FPÖ I: Rechnungen „umwandeln“
FPÖ II: Ex-EU-Abgeordnete als Geldbotin
FPÖ III/Steinhaus/OÖ: Blauer Bürgermeister zum wiederholten Mal vor Gericht
Salzburg: k/ein Ehrengrab für frühes NSDAP-Mitglied Hans Schmid
Graz – Sinabelkirchen/Stmk: Hakenkreuze in Kirche und auf Schulspinden
Kitzbühel/T: NS-Schmierereien und ein „lustiger“ FPÖ-Gemeinderat
FPÖ I: Rechnungen „umwandeln“
Man könnte schon den Überblick verlieren über all die Ermittlungen, Klagen, Klagsandrohungen, die rund um die Regierungsparteien aus 2017–2019 derzeit laufen. Es vergeht fast kein Tag, an dem nicht neue Enthüllungen an die Öffentlichkeit kommen. Derzeit im Mittelpunkt stehen die Korruptionsvorwürfe rund um die Bestellung von Peter Sidlo, ehemaliger Bezirksrat der FPÖ Alsergrund, in den Vorstand der Casinos Austria (Casag). Die Auswertungen der im Zuge der Ermittlungen beschlagnahmten Handys offenbaren via Chats, wie hier zwischen verschiedenen Akteuren gedealt wurde. Kickl hat das nicht interessiert, was er da auf sein Handy bekommen hat, sagt er, Strache ist so und so nur Opfer, der eigentlich immer nur „lg HC“ verschickt hat, der VP-Ex-Finanzminister Löger fühlt sich ebenfalls missinterpretiert, denn ein „Daumen hoch“ heißt bei ihm „gib a Ruh“ und bedeutet demnach keine Zustimmung.
Aber die FPÖ kämpft auch noch an mehreren parteiinternen Fronten. Ab 2013 sammelte Straches ehemaliger Leibwächter Oliver R. systematisch Material über seinen Ex-Chef. Im Hintergrund dürfte eine persönliche Enttäuschung gestanden sein, da R. aus seiner Sicht zu wenig Unterstützung seitens der FPÖ erhalten habe, als er an Krebs erkrankt war. Dem steht Straches These gegenüber, R. sei von einem kriminellen Netzwerk angestiftet worden, gegen ihn vorzugehen. Das passt jedoch nicht so gut zu Straches neueren Postings, wonach R. und zudem seine ehemalige Assistentin Karin S. – bis September 2019 auch FPÖ-Bezirksrätin in Straches Homebase Wien-Landstraße – sich selbst bereichert hätten, indem Straches Rechnungen „umgewandelt“ worden seien.
Eine Rechnung „umwandeln“? Das ist an sich kein gängiger Begriff unter jenen, denen die Praxis, Rechnungen einfach auszutauschen – aus einer privaten Ausgabe wird eine Rechnung für ein angebliches Dienstessen – fremd ist. Strache scheint diesen, dem gemeinen Fußvolk weniger geläufigen „Terminus technicus“ jedenfalls zu kennen: „Die Behörden werden daher ermitteln, ob Oliver R. Rechnungen, die er von mir ersetzt bekam, in Restaurantrechnungen ‚umgewandelt’ und bei meiner Referentin ein zweites Mal eingereicht hat, um sich unrechtmäßig zu bereichern und mich falsch zu belasten.“ (FB-Posting Strache, 28.11.19)
Einen Tag später, am 29.11., wird aus der Zeugenaussage der Strache-Assistentin Karin S. zitiert:
„Mit diesen Rechnungen ging ich zum ‚Chef‘, (gemeint ist Strache, Anm.) und dieser sagte mir, geh zum O. und dieser soll sie umwandeln. Damit meinte er, statt dieser privaten Rechnung soll eine Essensrechnung vorgelegt werden, die den Anschein einer Verbindung zu einer politischen Veranstaltung oder Tätigkeit erweckte. Er rechtfertigte dies mir gegenüber so, dass er meinte, dass er sich sowieso auch während des Urlaubs mit Funktionären und Parteimitgliedern zusammengesetzt hat. (…) Ich fragte bei dieser Besprechung Strache, was ich mit den Putzfrauenrechnungen schlussendlich machen sollte, worauf sich Hr. R. angeboten hat, die Rechnungen ‚umzuwandeln’. Er sagte, er würde stattdessen eine Essensrechnung bringen, Strache sagte sinngemäß ‚ok, machen wir es so‘.“ (oe24.at, 29.11.19).
Hier haben wir ihn also auch wieder, den Begriff, eine Rechnung „umwandeln“. Aber alles kann ein Zufall sein, oder Strache hat sich nur der Diktion seiner Assistentin bedient … Es gilt die Unschuldsvermutung.
