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Rückblick KW 14 (Teil 1): Braune und andere Einstellungen

Eine Woche ohne rechts­extre­me Vor­komm­nis­se in der FPÖ? Nicht wirk­lich – der Auf­trieb Rechts­extre­mer auf Sick­ls Schloss in Kärn­ten steht zwar erst bevor, ist uns aber schon jetzt eine Mel­dung wert. Schwer­punkt­mä­ßig geht es die­se Woche um Ein­stel­lun­gen: brau­ne und sol­che, die von Amts wegen getä­tigt wur­den und eben­so unver­dau­lich sind. Linz-Ans­fel­den: Voll­kom­men dane­ben! Wien: Rapid-Fans […]

10. Apr 2024
Rückblick
Rückblick

Linz-Ansfelden: Vollkommen daneben!
Wien: Rapid-Fans völlig daneben!
Wien: Prügelnde Tiroler Neonazis
Sirnitz/K: Rechtsextreme tagen auf Sickls Schloss
Strass/Stmk: Umtriebig auch als Nazi?
Wien: Illegale Datenabfragen von Antifaschist*innen

Linz-Ansfelden: Vollkommen daneben!

Es gibt Din­ge und Ereig­nis­se, die kann man nicht ver­ste­hen. Es gibt auch Urtei­le, die will man nicht ver­ste­hen. Zur Drauf­ga­be gibt es dann auch noch eine unver­ständ­li­che Ermitt­lungs­ein­stel­lung. So pas­siert am Lan­des­ge­richt Linz, wo Anfang April die Staats­an­walt­schaft mit­teil­te, dass die Ermitt­lun­gen gegen den Hun­de­quä­ler von Ans­fel­den wegen des Ver­dachts der Wie­der­be­tä­ti­gung ein­ge­stellt wurden.

Zur Erin­ne­rung: Der 45-jäh­ri­ge Tho­mas W. aus Ans­fel­den war 2023 – wie­der ein­mal – auf­ge­schla­gen, als bei ihm im Sep­tem­ber im Zuge einer Hausdurchsuchung

neben ske­let­tier­ten und ver­wes­ten Kada­vern 44 leben­de, aber völ­lig ver­wahr­los­te Hun­de in Käfi­gen gefun­den [wur­den]. Zudem stell­te die Poli­zei trotz eines auf­rech­ten Waf­fen­ver­bots 26 Waf­fen, Maga­zi­ne, Muni­ti­on sowie Amphet­amin im Wert von 75.000 Euro und wei­te­res Sucht­gift, Falsch­geld, gestoh­le­ne Num­mern­ta­feln und ver­schie­de­ne NS-Devo­tio­na­li­en sicher. (stopptdierechten.at, 1.2.24)

Aus der Pro­zess­be­ob­ach­tung von damals wis­sen wir: Der Waren­wert von 75.000 Euro ent­spricht fünf Kilo­gramm Amphet­ami­nen! Zur Her­kunft der zahl­rei­chen Waf­fen gab es eben­so kei­ne Auf­klä­rung wie zu den ande­ren Delik­ten, weil der Ange­klag­te jeg­li­che Aus­kunft ver­wei­ger­te. Dafür erhielt W. im Jän­ner 2024 ein skan­da­lös mil­des Urteil: 24 Mona­te, davon acht Mona­te unbe­dingt, die mitt­ler­wei­le wegen „guter Füh­rung“ auf knapp sie­ben Mona­te ver­kürzt wur­den: Haft­ent­las­sung Ende März!

Als Drauf­ga­be erhielt er auch noch die für ihn erfreu­li­che Mit­tei­lung, dass die im Herbst vom ers­ten Ver­fah­ren abge­trenn­ten Ermitt­lun­gen wegen des Ver­dachts der Wie­der­be­tä­ti­gung ein­ge­stellt wur­den. Die „Kro­nen Zei­tung“ (9.4.24) berich­tet wei­ter, dass es vor allem um Tat­toos mit NS-Bezug gegan­gen sei: „Es reicht nicht, wenn man Tat­toos hat, man muss sie auch sehen kön­nen“, erklär­te dazu die Spre­che­rin der Staatsanwaltschaft.

