Wochenschau KW 20/22 (Teil 1)

In drei der vier Wieder­betä­ti­gung­sprozesse, über die in der let­zten Woche medi­al berichtet wurde, ging’s um braune Chat­nachricht­en, aber nicht nur. Ein Bur­gen­län­der hat­te zudem vom Bun­desheer wider­rechtlich ein Stur­mgewehr abgezweigt. Ein ehe­ma­liges Mit­glied von B&H‑Vorarlberg gab sich vor Gericht zwar geläutert, seine Ex-Ehe­frau wusste jedoch anderes zu berichten. 

Bez. Feldkirch/Vbg: Antifaschis­ten ein Mess­er in den Hals stechen
Bez. Eisen­stadt: Ille­gales Stur­mgewehr aus Bundesheer-Beständen
Bez. Ober­wart-Eisen­stadt/B: NS aus Schu­lun­ter­richt ausgeklammert
Bez. Bregenz/Feldkirch: Hit­ler­gruß statt Mahlzeit

Bez. Feldkirch/Vbg: Antifaschis­ten ein Mess­er in den Hals stechen

Mit erst 15 Jahren hat­te sich der Angeklagte schon einen Prozess, der let­zte Woche über die Bühne ging, nach dem Ver­bots­ge­setz ein­han­delt. Es waren 22 Post­ings in What­sApp-Grup­pen mit den Namen „Bürg­er­wehr Deutsch­land“, „Deutsches Reich“ und „Divi­sion Öster­re­ich“, die zur Anklage geführt haben.

Dem­nach hat er etwa mehrfach „Heil Hitler!“ geschrieben, sich in Reim­form über den Völk­er­mord an Juden lustig gemacht, Hak­enkreuze gepostet und einem Antifaschis­ten ange­dro­ht, ihm ein Mess­er in den Hals zu stechen. (…) Auch gegen Teil­nehmer aus anderen Bun­deslän­dern wurde nach dem Ver­bots­ge­setz ermit­telt. (Neue Vorarl­berg­er Tageszeitung, 17.5.22, S. 17)

Der heute 17-Jährige bedauerte seine Post­ings, erhielt aber nach einem Schuld­spruch bere­its recht­skräftige vier Monate Haft bed­ingt und eine unbe­d­ingte Geld­strafe über 2.250 Euro samt verpflich­t­en­der Bewährungshilfe.

Bez. Eisen­stadt: Ille­gales Stur­mgewehr aus Bundesheer-Beständen

Gle­ich 419 Fotos und 23 Videos mit NS-Inhal­ten waren auf dem Handy des 35-Jähri­gen aus dem Bezirk Eisen­stadt gespe­ichert, Ein­schlägiges habe er via Face­book und What­sApp ver­schickt. Der Mann musste sich deshalb in der vor­vorigen Woche im Eisen­städter Lan­des­gericht ein­find­en. Zudem wur­den Nazi-Devo­tion­alien bei ihm gefun­den: „Hitler­bilder, Hak­enkreuz­fah­nen, Dolche mit Hak­enkreuzem­blem, Porträts von Adolf Hitler und fünf Aus­gaben von dessen Buch ‚Mein Kampf‘“ (BVZ 19.5.22, S. 34). Das sei aus „his­torischem Inter­esse“, die „Mein Kampf“-Exemplare bloß ver­schiedene Aus­gaben, die er gesam­melt habe.

Offen­bar war es kein The­ma, wie es möglich war, dass der Angeklagte, Mit­glied eines Schützen­vere­ins, auch ein Stur­mgewehr, bei dem die Num­mer her­aus­geschlif­f­en war, aus Bun­desheer-Bestän­den abzweigen kon­nte. Der Mann wurde schuldig gesprochen und fasste 16 Monate Haft unbe­d­ingt und 3.600 Euro Geld­strafe unbe­d­ingt aus. 

Ob der Fall mit dem Wieder­betä­ti­gungsskan­dal rund um den Schützen­vere­in „Roten­turm“ zu tun hat, geht aus dem Zeitungs­bericht nicht her­vor. 

