Seine Nazi-Chats, die er mit Markus S. ausgetauscht haben soll, stammen bereits aus Vor-Corona-Zeiten, nämlich aus den Jahren 2016 bis 2020. Dafür und wegen der Zurschaustellung von Hitlers „Mein Kampf“ muss sich A.T. nach dem Verbotsgesetz vor Gericht verantworten.

Dem hat er sich jedoch zwei Mal entzogen, indem er nicht zur Verhandlung erschienen ist. Beim zweiten Prozesstermin, am 7. Oktober, sei T. polizeilich gesucht, jedoch nicht aufgefunden worden, wurde beim Prozess bekanntgegeben. Nun hatte die Staatsanwaltschaft offenbar genug, berichten die Tiroler Nachrichten (3.11.22): „Wie das Landesgericht gestern der TT auf Anfrage bestätigte, wurde deshalb am 20. Oktober Untersuchungshaft über den Oberländer verhängt. ‚Wegen Fluchtgefahr.‘“ Am 2. November wurde zudem ein Konkursverfahren über T.s Unternehmen, ein Bus- und Taxiunternehmen mit angeschlossenem Reisebüro sowie Reifenhandel und KFZ-Service, eröffnet.
Unternehmen und Vereine
Lange zuvor hatte T. kundgetan, sein gesamtes Vermögen auf Vereine zu übertragen, damit der Staat keinen Zugriff mehr darauf habe. Was nun an die laut T. 40 Vereine, die er gegründet haben will, gegangen ist, wissen wir nicht; T. behauptete, es seien die Betriebsgebäude sowie sein Fuhrpark. In einem Video vom Juni 2022 beklagte er sich jedenfalls bitter darüber, dass die Polizei bei den zwei Razzien 2021 und 2022 in Vereinsräumlichkeiten eingedrungen sei und Vereinsbesitz beschlagnahmt habe.

Tatsächlich sind Vereinskonstruktionen ein beliebtes Mittel von Staatsleugner*innen – der selbsternannte Reichsbürger-„König“ Peter Fitzek hat das Modell in Deutschland vorexerziert und gibt dazu auch Schulungen –, um schlichtweg keine Steuern zu bezahlen. Zumindest eine der Razzien bei T. fand laut Medienberichten auch wegen des Verdachts auf Steuerhinterziehung statt.

In den Seminaren, die T. anbietet, lerne man Hilfe zur Selbsthilfe – etwa, wie man sein KFZ in T.s Werkstatt als Vereinsmitglied selbst reparieren könne. Es braucht nicht viel Phantasie, um zu erahnen, dass Vereinsmitgliedsbeiträge und Spenden den bei normalen Geschäftstätigkeiten üblichen Preis ersetzen könnten, ohne dass für die daraus erzielten Einnahmen Abgaben zu bezahlen wären. Außerdem geht’s um Punkte, die bei „normalen” Vereinen keine Rolle spielen, jedoch für solche, die aus staatsfeindlichen Interessen gebildet werden, durchaus: Polizeikontrollen, Finanzamt, Gerichtstermine.

T. hatte großspurig angekündigt, auch sein Elternhaus in eine Vereins- und Forschungsstation ausbauen zu wollen. Erforscht würden etwa diverse gesundheitliche Aspekte. Dafür sollen in T.s Institut eigene Zertifikate wie Maskenbefreiungsatteste ausgestellt worden sein, um den Inhaber*innen etwaige Strafen bei Verstößen gegen die COVID-Schutzmaßen zu ersparen. Die vermeintlichen Forschungsaktivitäten drehten sich natürlich auch um die Impfplicht: „Es besteht die Möglichkeit freiwillig Forschungsteilnehmer zu werden! Die geplanten Maßnahmen (Impfpflicht) der Behörden sind somit nicht wirksam! FREIHEIT“, ist auf T.s Institutswebsite zu lesen.

T.s Vereinsgründungen hatten also mutmaßlich zwei Ziele: der Abgabenpflicht für unternehmerische Tätigkeiten zu entkommen und die COVID-Schutzmaßnahmen legal, wie T. behauptete, zu umgehen. Von zweiterem hatten auch jene Demoteilnehmer*innen Gebrauch gemacht, die T. mit seinen Bussen zu den Schwurbeldemos nach Wien und Innsbruck chauffiert hatte.
Mutanten-Bus darf wohl nicht zurück nach Tirol :( #w1302 pic.twitter.com/nsHqBU1TwH
— Leo (@beton_blau) February 13, 2021
Keine unternehmerischen Tätigkeiten, aber COVID-Wirtschaftshilfen?
Nun erstaunt es, dass T. bei den staatlichen COVID-19-Wirtschaftshilfen trotz der von T. behaupteten Einstellung seiner Geschäftstätigkeiten und trotz des bereits 2021 bestehenden Verdachts, gegen die COVID-Verordnungen verstoßen zu haben, ordentlich zugreifen konnte: Während T. 2020 „nur“ 10.564,36 Euro aus den COVID-Hilfen lukrieren konnte, steigerte sich 2021, also im Jahr der ersten Razzia, die Fördersumme auf satte 177.807,85 Euro, und in diesem Jahr hat T.s Firma bislang (Stand 3.11.22) 94.138,41 Euro vom österreichischen Staat, dessen Existenz er als Staatsverweigerer allerdings leugnet, abkassiert. Die Tiroler Nationalratsabgeordnete Barbara Neßler (Grüne) hat nun an den Finanzminister eine parlamentarische Anfrage gerichtet, in der sie nachfragt, wie es zur Auszahlung dieser Förderungen kommen konnte und ob Rückforderungen angedacht sind.

