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Der Herbert ist der Jürgen!

Der 2011 ver­stor­be­ne frü­he­re SS-Mann Her­bert Schwei­ger ist eine Iko­ne für Alt-und Neo­na­zis. Wer sich sei­nen Namen klaut, um damit auf Face­book Fans um sich zu sam­meln, will ihm offen­sicht­lich nach­ei­fern. Auch bei den Haft­stra­fen? Wie die „Ober­ös­ter­rei­chi­schen Nach­rich­ten“ berich­ten, sitzt Jür­gen W., der zuletzt als der heim­li­che Chef von Objekt 21 eine mehr­jäh­ri­ge Haftstrafe […]

3. Dez 2019

Bis zu sei­nem Tod im Jahr 2011 tin­gel­te der Alt- und Neo­na­zi Her­bert Schwei­ger von Ver­an­stal­tung zu Ver­an­stal­tung um sei­ne brau­nen Fans anzu­feu­ern. Wie im wiki­pe­dia-Bei­trag über Schwei­ger zu lesen ist, fass­te der auch eini­ge Haft­stra­fen wegen Wie­der­be­tä­ti­gung aus – die letz­te im Jahr 2010: 21 Mona­te teil­be­ding­te Haft. Was die Anzahl und die Dau­er der Haft­stra­fen betrifft, hat Jür­gen Her­bert schon längst ein­ge­holt. Was Jür­gen aller­dings fehlt, sind Her­berts Jah­re und Erfah­run­gen in VdU und FPÖ, aber vor allem in der SS. Obwohl sich Jür­gen mit der Bil­dung der Grup­pe „Kampf­ver­band Ober­do­nau“ eigent­lich bemüht hät­te, sei­nem Vor­bild nach­zu­ei­fern. Vor sei­ner Ankla­ge und Ver­ur­tei­lung als Draht­zie­her des neo­na­zis­ti­schen Quar­tetts „Kampf­ver­band Ober­do­nau“ im Jahr 2009 zu einer teil­be­ding­ten Haft­stra­fe sind bei ihm 2001 (da war der Jür­gen erst 17) hun­der­te ein­schlä­gi­ge CDs – so der „Kurier“ vom 29.5.2010 – gefun­den wor­den: „Es folg­ten meh­re­re Ein­tra­gun­gen ins Straf­re­gis­ter.“ 2005 dann eine Ver­ur­tei­lung zu sechs Mona­ten bedingt – natür­lich wegen Wiederbetätigung.

Die Haft wegen des „Kampf­ver­ban­des Ober­do­nau“ behin­der­te den Jür­gen nicht wirk­lich am Auf­bau und der heim­li­chen Lei­tung von „Objekt 21“ in Wind­ern, Gemein­de Des­sel­brunn. Zum einen nutz­te er die Frei­gän­ge an den Wochen­en­den, die ihm offen­bar reich­lich zuge­spro­chen wur­den, für ein­schlä­gi­ge kri­mi­nel­le Akti­vi­tä­ten. Zum ande­ren ver­mit­tel­te der Jür­gen in der Haft­an­stalt Mit­ge­fan­ge­ne an das „Objekt 21, wo sie dann in die diver­sen kri­mi­nel­len Akti­vi­tä­ten der brau­nen Trup­pe ein­be­zo­gen wur­den, die von Brand­stif­tun­gen im Rot­licht­mi­lieu über Rausch­gift­han­del- und Kör­per­ver­let­zung bis hin zu Raub­zü­gen quer durch Ober­ös­ter­reich reich­ten. Das waren die heim­li­chen Akti­vi­tä­ten des „Kul­tur- und Frei­zeit­ver­eins“ Objekt 21. Zu den offi­zi­el­len gehör­ten die Auf­trit­te diver­ser brau­ner Lie­der­ma­cher. Der Jür­gen war eher für den inof­fi­zi­el­len Teil von „Objekt 21“zuständig, für den er 2013 zunächst zu einer mehr­jäh­ri­gen unbe­ding­ten Haft von sechs Jah­ren ver­ur­teilt wur­de. 2014 erteil­te ihm das Ober­lan­des­ge­richt Linz einen kräf­ti­gen Nach­lass bei sei­ner Ver­ur­tei­lung wegen Wie­der­be­tä­ti­gung auf 15 Mona­te, weil er, so das Gericht, ja schon wegen diver­ser ande­rer Straf­ta­ten die sechs Jah­re aus­ge­fasst habe.