Wegen NS-Tat­toos war der Neo­na­zi aber bereits 2020 vor Gericht gestan­den und hat­te damals zwei Jah­re bedingt kas­siert, unter ande­rem für „Tat­toos der rechts­ter­ro­ris­ti­schen Unter­grund­be­we­gung „Com­bat 18“, SS-Paro­len, das Geburts­da­tum von Hein­rich Himm­ler sowie ein­schlä­gi­ge Sym­bo­le“ (Kro­ne, 19.10.23). Wur­de ihm damals nicht emp­foh­len, sei­ne Tat­toos ent­fer­nen zu las­sen – andern­falls wür­de aus der NS-Wie­der­be­tä­ti­gung eine wei­te­re Wie­der­be­tä­ti­gung? Oder hat er sich schon wie­der neue NS-Tat­toos ste­chen las­sen, die er nur des­halb nicht einer brei­te­ren Öffent­lich­keit vor­füh­ren konn­te, weil er mit bru­ta­ler Tier­quä­le­rei, Sucht­gift und Falsch­geld aus­ge­las­tet war? Und was ist mit den NS-Devo­tio­na­li­en, die bei der Haus­durch­su­chung gefun­den wor­den sein sollen?

Wien: Rapid-Fans völlig daneben!

Nein, das ist kein Nach­trag zu den homo­pho­ben Aus­fäl­len von Rapid-Funk­tio­nä­ren und ‑Fans im Febru­ar, son­dern ein Hin­weis dar­auf, dass die rechts­extre­men Aus­fäl­le anschei­nend unge­bro­chen wei­ter­ge­hen und gedul­det wer­den. Mar­tin Amans­hau­ser, Schrift­stel­ler und Rapid-Fan mach­te in einem lesens­wer­ten Kom­men­tar in der „Pres­se“ vom 4.4.24 dar­auf aufmerksam:

Eine knap­pe Woche nach den Vor­fäl­len gab ÖFB-Team­chef Ralf Rang­nick nach dem Ver­zicht auf die Ein­be­ru­fung der Rapid-Sän­ger dem „Stan­dard“ ein Inter­view, in dem er vor der Macht­über­nah­me der Rechts­extre­men in Deutsch­land und Öster­reich eben­so wie vor Ver­brei­tung von Hass, Ver­schwö­rungs­theo­rien, Into­le­ranz warn­te. Die Rapid-Fans reagier­ten beim nächs­ten Spiel: „Rang­nick, du Oasch­loch!“ Die Ver­eins­ver­ant­wort­li­chen grif­fen nicht ein. Ist ja unser Weltkulturerbe.

Was hat­te der sen­sa­tio­nell erfolg­rei­che Team­chef im „Stan­dard“ (16.3.24) denn gesagt, was brau­ne Fans der Grün-Wei­ßen so in Wal­lung brachte?

Es ist gut, dass es Mas­sen­de­mons­tra­tio­nen gegen rechts gibt, die schwei­gen­de Mehr­heit nicht mehr län­ger bereit ist, den Mund zu hal­ten. Wir kön­nen nicht sagen, wir sind Sport, wir hal­ten uns kom­plett aus allem raus. Wir ste­hen alle in der Ver­ant­wor­tung. (…) „Ich glau­be, es ist wich­tig, dass Men­schen, die das Herz am rech­ten Fleck haben, sich zusam­men­tun. Die Lei­wan­den müs­sen zusam­men­hal­ten, auf­ste­hen. Sie dür­fen nicht schwei­gen, sie müs­sen den Mund aufmachen.

Dan­ke für die­ses Interview!

Wien: Prügelnde Tiroler Neonazis

Ver­mut­lich, weil sich ein Pas­sant über die Nazi-Auf­kle­ber an ihrem Wohn­mo­bil auf­reg­te, gin­gen zwei Inns­bru­cker – Vater (56) und Sohn (20) – auf den 29-Jäh­ri­gen in der Per­fekta­stra­ße in Wien Lie­sing los und ver­letz­ten ihn schwer. Als die her­bei­ge­ru­fe­ne Poli­zei ein­traf, ging das aggres­si­ve Duo auch auf die Beam­ten los. Ins­ge­samt ver­letz­ten sie fünf Per­so­nen. Nach ihrer Fest­nah­me wur­de das Wohn­mo­bil, des­sen Zulas­sung abge­lau­fen war, näher unter­sucht. Dar­in fan­den sich neben den NS-Auf­kle­bern auch Druck­luft­waf­fen und Mes­ser. Der Nazi-Sohn wur­de auf frei­em Fuß ange­zeigt, der Nazi-Vater, der wohl schon „amts­be­kannt“ ist, wur­de in eine Jus­tiz­an­stalt ver­lie­fert. (Quel­len: meinbezirk.at, 4.4.24 und oe24.at, 4.4.24)

