Lesezeit: 4 Minuten

Neonazi-Aufmärsche in Budapest, Dresden, Sofia

Im Febru­ar haben Neo­na­zis tra­di­tio­nell ein dich­tes Pro­gramm, im heu­ri­gen Jahr muss­ten sie sich auf­grund einer Ter­min­kol­li­si­on zwi­schen Buda­pest mit dem uneh­ren­haf­ten „Tag der Ehre“ und Dres­den, wo all­jähr­lich die Nie­der­la­ge von Nazi-Deut­sch­­land beweint wird, ent­schei­den. Den Abschluss der Neo­na­­zi-Auf­­­mär­­sche bil­det tra­di­tio­nell Sofia, wo der NS-Kol­la­­bo­ra­­teur Hris­to Lukov hoch­ge­hal­ten wird. Öster­rei­cher sind fast immer anzutreffen. […]

21. Feb 2024
Neonazi-Aufmärsche in Budapest, Dresden & Sofia 2024 (v.l.n.r.: Foto 1: Theo Winkler, Foto 2: Screenshot Video "Endstation Rechts", Foto 3: Screenshot Video "democ"
Neonazi-Aufmärsche in Budapest, Dresden & Sofia 2024 (v.l.n.r.: Foto 1: Theo Winkler, Foto 2: Screenshot Video "Endstation Rechts", Foto 3: Screenshot Video "democ"

Buda­pest

Am 11. Febru­ar fan­den sich in Buda­pest beim soge­nann­ten „Tag der Ehre“ meh­re­re Tau­send Neo­na­zis aus halb Euro­pa ein, um des im Febru­ar 1945 geschei­ter­ten Aus­bruch­ver­suchs von NS-Ein­hei­ten aus dem von der Roten Armee ein­ge­kes­sel­ten Buda­pest zu geden­ken. Das beson­de­re Buda­pest-Merk­mal: Vie­le Teil­neh­mer wer­fen sich wie in einem schlech­ten Hol­ly­wood-Film in Mili­tär- und Nazi-Mon­tu­ren – inklu­si­ve ent­spre­chen­der Abzei­chen. Der FPÖ-Gene­ral­se­kre­tär Hafenecker nennt das brau­ne Event einen „Fei­er­tag“.

Wie jedes Jahr ließ die unga­ri­sche Orbán-Regie­rung die Neo­na­zis auch dies­mal gewäh­ren, wie jedes Jahr war auch heu­er eine Abord­nung aus Öster­reich ver­tre­ten, wie jedes Jahr aus dem Umfeld der alten Alpen-Donau-Gar­de. Auf einem Video von „democ“ sind auch Öster­rei­cher zu sehen, die mit einem Ban­ner posie­ren, dar­un­ter die ver­ur­teil­ten Neo­na­zis F.B. und R.P..

➡️ Zwei­tei­li­ge Foto­stre­cke von Theo Wink­ler mit mehr als 1000 Bildern

Dresden

Der anläss­lich der Bom­bar­die­rung Dres­dens durch die Alli­ier­ten als „Trau­er­marsch“ titu­lier­te Neo­na­zi-Auf­lauf fand dies­mal am sel­ben Tag wie Buda­pest statt, was die Zah­len der Teil­neh­men­den dort und da redu­ziert haben dürfte.

Seit mehr als 25 Jah­ren mobi­li­sie­ren Neo­na­zis nach Dres­den, um die Bom­bar­die­rung der Stadt am 13. Febru­ar 1945 in ihrem Sin­ne zu instru­men­ta­li­sie­ren. Zu Spit­zen­zei­ten folg­ten rund 7.000 extre­me Rech­te dem Auf­ruf, in die­sem Jahr waren es schät­zungs­wei­se bis zu 1.000. Ihnen stell­ten sich etwa 5.000 Men­schen ent­ge­gen. (taz.de, 11.2.24)

