahre Haft, einen Prozesster­min gibt es noch nicht. (Oberöster­re­ichis­ches Volks­blatt, 19.5.22)

Flachgau/Sbg: Dro­gen­han­del und Nazi-Chats

Die Haus­durch­suchung bei einem 22-jähri­gen Flach­gauer fand bere­its im Novem­ber 2021 statt, aber jet­zt erst wurde bekan­nt gegeben, was dort sichergestellt wurde. Dabei fan­den die Beamten über 3.000 Tablet­ten, 140 Gramm „Gras“ sowie Bargeld und elek­tro­n­is­ches Beweis­ma­te­r­i­al. (…) Bei der Auswer­tung der Handys wur­den Chatver­läufe und Fotos ent­deckt, die gegen das Ver­bots­ge­setz ver­stoßen.“ (salzburg24.at, 19.5.22) Ins­ge­samt wurde gegen 22 Per­so­n­en, darunter 20 Drogenabnehmer*innen, ermittelt.

Update 10.6.22: Dem 22-Jähri­gen ist mit­tler­weile eine Anklage nach dem Ver­bots­ge­setz zugestellt wor­den. Dem­nach soll er zwis­chen 2015 und 2020 in mehreren What­sApp-Grup­pen „wieder­holt den Nation­al­sozial­is­mus oder Adolf Hitler ver­her­rlichende Post­ings versendet haben. Allein das Hak­enkreuz ver­schick­te er Hun­derte Male, dazu auch den Szene-Code „88“ für ‚Heil Hitler’.“ (Salzburg­er Nachricht­en, 10.6.22, S. 8) Dro­genbestel­lung und ‑han­del sollen teil­weise übers Dark­net gelaufen und über Kryp­towährungs-Por­tale abgewick­elt wor­den sein.

Wien: Haben Iden­titäre nur gegen die Stadt Wien gehetzt?

Jene drei Iden­titären, die bei der Vien­na Pride im Juni 2021 Flug­blät­ter von einem Gerüst gewor­fen hat­ten und wegen des Ver­dachts auf Ver­het­zung angezeigt wur­den, sind freige­sprochen wor­den. Die Begrün­dung wirft allerd­ings Fra­gen auf. „Das Flug­blatt het­zt nicht gegen Homo­sex­uelle, son­dern gegen die Stadt Wien.“ (krone.at, 17.5.22)

Dass For­mulierun­gen wie „Ein Mann bleibt ein Mann, eine Frau bleibt eine Frau. Eure Pro­pa­gan­da bleibt Abfall. (…) Unser Stolz gilt der Heimat und wir ver­acht­en euren ‚Pride‘“ nicht gegen Homo­sex­uelle gerichtet sein sollen, sehen außer­halb des Gerichts wohl viele deut­lich anders.

Wien: Stelz­er klagt Sell­ner, Sell­ner klagte Bonvalot

Mar­tin Sell­ner ist wieder empört – dies­mal, weil er vom oberöster­re­ichis­chen Lan­deshaupt­mann Thomas Stelz­er geklagt wurde. Sell­ner bezichtigte auf seinem Telegram-Kanal den Lan­deshaupt­mann, bei einem Verge­wal­ti­gungs­fall „mitverge­waltigt“ zu haben. 

Der Sprech­er der recht­sex­tremen Grup­pierung „die Iden­titären“ hat­te auf dem Mes­sen­ger­di­enst „Telegram“ wörtlich geschrieben, Stelz­er habe einen jun­gen Syr­er, der im Ver­dacht ste­ht, eine 15-jährige Ukrainer­in verge­waltigt zu haben, „ins Land gelassen“ und habe daher „mitverge­waltigt“. (ooe.orf.at, 20.5.22)

„Stelz­er hat mitverge­waltigt“ löschte Sell­ner, nach­dem die Klage pub­lik wurde, um sich danach als Opfer der Staats­macht zu insze­nieren und um das zu tun, was er am besten kann: Spenden keilen. 

Nach­dem Sell­ners ursprünglich­er Ein­trag mehrfach doku­men­tiert ist, wird ihm die nachträgliche Löschung wohl kaum helfen.

Inzwis­chen hat der Jour­nal­ist Michael Bon­va­l­ot ein Urteil aus dem April bekan­nt gemacht. Sell­ner hat­te Bon­va­l­ot geklagt und nach fast zwei Jahren Auseinan­der­set­zung verloren.

„Die kla­gende Partei ist schuldig“, der beklagten Partei die Ver­fahren­skosten zu erset­zen. So hat das Lan­des­gericht für Zivil­rechtssachen Wien am 13. April in einem Ver­fahren zwis­chen Iden­titären-Gesicht Mar­tin Sell­ner und mir entschieden.
Sell­ner hat­te mich geklagt – doch laut Urteil müsste mir das Gesicht der neo­faschis­tis­chen Gruppe Iden­titäre nun über 2500 Euro an Ver­fahren­skosten erset­zen. Dazu würde er auf seinen eige­nen Anwalt­skosten sitzen bleiben. Da Sell­ner das Urteil nicht akzep­tieren will und in Beru­fung geht, ist das Urteil nicht rechtskräftig.

Sell­ner muss also genug Geld haben, um sich solche gerichtlichen Auseinan­der­set­zun­gen leis­ten zu können.