Im Jahr 1989 wurde Akif Pirinçci mit dem Kriminalroman „Felidae“, in dem eine Katze als Detektiv agiert, einem Millionenpublikum bekannt. Das Buch wurde in 17 Sprachen übersetzt, weitere Bestseller sowie erfolgreiche Verfilmungen folgten. Lange galt Pirinçci, dessen Familie aus der Türkei nach Deutschland migrierte, als er ein Kleinkind war, als einer der international erfolgreichsten deutschsprachigen Schriftsteller.
Daneben betreibt der 64-Jährige den Hetz- und Desinformationsblog „Der kleine Akif“, in dem er seinem unverblümten Rassismus freien Lauf lässt. Anfang Februar wurde Pirinçci durch das Bonner Amtsgericht zu neun Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt. Der Richter wertete Passagen aus dem Blog als volksverhetzend. Das harte Urteil rührt von Pirinçcis langer Vorgeschichte: Er wurde bereits mehrfach wegen Verhetzung und auch zivilrechtlich wegen Schmähkritik verurteilt. Zum Zeitpunkt des letzten Urteilsspruchs stand er noch unter laufender Bewährung. Nach dem neuen, nicht rechtskräftigen Urteil droht ihm, dass er nun tatsächlich hinter Gitter muss.
Zweite Karriere als rechter Demagoge
Pirinçcis Karriere als rechter Demagoge kam ab dem Jahr 2012 in Schwung. Er veröffentliche homophobe und rassistische Artikel in einschlägigen Medien wie der rechtslibertären Zeitschrift „eigentümlich frei“, dem „neurechten“ Traditionsblatt „Junge Freiheit“ und auch im Blog von Kubitscheks „Sezession“. Ab 2014 trat er bei Burschenschaften und AfD-Veranstaltungen als Redner auf, zudem veröffentlichte er im rechten „Manufactum“-Verlag sein erstes „Sachbuch“, die Schmähschrift „Deutschland von Sinnen: Der irre Kult um Frauen, Homosexuelle und Zuwanderer“, das zu einem Verkaufserfolg wurde. Berühmt wurde seine unfassbare Hassrede im Oktober 2015 bei der Einjahresfeier von Pegida in Dresden:
Pirinçci sprach von einer drohenden „Moslemmüllhalde“, von Politikern, die „Gauleiter gegen das eigene Volk“ seien, nannte Flüchtlinge „Invasoren“. Er ließ sich gar dazu hinreißen, zu sagen: Es gäbe natürlich auch andere Alternativen, mit Deutschen umzugehen, die mit der aktuellen Integrationspolitik nicht einverstanden seien. „Aber die KZs sind ja leider derzeit außer Betrieb.“ (spiegel.de, 20.10.15)
Das Letztere bezog sich ganz direkt auf Walter Lübke, den damaligen Regierungspräsidenten von Hessen, der im Juni 2019 von einem Neonazi erschossen wurde. Zudem bediente Pirinçci eine sexualisierte Gewaltsprache, die ihresgleichen sucht: So bezeichnete er die Grünen als „Kinderfickerpartei“ und fabulierte, dass geflohene Muslime, die er pauschal als Vergewaltiger hinstellte, über Frauen „hergefallen“ seien und „in sie ihren Moslemsaft hineingepumpt“ hätten, usw.
Dieses Ausmaß an offenem Hass hatte nicht nur eine erste Verurteilung zu Strafzahlungen zur Folge, sondern führte dazu, dass sich sogar rechte und rechtsextreme Weggefährten von Pirinçci distanzierten, etwa der Pegida-Gründer Lutz Bachmann. Zudem ging der „Manusciptum“-Verlag auf Distanz und kündigte die Herausgabe weiterer Bücher von ihm auf. Seither muss Pirinçci immer wieder wegen seiner unermüdlichen Hetze, die sich am heftigsten auf seinem Blog bahnbricht, vor Gericht.
Auch bei Österreichs Rechten beliebt
Freilich hat sich nicht die ganze rechtsextreme Szene von dem hasserfüllten Schwurbler verabschiedet. Ab 2016 fand Pirinçci ein neues publizistisches Zuhause in Götz Kubitscheks „Antaios“-Verlag, dem Zentrum des „neurechten“ Neofaschismus, wo auch Martin Sellners Büchlein erscheinen. Seine erste Veröffentlichung dort war sogleich eine Verneigung vor dem zentralen Verschwörungsslogan der Identitären, wie der Titel bereits verspricht: „Umvolkung. Wie die Deutschen still und leise ausgetauscht werden“ (2016). In Österreich wird das Buch etwa im Webshop von „Freilich“, dem FPÖ-nahen Nachfolgemagazins der „Aula“ vertrieben und beworben.
Apropos Österreich: Hierzulande war Pirinçci im Jahr 2014 von der FPÖ Wien zu einer Podiumsdiskussion zum Thema „Political Correctness“ ins Rathaus geladen worden. Pirinçci war zu diesem Zeitpunkt gerade am Höhenflug wegen seines Bucherfolgs und gern gesehener Gast bei rechten Polit-Veranstaltungen. Unter den Diskutierenden waren auch der damalige FPÖ-Chef Strache, außerdem Melanie Schneider, eine AfD-Stadträtin in Zweibrücken (Rheinland-Pfalz). Moderiert hatte der FPÖ-Parlamentarier Hans-Jörg Jenewein. Das FPÖ-nahe Hetz- und Desinformationsvehikels „unzensuriert.at“ besprach die Diskussion anschließend wohlmeinend (1). Pirinçci verstieg sich dort u.a. zu der Aussage: „Gender-Mainstreaming ist ein von irren Lesben in die Welt gefurzter Schwachsinn.“ (wienerzeitung.at, 20.10.15)
Im Jahr 2015 durfte Pirinçci bei der Grazer FPÖ und in Wien bei der deutschnationalen Burschenschaft Teutonia referieren. Er war auch in die „Team Stronach Akademie“ geladen, wo er sein homophobes Buch mit dem idiotischen Titel „Die große Verschwulung“ (2015) präsentieren sollte – das Event wurde aber kurzfristig abgesagt.
Gegen den FPÖ-Parlamentarier Gerhard Deimek war ab Februar 2016 wegen Verhetzung ermittelt worden, weil er über Twitter einen rassistischen Spruch von Pirinçci mitsamt Verlinkung zu dessen Hasstext verbreitet hatte; die Einstellung der Ermittlungen zog damals vehemente Kritik u.a. durch das Mauthausen Komitee Österreich (MKÖ) nach sich. Deimek entging einer Anklage, weil er behauptete, den von ihm explizit empfohlenen Pirinçci-Text selbst nicht gelesen zu haben.
Pirinçci ist zweifellose einer der übelsten rechtsextremen Demagogen im deutschen Sprachraum der Gegenwart – und das mit hohem Bekanntheitsgrad und großer Reichweite. Ob eine Haftstrafe daran etwas ändern kann, bleibt abzuwarten. Die FPÖ hat sich übrigens auch nach dem Bekanntwerden von der oben zitierten Dresdner Hassrede von 2015 keine Distanzierung abringen können.