FPÖ Graz: Bewährungsteam mit identitärem Profil

Für die APA war es zunächst nur eine Rou­tinemel­dung. Die FPÖ Graz hat am 14.12.2016, ihre Kan­di­datIn­nen­liste für die Gemein­der­atswahl am 5. Feb­ru­ar präsen­tiert. Mario Eustac­chio, der Lis­ten-Erste wird mit dem Aller­weltsspruch zitiert, er set­ze auf ein „bewährtes Team“. Das kön­nte ein Druck- oder Hör­fehler gewe­sen sein, denn tat­säch­lich han­delt es sich eher um ein „bewehrtes Team“ oder um ein „Bewährung­steam“ – mit deut­lich iden­titärem Profil.

Dem Klubob­mann der FPÖ im Graz­er Gemein­der­at, Armin Sip­pel, blieb es vor­be­hal­ten, bei der Vorstel­lung darauf hinzuweisen, dass bei den weit­eren Kan­di­dat­en nicht der Pro­mi-Fak­tor, son­dern Qual­i­fika­tion den Auss­chlag gegeben habe. Diese Qual­i­fika­tion war bei eini­gen Kan­di­dat­en offen­sichtlich sehr ein­schlägig. Das begin­nt schon beim Spitzenkan­di­dat­en, Stad­trat Mario Eustacchio.

Im let­zten Gemein­der­atswahlkampf 2012 hat­te ihm die ÖVP in einem offe­nen Brief listig die Fra­gen gestellt, ob er in sein­er Jugend gewalt­tätig gewe­sen sei und ob er recht­sex­treme Kon­tak­te habe. Die gewalt­tätige Ver­gan­gen­heit leugnete Mario Eustac­chio nicht, son­dern gab zu, „dass es vor 32 Jahren eine Vorstrafe wegen Kör­per­ver­let­zung gegeben hat“ (Kro­ne Stmk, 16.11.2012). Außer­dem, so Eustac­chio, habe jed­er eine zweite Chance ver­di­ent. Da hat er zweifel­los Recht, allerd­ings sollte man sie nutzen!

Bei der Frage nach sein­er recht­sex­tremen Gegen­wart tat sich Eustac­chio schon etwas schw­er­er. Im Jahr zuvor hat­ten ihn die Alpen-Mur-Neon­azis in einem der let­zten Beiträge vor dem Abster­ben von alpen-donau.info als Fes­tred­ner der Son­nwend­feier 2011 des Wiener Kor­po­ra­tionsringes (WKR) am Koben­zl ankündi­gen dür­fen. Wir schrieben damals: „Auf­fäl­lig ist, dass dies­mal jedes kri­tis­che Wort in Rich­tung FPÖ bzw. zu Eustac­chio fehlt: Er wird so wie der WKR und die ÖLM für den Auf­bau des Deutschen Reich­es vereinnahmt.“

Wirk­lich entsch­ieden hat sich Eustac­chio, Alter Herr der deutschvölkischen Burschen­schaft Stiria, nicht gegen die Umar­mung gewehrt. Wie denn auch? Auf Face­book war er damals mit hefti­gen Typen befre­un­det – auch solchen aus dem Umfeld von alpen-donau.info, und im Novem­ber 2015 demon­stri­erte er gemein­sam mit Iden­titären und Neon­azis in Spielfeld gegen Flüchtlinge.

Zeit für eine Über­leitung zu Armin Sip­pel, dem Klubob­mann der FPÖ im Gemein­der­at. Was ihn mit Eustac­chio verbindet, ist das Deutsch-Völkische, das Sip­pel zeitweise auch ganz offen demon­stri­ert, indem er sein FB-Pro­fil mit der deutschen Fahne schmück­te. Während Eustac­chio bei der Stiria kor­pori­ert ist, ist Sip­pels Verbindung die Marko-Ger­ma­nia Graz. Dort sind auch einige andere schwere Kaliber zuhause, die noch vor weni­gen Jahren Neon­azis waren, jet­zt aber iden­titär glänzen möchten.

Sippel zeigt seine deutsch-völkische Einstellung etwa indem er sein FB-Profil mit der deutschen Fahne schmückte

Sip­pel zeigt seine deutsch-völkische Ein­stel­lung, indem er sein FB-Pro­fil mit der deutschen Fahne schmückte

Als 2009 der „Fal­ter“ darüber berichtete, dass ein gewiss­er Armin Sip­pel beim neon­azis­tis­chen „Aufruhr“-Ver­sand eine Bestel­lung getätigt hat­te, ein T‑Shirt mit dem Auf­druck „Nation­al­ist“ und „Ehre – Frei­heit – Vater­land“ und ein schick­es Polo-Shirt mit dem Auf­druck „Ger­ma­nia“ und der „88“ am Kra­gen, demen­tierte Sip­pel heftig – er sei das nicht gewesen.

2004 bestellte ein Armin Sippel beim rechten Aufruhr-Versand, wie ein Leak belegt. In einer Presseaussendung aus 2009 bestreitet, ein offenbar ganz anderer, Armin Sippel, dies vehement.

2004 bestellte ein Armin Sip­pel beim recht­en Aufruhr-Ver­sand, wie ein Leak belegt. In ein­er Presseaussendung aus 2009 bestre­it­et, ein offen­bar ganz ander­er, Armin Sip­pel, dies vehement.