Der von Öster­reich nach Deutsch­land migrier­te Alex­an­der Don­nin­ger, einer der füh­ren­den Köp­fe der im Sep­tem­ber 2023 ver­bo­te­nen neo­na­zis­ti­schen „Art­ge­mein­schaft“, ver­las ein Gruß­wort, das auch vom Obmann der „Kame­rad­schaft IV“ (K IV) Land Kärn­ten“, Her­mann Eis­ner, unter­zeich­net wur­de. Die „K IV“ ist eine am Ran­de des Neo­na­zis­mus ange­sie­del­te Vete­ra­nen­or­ga­ni­sa­ti­on ehe­ma­li­ger Waf­fen-SS-Sol­da­ten, die nur mehr in Bruch­stü­cken exis­tiert. Zuletzt ist sie auf­ge­fal­len, weil beim Begräb­nis des SS-Vete­ra­nen Bell­schan-Mil­den­burg ein Kranz mit einer Schlei­fe und dem Text „Sei­ne Ehre hieß Treue“ abge­legt wor­den war. Ermitt­lun­gen der Staats­an­walt­schaft Kla­gen­furt wegen des Ver­dachts auf Wie­der­be­tä­ti­gung wur­den auf­grund eines „Ver­bots­irr­tums“ ein­ge­stellt.

Sofia

Den Schluss­punkt der brau­nen Ral­lye bil­de­te am 17.2. der Auf­marsch in Sofia, wo eini­ge Hun­dert Neo­na­zis hin­pil­ger­ten, um dem bul­ga­ri­schen Gene­ral und Kriegs­mi­nis­ter Hris­to Lukov zu hul­di­gen. Lukov war wesent­lich mit­ver­ant­wort­lich für anti­se­mi­ti­sche Geset­ze und Pogro­me gegen die jüdi­sche Bevöl­ke­rung und kol­la­bo­rier­te mit den Nazis bei der Depor­ta­ti­on von über zehn­tau­send Juden und Jüdin­nen ins Ver­nich­tungs­la­ger Treb­linka. Er wur­de am 13. Febru­ar von einer bul­ga­ri­schen Par­ti­sa­nin Vio­le­ta Yako­va vor sei­nem Haus in Sofia erschossen.

Von 2003 bis 2019 wur­de zu Lukovs Ehren der „Lukov-Marsch“ orga­ni­siert. Seit dem Ver­bot 2019 tref­fen sich bul­ga­ri­sche und aus dem Aus­land stam­men­de Neo­na­zis den­noch zu diver­sen Ver­an­stal­tun­gen. Im Gegen­satz zum letz­ten Jahr, wo Neo­na­zis aus dem Küs­sel-Umfeld Öster­reich gesich­tet wur­den, gibt es für as heu­ri­ge Jahr kei­ne Bele­ge für eine öster­rei­chi­sche Beteiligung.

➡️ Foto­stre­cke des „Pres­se­ser­vice Wien”

Neonazi-Aufmärsche in Budapest, Dresden & Sofia 2024 (v.l.n.r.: Foto 1: Theo Winkler, Foto 2: Screenshot Video "Endstation Rechts", Foto 3: Screenshot Video "democ"
Neo­na­zi-Auf­mär­sche in Buda­pest, Dres­den & Sofia 2024 (v.l.n.r.: Foto 1: Theo Wink­ler, Foto 2: Screen­shot Video „End­sta­ti­on Rechts”, Foto 3: Screen­shot Video „democ”

Gegenproteste

In allen drei Städ­ten fin­den tra­di­tio­nell auch Gegen­pro­tes­te statt, die mäch­tigs­ten immer in Dres­den. Als die dor­ti­gen Neo­na­zi-Auf­mär­sche ihre Blü­te­zeit hat­ten, for­mier­te sich so viel Wider­stand, dass der Auf­marsch 2010 weit­ge­hend blo­ckiert wur­de. Tau­sen­de Neo­na­zis konn­ten das Gelän­de des Dresd­ner Bahn­hofs Neu­stadt über meh­re­re Stun­den nicht ver­las­sen. Vor dem Bahn­hof skan­dier­te Björn Höcke, wie erst 2017 durch Video­auf­nah­men auf­ge­deckt wur­de. In der Bahn­hofs­hal­le ist ein ande­rer mit­ten im fest­ge­setz­ten Pulk zu sehen: Mar­tin Sellner.

Sellner mit Tausenden Neonazis festgesetzt am Bahnhof Neustadt in Dresden (13.2.10)
Sell­ner mit Tau­sen­den Neo­na­zis fest­ge­setzt am Bahn­hof Neu­stadt in Dres­den (13.2.10)