Wien: Patridioten müssen zahlen
Wien: FPÖ und Identitäre gemeinsam
Graz: Freiheitliche sehr einsam
Österreich: Täglich antisemitische Vorfälle
Wien: Patridioten müssen zahlen
Im März wollten als „Patrioten in Bewegung“ kostümierte Identitäre frühmorgens rassistische Flyer in der U6 verteilen, hatten aber nicht mit engagierten Fahrgästen in Bewegung gerechnet, die die Flyer sofort wieder entfernten. Mit den Wiener Linien hatten sie auch nicht gerechnet. Die ließen nämlich nicht nur die restlichen Flyer einsammeln, sondern werteten auch die Videos von den bewegten Identitären aus und übergaben ihre Erkenntnisse den Ermittlungsbehörden. Bingo!
Wie sich herausstellte, soll ein Verursacher beim Bundesheer, konkret bei der Garde, tätig gewesen sein. Er ist Mitglied der rechtsextremen Identitären Bewegung. Das Dienstverhältnis mit dem jungen Mann wurde aufgelöst. Allerdings nicht aufgrund der Flyer-Aktion, wie es beim Bundesheer hieß. Man habe ihn schon davor unter Beobachtung gehabt.
Schlussendlich konnten drei Verursacher ausgeforscht werden. Ein Strafverfahren gegen die Männer wurde eingestellt, doch die Wiener Linien klagten auf dem Zivilrechtsweg. Die Männer blieben den Verhandlungen zwar fern, das Gericht sprach den Wiener Linien dennoch 8.000 Euro zu – als Kostenersatz für die angefallenen Personal- und Reinigungskosten. (kurier.at, 2.11.2022)
Unseren Informationen nach wurden vier Beteiligte ausgeforscht, alle vier sind nicht unbekannt und sehr regelmäßig in Bewegung, wenn’s um Hetze geht.
Ein Monat nach der missglückten Flyer-Aktion fielen die Patridioten mit einer weiteren und sehr bösartigen Aktion auf. Am Dach des Ute-Bock-Hauses in Wien-Favoriten entrollten sie ein Banner mit fremdenfeindlicher Parole, brüllten und zündeten Rauchbomben (um Geflüchtete in Furcht zu versetzen) und sollen zeitweise auch den Eingangsbereich blockiert haben. Ungefähr 20 Personen waren an der Aktion beteiligt – die Staatsanwaltschaft stellte die Ermittlungen allerdings ein. Warum eigentlich?
Wien: FPÖ und Identitäre gemeinsam
Als am Sonntag, 6. November, frühmorgens Identitäre, diesmal in der Verkleidung als „Die Österreicher“, beim Versuch scheiterten, am Balkon des Innenministeriums ein Transparent aufzuhängen, auf dem unter anderem die Verhaftung von Politikern gefordert wurde, war der Generalsekretär der FPÖ, Michael Schnedlitz, nicht dabei. Die Identitären hatten wieder Glück und wurden – entgegen ihrer eigenen Parole – nicht eingesperrt, sondern nur auf ihre Identität überprüft und konnten so am Nachmittag an einer Kundgebung teilnehmen, bei der
etwa ein Vertreter der Identitären-Gruppe „Die Österreicher“ sowie Corona-Demo-Organisator Martin Rutter auftraten. Mit Generalsekretär Michael Schnedlitz ergriff auch ein prominenter Freiheitlicher das Wort. Hundert Mal lieber rede er hier zum Beispiel nach einem Martin Rutter als im Parlament vor einer Sigrid Maurer oder sonst jemandem, meinte er dabei beispielsweise.“ (derstandard.at, 6.11.22)
In einer Pressekonferenz am 8. November präsentierte Schnedlitz übrigens einen von den Jungfreiheitlichen erstellten „Remigrationsbericht“ und stellte ein Dashboard vor, das unter dem rechtsextremen Terminus „Bevölkerungsaustausch“ läuft. (vgl. kurier.at, 8.11.22). Kurz: Zwischen FPÖ und Identitären ist die alte Liebe wieder eingekehrt und wird nun auch wieder öffentlich gut sichtbar ausgelebt.