Ungün­stig war, dass aus­gerech­net sein Leit­wolf Richard Pfin­gstl, beken­nen­der alpen-donau.info-Mann, für Sip­pel in die Tas­ten griff und im Namen des RFJ Graz ein Mail an APA und Kleine Zeitung ver­schick­te, in dem er über „Feind­mächte“ und „Dro­gen­neger“ wet­terte und dem Fal­ter, der sich „auf­grund sein­er eth­nis­chen Zusam­menset­zung gar nicht mit den echt­en Öster­re­ich­ern iden­ti­fizieren“ könne, eine „Nasen- und Anuskon­trolle“ emp­fahl (Fal­ter Nr. 6/2009). Pfin­gstl hat diese ange­blich nicht abge­sproch­ene Aussendung die RFJ-Mit­glied­schaft gekostet, Sip­pel wurde von Eustac­chio in Schutz genommen.

Rechts von ihm ist nur noch der Abgrund“, zitiert die Kleine Zeitung (15.3.2008) einen FPÖ-Funk­tionär zu Sip­pel, der damals auch Mit­glied in der Gruppe „Deutsch-Öster­re­ich, du her­rlich­es Land!“ im stu­den­tis­chen Net­zw­erk „Stu­di­VZ“ war. Und weit­er hieß es damals:

„Sip­pel ist noch in weit­eren Grup­pen auf stu­di­VZ aktiv, die seine Ein­stel­lung gegenüber Deutschen und Frauen wider­spiegeln: „Frauen an die Macht! Macht Essen, macht Kaf­fee, macht sauber”; „Deutsche Frauen, deutsches Bier, Schwarz-Rot-Gold, ich steh zu dir!”; „Scheiße, dass man Bier nicht fick­en kann.”

Identitäre Kader die in die Freundesliste des Armin Sippel aka Arminius Sip auf Facebook reingerutscht sind.

Iden­titäre Kad­er die in die Fre­un­desliste des Armin Sip­pel aka Arminius Sip auf Face­book reingerutscht sind.

Natür­lich hat Armin Sip­pel dafür auch eine Erk­lärung. Ver­mut­lich auch für seine aktuelle FB-Fre­un­desliste, in der als Perlen etliche Iden­titäre und auch einige Neon­azis ver­steckt sind. Wir tip­pen auf „durchgerutscht“!

Bei Hein­rich Sickl, einem weit­eren Kan­di­dat­en der FPÖ Graz ist es schon schwieriger mit dem „durchgerutscht“. Der Recherche Graz und anderen Quellen ver­danken wir die Erken­nt­nis, dass Hein­rich Sickl seinen ersten Aus­rutsch­er schon länger hin­ter sich hat. In den 1990er-Jahren war er Mit­glied bei der neon­azis­tis­chen Nation­al­is­tis­che Front. Natür­lich ist auch der Sohn der Kurzzeit-FPÖ-Sozialmin­is­terin Elis­a­beth Sickl ein „bewehrter“ Burschen­schafter (Tig­u­ri­na Feld­kirchen, Arminia Graz) und ein enger, ja dur­chaus sehr sehr enger Fre­und viel­er Iden­titär­er, denen er in Graz für das „Iden­titäre Zen­trum“ Räum­lichkeit­en ver­mi­etet hat.

Man kön­nte deshalb der Ansicht sein, dass auch Sickl seine zweite Chance bere­its ver­spielt hat, aber es gibt im Bewährung­steam der FPÖ noch andere Kan­di­dat­en für die zweite Chance: etwa Michael Win­ter, den Sohn der mit­tler­weile aus der FPÖ aus­geschlosse­nen Man­datarin Susanne Win­ter. Die war bis 2008 Spitzen­funk­tionärin der Graz­er FPÖ, musste die Stafette aber wegen het­zerisch­er Äußerun­gen, für die sie auch verurteilt wurde, an Mario Eustac­chio übergeben. Ihr Sohn Michael war zuvor schon wegen Ver­het­zung zu drei Monat­en bed­ingt verurteilt wor­den. Mut­ter und Sohn Win­ter wur­den damals eben­falls von Mario Eustac­chio in Schutz genom­men: „Er würde die Winter´schen Aus­sagen zwar ‚anders for­mulieren’, inhaltlich gehe er aber kon­form.“ (Fal­ter 25/2011)

Was wirk­lich und erschreck­end auf­fäl­lig ist an der Kan­di­datIn­nen­liste der FPÖ Graz, ist nicht der hohe Anteil an „bewehrten“ Waf­fen­stu­den­ten oder Men­schen mit der zweit­en Chance, son­dern die hohe Zahl von Kan­di­datIn­nen, die mit den Iden­titären zumin­d­est auf Face­book gute Kon­tak­te pflegen.

Da kann Nor­bert Hofer noch so oft beto­nen, dass er mit den Iden­titären nichts zu tun haben will („Ich habe keine Freude mit den Iden­titären und kann mit ihnen auch nichts anfan­gen. Ich will mit dieser Gruppe nichts zu tun haben”, Kuri­er 5.5.2016), die FPÖ Graz ist ganz dick ver­ban­delt mit den recht­sex­tremen Iden­titären. Einzelne Kan­di­datIn­nen sind es aber auch mit anderen Recht­sex­tremen. Der mil­i­tante Iden­titäre Luca Kerbl, der bis vor kurzem noch FPÖ-Funk­tionär war, wurde zwar sein­er Funk­tio­nen in der FPÖ enthoben, erfreut sich aber – so wie andere iden­titäre Kad­er – großer Beliebtheit bei den Graz­er FPÖ-Kan­di­datIn­nen: Clau­dia Schön­bach­er, Berno Mogel, Jas­min Hans, sie alle haben etliche Iden­titäre und andere Recht­sex­treme auf ihrer Freundschaftsliste.

Soviel ist sich­er: Die FPÖ Graz hat ein stark iden­titäres bzw. recht­sex­tremes Profil.

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