Polizist mit braunen Postings: seltsame Ermittlungspannen

Die Nation­al­ratsab­ge­ord­neten Sabine Schatz und Alfred Noll haben par­la­men­tarische Anfra­gen zu jen­em Polizis­ten gestellt, der via Face­book einen Hang zu Haus­durch­suchun­gen durch die Wehrma­cht, zu Mod­ell­flugzeu­gen mit Hak­enkreuzen und  Waf­fen gezeigt hat­te. Die Antworten förderten in der Gesamtschau Erstaunlich­es zu Tage. Man muss sich die Frage stellen, wie denn im Fall des Polizis­ten und generell gear­beit­et wird, wenn die Ermit­tler nicht ein­mal imstande waren, zwei von drei Face­book-Accounts, die der Polizist unter seinem realen Namen betrieb, aus­find­ig zu machen. Zudem: Ein Acoount vom Michael K. ist noch immer online.Während sich Sabine Schatz (SPÖ) in ihrer Anfrage an Innen­min­is­ter Her­bert Kickl darauf konzen­tri­erte, nach Vor­gaben und Ver­hal­tensregeln für Polizeibeamte auf Social Media sowie nach sta­tis­tis­chen Dat­en zu fra­gen, befragte Alfred Noll (Liste Pilz) sowohl Her­bert Kickl als auch Jus­tizmin­is­ter Josef Moser zum Fall des niederöster­re­ichis­chen Polizis­ten Michael K.. Zu K. hat „Stoppt die Recht­en” einige Ein­träge auf ins­ge­samt drei Face­book-Accounts aus­find­ig gemacht und dazu im Juni eine Sachver­halts­darstel­lung an die zuständi­ge Staat­san­waltschaft wegen des Ver­dachts auf Ver­stoß gegen das Ver­bots­gsetz einge­bracht. Die Post­ings und Kom­mentare lassen an der Eig­nung von K. für den polizeilichen Dienst erhe­blich zweifeln.

„Mit Deinen europäis­chen Kam­er­aden unter dem Zeichen der SS wirst Du siegen“ (Über­set­zung aus dem Französischen)

Bei­de – Kickl und Moser – spie­len die Unschuld vom Lande: Es sei bere­its im März 2018 gegen Michael K. ermit­telt wor­den, die Ermit­tlun­gen seien aber eingestellt wor­den, denn, so Moser: „Den Ermit­tlungsergeb­nis­sen zufolge wiesen die weit­eren vom Beschuldigten auf Face­book geposteten Inhalte kein­er­lei Bezug zum Nation­al­sozial­is­mus auf, eben­so war er in kein­er am recht­en Rand des poli­tis­chen Spek­trums ange­siedel­ten Organ­i­sa­tion oder Gruppe in Erschei­n­ung getreten. Aus­ge­hend davon bestand kein Anhalt­spunkt für die Annahme weit­er­er Tathand­lun­gen und damit für weit­er­führende Ermittlungen.“

Antwort Josef Moser zu den rmittlungen gegen Michael K.

Antwort Josef Moser zu den Ermit­tlun­gen gegen Michael K.

Und Kickl fügte in sein­er Beant­wor­tung knapp an: „Nach­dem laut Mit­teilung der zuständi­gen Dien­st­be­hörde das strafrechtliche Ver­fahren von der zuständi­gen Staat­san­waltschaft im März 2018 eingestellt wurde, wurde durch die Dien­st­be­hörde von ein­er dien­strechtliche Maß­nahme im Sinne der Bes­tim­mung des § 109 BDG 1979 Gebrauch gemacht, wobei an den Beamten der Hin­weis erfol­gte, dass er im Wieder­hol­ungs­fall mit ein­er stren­geren diszi­plinären Maß­nahme zu rech­nen hätte.
In der Folge sind gegen den Beamten neue Ver­dachtsmo­mente bekan­nt­ge­wor­den, die derzeit Gegen­stand von Ermit­tlun­gen sind.“

