Villach/K: Abfallwirtschaft statt Burschenschafter
Groß waren die Pläne der deutschnationalen Burschenschaft „Arminia Villach“ fürs heurige Jahr. Man wollte am kommenden Wochenende das 120. Stiftungsfest würdig begehen – mit der Ausrichtung des ÖPR-Burschentags und größeren Events, die am 24. Mai auch auf den Villacher Rathausplatz mit einem „Stadtplatzschoppen“ führen hätten sollen.
Doch zuerst kam ein Video an die Öffentlichkeit, auf dem Töne, die aus der Arminenbude drangen, zu hören sind. Da soll die Rede von einem „SS-Sturmstüberl“ gewesen sein, in das man gehen wolle, es folgten weitere „SS“-Laute.
Schon im Vorfeld beklagte man die geringe „Kooperationsbereitschaft“ der Stadt Villach „bei der Bereitstellung geeigneter Massenquartiere“. Der Eindruck dürfte sich nun verstärkt haben. Am Villacher Rathausplatz hat die Stadt nun selbst eine Veranstaltung angemeldet. „Am 24. Mai findet nun eine Art Leistungsschau der Abfallwirtschaft und Feuerwehren statt. Die Bürgerinnen und Bürger Villachs sollen dadurch Informationen über essenzielle Infrastruktur der Stadt bekommen.“ (kleinezeitung.at, 13.5.25)
Der Symbolgehalt von Abfallentsorgung und Feuerwehr passt zweifellos, um Burschenschafter aus dem öffentlichen Raum zu vertreiben. Auch Gegendemonstrationen zum Burschentag seien laut „Kleine Zeitung“ angemeldet worden.
Scheibbs/NÖ: Hitlergruß an Schule ohne Konsequenzen?
An einer Mittelschule im Bezirk Scheibbs zeigten drei Schüler während des Unterrichts den Hitlergruß. Die Schule reagierte zunächst mit dem Ausschluss der Burschen von der bevorstehenden Sportwoche. Nach einer Beschwerde der Eltern eines Schülers hob die Bildungsdirektion diese Entscheidung jedoch auf, da laut Schulunterrichtsgesetz ein Ausschluss nur bei Selbst- oder Fremdgefährdung zulässig sei. Die Bildungsdirektion betonte: „Das Zeigen eines Hitlergrußes zählt in diesem Fall nicht zu einer Gefährdung bzw. Selbstgefährdung.“ Die Schüler, alle unter 14 Jahre alt und somit strafunmündig, erhielten lediglich eine Verwarnung.
Die Entscheidung sorgte für Unmut unter Lehrkräften und Eltern. Nachdem Lehrervertreter*innen zuerst von „absolutem Handlungsbedarf“ sprachen, da es für derartige Vorfälle keine ausreichenden disziplinarischen Möglichkeiten gebe und gefordert wurde, den Begriff der Fremdgefährdung im Gesetz zu überdenken, insbesondere hinsichtlich „ideologischer Ansteckung“, verfielen Personalvertreter*innen, aber auch der niederösterreichische Bildungsdirektor plötzlich in Schweigen, wie der ORF Niederösterreich (16.5.25) berichtet:
Bildungsdirektor Karl Fritthum stand die gesamte Woche nicht für ein Interview zur Verfügung, die obersten Personalvertreter der Pflichtschul- und AHS-Lehrerinnen und ‑Lehrer, die der ÖVP-nahen Fraktion Christlicher Gewerkschafter (FCG) angehören, sagten vereinbarte Interviewtermine kurzfristig – in einem Fall 40 Minuten davor – ab. Ein Personalvertreter der SPÖ-nahen Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter (FSG) ließ einen Tage zuvor fixierten Interviewtermin ebenfalls 40 Minuten vorher platzen.
Eltern zeigten sich enttäuscht über die Rücknahme des Ausschlusses und die mangelnde Information durch die Schule. Sie kritisierten, dass Lehrern „die Hände gebunden“ seien und die Schüler nun das Gefühl hätten, „dass sie tun und lassen können, was sie wollen“.
