Nancy Mandody gehört mit ihrem Lebensgefährten Oliver Kloth zu einer abstrusen Truppe, die maßgeblich die Verschwörungserzählung von den „Rheinwiesenlagern“ und der dort ab April 1945 vermeintlich betriebenen systematischen Ermordung von Hunderttausenden unschuldigen Deutschen verbreitet. Der Höhepunkt der perfiden Lügen ist freilich die Behauptung, Leichen seien von den Rheinwiesen in Konzentrationslager transportiert und dort als jüdische Opfer ausgegeben worden. Recherchen von AROB und „Stoppt die Rechten“ konnten im letzten Jahr ein groß geplantes geschichtsrevisionistisches Treffen an den Rheinwiesen empfindlich stören.
Mandody und die Reinheit
Seit geraumer Zeit geht Mandody mit dem Anliegen, die deutsche Sprache „heilen“ zu wollen, hausieren. Sie tritt damit in lokalen Seminaren und bei verschwörungsideologischen „Kongressen“ wie der „Volition“ auf, wo sich die fast immer selben Personen treffen, die den fast immer selben Unsinn verbreiten, sich gegenseitig beweihräuchern und dabei einiges an Geld verdienen dürften.
Bei der „Volition“ im April 2023 (1) vertritt Mandody in ihren Ausführungen „zur Heilung der deutschen (Jugend-)Sprache“ die keineswegs neue Kritik an den in die Sprache eingeflossenen Anglizismen. Sie fantasiert allerdings die Verschwörungserzählung hinzu, die Sprachveränderung sei bewusst von den alliierten Siegermächten ab dem Ende des zweiten Weltkriegs 1945 gesteuert worden. Dazu mischt sie völlig hanebüchene esoterische Herleitungen (unsere Ur-Vorfahren seien „Alien-Arier“ gewesen) zu einem intellektuell erbärmlichen Gemenge, das in einem unsäglichen Reinheitswahn samt Überhöhung des Deutschtums gipfelt und in nichts anderes als in eine unverhohlene Glorifizierung des Nationalsozialismus mündet.
Nazis als „größte Generation“
Das erledigt Mandody nicht verbal, sondern mittels eines vierminütigen NS-verharmlosenden Films (gesamtes Transkript), den sie am Ende ihres Vortrags einspielt. Einleitend beklagt sie in Anspielung auf ihr Leibthema eine Abtrennung der Erinnerungen ans „Deutschtum, eine Deutschtum-Amnesie“:
Dann auf der anderen Seite der Medaille haben wir diese tiefsitzenden Schuld- und Schamgefühle, die immer wieder ins Fell gerieben werden, doch da gibt es noch eine heilsame Seite und ich denke die schauen wir uns mal an (…) Es geht um das Erinnern an das Deutschtum, und ich lade euch herzlich dazu ein.
Der Film besteht aus einer Montage von Bildern und (NS-Propaganda-)Filmausschnitten, auf denen ausschließlich junge Männer in NS-Uniformen zu sehen sind: Wehrmachtsoldaten sowie SS-Männer, deren SS-Abzeichen zum Teil deutlich erkennbar sind. Eine männliche Erzählstimme, begleitet von einer heroisch-pathetischen Musikuntermalung, kommentiert: „Wenn ich unsere Großväter mit einem Wort beschreiben müsste, so wäre es Beherztheit, also seid, wie sie es waren, seid beherzt!“
Die negative Abgrenzung listet typische nationalsozialistische Feindmarkierungen und endet mit tradierten antisemitischen Zuschreibungen, ohne dies klar zu benennen:
Sie [die Großväter, Anm. SdR] waren keine technokratisch kalten Maschinenmenschterminatoren, keine materialistisch-kapitalistischen Ressourcen-Söldner, keine wilden, barbarischen Pleb-Horden, keine besinnungslos aufgepeitschte Soldateska. Auch keine stocksteif-verkalkten Schießbudenfiguren. Und schon gar keine Händler, Trickser, Heuchler.