Im laufenden Konkursverfahren sollen Gläubiger ihre Ansprüche bis 7. Dezember geltend machen. Es ist anzunehmen, dass es wohl auch um die Vereine gehen wird, auf die T. sein Vermögen übertragen haben will. Aber vielleicht hat T. dort nichts oder nur wenig geparkt und seine pekuniären Schäfchen anderswo ins Trockene gebracht? Immerhin sei er wegen Fluchtgefahr in Untersuchungshaft genommen worden. Es ist anzunehmen, dass die Staatsanwaltschaft gute Gründe für diesen Schritt haben wird.

Moralische Hilfe von Rechtsaußen
Bei T.s Geschichte ist es nicht verwunderlich, dass schnell Schützenhilfe von Rechtsaußen kam. Die einschlägige Sympathie zeigt sich schon an den ersten drei Facebook-Freunden, die uns beim Blick auf T.s Account angezeigt werden: der Info-Direkt-Betreiber Michael Scharfmüller, ein oberösterreichischer mehrfach verurteilter Hardcore-Neonazi und ein ebenfalls wegen Wiederbetätigung verurteilter ehemaliger Imster FPÖ-Politiker. Auch das rechtsextreme Internet-TV „AUF1“ nahm sich im Juni des „schweren” Schicksals von T. an und meinte, „die Staatsgewalt“ habe auf T.s „regierungskritische“ Aktivitäten „mit äußerster Brutalität“ reagiert.
Der Wochenblick hypt T. in mehreren Beiträgen zum als vom „Staats-Terror“ gequälten „Mut-Busfahrer“, der Anfang September „eine andauernde nervliche Erkrankung, die sich in schweren Schmerzschüben äußert (…) als Folge einer posttraumatische[n] Belastung (…), die in Verbindung mit der ständigen Repression steht“ erlitten habe. Daher habe er auch nicht seinem Prozess beiwohnen können. „Leiden, die er erduldet, während er sich dennoch um Firmen- und Vereinsangelegenheiten kümmern muss“, weiß der Wochenblick. Und auch, dass die Staatsanwaltschaft T. vorgeworfen habe, sich nach Ungarn absetzen zu wollen. Das, empört sich der Wochenblick, stimme nicht, aber „selbst eine Fahrt ins nahe EU-Ausland, etwa zum Hosenkauf am Brenner, [sei] freilich noch kein Indiz für ‚Fluchtgefahr‘ unbescholtener Bürger“. Wer weiß: Vielleicht musste der traumatisierte, schmerzgeplagte T. gerade zum Zeitpunkt des zweiten Prozesstermines irgendwo eine Hose kaufen? Was der Wochenblick offenbar nicht berichten will: dass T. nach dem Verbotsgesetz angeklagt ist und dass bereits im Juli der erste Prozesstermin war oder dass T. vom Staat Wirtschaftshilfen über fast 300.000 Euro bezogen hat. Aber Details dieser Art würden nicht so gut ins Opfernarrativ von T. und dem Wochenblick passen.

Der „Schöpfungsquell”
Knapp vor seiner Verhaftung teilte T. auf seinem Facebook-Account noch eine „Proklamation“, in der in A4-Länge verpackt ist, was wohl auch in Tirol als Schmarren zu bezeichnen ist: Da ist zu lesen, dass wir uns bei Befolgung von COVID-Schutzmaßnahmen der potentiellen Gefahr aussetzen, uns zu „ERFÜLLUNGSGEHILFIN/EN — einer rein ‚politisch-ideologisch‘ gelenkten, aber ‚unwissenschaftlichen‘ und EMRK-widrigen/Verfassungswidrigen ANWEISUNG/WEISUNG/BEFEHL/AUFFORDERUNG/VERORDNUNG/ANORDNUNG‘, zu machen. SIE sind dann selbst in der HAFTUNG!“ [Fehler im Original]

Hier geht es natürlich um das Tragen von Masken, das Testen etc.. Das Pamphlet stammt von einem praktizierenden Allgemeinmediziner aus dem Bezirk Schwaz mit Affinitäten zu allerlei Esoterikkram und „alternativen“, also rechten und verschwörungsideologischen Medien, zu denen der Arzt auf seiner Praxiswebsite verlinkt. Um mit diesen kruden Ansichten wirksamer zu werden, hat Herr Doktor – was denn sonst? – einen Verein gegründet. „SchöpfungsQUELL“ nennt sich der. Ob T. von dort auch sein Krankheitsattest geschöpft hat?

➡️ 1 Schwurbelinstitut, zig Vereine und braune Umtriebe