Die Bildungsdirektion erklärte, die Schüler hätten sich einsichtig gezeigt und der Vorfall sei gemeinsam mit allen Beteiligten aufgearbeitet worden. Dennoch wurde von Elternseite bezweifelt, dass die Entscheidung zur Teilnahme an der Sportwoche tatsächlich gemeinsam getroffen wurde. Der Fall könnte als Präzedenzfall dienen, da Beschwerden gegen Ausschlüsse von Schulveranstaltungen bislang selten waren, dies sich aber nun ändern könnte. Auch an anderen Schulen war es üblich, Schüler aus disziplinären Gründen von Ausflügen auszuschließen, obwohl das Gesetz dies nur bei Gefährdung vorsieht. Letztlich durften in Scheibbs alle fünf ursprünglich ausgeschlossenen Schüler – darunter auch zwei mit anderem Fehlverhalten – an der Sportwoche teilnehmen.
Graz-Linz: LASK-Fans auf Abwegen
Beim Auswärtsspiel des LASK gegen den GAK kam es zu rassistischen Beleidigungen aus dem eigenen Fanlager gegenüber mehreren Spielern der eigenen Mannschaft. In einer offiziellen Aussendung zeigte sich der Verein „zutiefst erschüttert“ und betonte, dass „menschenverachtende und diskriminierende Ausrufe in keiner Weise mit den Werten unseres Klubs vereinbar sind“. (zit. nach laola1.at, 18.5.25) Die Mannschaft verzichtete nach Spielende bewusst auf den Gang zu den mitgereisten Fans.
Besonders bitter: Auch beim Regionalliga-Spiel der LASK Amateure gegen den SC Weiz am vergangenen Freitag gab es eine Entgleisung eines Fans zu beklagen. Ein Zuschauer, der laut übereinstimmenden Aussagen der organisierten Fanszene zuzurechnen ist, äußerte sich lautstark in einer Weise, welche unzweifelhaft eine Verherrlichung nationalsozialistischen Gedankenguts darstellt. „Der LASK hat diesen Vorfall umgehend zur Anzeige gebracht, ein sofortiges Hausverbot ausgesprochen und wird bei der Österreichischen Fußball-Bundesliga ein bundesweites Stadionverbot beantragen”, so der Verein. (laola1.at, 18.5.25)
Frauenkirchen/B: Schmierereien in Mittelschule
In der Nacht vom 10. auf den 11. Mai wurden im Pausenhof der Mittel- und Volksschule Frauenkirchen zahlreiche Oberflächen durch Graffiti schwer beschädigt. Neben Fußball-Slogans wurden auch Hakenkreuze und rassistische Inhalte angebracht.
Bürgermeister Hannes Schmid zeigte sich erschüttert und betonte, dass die Tat die Werte der Stadtgemeinde – Vielfalt, Respekt, Miteinander und Wertschätzung – in schockierender Weise verletzt habe. Aus polizeitaktischen Gründen werden derzeit keine Details zu den Ermittlungen bekanntgegeben. Die Kosten für Reinigung und Wiederherstellung werden auf einen mittleren fünfstelligen Betrag geschätzt. (Quelle: bvz.at, 12.5.25)
Wien-Innere Stadt: Hakenkreuz-Ritzerei aus „Langeweile“
Ein 62-Jähriger Österreicher wurde dabei erwischt, als er mit einem Tapetenmesser ein Hakenkreuz in eine Parkbank geritzt hat. Ein Zeuge verständigte die Polizei.
In der Vernehmung zeigte sich der Beschuldigte geständig. Als Motiv gab er Langeweile an, ein politisch motivierter Hintergrund wurde von ihm bestritten. Über Anordnung der Staatsanwaltschaft Wien wurde er wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Verbotsgesetz und wegen des Verdachts der Sachbeschädigung auf freiem Fuß angezeigt. (LPD Wien via polizei-nachrichten.at, 17.5.25)
Rumänien: Wahlergebnis wenig Grund für Jubel
Nach der rumänischen Präsidentschaftswahl herrscht zwar vielfach Erleichterung, dass der parteilose Nicuşor Dan sich mit 54 % der Stimmen gegen den rechtsextremen George Simion (46 %) durchgesetzt hat. Der Grund für Dans letztlich klaren Sieg lag in der zum ersten Wahlgang deutlich gestiegenen Wahlbeteiligung.