Bez. Ober­wart-Eisen­stadt/B: NS aus Schu­lun­ter­richt ausgeklammert

Was find­en Leute daran, die wider­wär­tige Nazi-Nachricht­en ver­schick­en, aber mit der Ide­olo­gie rein gar nichts zu tun haben wollen, so etwas den­noch zu tun? Der Angeklagte aus dem Bezirk Ober­wart, Akademik­er und als Prokurist für mehrere Unternehmen tätig, hat­te dafür jeden­falls eine inter­es­sante Erk­lärung: Die NS-Zeit sei aus dem Schu­lun­ter­richt aus­geklam­mert gewe­sen. Deshalb habe er „unbe­dacht“ an einen Kärnt­ner Fre­und, der bere­its 2020 wegen Wieder­betä­ti­gung verurteilt wor­den und über dessen Handy der braune Nachricht­e­naus­tausch mit dem Bur­gen­län­der aufge­flo­gen war, „Darstel­lun­gen von Adolf Hitler, Abbil­dun­gen des Hak­enkreuzes und anti­semi­tis­ches Gedankengut ver­schickt. (…) Den Kärnt­ner habe er als Waf­fen­ex­perten ken­nen­gel­ernt. ‚Ich bekam von ihm ähn­lich­es Bild­ma­te­r­i­al und habe entsprechend Bilder retourniert.‘“ (BVZ, 19.5.22, S. 34)

Die Geschwore­nen sprachen den Bur­gen­län­der schuldig, er kassierte 13 oder 14 Monate (die BVZ nen­nt bei­de Zahlen) Haft auf Bewährung und 4.500 Euro Strafe unbe­d­ingt – nicht rechtskräftig.

Bez. Bregenz/Feldkirch: Hit­ler­gruß statt Mahlzeit

Der heute 47-jährige Deutsche, der in Feld­kirch auf der Anklage­bank saß, weist eine ein­schlägige Sozial­isierung auf: Er war in seinen jun­gen Jahren Hooli­gan und schloß sich dann in Vorarl­berg „Blood & Hon­our“ an. Mit alle­dem habe er nichts mehr zu tun, er hätte die Neon­azi-Grup­pierung 2014 ver­lassen und alle Kon­tak­te abge­brochen. Seine mit­tler­weile von ihm geschiedene Ehe­frau berichtet allerd­ings anderes.

Nach ihrer Aus­sage waren häus­liche Gewalt, ras­sis­tis­che Äußerun­gen sowie das per­ma­nente Ver­her­rlichen von Hitler der Grund für die Tren­nung gewe­sen. Sie habe es ein­fach nicht mehr aus­ge­hal­ten. Er habe sie gestalkt, ihr ver­boten bei einem mul­ti-kul­turellen Fest in ihrer Wohn­sitzge­meinde mitzuar­beit­en. Vor dem Essen habe er am Mit­tagstisch oft zum Hit­ler­gruß ange­set­zt, KZ-Ein­rich­tun­gen geleugnet und immer wieder von eth­nis­chen Säu­berun­gen gesprochen. Wenn er aggres­siv gelaunt gewe­sen sei, habe er mit der Faust auf den Tisch geschla­gen und gemeint: „Blut und Ehre sind das Aller­wichtig­ste!“ Außer­dem habe er geprahlt, dass es bei der­ar­ti­gen Grup­pen heißt: „Ein­mal Mit­glied, immer Mit­glied“. (Vorarl­berg­er Nachricht­en, 19.5.22)

Da die Ex-Frau offen­bar überzeu­gen­der war als der Angeklagte, entsch­ieden sich die Geschwore­nen für einen Schuld­spruch. Das Urteil: neun Monate Haft auf Bewährung und eine Geld­strafe über 5.400 Euro unbe­d­ingt. Obwohl die Vertei­di­gerin auf Freis­pruch plädiert hat­te, nahm der Angeklagte das Urteil an. Nach­dem auch die Staat­san­waltschaft keinen Ein­spruch erhob, ist das Urteil rechtskräftig.