Rückblick KW 20/23 (I): Messerzücken & blaue Schlägerei

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Lang­wei­lig wird es beim Moni­to­ring der rechts­extre­men Sze­ne schon lan­ge nicht mehr. Dies­mal ist aber eini­ges an Action dabei: zwei Ossia­cher FPÖ-Poli­ti­ker, die sich geprü­gelt haben und nun ble­chen müs­sen und der Ter­nit­zer Ex-Wirt und Küs­sel-Freund, der bei einem Ver­haf­tungs­ver­such mit einem Küchen­mes­ser her­um­fuch­tel­te. Kei­ne Action gibt’s in Nie­der­ös­ter­reich, dafür wird aber gemau­ert: Die schwarz-blaue Koali­ti­on wird die Auf­he­bung der Immu­ni­tät des noto­risch auf­fäl­li­gen FPÖ-Poli­ti­kers Wald­häusl verhindern.

Bleiburg-Pliberk/K: Kroatischer Politiker platziert verbotenes Ustaša-Wappen
Villach/K: Brauner Vandalismus gegen Grünes Parteilokal
FPÖ/RJF Kärnten: Schlägerei unter Blauen und Verhetzung
NÖ: Landtag lehnt Waldhäusl-Auslieferung mit ÖVP-FPÖ-Stimmen ab
Neunkirchen-Ternitz/NÖ: Monika Donner im Spital und Messerzücken in Ternitz

Bleiburg-Pliberk/K: Kroatischer Politiker platziert verbotenes Ustaša-Wappen

Der all­jähr­li­che faschis­ti­sche Auf­marsch am Loi­ba­cher Feld in Bleiburg/Pliberk ist zwar nach einem Ver­bot tot, was den kroa­ti­schen rechts­extre­men Poli­ti­ker Stipp Mli­na­rić aller­dings nicht dar­an gehin­dert hat­te, das mitt­ler­wei­le durch das Sym­bo­le-Gesetz eben­falls ver­bo­te­ne Ustaša-Wap­pen auf dem Gedenk­stein am Loi­ba­cher Feld anzubringen.

Von dem Gedenk­stein dürf­te es inzwi­schen wie­der ent­fernt wor­den sein. Das Lan­des­amt für Ver­fas­sungs­schutz und Ter­ro­ris­mus­be­kämp­fung wur­de nun informiert. (…)
Von Frei­tag bis Sonn­tag stell­te die Poli­zei sechs Ker­zen mit ver­bo­te­nen Sym­bo­len sicher. Wer sie dort plat­ziert hat­te, ist unklar. Das Bezirks­po­li­zei­kom­man­do Völ­ker­markt ermit­telt. 
(kaernten.orf.at, 15.5.23)

Villach/K: Brauner Vandalismus gegen Grünes Parteilokal

Anfang letz­ter Woche wur­de das Par­tei­lo­kal der Grü­nen Vil­lach mit Zet­teln beklebt, auf denen Haken­kreu­ze und „Heil Hit­ler“ geschmiert waren. Auf Face­book schrieb die Partei:

Der Van­da­len­akt ist bereits zur Anzei­ge gebracht wor­den. Gemein­de­rä­tin Karin Her­kner dazu: „Aktio­nen die­ser Form wer­te ich als Zei­chen poli­ti­scher Unkul­tur. Ange­sichts der Ent­wick­lung ent­spre­chen­der Vor­fäl­le und Ten­den­zen müs­sen wir gegen jede Form des Rechts­extre­mis­mus und der Ver­herr­li­chung des NS-Regimes vor­ge­hen, um dem letzt­end­lich auch den Boden zu entziehen.“

Auch die ande­ren Par­tei­en im Vil­la­cher Gemein­de­rat ver­ur­teil­ten den Vandalismusakt.

„Die­ser Akt der Wie­der­be­tä­ti­gung ist wider­wär­tig und wird von uns aus Schärfs­te ver­ur­teilt. Dass er sich zeit­lich um den 8. Mai, also den Tag des Endes des Zwei­ten Welt­krie­ges zuge­tra­gen hat, macht den Vor­fall noch schlim­mer“, zeigt sich Bür­ger­meis­ter Gün­ther Albel im Namen der Stadt­re­gie­rung betrof­fen. (meinbezirk.at, 17.5.23)

FPÖ/RJF Kärnten: Schlägerei unter Blauen und Verhetzung

Phil­ipp Kam­nig, stell­ver­tre­ten­der Bür­ger­meis­ter von Ossi­ach und gleich­zei­tig Obmann des RFJ Kärn­ten, hat(te) gleich auf zwei juris­ti­schen Fron­ten zu kämp­fen: Die eine, nach einer kör­per­li­chen Aus­ein­an­der­set­zung mit dem Bür­ger­meis­ter Ger­not Prinz – eben­falls FPÖ – wur­de nun mit einer Diver­si­on zu Ende gebracht. der Sohn eines ÖVP-Poli­ti­kers hat­te absicht­lich oder unab­sicht­lich nach einem feucht­fröh­li­chen Fest auf das Bür­ger­meis­ter-Auto uri­niert, wor­auf Prinz und Kam­nig ihre Fäus­te aus­pack­ten und dem ÖVP-Sohn einen Trom­mel­fell­riss zufügte.

