Partei der Bedeutungslosigkeit
Die Grazer „Partei des Volkes“ befindet sich seit längerem in einer Abwärtsspirale: Auf die rassistischen Mobilisierungen ab Herbst 2015 folgten diverse Spaltungen innerhalb der Führungsriege, misslungene Mobilisierungen in Wien und Villach und weitere Spaltungen. Auch der Termin für eine „Bürgerdemonstration“ in Wien wurde vom 10. Dezember 2016 auf den 25. Februar 2017 verlegt, nur um ihn weiter auf den 3. Juni und nun auf den 21. Oktober zu verschieben. Zusammengefasst: Die PDV schaffte es, sich von der relativen Bedeutungslosigkeit in die absolute Bedeutungslosigkeit zu manövrieren – wäre da nicht der Anschlag des Parteichefs Thomas Kirschner unter Beteiligung des Heerabwehramtes im Mai 2016 auf das Islamische Kulturzentrum in Graz gewesen, der einen veritablen Geheimdienstskandal auslöste; über den Fall berichteten wir, Die Presse, Recherche-Graz und andere ausführlich. Obwohl Kirschner damals auf frischer Tat festgenommen wurde, kam es bisher noch zu keinem Prozess. Nun scheint sich der einschlägig vorbestrafte Parteichef größte Mühe zu geben, Material für eine Ausweitung der Anklage zu liefern:
„Ein paar tote Juden“
So postete Kirschner am 22. Juni auf seiner privaten Facebookseite einen einschlägig rechtsextremen Text, in dem Adolf Hitler unter anderem als „größter Sohn, den das deutsche Volk jemals hervorgebracht hat“ glorifiziert und die Shoa dermaßen verharmlost wird, dass es an Holocaustleugnung grenzt. Die Rede ist von „nur knapp 160.000“ im Nationalsozialismus ermordeten Jüdinnen und Juden, die „Millionen deutschen“ Opfern gegenübergestellt würden. Die antisemitische Verachtung wird in dem Text noch auf die Spitze getrieben, indem gefragt wird, warum sich Menschen denn „über ein paar tote Juden [aufregen], welche in einem Weltkrieg gestorben sind?“
So weit so grausam. Das besondere daran: Kirschner musste wissen, dass die Verbreitung dieses Textres strafrechtlich relevant ist, wurde doch Wolfgang Pestl, der inzwischen ehemalige Generalsekretär der PDV wegen des exakt gleichen Textes vor nicht einmal einem Jahr in Graz zu 20 Monaten bedingt wegen Wiederbetätigung verurteilt. Damals staunte der Vorsitzende Richter Helmut Wlasek nicht schlecht über eine solche „Vollscheiße“, die er in „37 Jahren noch nicht gesehen hatte“ (Krone Steiermark, 22.7.16).
Einschlägiger Gefallen?!
Da Kirschner die über 1.600 Facebook-FreundInnen, die seine braunen Lobeshymnen lesen konnten, wohl nicht genügten, wurde der Text mit den Hitler-Glorifzierungen innerhalb von zwei Minuten noch mehrfach öffentlich geteilt: Über die Facebook-Seiten der PDV sowie in der ebenfalls öffentlichen Mobilisierung zur erwähnten „Bürgerdemonstration“. Honoriert wurde dies in Summe durch ein Dutzend Likes, darunter das eines Obersteirers, der offen seine Runen-Tätowierungen und die Vorliebe für Merchandise einschlägiger NS-Hardcore-Bands zur Schau stellte. Auch durch einen Innviertler, bei dem aufgrund seiner Facebook-Postings letzten Sommer eine Hausdurchsuchung wegen des Verdachts auf Verhetzung durchgeführt wurde. Ebenfalls aufs Like drückte Andreas Goldschmidt, ein auffallend ausfallender Bezirksrat der FPÖ Alsergrund. Dies ist jedoch nicht der einzige NS-Bezug des Wiener FPÖ-Funktionärs: Seit Februar ziert ein unter Neonazis beliebtes Sujet sein öffentliches Facebook-Profil, das einen Wehrmachtssoldaten zeigt und mit dem Schriftzug „Mein Opa war Soldat – kein Verbrecher!“ versehen ist.
Frei nach dem Richter aus dem oben erwähnten Wiederbetätigungsprozess, müssen wir eine solche „Vollscheiße“ viel zu oft sehen, auch von FunktionärInnen aus rechtsextremen Parteien. Wir sind gespannt, ob ähnlich klare Worte von der FPÖ gegenüber ihrem Bezirksrat gefunden werden. Oder von einem Geschworenengericht im Fall von Kirschner – eine Sachverhaltsdarstellung wurde jedenfalls eingebracht.