Graz: Freiheitliche sehr einsam
Von fünf blauen Mandataren verbleibt der FPÖ Graz aktuell nur mehr einer im Gemeinderat. Die anderen vier haben sich im „Grazer (Korruptions-) Freien Gemeinderatsklub“ neu formiert und in den alten Buchhaltungsunterlagen gewühlt:
Bei diesen Grabungsarbeiten sind die Ex-Blauen auf weitere Zahlungen gestoßen: Einen Tag nach den Wahlen im September 2021 soll die Landes-FPÖ den Grazern einen Kredit von 100.000 Euro gewährt haben, ohne Deklarierung wofür. Zuvor gingen in zwei Tranchen insgesamt 49.000 Euro auf ein Konto der Partei ein, ohne den Spender zu nennen.“ (Kurier, 5.11.22, S. 18).
Die Landespartei kontert mit der Drohung von rechtlichen Schritten „hinsichtlich mangelnder Aufklärungsschritte seitens der Landespartei und anderer haltloser Vorwürfe“. Wird spannend, weil der abgespaltene Klub auch noch den Vorwurf der illegalen Querfinanzierung erhebt: „118.000 Euro an Klubfördermitteln seien demnach 2021 für den Gemeinderatswahlkampf der FPÖ verwendet worden.“ Diesen Vorwurf erhob die ebenfalls aus der FPÖ ausgeschlossene Stadträtin Claudia Schönbacher.
Das alles wird vermutlich auch die Staatsanwaltschaft Klagenfurt beschäftigen, die gegen sechs Beschuldigte in dieser Causa ermittelt. Bisher waren erst vier bekannt: „Ex-Vizebürgermeister Mario Eustacchio, Ex-Klubobmann Armin Sippel, Ex-Klubdirektor und Finanzreferent Matthias Eder und Ex-Gemeinderat Roland Lohr [Lohr ist noch Gemeinderat; Anmk. SdR] – sind seit längerem bekannt.“ (grazer.at, 6.11.22)
Der „Grazer” ließ sich jetzt den Namen des fünften Beschuldigten von der Staatsanwaltschaft bestätigen: es ist Marios Bruder, Claudio.
Der Künstler und Kunsterzieher an einem Grazer Gymnasium wurde bis zur Neubestellung Ende vergangenen Jahres von der FPÖ in die Aufsichtsräte von Graz Museum und Universalmuseum Joanneum sowie das Kuratorium des Künstlerhauses entsandt. Beim sechsten Beschuldigten handelt es sich um einen ehemaligen Büromitarbeiter des Vizebürgermeisters (Name der Redaktion bekannt), nicht um den Büroleiter, wie ein Gerücht die Runde gemacht hatte. (grazer.at)
Österreich: Täglich antisemitische Vorfälle
Die Antisemitismus-Meldestelle der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) legte kürzlich ihren Bericht für das erste Halbjahr 2022 vor. Demnach war die Zahl der gemeldeten antisemitischen Vorfälle, die 2021 regelrecht explodiert ist, im ersten Halbjahr 22 zwar rückläufig, aber ist nach wie vor unerträglich hoch: Im Durchschnitt werden täglich zwei Vorfälle gemeldet. Die tatsächliche Zahl der Vorfälle wird weit höher sein.
„Vom 1. Jänner bis 30. Juni 2022 wurden der Antisemitismus-Meldestelle der Israelitischen Kultusgemeinde Wien (IKG) 381 antisemitische Vorfälle gemeldet – 32 Prozent weniger als im Vergleichszeitraum des Vorjahrs (562). Insgesamt wurden 2021 965 antisemitische Vorfälle gemeldet.“ (derstandard.at, 3.11.22)

Die extrem hohen Werte für 2021 waren auf Aktionen von Corona-Leugnern (gelbe Davidsterne) und von antisemitischen Akteuren rund um Raketenangriffe auf Israel zurückzuführen. Nach Ansicht der Meldestelle hat die verschärfte strafrechtliche Repression gegen die Relativierung des Holocaust und der Rückgang der Pandemie zu den niedrigeren Zahlen im ersten Halbjahr 22 beigetragen.
Der Antisemitismusbericht ordnet die Mehrzahl der Übergriffe auf Juden und Jüdinnen im ersten Halbjahr 2022 auch ideologisch zu. Demnach hatten die meisten Vorfälle (201) einen rechtsextremen Hintergrund, gefolgt von linken (81) und muslimischen (34) Motiven. Bei 65 Vorfällen war keine Zuordnung möglich. (derstandard.at)