Die NS-Armee – im Film durchwegs semantisch getarnt durch die emotionalisierende Chiffre „Großväter“ („Sie [die Großväter, Anm. SdR] haben sich niemals unterkriegen lassen, obwohl sie die ganze Welt gegen sich hatten.“) – wird nicht bloß gegen ihre Feindarmeen positiv kontrastiert, sondern auch gegenüber den gegenwärtigen Deutschen, worin ein weiterer Höhepunkt der Verklärung besteht: „Unsere Großväter verkörperten ein in jeder Hinsicht höheres Menschentum, als wir das heute tun.“
Nach weiteren Heroisierungen werden die „Großväter“ zuletzt noch als „größte Generation“ bezeichnet. Mandody setzt nach einem frenetischen Applaus aus dem „Volition“-Publikum – ergriffen fort: „Unsere Großeltern haben in sehr schwierigen Zeiten gelebt“, und sie hoffe, dass diese „schwierigen Zeiten“ nie wieder kämen.
Mandody in Kramsach und Mondsee
Es ist nicht zum ersten Mal, dass Manodody mit ihrem geschichtsrevisionistischen Gebrabbel durch Österreich reist. Für den 16. März ist ein Seminar im Tiroler Kramsach angekündigt – der genaue Veranstaltungsort ist erst bei der Anmeldung zu erfahren, die über einen Verein mit dem Namen „Sinn 3000 — Forschungs- und Bildungsverein für kreative Wohnkultur und nachhaltige allumfängliche Gesundheit“ abgewickelt wird. Das ist nur einer von zwölf Vereinen, der an derselben Adresse in Kramsach gemeldet ist. Als Vereinsvorstand sind de facto immer dieselben Personen genannt.
Vereine als Schwurbler-GeschäftsmodellInsbesondere ab Herbst 2020 sind in Österreich unzählige Vereine gegründet worden, die Schlagwörter wie „Gesundheit“, „Bildung“ und „Forschung“ im Vereinsnamen führen. Dahinter steckte, wie ein Beispiel aus Tirol zeigt, die Überlegung, Veranstaltungen während der Lockdowns zu machen bzw. die Corona-Maßnahmen zu umgehen. (Es sollte beispielsweise „erforscht“ werden, wie es ist, wenn sich Personen ohne Maske treffen etc.). Mehrere Vereine sind in der Regel als eine Art von Backup-Konstruktionen zu verstehen: Wenn ein Verein behördlich aufgelöst wird, steht bereits der nächste zur Verfügung. Die Vereine sind zudem ein beliebtes Konstrukt, um Abgaben zu „vermeiden“, die bei geschäftlichen Tätigkeiten wie der entgeltlichen Abhaltung von Seminaren normalerweise anfallen würden. Vielfach ist bei Vereinen dieser Art auch ein reichsbürgerlicher Background zu erkennen. Erwischt hat es dabei in Tirol den mittlerweile ehemaligen Imster Busunternehmer A.T. der die Gründung von Vereinen in Seminaren propagiert hat. T. ist mit seinem Busunternehmen Pleite gegangen. Dem ging eine Verurteilung nach dem Verbotsgesetz voraus, der eine Verhaftung wegen des Verdachts auf Missbrauch von Fördergeldern folgte. |
Am 6.und 7. April will Mandody auch in Mondsee die deutsche Sprache heilen. Da ist im Ankündigungstext, der sich auf den Geschichtsrevisionisten William Toel bezieht, zu lesen:
Im Jahre 2021 offenbarte uns der Amerikaner William Toel, dass in der Nachkriegszeit mehrere Tausend Worte der deutschen Sprache entnommen, umgedeutet, verhunzt wurden. Warum tat man das, bzw. nach seinen Aussagen, taten die Alliierten das? Was steckte dahinter?
