Lesezeit: 3 Minuten

St. Pölten: Offene Fragen auch nach dem Prozess

Im Zeit­raum August 2013 bis März 2014 haben zunächst unbe­kann­te Täter in den Bezir­ken St. Pöl­ten, Melk und Tulln eine Unmen­ge an Zer­stö­rungs­ak­tio­nen, Dieb­stäh­len und Schmie­re­rei­en began­gen. Auch etli­che Haken­­kreuz-Schmie­­re­­rei­en waren dabei. Jetzt stan­den fünf von den ins­ge­samt elf aus­ge­forsch­ten Jugend­li­chen vor Gericht und wur­den mit rela­tiv mil­den Stra­fen bedacht. War­um eigent­lich? War­um stan­den nur […]

26. Jun 2015

War­um stan­den nur fünf Jugend­li­che vor Gericht? War­um wur­de das Delikt Wie­der­be­tä­ti­gung schon vor der Ankla­ge aus­ge­schie­den? War­um fan­den die Täter „Mil­de“ bei Gericht , wie die „Kro­ne“ (24.6.2015) ver­mu­tet? War­um gab es – mit Aus­nah­me der „Kro­ne“ – bis­lang kaum Bericht­erstat­tung über den Pro­zess, obwohl die Serie an Ver­wüs­tun­gen damals über die Mona­te hin­weg immer wie­der die Zei­tungs­spal­ten gefüllt hat?

Einen mög­li­chen Hin­weis gibt die „NÖN“ in ihrer Vor­aus­be­richt­erstat­tung zum Prozess:

„Drei der Ange­klag­ten haben einen Scha­den von über 50.000 Euro zu ver­ant­wor­ten. Ihnen dro­hen mehr­jäh­ri­ge Haft­stra­fen. Die Taten waren, wie sich her­aus­stell­te, kei­nes­wegs „milieu­be­dingt“: Die dama­li­gen HTL-Schü­ler stam­men nahe­zu durch­wegs aus gutem Haus“ (NÖN, Aus­ga­be für Tulln, 23.6.2015).


© Jane­ri­cloe­be, CC BY 3.0
-

Hat das ‚gute Haus‘ Ein­fluss auf Ankla­ge und Urteil gehabt? Selbst die Scha­dens­hö­he ist strit­tig: auch die „Kro­ne“ berich­tet von einem Scha­den von „mehr als 50.000 Euro“, „meinbezirk.at“ von einem in der Höhe von 92.000 Euro. Ins­ge­samt rund 130 („Kro­ne“) oder 161 („meinbezirk.at“) Straf­ta­ten in dem schon erwähn­ten Zeit­raum wur­den den jugend­li­chen Tätern zur Last gelegt und die „NÖN“ schil­dert rela­tiv detail­liert, was da alles dabei war:

„Die Exe­ku­ti­ve klär­te damals schwe­re Sach­be­schä­di­gun­gen an Kir­chen, Kapel­len und Fried­hö­fen in 28 Fäl­len, Stö­rung der Toten­ru­he in 39 Fäl­len, 23 voll­ende­te und drei ver­such­te Ein­bruchs­dieb­stäh­le, 25 wei­te­re Sach­be­schä­di­gun­gen, sie­ben Dieb­stäh­le und einen schwe­ren Dieb­stahl. Tat­or­te waren die Bezir­ke St. Pöl­ten-Land (Ober-Gra­fen­dorf, Wein­burg, Ren­ners­dorf, Hin­ter­holz, Gem­ein­le­barn, Stoll­ho­fen, Frau­en­dorf, Pyhra), Tulln (Hüt­tel­dorf, Tras­dorf, Hasen­dorf, Dürn­rohr), Melk (Tonach, Bischofstet­ten) und St. Pöl­ten-Stadt (Stadt­ge­biet und Sprat­zern)“ (NÖN).

Die Haken­kreuz-Schmie­re­rei­en wer­den in dem Bericht der „NÖN“ nicht mehr erwähnt, in dem der „Kro­ne“ schon. Als im März 2014 die Ver­däch­ti­gen aus­ge­forscht wur­den, erklär­te der nie­der­ös­ter­rei­chi­sche Ver­fas­sungs­schutz sehr rasch, dass die Haken­kreuz­schmie­re­rei­en ohne einen poli­ti­schen Hin­ter­grund erfolgt wären. Die Haken­kreu­ze sei­en geschmiert wor­den, weil die Grup­pe nach eige­ner Dar­stel­lung kein ande­res „grif­fi­ges“ Sym­bol zur Ver­fü­gung hatte.

Wir haben schon bes­se­re Aus­re­den gehört. Ob die Stra­fen, die die Jugend­li­chen in der Ver­hand­lung aus­ge­fasst haben (beding­te Haft­stra­fen zwi­schen vier Mona­ten und zwei Jah­ren), ange­mes­sen sind oder zu mil­de, wie die „Kro­ne“ meint, wol­len wir hier gar nicht beur­tei­len. Wich­ti­ger wäre uns gewe­sen, über eine gute Pro­zess­be­richt­erstat­tung etwas mehr über die Moti­ve der Jugend­li­chen zu erfah­ren und nicht mit dem Hin­weis, „ihnen war schlicht lang­wei­lig“ (Kro­ne) abge­speist zu wer­den. In dem ein­zi­gen aus­führ­li­chen Pro­zess­be­richt, den wir gefun­den haben (er stammt von meinbezirk.at), wur­de dazu die Ver­tei­di­gung der Jugend­li­chen zitiert: “Nur die Ange­klag­ten selbst ken­nen das Motiv für ihre Hand­lun­gen“.

Anschei­nend ist es in der Ver­hand­lung nicht gelun­gen, mehr dazu zu erfah­ren. Es wäre aber wich­tig gewesen!

Unse­re Berich­te zu den Haken­kreuz­schmie­re­rei­en damals:

  • 4.12.2013
  • 12. 12. 2013
  • 9.2. 2014
  • 3.3.2014
  • 7.3. 2014
  • 24.3.2014