„Bekan­nt gewor­den“ sind also neue Ver­dachtsmo­mente – näm­lich durch Recherchen von „Stoppt die Recht­en“. Es war nicht schw­er, die drei Accounts, die Michael K. auf Face­book ein­gerichtet hat­te, aus­find­ig zu machen – sie lauteten alle auf seinen Namen und waren ein­deutig ihm zuzuord­nen. Es war auch leicht, weit­ere ein­schlägige Kom­mentare, die K. auf anderen Accounts öffentlich ein­se­hbar hin­ter­lassen hat­te, aufzufind­en. Dass wed­er Polizei noch Jus­tiz zu dieser sim­plen Suche imstande waren, ist der­maßen verblüf­fend, dass eher davon auszuge­hen ist, dass man erst gar nicht gesucht hat bzw. suchen wollte.

Antwort Herbert Kickl zum Verhalten von PolizeibeamtInnen auf Social Media

Antwort Her­bert Kickl zum Ver­hal­ten von PolizeibeamtIn­nen auf Social Media

Vor diesem Hin­ter­grund tun sich einige Fra­gen auf: Wie ist es um die generelle Kom­pe­tenz der ermit­tel­nden Behör­den bestellt, wenn diese die ein­fach­sten Tools bei Straftat­en im Inter­net nicht nützen bzw. nützen kön­nen? Wie ist es um die Kom­pe­tenz des Dien­st­ge­bers, näm­lich dem Innen­min­is­teri­um bestellt, wenn der sich nicht ein­mal darum küm­mert, ob der Polizist jene Post­ings, deretwe­gen bere­its im März ermit­telt wurde, löscht? Wie ist es um die Kol­le­gen und Kol­legin­nen aus der Polizei bestellt, die mit K. auf Face­book befre­un­det waren/sind, mit ihm inter­agiert haben und denen bei Ks. Post­ings auch nichts aufge­fall­en ist? Die möglichen Antworten darauf ver­heißen schon ein­mal nichts Gutes. Nun aber kommt es noch absur­der: Zwei Accounts von K. sind nach wie vor online, davon ein­er mit jenen von uns angezeigten Post­ings, die mut­maßlich gegen das Ver­bots­ge­setz ver­stoßen. Hal­lo, Herr Kickl, ist da wer?

Screenshot vom 24.8.18: Account von Michael K. mit "braunen" Postings ist noch immer online.

Screen­shot vom 24.8.18: Account von Michael K. mit „braunen” Post­ings ist noch immer online.

P.S.: Rund um den Polizis­ten und FPÖ-Gemein­der­at Wolf­gang Preis­zler, also den Leit­er jenes Ein­satzkom­man­dos (EGS), das mit der Durch­suchung des BVT befasst war und der auf Face­book eine erschreck­ende Gesin­nung gezeigt hat­te, ist es erstaunlich still gewor­den. Im März wurde gegen ihn ermit­telt – damals hieß es, die ihm zur Last gelegten Vor­würfe kön­nten ver­jährt sein. Jedoch: Abseits dieser strafrechtlichen Kom­po­nente ver­jähren dien­strechtliche Vorschriften nicht. Was also hat das im März gegen ihn ein­geleit­ete Diszi­pli­narver­fahren konkret ergeben?

Update 28.8.2018: Nach ein­er Inter­ven­tion unser­er­seits bei der LPD Wien ist der Face­book-Account von Michael K. mit den aufgezeigten Post­ings und Kom­mentaren nun endlich offline.

Reaktion LPD-Wien (via Twitter)

Reak­tion LPD-Wien (via Twitter)

Berichte zu Michael K. im Standard:
Polizist postet NS-Sol­dat­en als „Fach­män­ner für Hausbesuche”
Ermit­tlun­gen gegen Polizis­ten und FPÖ-Politiker