Walser: Verfahrenseinstellung gegen FPÖ-Deimek wegen Verhetzung nicht nachvollziehbar — Grüne bringen parlamentarische Anfrage an Justizminister ein
Wien (OTS) — „Ich kann nur den Kopf schütteln über die Einstellung des Verfahrens gegen FPÖ-Deimek wegen Verhetzung“, zeigt sich der Grüne Nationalratsabgeordnete Harald Walser verwundert über die Staatsanwaltschaft Steyr. Diese hatte argumentiert, es sei nicht erwiesen, dass Deimek einen Hassartikel über „dauergeile Barbaren“ zur Gänze gelesen habe, und das Verfahren „im Zweifel“ eingestellt. „Wenn ein Nationalratsabgeordneter einen Artikel öffentlich zur Lektüre empfiehlt, geht jeder vernünftige Mensch davon aus, dass er ihn auch gelesen hat. Die Begründung der Staatsanwaltschaft ist abenteuerlich.“
Walser stellt daher eine parlamentarische Anfrage an den Justizminister und möchte von diesem insbesondere wissen, welche konkreten Umstände trotz dieser ausdrücklichen Leseaufforderung daran zweifeln lassen, dass der Beschuldigte selbst den Artikel gelesen hat: „Der Minister sollte auch beantworten, warum die Staatsanwaltschaft die Beweisfragen nicht im Rahmen der Hauptverhandlung von einem unabhängigen Gericht klären lassen wollte.“
Schließlich verweisen die Grünen auch auf den neu eingeführten § 283 Abs. 4 StGB: „Er wurde auch deshalb eingeführt, weil zuvor die Vorsatzfragen im Zusammenhang mit dem Verhetzungstatbestand vielfach Probleme bereitet haben“, sagt Walser und weiter: „Mit der neuen Bestimmung wurde daher speziell die gutheißende Weiterverbreitung verhetzenden Materials unter Strafe gestellt. Wie sich jetzt herausstellt, steht die Justiz mit der vorliegenden Interpretation dieses Paragraphen neuerlich vor einer nahezu unlösbaren Beweisfrage. Ein Beschuldigter muss nur bestreiten, die von ihm verbreiteten, verhetzenden Texte gelesen zu haben. Wenn das wirklich so sein sollte, braucht es eine neuerliche Reform des Verhetzungsparagraphen.“ (Quelle: OTS/APA)
MKÖ protestiert bei Justizminister Brandstetter: „Zwei-Klassen-Justiz bei Gaskammerleugnung und rassistischer Hetze” — Unzurechnungsfähigkeitsvermutung für FPÖ-Abgeordnete?
Wien (OTS) — Erst Ende November haben VertreterInnen des Mauthausen Komitees Österreich (MKÖ) mit Justizminister Wolfgang Brandstetter den Fall des Welser Rechtsanwalts diskutiert, der vor Gericht die Vergasungen im Konzentrationslager Mauthausen geleugnet hatte. Das Strafverfahren gegen den Rechtsanwalt wurde durch den Weisungsrat beendet. Diese Entscheidung war und ist für das Mauthausen Komitee nicht nachvollziehbar. „Ein Durchschnittsbürger ohne gute Beziehungen wäre jedenfalls nicht auf solche Weise der Strafverfolgung entzogen worden“, sagt MKÖ-Vorsitzender Willi Mernyi.
Nun protestiert das Mauthausen Komitee beim Justizminister wegen eines ähnlichen Falls: Der Nationalratsabgeordnete Gerhard Deimek (FPÖ) hatte einen rassistischen Text, in dem u.a. von „dauergeilen Barbaren“ die Rede ist, mit einem zustimmenden Kommentar via Twitter verbreitet. Deshalb setzte die Staatsanwaltschaft Steyr die Aufhebung seiner Immunität durch und ermittelte gegen ihn wegen Verhetzung. Doch kürzlich wurde das Strafverfahren nach langem Hin und Her zwischen Staatsanwaltschaft, Oberstaatsanwaltschaft und Ministerium „im Zweifel“ eingestellt. Fadenscheinige Begründung: Man habe nicht nachweisen können, dass der blaue Abgeordnete den gesamten von ihm zustimmend kommentierten und verbreiteten Text vorher gelesen habe! „Bedeutet das, dass für FPÖ-Politiker nicht nur die Unschulds‑, sondern auch die Unzurechnungsfähigkeitsvermutung gilt?“, will Mernyi von Brandstetter wissen.
Bei einem Durchschnittsbürger würde die Justiz selbstverständlich davon ausgehen, dass er nur dann einen Text positiv bewertet und an viele Leute weiterschickt, wenn er ihn vorher sinnerfassend gelesen hat. Bei einem FPÖ-Abgeordneten muss das offenbar gesondert bewiesen werden. Allerdings lässt sich ein derartiger Beweis kaum führen:
Dafür müsste ein glaubwürdiger Zeuge nicht nur den Lesevorgang, sondern auch eine danach erfolgte zutreffende Wiedergabe des Textsinns bestätigen können. Diese Anforderung ist mehr als unrealistisch. „Die Verrenkung wirkt so, als sei zuerst das Ergebnis Verfahrenseinstellung festgestanden und dann krampfhaft nach einer Begründung gesucht worden“, betont Mernyi. „Da fragt man sich schon, was hinter den Kulissen an Interventionen stattgefunden hat.“Das Mauthausen Komitees Österreich (MKÖ), das das Vermächtnis der KZ-Überlebenden weiterträgt, lehnt eine Zwei-Klassen-Justiz, wie sie hier in Fällen von Gaskammerleugnung und rassistischer Hetze praktiziert wurde, auf das Schärfste ab. Solche eklatanten Fehlleistungen sind geeignet, die Glaubwürdigkeit und Akzeptanz der Strafrechtspflege nachhaltig zu schädigen.
„Wir richten an Bundesminister Brandstetter den dringenden Appell, alles zu tun, damit es zu keinen gleichheitswidrigen Bevorzugungen mehr kommt!“, schließt der MKÖ-Vorsitzende. (Quelle: OTS/APA)
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