Die neue Haft­stra­fe saß der Jür­gen so wie die alte in Suben ab. Am 21. Novem­ber 2018 wur­de er aus der Haft ent­las­sen, wie die APA ver­mel­det. Vor­zei­tig wegen guter Füh­rung? Aber das kann eigent­lich nicht sein, denn der Jür­gen war schon wie­der in der Haft bzw. bei sei­nen Frei­gän­gen aktiv. Der Spre­cher der Staats­an­walt­schaft Ried zu den OÖN: „Der Beschul­dig­te ist bereits wäh­rend die­ser Haft bezie­hungs­wei­se bei Haft­frei­gän­gen erneut straf­fäl­lig gewor­den. Er hat unter ande­rem ein­schlä­gi­ge Fotos mit ein­deu­ti­gem NS-Bezug in den sozia­len Netz­wer­ken wei­ter­ge­schickt. Außer­dem hat er ver­bo­te­ne Täto­wie­run­gen erneut öffent­lich zur Schau gestellt.“

Sei­ne Haft­frei­gän­ge habe der brau­ne Jür­gen, der sich auf Face­book als Her­bert Schwei­ger aus­gibt, außer­dem für Schieß­übun­gen genutzt – das soll übri­gens auch schon wäh­rend sei­ner vor­he­ri­gen Haft so pas­siert sein. Jetzt erwar­tet den Jür­gen ein neu­er Pro­zess, nach­dem er im März in U‑Haft genom­men und mitt­ler­wei­le rechts­kräf­tig ange­klagt wurde.

FB-Profil Herbert Schweiger alias Jürgen W.
FB-Pro­fil Her­bert Schwei­ger ali­as Jür­gen W.

Und wie kommt der Jür­gen zu sei­nem brau­nen Nick­na­me Her­bert Schwei­ger? Schon vor­her hat­te er eine Schwä­che für Nick­na­mes. Otto Ernst Remer nann­te er sich vor Jah­ren schon auf Face­book – nach dem Wehr­machts­of­fi­zier und spä­te­ren Holo­caust­leug­ner. Weil der Jür­gen aber ziem­lich eitel ist, zeig­te er sich auf die­sem FB-Kon­to mit sei­nen sehr spe­zi­fi­schen Tat­toos und eini­gen Haken­kreu­zen. Spä­ter dann wech­sel­te er auf den Nick­na­me Suben Kna­ki, zeig­te aber auch dabei wie­der sei­ne knal­li­gen Tattoos.

FB-Profil Otto Ernst Remer alias Jürgen W. mit Hakenkreuz
FB-Pro­fil Otto Ernst Remer ali­as Jür­gen W. mit Hakenkreuz
FB-Profil Suben Knaki alias Jürgen W. mit Sticker "Freiheit für Wolle" (Wolle = NSU-Unterstützer Ralf Wohlleben)
FB-Pro­fil Suben Kna­ki ali­as Jür­gen W. mit Sti­cker „Frei­heit für Wol­le” (Wol­le = NSU-Unter­stüt­zer Ralf Wohl­le­ben)

Als Her­bert Schwei­ger ver­zich­te­te der Jür­gen bis­lang auf das Posie­ren mit sei­nen Tat­toos. Das macht er auf sei­nem ande­ren FB-Pro­fil – sehr groß­zü­gig sogar. Auf Her­bert Schwei­ger pos­tet er den übli­chen brau­nen Schrott: „Deut­scher zu sein heißt, dass deut­sches Blut durch dei­ne Adern fließt!“, ist da zu lesen neben dem Pro­fil eines blon­den Men­schen, dem das deut­sche Blut nicht sehr inten­siv das Gehirn durch­spült hat. Dar­un­ter dann noch der Zusatz: „Und nicht, weil es irgend­ein Voll­depp in dei­nen Aus­weis getippt hat!“

FB-Profil Herbert Schweiger alias Jürgen W.: "Deutscher zu sein heißt, dass deutsches Blut durch deine Adern fließt!"
FB-Pro­fil Her­bert Schwei­ger ali­as Jür­gen W.: „Deut­scher zu sein heißt, dass deut­sches Blut durch dei­ne Adern fließt!”

Ja, und dann hat J.H. am 29. 6.18 an den ‚Her­bert Schwei­ger‘ fol­gen­den Kom­men­tar gerich­tet: „He Jür­gen hab wie­der Zugang kann aber nicht im Chat schrei­ben is nicht mei­nes hab spee­dy geschrie­ben er soll dir bit­te die­se num­mer geben heil dir bru­der

J.H. zu Jürgen W.: "He Jürgen ..."
J.H. zu Jür­gen W.: „He Jürgen …”

Der „Spee­dy“ – das muss man wis­sen – war der for­mel­le Chef des „Kul­tur­ver­eins“ Objekt 21. Qua­si der Co vom Jür­gen. Hat auch eini­ge Jah­re aus­ge­fasst. So schnell geht’s mit dem Ent­tar­nen, wenn man nicht auf­passt! Aber viel­leicht woll­te der Jür­gen ali­as Her­bert sei­nen Fans auch ein deut­lich sicht­ba­res Zei­chen geben? Inter­es­sant ist auf alle Fäl­le, wer sich auf dem FB-Kon­to eines toten Alt- und Neo­na­zi her­um­treibt. Schließ­lich muss man ja anneh­men, dass sich die­se Per­so­nen, so wie der J.H., nicht mit einem Toten aus­tau­schen und des­sen stumpf­sin­ni­ge brau­ne Posts liken wol­len, son­dern schon mit einem leben­di­gen Neonazi.

Fort­set­zung folgt!

→ Wil­helm Lasek: Funk­tio­nä­re, Akti­vis­ten und Ideo­lo­gen der rechts­extre­men Sze­ne in Öster­reich. Zu Her­bert Schwei­ger S. 140ff