Wochenschau KW 35

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Der aus­ge­hen­de Som­mer brach­te nun eine Ver­dich­tung an Pro­zes­sen wegen Wie­der­be­tä­ti­gung und Ver­het­zung: Dabei wur­den in Kärn­ten, Nie­der- und Ober­ös­ter­reich ein­schlä­gi­ge Face­book-Akti­vi­tä­ten vor Gericht ver­han­delt, die alle­samt zu Ver­ur­tei­lun­gen führ­ten. Her­vor­ste­chend eine Pen­sio­nis­tin, die ihren Ärger über eine Anti-Regie­rungs­de­mo mit hef­tig anti­se­mi­ti­schen Kom­men­ta­ren auf Face­book quit­tier­te und beklag­te, dass Hit­ler bei den Juden nur hal­be Arbeit gemacht habe. Man­che, das zeigt unse­re Wochen­schau sehr deut­lich, soll­ten bes­ser die Fin­ger von den Sozia­len Medi­en las­sen. Und in Wien wur­de ein Mann ver­prü­gelt, weil er schwul aussah.

Steyr: Abge­wan­del­te Füh­rer-Grü­ße samt Armbewegung

Eine äußerst selt­sa­me Art, sich und ande­re zu begrü­ßen, zeig­ten drei nun­mehr ehe­ma­li­ge Mit­ar­bei­ter des Stey­rer MAN-Werks, wie die Ober­ös­ter­rei­chi­schen Nach­rich­ten berich­ten: „Das Trio soll sich am Arbeits­platz mit ‚Heil Hit­ler’ sowie abge­wan­del­tem Nazi-Gruß mit halb erho­be­nem, abge­win­kel­tem rech­ten Arm und den Wor­ten ‚Heil’ oder ‚Hei­lo’ begeg­net sein.“ Die Fir­ma reagier­te sofort und lös­te die Dienst­ver­hält­nis­se ein­ver­nehm­lich auf. Die zuge­schal­te­te Staats­an­walt­schaft kam nun­mehr zum Ergeb­nis, die Vor­wür­fe sei­en halt­los, bei Haus­durch­su­chun­gen und Han­dy-Check sei kein belas­ten­des Mate­ri­al gefun­den wor­den. Bei den Grü­ßen habe es sich um eine „Blö­de­lei“ gehan­delt. Das Ver­fah­ren wur­de daher eingestellt.

Salz­burg: Ver­ur­tei­lung nach mehr­fa­chem Hitler-Gruß

Mehr als zwei Jah­re hat es gedau­ert, bis nun ein Ungar (23) wegen wie­der­hol­ten Rufens von NS-Paro­len – öffent­lich in Salz­burg und auch in der Poli­zei­in­spek­ti­on – ver­ur­teilt wur­de. Zur Last wur­de ihm auch der Dieb­stahl von Fahr­rä­dern gelegt, die er dann übers Inter­net ver­ti­ckert hat. Ob er sei­ne NS-affi­nen Aus­rit­te im Suff getä­tigt hat, wie die Kro­nen Zei­tung berich­tet oder unter dem Ein­fluss von Can­na­bis, wie sei­ner­zeit die APA ver­mel­de­te, kön­nen wir nicht fest­stel­len. Das Urteil, 18 Mona­te teil­be­dingt (davon sechs Mona­te unbe­dingt), ist nicht rechts­kräf­tig, da der Staats­an­walt Beru­fung einlegte.