Dan verdankt seinen Sieg auch dem Umstand, dass es ihm gelang, die Wählerschaft in Rumänien zu mobilisieren, während Simion sein Potential in der ersten Runde schon weitgehend ausgereizt hatte. Die Wahlbeteiligung, die in der ersten Runde bei knapp über 53 Prozent gelegen hatte, stieg im Stichentscheid auf fast 65 Prozent. (faz.net, 19.5.25)
Aber Dans politische Wurzeln und die Stärke der Rechtsextremen geben wenig Grund für Jubel. Die „taz“ (19.5.25) schreibt über Dan:
Der Mathematiker Dan war 2016 einer der Mitbegründer der neoliberalen USR, trat aber bereits ein Jahr später aus der Partei aus. Der Grund dafür waren seine konservativen Vorstellungen zu Ehe und Homosexualität. Nachdem er 2020 zum Oberbürgermeister von Bukarest gewählt wurde, stichelten seine früheren Parteifreunde immer wieder gegen ihn.
Einer von ihnen nannte ihn einen „Besenkammer-Messias“. Ein anderer bezeichnete ihn als „fundamentalen Antimodernisten“ und „urbaneren Legionär“. Mit der Bezeichnung Legionär ist die rumänische Faschistenbewegung der Zwischenkriegszeit gemeint, bekannt unter den Namen „Legion des Erzengels“.
Als Oberbürgermeister von Bukarest zögerte Dan, die Fertigstellung eines Holocaustmuseums zu bewilligen und eine Büste von Mircea Vulcănescu aus dem öffentlichen Raum zu entfernen. Vulcănescu war bis 1944 Mitglied der mit Hitler verbündeten faschistischen rumänischen Regierung und wurde nach dem Zweiten Weltkrieg als Kriegsverbrecher verurteilt.
Trotz Dans Sieg bleibt die rechtsextreme Gefahr bestehen: 6,2 Millionen Menschen, darunter viele Auslandsrumän*innen, stimmten für Simion. Dieser kündigte an, seinen Kampf für ein „souveränes Rumänien“ – gemeint ist damit ein nach Russland orientierter Kurs – fortzusetzen.
Wie das Amen im Gebet bei Wahlniederlagen von Rechtsextremen folgte Verschwörungsgeheul über Wahlmanipulation. In Österreich nahm „AUF1“ die Pole Position ein und vermeldete um 21 Uhr, kurz, nachdem die ersten Exit Polls bekannt geworden waren: „Gestohlene Wahl? Massive Vorwürfe des Wahlbetrugs in Rumänien“. „report24“ witterte am Tag darauf eine „geopolitische Steuerung“.
Der Wahlniederlage von Simion ging ein seltsamer Besuch in Wien voraus, wie der „Falter“ (12.5.25) berichtet. Demnach sei Simion nur wenige Stunden nach seinem Wahlsieg im ersten Wahlgang der rumänischen Präsidentschaftswahlen inkognito nach Wien gereist. Sein Aufenthalt in Wien war kurz; er reiste mit leichtem Gepäck und flog noch am selben Tag weiter nach Sibiu.
Er habe in Wien einen wichtigen Politiker getroffen: so erklärte Simion gegenüber rumänischen Medien seinen österreichischen Zwischenstopp. Die Identität dieses Politikers wollte er nicht enthüllen. (…)
Haben sich FPÖ-Politiker mit Simion auch am 5. Mai getroffen? „Nein”, sagt ein Pressesprecher des freiheitlichen Klubs. Die Spitzen der Partei seien ab elf Uhr Vormittags beim „Gedenktag gegen Gewalt und Rassismus im Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus” im Parlament gewesen. Von einem offiziellen Treffen mit Simion wisse er nichts. (falter.at)
Bereits am 21. März hatte Simion ein Konzert im Ferdinandihof auf Einladung des FPÖ-Freundes Ronald F. Schwarzer besucht. Walter Rosenkranz habe dort nur musiziert und Simion nicht getroffen, hieß es aus der FPÖ. Im April war Simion erneut auf Visite in Österreich, um in Vösendorf Wahlkampf bei Auslandsrumän*innen zu machen.
Simion erklärte, sein letzter Besuch in Wien sei Teil seiner Wahlkampagne gewesen. Er kündigte an, davon Fotos veröffentlichen zu wollen, um seine Unterstützer in Österreich sichtbar zu machen. Darauf warten wir noch immer.
Ungarn: Der „Frühjahrsputz” des Viktor Orbán
Viktor Orbáns Regierung verschärft ihren Kurs gegen politische Gegner*innen, NGOs und unabhängige Medien in Ungarn. Was Orbán „Frühjahrsputz” nennt, ist eine weitere Faschisierung des Landes.