Damit sich für Mandody die Fahrt nach Österreich auch auszahlt, sind 485 Euro an Seminargebühr zu berappen. Aber Mandody verspricht denen, die von ihr geheilt werden, auch viel: „Am deutschen Wesen wird die Welt genesen. Und wir sind diejenigen, auf die wir gewartet haben.“ Bei Geschichtsrevisionismus Marke Mandody droht in Österreich allerdings das Verbotsgesetz. Da sollte eigentlich der Verfassungsschutz warten. Und zuweilen auch die Vereins- und Finanzpolizei.
Fußnoten
1 Vortrag auf YouTube 7.7.23 (eingesehen am 15.3.24)
Transkript des Films:
Wenn ich unsere Großväter mit einem Wort beschreiben müsste, so wäre es Beherztheit, also seid, wie sie es waren, seid beherzt! Nehmt euch Bilder eurer Großeltern, rahmt sie ein und hängt sie euch ins Zimmer, schaut ihnen in die Augen jeden Tag, was seht ihr? Ich jedenfalls sehe keine bloßen Ballastexistenzen, die unauffällig über Bord geworfen werden müssen. Ich sehe keine Verbrecher. Wisst ihr, was ich sehe? Ich sehe euch. Ich sehe uns. Ich sehe nicht die Vergangenheit, ich sehe die Zukunft.
Ich sehe junge, starke Männer, voller Würde, Stolz und Stärke, vital und lebensvoll, tapfer und beherzt. Und das waren sie auch. Sie waren keine technokratisch kalten Maschinenmenschterminatoren, keine materialistisch-kapitalistischen Ressourcen-Söldner, keine wilden, barbarischen Pleb-Horden, keine besinnungslos aufgepeitschte Soldateska. Auch keine stocksteif-verkalkten Schießbudenfiguren. Und schon gar keine Händler, Trickser, Heuchler.
Es waren moderne Ritter, in denen sich die alten Werte mit den neuen vereinten, stark, edel, mutig, durchgeistigt, durchblutet, menschlich, im besten Sinne, im europäischen Sinne des Wortes. Seht euch ihre Gesichter an. Seht sie euch an. Jedes Gesicht strahlt Würde und Charakter aus, hat Ausdruck und Struktur.
Sie waren nicht das, was unsere Feinde behaupten. Man sieht ihnen das in den Gesichtern an. Und nein, sie waren auch nicht einfach nur härter, disziplinierter, ernster. Nein, sie waren sowohl härter als auch mitfühlender, sowohl disziplinierter als auch lockerer, sowohl ernster als auch humorvoller, als wir das heute sind.
Unsere Großväter verkörperten einen in jeder Hinsicht höheres Menschentum, als wir das heute tun. Und sie waren Abenteurer, Haudegen, Männer von Welt und was für welche. Sie sind durch den Atlantik getaucht, durch Afrikas Wüsten marschiert, haben Europas Himmel erobert und uns die Sonne gegrüßt.
Sie haben verdammt doch mal die erste Rakete gebaut, die in den Weltraum hinausgeflogen ist. Das erste Düsenflugzeug, den ersten Tarnkappenbomber, den ersten Computer, haben sich in Afrika auf ihren Panzern Spiegeleier gebraten, mit den Arabern Tee getrunken, im Kaukasus den Elbrus erklommen und sogar irgendwelche Dromedare erbeutet.
Und sie haben sich niemals unterkriegen lassen, obwohl sie die ganze Welt gegen sich hatten. Sie haben sich der allergrößten Herausforderungen gestellt und haben nie den Mut verloren, selbst in der größten Aussichtslosigkeit nicht. Und haben all das Leid wacker geschultert, gemeinsam.
Also, was sehe ich, wenn ich unsere Großväter sehe? Ich sehe einfach die größte Generation, so wie alle anderen auch. Und damit lasst uns auseinandergehen.