Stein/NÖ: Hit­ler-Por­trät in der Haft­zel­le brach­te Haftverlängerung

An sich hät­te der wegen Wie­der­be­tä­ti­gung ein­sit­zen­de 35-Jäh­ri­ge bereits wis­sen kön­nen, dass es nicht geset­zes­kon­form ist, Füh­rer­bil­der zur Schau zu stel­len. Die NÖN zitiert den Hit­ler-Ado­ran­ten: „Ich bin in einer Ein­zel­zel­le und emp­fan­ge ja kei­ne Gäs­te. Ja, ich habe Fotos von Hit­ler aus einer Zei­tung aus­ge­schnit­ten, ein Por­trät gerahmt und die­ses dann auf mei­ne Pin-Wand gestellt (…) Das war doch nur für mich, ein­fach aus nost­al­gi­schen Grün­den. Mir war nicht bewusst, dass das in mei­nem pri­va­ten Raum ver­bo­ten ist. Es steht auch nichts in den Haus­re­geln der Jus­tiz­an­stalt von ver­bo­te­nen Bildern.“

2016 wur­de der Wie­der­ho­lungs­tä­ter wegen Wie­der­be­tä­ti­gung zu fünf­ein­halb Jah­ren Haft ver­ur­teilt und in eine Anstalt für geis­tig abnor­me Rechts­bre­cher ein­ge­wie­sen. Die Hit­ler-Bil­der in der Zel­le brach­ten ihm nun rechts­kräf­tig eine Haft­ver­län­ge­rung um zwei Jah­re ein.

Mis­tel­bach: Nach Unmut ein „biss­chen“ Antisemitismus

Sie habe sich nur über eine Demons­tra­ti­on gegen die schwarz-blaue Regie­rung geär­gert, wegen der „Into­le­ranz der lin­ken Sei­te“. Und der Ärger der 63-Jäh­ri­gen Mis­tel­ba­che­rin drück­te sich auf ihrem Face­book-Account so aus: „Hat der Hit­ler ein paar ver­ges­sen“ und „Scha­de, dass der Hit­ler in punc­to Juden nur hal­be Arbeit geleis­tet hat“, zitiert die NÖN. Aber – wir ken­nen das schon – sie sei natür­lich weder Natio­nal­so­zia­lis­tin noch ras­sis­tisch. Das sah die Rich­te­rin offen­bar ein wenig anders und ver­ur­teil­te die ver­är­ger­te Pen­sio­nis­tin rechts­kräf­tig zu einem Jahr bedingt.

Kla­gen­furt: Ver­ur­tei­lung wegen wie­der­hol­ter Verhetzung

Noch wäh­rend sei­ner Bewäh­rungs­zeit klopf­te ein Kärnt­ner Früh­pen­sio­nist erneut in die Tas­ten und rief auf Face­book zu Gewalt gegen „Aus­län­der“ auf. Er war wegen Ver­het­zung bereits 2015 zu einer beding­ten Haft­stra­fe mit drei Jah­ren Bewäh­rung ver­ur­teilt wor­den. „Der Kärnt­ner zeig­te sich reu­mü­tig und schob sein Han­deln auf sei­ne dama­li­ge schlech­te psy­chi­sche und phy­si­sche Ver­fas­sung: ‚Außer­dem hat­te ich getrun­ken.’ Er habe nichts gegen Aus­län­der oder Kopf­tü­cher, sag­te der Mann, der alle Face­book-Grup­pen ver­las­sen habe. Die Rich­te­rin ver­ur­teil­te ihn zu einer Stra­fe von 1000 Euro und einer fünf­mo­na­ti­gen beding­ten Haft­stra­fe. Die Bewäh­rung wur­de auf fünf Jah­re ver­län­gert.” (Klei­ne Zei­tung)

Wels: 6 Mona­te bedingt für Ex-SPÖ-Poli­ti­ker nach Tei­len eines Djihad-Videos

Fünf Jah­re nach­dem ein ehe­ma­li­ger SPÖ-Poli­ti­ker aus Wels ein Video mit dem selbst for­mu­lier­ten Titel „Ein Gedicht über den Dji­had“ auf Face­book geteilt hat­te, setz­te es dafür eine gericht­li­che Ver­ur­tei­lung. Schon vor­her wur­de er sei­nen Job als isla­mi­scher Reli­gi­ons­leh­rer los. Sei­ne Beteue­rung, nicht gewusst zu haben, was er da teilt, hat den Staats­an­walt nicht über­zeugt, da er einem Sach­ver­stän­di­gen­ur­teil zufol­ge den Titel selbst dazu­ge­bas­telt habe. Die Ver­ur­tei­lung, sechs Mona­te bedingt, ist nicht rechts­kräf­tig, da sowohl sei­tens des Staats­an­walts als auch von der Ver­tei­di­gung Beru­fung ein­ge­legt wur­de. (Kurier)

