Wochenschau KW 20/19 (Teil 1)

Tur­bu­lente Tage liegen hin­ter uns, und die wer­den wohl ähn­lich weit­erge­hen. Die ÖVP-FPÖ-Regierung ist krachend gescheit­ert, die Ein­sicht, dass mit Recht­sex­tremen kein Staat zu machen ist, kam sehr spät und war von außen erzwun­gen. Das wird uns wohl noch über einige Zeit weit­er beschäfti­gen. In unser­er Rückschau auf die let­zte Woche geht’s aber um „busi­ness as usu­al“, darunter ein Prozess wegen Wieder­betä­ti­gung scheint größere Dimen­sio­nen zu haben, denn da sind eine Rei­he von (Ex-)Soldaten involviert, die die gesamte Kaserne in Ried unter ein braunes Licht stellen.

Ried/OÖ: fünf Ex-Sol­dat­en wegen Wieder­betä­ti­gung vor Gericht
Wien: Hit­ler­gruß bei Festnahme
Wien/Bleiburg: Aufhe­bung ein­er Verurteilung nach dem Verbotsgesetz
Wien: erste Verurteilung wegen Has­s­post­ings gegen Sima
Wolkersdorf/NÖ: Hak­enkreuz — und keinen stört‘s?
Öster­re­ich: Zehn Gebote für die FPÖ

Ried/OÖ: fünf Ex-Sol­dat­en wegen Wieder­betä­ti­gung vor Gericht

Am 15. Mai fand am Lan­des­gericht Ried ein Prozess gle­ich gegen fünf ehe­ma­lige Zeit­sol­dat­en wegen des Ver­dachts auf Wieder­betä­ti­gung statt. „Vier von ihnen sollen den Hit­ler­gruß gezeigt, der Fün­fte die Szener­ie fotografiert und das Bild über What­sApp ver­schickt haben. Die Män­ner erk­lärten ihr Ver­hal­ten unter anderem damit, dass sie „keine Außen­seit­er” sein woll­ten und und sprachen von recht­en Umtrieben in der Kaserne.“ (nachrichten.at, 15.5.19)

Die „Erk­lärung“ der Angeklagten ken­nen wir schon irgend­woher: eine bsof­fene Geschichte. Aber die zusät­zliche Recht­fer­ti­gung, man wollte in der Kaserne kein Außen­seit­er sein, ist doch nicht so häu­fig. „Das The­ma Nation­al­sozial­is­mus sei ‚vom Rekrut bis zum Vizeleut­nant ver­harm­lost’ wor­den, ‚die Wacht­meis­ter haben sich mit ‚Heil’ gegrüßt‘, wer nicht rechts gewe­sen sei, ‚war unten durch‘ und: ‚Die Sym­pa­thie zum Nation­al­sozial­is­mus wurde in der Kaserne gebil­ligt‘. Seit sie nicht mehr in der Kaserne seien, hät­ten sie mit dem The­ma nichts mehr zu tun, beteuerten die Angeklagten.“

Das nicht recht­skräftige Urteil: Drei der Angeklagten wur­den freige­sprochen, weil die „sub­jek­tive Tatab­sicht“ nicht nachgewiesen wer­den kon­nte. Für M.L. und S.R. set­zte es jedoch einen Schuld­spruch und eine bed­ingte Strafe von sechs Monaten.

Damit ist die Sache jedoch noch nicht erledigt. „Für weit­ere Mit­glieder der mut­maßlich ein­schlägi­gen Whats-App-Gruppe ist der Fall damit aber noch nicht abgeschlossen. Laut Auskun­ft der Staat­san­waltschaft Ried gegenüber den OÖN ste­ht in den kom­menden Wochen noch ein weit­er­er Prozess wegen Wieder­betä­ti­gung auf der Tage­sor­d­nung. Sieben Angeklagte, die eben­falls in der Kaserne Ried als Zeit­sol­dat­en tätig gewe­sen sein sollen, müssen sich dann vor den Geschwore­nen verantworten.“

Wien: Hit­ler­gruß bei Festnahme

Nach Aggres­sio­nen nahm die Polizei einen 32-Jähri­gen in Wien fest. Der bedank­te sich mit Hit­ler­gruß und einem beglei­t­en­dem „Heil Hitler“. „Der Tatverdächtige wurde festgenom­men und wegen tätlichen Angriffs auf einen Beamten, aggres­siv­en Ver­hal­tens sowie nach dem Ver­bots­ge­setz angezeigt. Im Polizeian­hal­tezen­trum ging er erneut auf Polizis­ten los, wodurch zwei Beamte ver­let­zt wur­den. Ein­er davon kon­nte seinen Dienst nicht fort­set­zen.“ (APA via oe24.at, 13.5.19)

Wien/Bleiburg: Aufhe­bung ein­er Verurteilung nach dem Verbotsgesetz

Sieben Per­so­n­en wur­den im Zuge des Ustascha-Tre­f­fens 2018 nach dem Ver­bots­ge­setz angezeigt, Unter ihnen war eine gebür­tige Kroat­in und jet­zige slowenis­che Staats­bürg­erin. Die Frau soll beim Tre­f­fen nahe Bleiburg den Hit­ler­gruß gezeigt haben. Nach ein­er Kon­trolle durch Beamte des Lan­desamtes für Ver­fas­sungss­chutz wurde die 43-Jährige auf freiem Fuß angezeigt. Noch am sel­ben Tag wurde sie vom Bun­de­samt für Frem­den­we­sen und Asyl (BFA) aus Öster­re­ich abgeschoben und erhielt ein unbe­fris­tetes Aufen­thaltsver­bot für das gesamtes Bun­des­ge­bi­et.“ (kleinezeitung.at, 13.5.19) Die Frau legte Beschw­erde beim Bun­desver­wal­tungs­gericht ein – erfolgreich.