Sirnitz/K: Rechtsextreme tagen auf Sickls Schloss

Auf Schloss Albeck in Sir­nitz, das sich im Eigen­tum der frü­he­ren FPÖ-Sozi­al­mi­nis­te­rin Eli­sa­beth Sickl befin­det, ver­an­stal­tet der „Frei­heit­li­che Aka­de­mi­ker­ver­band“ (FAV) Stei­er­mark gemein­sam mit dem rechts­extre­men deut­schen „Insti­tut für Staats­po­li­tik“ zum sechs­ten Mal eine (Frühjahrs)Akademie, berich­tet das DÖW.

Prak­ti­scher­wei­se ist Sick­ls Sohn Hein­rich, der eini­ge Jah­re FPÖ-Gemein­de­rat in Graz war und in einem Neben­strang auch zu den Beschul­dig­ten im Gra­zer FPÖ-Finanz­skan­dal zählt, der Vor­sit­zen­de der FPÖ-Vor­feld­or­ga­ni­sa­ti­on FAV Steiermark.

Zu der Tagung, die zwi­schen dem 12. und 14. April unter dem Titel „Euro­pa vor der Trend­wen­de“ statt­fin­det, wer­den rechts­extre­me Ideo­lo­gen wie Erik Leh­nert, Götz Kubit­schek, Bene­dikt Kai­ser und Thor von Wald­stein antan­zen. Aus Öster­reich dür­fen Kon­rad Weiß und der Iden­ti­tä­ren-Kader Ger­not Schmidt mit­re­den, letz­te­rer sogar mit dem FPÖ-Gene­ral­se­kre­tär Chris­ti­an Hafenecker auf einem Podium.

Strass/Stmk: Umtriebig auch als Nazi?

Als „umtrie­bi­ger Betrü­ger“ wur­de jener 48-jäh­ri­ge deutsch-ita­lie­ni­sche Dop­pel­staats­bür­ger nahe­zu lie­be­voll von Medi­en beschrie­ben, der nach mona­te­lan­gen Ermitt­lun­gen wegen des Ver­dachts des schwe­ren Betrugs jetzt in Strass (Bezirk Leib­nitz) fest­ge­nom­men wur­de. Neben zahl­rei­chen Betrü­ge­rei­en, bei denen er sogar sei­nen Kom­pli­zen getäuscht haben soll, wird gegen ihn auch wegen des Ver­dachts der NS-Wie­der­be­tä­ti­gung ermit­telt, nach­dem der 48-Jäh­ri­ge NS-Bild­ma­te­ri­al per Mes­sen­ger­dienst ver­schickt haben soll“ (steiermark.orf.at, 3.4.24).

Wien: Illegale Datenabfragen von Antifaschist*innen

Der unter Spio­na­ge­ver­dacht ste­hen­de Egis­to Ott, frü­her beim Bun­des­amt für Ver­fas­sungs­s­schutz und Ter­ro­ris­mus­be­kämp­fung (BVT) beschäf­tigt, soll nicht nur für Russ­land Adres­sen von in Öster­reich leben­den Kri­ti­kern Putins ille­gal abge­zapft, son­dern auch für der­zeit teil­wei­se noch unbe­kann­te Auf­trag­ge­ber und teil­wei­se gegen Bezah­lung Hun­der­te von Daten­sät­zen aus poli­zei­li­chen Daten­ban­ken aus­ge­ho­ben und wei­ter­ge­ge­ben haben. Der „Stan­dard“ (7.4.24) schreibt:

Ein aus­ge­späh­ter Per­so­nen­kreis, der aus der Fül­le der Fäl­le her­aus­sticht, ist im am 23. Mai 2023 ange­leg­ten Fak­ten­blatt beschrie­ben: Anti­fa­schis­tin­nen und Anti­fa­schis­ten sowie deren Ange­hö­ri­ge und Freun­de. In der Kate­go­rie ‚Opfer‘ wer­den 24 Per­so­nen genannt – es wirkt so, als ob jemand eine Art Wunsch­lis­te genannt hät­te.

Die Kate­go­rie „Opfer“ stammt natür­lich nicht von Ott, son­dern von den Ermitt­lungs­be­hör­den, die die­se Fak­ten zusam­men­ge­tra­gen haben.