St. Pölten: Offene Fragen auch nach dem Prozess

Im Zeitraum August 2013 bis März 2014 haben zunächst unbekan­nte Täter in den Bezirken St. Pöl­ten, Melk und Tulln eine Unmenge an Zer­störungsak­tio­nen, Dieb­stählen und Schmier­ereien began­gen. Auch etliche Hak­enkreuz-Schmier­ereien waren dabei. Jet­zt standen fünf von den ins­ge­samt elf aus­ge­forscht­en Jugendlichen vor Gericht und wur­den mit rel­a­tiv milden Strafen bedacht. Warum eigentlich?

Warum standen nur fünf Jugendliche vor Gericht? Warum wurde das Delikt Wieder­betä­ti­gung schon vor der Anklage aus­geschieden? Warum fan­den die Täter „Milde“ bei Gericht , wie die „Kro­ne“ (24.6.2015) ver­mutet? Warum gab es – mit Aus­nahme der „Kro­ne“ – bis­lang kaum Berichter­stat­tung über den Prozess, obwohl die Serie an Ver­wüs­tun­gen damals über die Monate hin­weg immer wieder die Zeitungss­pal­ten gefüllt hat?

Einen möglichen Hin­weis gibt die „NÖN“ in ihrer Voraus­berichter­stat­tung zum Prozess:

„Drei der Angeklagten haben einen Schaden von über 50.000 Euro zu ver­ant­worten. Ihnen dro­hen mehrjährige Haft­strafen. Die Tat­en waren, wie sich her­ausstellte, keineswegs „milieube­d­ingt“: Die dama­li­gen HTL-Schüler stam­men nahezu durch­wegs aus gutem Haus“ (NÖN, Aus­gabe für Tulln, 23.6.2015).


© Janer­i­cloebe, CC BY 3.0
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Hat das ‚gute Haus‘ Ein­fluss auf Anklage und Urteil gehabt? Selb­st die Schaden­shöhe ist strit­tig: auch die „Kro­ne“ berichtet von einem Schaden von „mehr als 50.000 Euro“, „meinbezirk.at“ von einem in der Höhe von 92.000 Euro. Ins­ge­samt rund 130 („Kro­ne“) oder 161 („meinbezirk.at“) Straftat­en in dem schon erwäh­n­ten Zeitraum wur­den den jugendlichen Tätern zur Last gelegt und die „NÖN“ schildert rel­a­tiv detail­liert, was da alles dabei war:

„Die Exeku­tive klärte damals schwere Sachbeschädi­gun­gen an Kirchen, Kapellen und Fried­höfen in 28 Fällen, Störung der Toten­ruhe in 39 Fällen, 23 vol­len­dete und drei ver­suchte Ein­bruchs­dieb­stäh­le, 25 weit­ere Sachbeschädi­gun­gen, sieben Dieb­stäh­le und einen schw­eren Dieb­stahl. Tatorte waren die Bezirke St. Pöl­ten-Land (Ober-Grafendorf, Wein­burg, Ren­ners­dorf, Hin­ter­holz, Gemein­le­barn, Stoll­hofen, Frauen­dorf, Pyhra), Tulln (Hüt­tel­dorf, Tras­dorf, Hasendorf, Dürn­rohr), Melk (Tonach, Bischof­stet­ten) und St. Pöl­ten-Stadt (Stadt­ge­bi­et und Spratzern)“ (NÖN).

Die Hak­enkreuz-Schmier­ereien wer­den in dem Bericht der „NÖN“ nicht mehr erwäh­nt, in dem der „Kro­ne“ schon. Als im März 2014 die Verdächti­gen aus­ge­forscht wur­den, erk­lärte der niederöster­re­ichis­che Ver­fas­sungss­chutz sehr rasch, dass die Hak­enkreuzschmier­ereien ohne einen poli­tis­chen Hin­ter­grund erfol­gt wären. Die Hak­enkreuze seien geschmiert wor­den, weil die Gruppe nach eigen­er Darstel­lung kein anderes „grif­figes“ Sym­bol zur Ver­fü­gung hatte.

Wir haben schon bessere Ausre­den gehört. Ob die Strafen, die die Jugendlichen in der Ver­hand­lung aus­ge­fasst haben (bed­ingte Haft­strafen zwis­chen vier Monat­en und zwei Jahren), angemessen sind oder zu milde, wie die „Kro­ne“ meint, wollen wir hier gar nicht beurteilen. Wichtiger wäre uns gewe­sen, über eine gute Prozess­berichter­stat­tung etwas mehr über die Motive der Jugendlichen zu erfahren und nicht mit dem Hin­weis, „ihnen war schlicht lang­weilig“ (Kro­ne) abge­speist zu wer­den. In dem einzi­gen aus­führlichen Prozess­bericht, den wir gefun­den haben (er stammt von meinbezirk.at), wurde dazu die Vertei­di­gung der Jugendlichen zitiert: “Nur die Angeklagten selb­st ken­nen das Motiv für ihre Hand­lun­gen“.

Anscheinend ist es in der Ver­hand­lung nicht gelun­gen, mehr dazu zu erfahren. Es wäre aber wichtig gewesen!

Unsere Berichte zu den Hak­enkreuzschmier­ereien damals:

  • 4.12.2013
  • 12. 12. 2013
  • 9.2. 2014
  • 3.3.2014
  • 7.3. 2014
  • 24.3.2014