„In ihrer Beschw­erde gab die Frau an, sie ‚reise alljährlich zur Gedenk­feier‘, sie sei ‚Katho­likin und verurteile den Nation­al­sozial­is­mus auf das Schärf­ste’. Dass sie ‚mit erhobe­nen recht­en Arm’ bestre­it­et sie nicht. Aber: Es sei in ihrer Gruppe ein religiös­es Lied gesun­gen wor­den und beim Mitsin­gen habe sie regelmäßig ihre Arme gehoben. „Dies umso mehr, seit sie an ein­er bipo­laren Störung lei­de und Anti-Depres­si­va ein­nehme. Das Bun­desver­wal­tungs­gericht schenk­te der Argu­men­ta­tion Glauben, auch weil die Staat­san­waltschaft die Ermit­tlun­gen gegen die Slowenin eingestellt hat.“ (kleinezeitung.at, 13.5.19)

Wien: erste Verurteilung wegen Has­s­post­ings gegen Sima

Zu ein­er ersten Verurteilung ist es in ein­er Rei­he von Kla­gen, die die Wiener Stadträtin Ulli Sima wegen Has­s­post­ings gegen ihre Per­son ein­gere­icht hat­te, gekom­men. „Im Konkreten geht es um Daniel B. (Name von der Redak­tion geän­dert; Anm.) aus Ottakring. Der Lis­ten­hund-Besitzer hat­te Sima auf deren Face­book-Seite im Okto­ber ver­gan­genen Jahres wieder­holt in hol­prigem Deutsch aufs Derb­ste beschimpft — und zwar unter seinem Klar­na­men. In der Folge ver­glich B. die Stadträtin einige Monate später mit Adolf Hitler und unter­stellte ihr, ihre Posi­tion durch sex­uelle Gefäl­ligkeit­en erlangt zu haben. Worauf Simas Pri­vatk­lage um den Tatbe­stand der üblen Nachrede erweit­ert wurde.“ B. wurde nicht recht­skräftig zu ein­er Geld­strafe von 320 Euro verurteilt, „wobei der Richter die Hälfte mit ein­er zwei­jähri­gen Probezeit teilbe­d­ingt nachge­se­hen habe“. (kurier.at, 14.5.19)

Wolkersdorf/NÖ: Hak­enkreuz – und keinen stört‘s?

„Seit Wochen ist ein­er der Müll­con­tain­er bei der Auto­bah­nauf­fahrt Wolk­ers­dorf Süd mit einem Hak­enkreuz beschmiert. Und wen juckt‘s? Nie­man­den. Kein­er reagiert, kein­er fühlt sich zuständig. Eigentlich eine Schande.“ (NÖ Nachricht­en, 15.5.19, S. 4)

Öster­re­ich: Zehn Gebote für die FPÖ

Passend zu den let­zten Tagen übernehmen wir spezielle zehn Gebote aus dem Stan­dard.

Zehn Gebote für Zuwan­der­er kündigte FP-Lan­desrat Got­tfried Wald­häusl kür­zlich an. Für etwaige Wertekurse nach dem „Stra­che-Video” emp­fiehlt Ernst Für­linger (Ernst Für­linger ist katholis­ch­er Fachthe­ologe und Reli­gion­swis­senschafter. der Partei im Gastkom­men­tar fol­gende Gebote.)

1. Du sollst das eigene Ver­hal­ten an den europäis­chen, das heißt öster­re­ichis­chen Werten orientieren.
2. Du sollst die Reli­gions­frei­heit achten.
3. Du sollst die öster­re­ichis­chen Geset­ze befol­gen, unter anderem den Para­graph 283 des Strafge­set­zbuchs (Ver­het­zung).
4. Du sollst Kon­flik­te gewalt­frei lösen (und nicht zusam­men mit Nazis gegen Moschee­baupro­jek­te aufmarschieren).
5. Du sollst die deutsche Sprache ler­nen (unter anderem Vok­a­beln wie „Men­schen­würde“, „Gle­ich­heit“, „Tol­er­anz“).
6. Du sollst auch Fremd­wörter ler­nen (wie „Plu­ral­is­mus“, „Diver­sität“, „Kos­mopolitismus“).
7. Du sollst im demokratis­chen Ver­fas­sungsstaat Öster­re­ichs, in dem Min­der­heit­en beson­ders geschützt sind, dankbar leben (und nicht von Orban­is­mus, Trump­is­mus und Putin­is­mus träumen).
8. Du sollst die Frei­heit und Unab­hängigkeit der Medi­en acht­en (und nicht an rus­sis­che Oli­garchen verkaufen).
9. Du sollst bei Par­tys im Urlaub vor­sichtiger sein.
10. Du sollst anfan­gen zu lieben.

Wochen­schau 20/19 Teil 2