FPÖ II: Ex-EU-Abgeordnete als Geldbotin
Es ist an sich keine Aktion, die zu den gewöhnlichen Agenden einer EU-Abgeordneten gehören würde. Aber, zugegeben, bei der FPÖ überrascht uns bald nichts mehr. Am 29. November veröffentlichte der „Kurier“, dass gegen die ehemalige FPÖ-EU-Abgeordnete Barbara Kappel Ermittlungen eingeleitet wurden. Sie soll eine beträchtliche Geldsumme von der Kärntner Straße in den Freiheitlichen Parlamentsklub gebracht haben.
Laut ‚Kurier‘ sagte Kappel gegenüber den Ermittlern aus, dass sie im November und Dezember 2018 als Geldbotin tätig war. Sie habe von einem bulgarischen Unternehmer in drei Tranchen Bargeld übernommen. Insgesamt soll es um 55.000 Euro gehen. Die Kuverts soll Kappel in einem Gebäude auf der Kärntner Straße abgeholt und in den FPÖ-Parlamentsklub gebracht haben. Wer das Geld übernommen hat, geht laut ‚Kurier’ nicht aus Kappels Aussage hervor. Sie selbst wollte die Causa gegenüber der Zeitung nicht kommentieren. (derstandard.at, 29.11.19)
Es ist anzunehmen, dass wir auch hier bald mehr erfahren werden.
FPÖ III/Steinhaus/OÖ: Blauer Bürgermeister zum wiederholten Mal vor Gericht
Harald Piritsch, der FPÖ-Bürgermeister aus Manfred Haimbuchners Heimatgemeinde Steinhaus hat’s nicht leicht: Zum wiederholten Mal steht er nun wegen des Verdachts auf Amtsmissbrauch vor Gericht. „Die Staatsanwaltschaft Wels wirft dem Ortschef Amtsmissbrauch im Baubereich vor. Laut Anklage soll Piritsch eine Baubewilligung für einen Grund erteilt haben, der als landwirtschaftliches Grünland gewidmet war. Das stelle einen Verstoß gegen Raumordnungsgesetz und Bauordnung dar.“ (meinbezirk.at, 28.11.19)
Piritsch wurde bereits 2012 wegen Amtsmissbrauch verurteilt. „Er hatte einen illegalen Bau nicht bei der Bezirkshauptmannschaft angezeigt und deshalb in erster Instanz fünf Monate Haft bedingt und 6.030 Euro Bußgeld ausgefasst. Das Oberlandesgericht Linz verringerte diese Strafe dann wegen ‚außerordentlicher Milderungsgründe‘ auf viereinhalb Monate bedingt.“ (meinbezirk.at) Verhandelt wurde 2013 auch eine „Kanalgebühren-Affäre“. Piritsch soll, so lautete der Vorwurf, über zwei Jahre für das Haus seiner Frau, in dem auch er residierte, keine Gebühren verrechnet haben. Wie dieser Prozess ausgegangen ist, ist uns nicht bekannt.
2015 kam es dann in Steinhaus richtig dick: Der damalige blaue Vize-Bürgermeister musste von seinem Amt zurück- und aus der Partei austreten, weil er seine Enkelin sexuell missbraucht haben soll. Er wurde zu einer verhältnismäßig geringen Strafe von zwölf Monaten Haft, davon vier unbedingt verurteilt.
Haimbuchner sollte sein Personal in Steinhaus vielleicht besser aussuchen!
Salzburg: k/ein Ehrengrab für frühes NSDAP-Mitglied Hans Schmid
In Salzburg ist ein Konflikt rund um eine Verlängerung des Ehrengrabes für den Komponisten des „Rainer Marsches“ Hans Schmid entbrannt.
Das ist auch dem Amtsbericht, der dem STANDARD vorliegt, zu entnehmen. Forschungen zu Hans Schmid hätten ergeben, ‚dass Schmid mit der Mitgliedsnummer 6.319.577 per 1. Mai 1938 in die NSDAP aufgenommen wurde’. Die Parteinummer stamme aus dem sogenannten Illegalenblock, der jenen Personen vorbehalten war, die sich in der Zeit des Parteiverbots zwischen Juni 1933 und März 1938 aktiv für die in Österreich illegale NSDAP betätigt hatten. Ihm konnte aber, wie auch anderen Salzburger Parteigenossen mit niedrigen Mitgliedsnummern, ein politisches Engagement für die NSDAP in der Verbotszeit bislang nicht nachgewiesen werden. Während der NS-Zeit leitete er eine ‚Kraft durch Freude‘-Musikkapelle und wurde eineinhalb Jahre vor Kriegsende als Aushilfsblockleiter eingesetzt. Über seine Handlungen in dieser Funktion ist nichts bekannt. (derstandard.at, 27.11.19)
Die Bürgerliste, die KPÖ und Neos sprechen sich gegen die Verlängerung des Ehrengrabes aus. Dazu Ingeborg Haller, Klubobfrau der Bürgerliste:
„Die Verlängerung der Ehrung wäre kontraproduktiv. Sie untergräbt die bisherigen Bemühungen der Stadt rund um die Aufarbeitung der NS- Geschichte, sowie die vorbildliche Gedenkarbeit der Zivilgesellschaft“, ist Ingeborg Haller, Mitbegründerin des Personenkomitees STOLPERSTEINE überzeugt. Sie mahnt einen kritischen Umgang mit der NS-Geschichte ein und schlägt aus Respekt vor den Opfern des Nationalsozialismus vor, von einer Verlängerung des Ehrengrabes Abstand zu nehmen.“
Dem ist auch von unserer Seite nichts hinzuzufügen.