Wien: Homo­pho­bes Duo aus dem „neu­en Öster­reich“ prü­gel­te auf einen Pas­san­ten ein

Hef­tig ende­te ein Som­mer­tag für einen Wie­ner, der auf der Ler­chen­fel­d­er­stra­ße ansatz­los von zwei Män­nern nie­der­ge­prü­gelt wur­de. Das Motiv: „Zwei jun­ge Män­ner stan­den vor mir und schrien ‚Was willst du, du schwu­le Sau? Sol­len wir dir zei­gen, wie wir mit euch ver­fah­ren in unse­rem neu­en Öster­reich? (…) ‘Ich fas­se es nicht, dass ich ver­prü­gelt wur­de, nur weil die Täter dach­ten dass ich schwul bin, was nicht ein­mal stimmt.’ Und: ‘Ich will mir gar nicht vor­stel­len was pas­siert wäre, wenn zwei Frau­en oder zwei Män­ner Hand in Hand die Stra­ße ent­lang­spa­ziert wären.’” (heute.at) Wir wol­len uns auch nicht vor­stel­len, wie das denn so im „neu­en Öster­reich“ aus­se­hen könnte.

Amstet­ten: Ras­sis­ti­scher und homo­pho­ber FPÖ-Stadt­rat wur­de dienst­frei gestellt

Von sei­nem poli­ti­schen Job als FPÖ-Stadt­rat in Amstet­ten ist Bru­no Weber nach sei­nem Face­book-Kom­men­tar noch immer nicht zurück­ge­tre­ten (wor­den), aber sei­ne Ent­glei­sung könn­te für ihn nun beruf­li­che Kon­se­quen­zen haben. „Sein Arbeit­ge­ber, ein gro­ßer inter­na­tio­nal täti­ger Indus­trie­be­trieb im Bezirk Amstet­ten, habe ihn jetzt dienst­frei gestellt, bestä­tigt Weber gegen­über dem KURIER. Man will mich gericht­lich kün­di­gen. Und das nach fast 30 Dienst­jah­ren.“ (kurier.at) Ganz ehr­lich? Unser Mit­leid hält sich in Gren­zen. Wer nach einer der­ar­ti­gen Tat nicht ein­mal bereit ist, die Poli­tik zu ver­las­sen, zeigt deut­lich zu wenig Einsicht.

Und zu guter Letzt: Wir wis­sen nicht, was es braucht, damit ein Poli­zei­be­am­ter Pos­tings bzw. Kom­men­ta­re auf Face­book löscht, die mut­maß­lich gegen das Ver­bots­ge­setz ver­sto­ßen und in ihrer Gesamt­schau eine Ten­denz zu ewig­gest­ri­gem Gedan­ken­gut erken­nen las­sen. Mehr als drei Mona­te, nach­dem wir der Staats­an­walt­schaft eine Sach­ver­halts­dar­stel­lung geschickt haben, die Ermitt­lun­gen sei­tens der Staats­an­walt­schaft zur Fol­ge hat­ten, waren besag­te Pos­tings und Kom­men­ta­re noch online. Eine Nach­fra­ge via Twit­ter bei der LPD Wien hat nun end­lich die Löschung bewirkt. Was „die tech­ni­schen Pro­ble­me“ waren, die eine frü­he­re Löschung ver­hin­dert haben, ist uns aller­dings nicht erklärlich.

Twitter SdR an LPD Wien zu Michael K.

Twit­ter SdR an LPD Wien zu Micha­el K.