Die Rede war selbst für Viktor Orbans Verhältnisse aggressiv. Am Nationalfeiertag vom 15. März bezeichnete der ungarische Regierungschef seine Gegner und Kritiker als «Wanzen, die den Winter überlebt haben». Er kündigte eine Säuberung für Ostern an, bei der man die Finanzmaschinerie zerstören werde, die mit «korrupten Dollars» Politiker, Richter, Journalisten, zwielichtige Nichtregierungsorganisationen (NGO) und politische Aktivisten gekauft habe. Diese gesamte «Schattenarmee» werde aufgelöst, erklärte Orban.
Die entmenschlichende Sprache, die an diejenige der Nationalsozialisten oder jüngst des Kreml-Regimes erinnert, löste viel Empörung aus. Der ungarische Journalistenverband protestierte ebenso wie die Richtervereinigung oder die Akademie der Wissenschaften. (nzz.ch, 15.5.25)
Konkret wurden bereits einschneidende Gesetze verabschiedet: Unter dem Vorwand des Kinderschutzes wurde die jährliche Pride-Parade in Budapest verboten. Eine Verfassungsänderung ermöglicht zudem, Doppelstaatsbürger*innen die ungarische Staatsangehörigkeit zu entziehen, wenn sie angeblich im ausländischen Interesse handeln. Dies könnte insbesondere auf den langjährigen Regierungsgegner George Soros abzielen.
Nun plant die Regierungspartei Fidesz ein weiteres Gesetz, das es der sogenannten Souveränitätsbehörde erlaubt, aus dem Ausland unterstützte Organisationen, die Einfluss auf die öffentliche Meinung nehmen, auf eine schwarze Liste zu setzen. Als Gefahr für die Souveränität gilt laut Fidesz jede Kritik an „verfassungsmäßigen Werten“ wie dem demokratischen Zustand des Landes, dem traditionellen Familienmodell, christlichen Werten oder Frieden und Sicherheit. Damit kann praktisch jede regierungskritische NGO oder jedes Medium zum Ziel werden. Gelisteten Organisationen drohen der Verlust steuerlicher Vorteile, hohe Strafen oder ein Tätigkeitsverbot, wenn sie weiterhin ausländische Mittel annehmen.
Wegen des verlangten Einflusses auf die Meinungsbildung dürfte die Vorlage vor allem auf NGO und Medien abzielen. Die Problematik liegt aber in den schwammigen Begrifflichkeiten, die der politischen Willkür Tür und Tor öffnen. Der Regierung geht es zudem explizit auch um die Unterstützung mit EU-Geldern, für die sich Organisationen bewerben können. Dieser Punkt verstösst mutmasslich gegen europäisches Recht. (nzz.ch)
Bereits 2020 hatte der Europäische Gerichtshof ein ähnliches Gesetz aufgehoben; ein weiteres Verfahren läuft. Bis zu einer Entscheidung könnten jedoch Jahre vergehen.
Die Opposition sieht in dem Gesetz eine „Kriegserklärung“ und einen weiteren Schritt zur „Putinisierung“ Ungarns. Peter Magyar, Vorsitzender der stärksten Oppositionspartei Tisza, spricht von einer überschrittenen roten Linie und vermutet, dass Fidesz angesichts sinkender Umfragewerte und wirtschaftlicher Probleme eine Wahlniederlage fürchtet. Magyars Partei führt seit Monaten in den unabhängigen Umfragen, trotz Diffamierungskampagnen und seiner eigenen Vergangenheit als Fidesz-Günstling.
Die Regierung rechtfertigt die Gesetzesinitiative mit dem Schutz demokratischer Institutionen vor ausländischer Manipulation, doch Kritiker sehen darin den Abschied von europäischen Standards. Es besteht die Sorge, dass das Gesetz genutzt werden könnte, um Magyar und seine Partei von der Wahl auszuschließen, da auch Parteien als meinungsbildende Organisationen gelten.
Zusätzlich verschärft sich der Konflikt mit der Ukraine: Die Regierung wirft Magyar und Tisza vor, mit Kiew zu kollaborieren, nachdem angebliche ungarische Spione in der Ukraine festgenommen wurden. Orbán behauptet, die Ukraine wolle mit Unterstützung von Tisza eine nationale Umfrage zum EU-Beitritt Ungarns beeinflussen, liefert dafür jedoch keine Beweise. Das geplante Gesetz könnte auch in diesem Zusammenhang zur Anwendung kommen.
➡️ nzz.ch, 15.5.25: Orbans «Frühlingsputz»: Ungarns Regierung fürchtet eine Wahlniederlage und startet einen neuen Angriff auf NGO und Medien (Paywall)