Graz-Sinabelkirchen/Stmk: Hakenkreuze in Kirche und auf Schulspinden
Gleich zwei Mal wurde in der letzten Woche in der Steiermark über das Anbringen von Hakenkreuzen berichtet. Einmal hat ein bislang unbekannter Täter ein Hakenkreuz in der Grazer Stadtpfarrkirche auf eine Säule geschmiert. Täter unbekannt!
In Sinabelkirchen wurden in einer Schule Hakenkreuze auf Schulspinde geritzt. Und nicht nur das:
Von den 110 Spinden der Neuen Mittelschule Sinabelkirchen seien 78 verschandelt, wahlweise mit Nazi-Parolen, Hakenkreuzen oder SS-Runen. Die Sprüche und Symbole sollen mit einem spitzen Gegenstand in die Metallspinde geritzt worden sein. Daraufhin fiel ein Verdacht auf Teilnehmer des traditionellen Perchtenlaufs in Sinabelkirchen (von 15. auf 16. November), weil den Perchten — mehr als 600 Personen aus 36 Perchtengruppen — die Möglichkeit gegeben worden war, sich in der NMS-Umkleide umzuziehen. (kleinezeitung.at, 28.11.19)
Der Bürgermeister sah sich bemüßigt, gleich zur Entlastung der Perchtengruppen auszurücken:
Für Bürgermeister Emanuel Pfeifer ist dieser Verdacht nicht begründet: „Ich war in der Schule nachschauen, viele der Ritzereien könnten schon viel älter sein.“ Außerdem sei der entstandene Schaden nicht dramatisch. In der offiziellen Polizeimeldung ist allerdings von einer „schweren Sachbeschädigung“ die Rede. Wenn die Spinde aber schon länger verschandelt sind, und das zumindest teilweise mit nationalsozialistischer Symbolik, wieso wurden sie nicht ausgetauscht? „Ich musste gezielt suchen, um solche Symbole zu entdecken“, gibt Pfeifer an. Allerdings: Einige Schäden seien neu dazugekommen — das bestätigt der Bürgermeister. „Diesbezüglich sind wir im Gespräch mit dem Veranstalter des Laufs.“ (Kleine Zeitung)
Bürgermeister Pfeifer musste bei 78 (!) schwer beschädigten Spinden suchen, um die Ritzereien zu entdecken? Er konnte – als Vertreter des Schulerhalters – auch nicht erklären, warum die Beschädigungen erst sehr spät, nämlich zehn Tage nach dem Perchtenlauf, an die Polizei gemeldet wurden. Eines bleibt wohl: Ein Bürgermeister, der die Schwere des Delikts der Wiederbetätigung daran misst, wie hoch der entstandene Sachschaden ist, sollte möglicherweise einen Kurs in „Politischer Bildung“ belegen.
Kitzbühel: NS-Schmierereien und ein „lustiger“ FPÖ-Gemeinderat
Über Monate hinweg wurden in Kitzbühel offenbar NS-Schmierereien an diversen Orten gesichtet. Dabei war auch ein Skaterpark, den der blaue Gemeinderat und gleichzeitig Landtagsabgeordnete Alexander Gamper nun, wie es heißt, als „erzieherische Maßnahme“ abbauen lassen will. Das alleine ist schon absurd, aber es geht noch besser: Gamper will als Strafe stattdessen am bisherigen Skaterplatz Parkplätze errichten, denn er „sieht die ‚links-linke Jugend‘, wie er sie bezeichnet, als Verursacher der Schmierereien“ (Tiroler Tageszeitung, 27.11.19, S. 45).
Eine „links-linke Jugend“, die gegen das Verbotsgesetz verstößt? Gut jedenfalls, dass in diesem Fall alle anderen Parteien gegen diese Form der Gamper’schen Erziehungsstrategie aufgetreten sind.