Bei­de Poli­ti­ker über­nah­men kürz­lich für die Tat die Ver­ant­wor­tung, wes­halb eine Ankla­ge aus­blieb und eine Diver­si­on mög­lich wur­de. „Die­se wur­de ange­nom­men. Prinz zahlt eine Geld­bu­ße von 5650 Euro, Kam­nig 2930 Euro”, teilt Staats­an­walt­schafts­spre­cher Mar­kus Kitz mit. Damit ist die Sache für die bei­den FPÖ-Poli­ti­ker erle­digt. (kleinezeitung.at, 16.5.23)

Der Kärnt­ner FPÖ-Obmann Ange­rer hüllt sich der­wei­len in Schwei­gen, obwohl er bei Bekannt­wer­den der Schlä­ge­rei noch ange­kün­digt hat­te, die Ermitt­lun­gen abwar­ten zu wol­len. „Wenn es not­wen­dig ist, wird es Kon­se­quen­zen geben.“ (kleinezeitung.at, 17.5.23) Nun will er kei­ne Stel­lung­nah­me abgeben.

Kam­nig ist aber auch in sei­ner zwei­ten Funk­ti­on als Kärnt­ner RFJ-Chef im Visier der Staats­an­walt­schaft. Aus­ge­rech­net am Welt­flücht­lings­tag 2021 hat­te der RFJ gepos­tet: 

„Ein guter Draht zu Flücht­lin­gen ist uns wich­tig.“ Dahin­ter waren ein Zaun und ein Sta­chel­draht zu sehen.(…) Ermit­telt wur­de bis­her gegen unbe­kann­te Täter. Nun wur­den die Ermitt­lun­gen wegen Ver­het­zung per­so­na­li­siert und kon­zen­trie­ren sich auf Kamnig.
Eben­so wer­den zwei wei­te­re, nament­lich bekann­te RFJ-Mit­glie­der als Beschul­dig­te geführt. Behör­den­spre­cher Mar­kus Kitz bestä­tig­te dies dem KURIER.“
(kurier.at, 17.5.23)

Kam­nig selbst gibt an, mit dem Pos­ting nichts zu tun zu haben. Im Febru­ar 2023 war der Kärnt­ner FPÖ-Nach­wuchs auf­ge­fal­len, weil er gegen eine her­bei­fan­ta­sier­te „Slo­we­ni­sie­rung Kärn­tens“ polemisierte.

NÖ: Landtag lehnt Waldhäusl-Auslieferung mit ÖVP-FPÖ-Stimmen ab

Der vom Lan­des­rat zum Zwei­ten Land­tags­prä­si­dent gewähl­te FPÖ-Poli­ti­ker Gott­fried Wald­häusl war wegen des Ver­dachts auf Ver­het­zung ange­zeigt wor­den. 

Ein­ge­bracht wor­den war die nun­meh­ri­ge Anzei­ge von SOS Mit­mensch. Wald­häusl war am 2. Febru­ar noch als Asyl-Lan­des­rat Gast in einer Aus­ga­be von „Fell­ner! Live” bei oe24.tv. Der FPÖ-Poli­ti­ker soll Syrer und Afgha­nen in der Sen­dung in gene­ra­li­sie­ren­der Wei­se als Gewalt­tä­ter hin­ge­stellt haben, so der Tenor. Es gehe um Aus­sa­gen wie: „Sie sind nicht bereit, unse­re Wer­te, unse­re Kul­tur und unse­re Reli­gi­on zu akzep­tie­ren, und wenn jemand nicht bereit ist, hier das zu akzep­tie­ren, dann hat er bei uns nichts ver­lo­ren. Und noch ein­mal. Wenn die tat­säch­lich auf der Flucht sind, war­um schmeißt man dann den Pass weg, alle Unter­la­gen, nur das Mes­ser nicht. Das Mes­ser wird nie weg­ge­schmis­sen.“ (APA via derstandard.at, 17.5.23)

Fast schon als iro­nisch könn­te Wald­häusls Reak­ti­on inter­pre­tiert wer­den: „Ich habe nichts ande­res erwar­tet. Die Staats­an­walt­schaft hält auch fest, dass die Aus­sa­gen in mei­ner Funk­ti­on als Poli­ti­ker zu sehen sind. Also auch kei­ne Aus­lie­fe­rung.“ (Kro­nen Zei­tung, 19.5.23 S. 2) Dass die Koali­ti­on sei­ner Par­tei mit der ÖVP gegen eine Aus­lie­fe­rung stim­men wür­de, kann Wald­häusl tat­säch­lich erwar­tet haben. Dass die Staats­an­walt­schaft ein Aus­lie­fe­rungs­be­geh­ren stellt, aber Wald­häusl gleich­zei­tig aus­ge­rech­net von die­ser Sei­te Ent­las­ten­des sieht, obwohl die behör­de offen­bar einen Anfangs­ver­dacht fest­ge­stellt hat­te, fällt unter die Kate­go­rie „die beson­de­ren Wahr­neh­mun­gen des Herrn Waldhäusl“.

Neunkirchen-Ternitz/NÖ: Monika Donner im Spital und Messerzücken in Ternitz

Nein, die ehe­ma­li­ge Beam­tin des Ver­tei­di­gungs­mi­nis­te­ri­ums Moni­ka Don­ner ist nicht als Pati­en­tin im Neun­kirch­ner Kran­ken­haus gelan­det – dort­hin wür­de sie viel­leicht gar nicht gehen, nach­dem sie hin­ter allem gro­ße Ver­schwö­run­gen wit­tert. Die rechts­extre­me Don­ner ist Star eines inno­va­ti­ven Kino­do­ku­men­tar­films, wie die NÖN (16.5.23) das Film­pro­jekt, in dem Don­ner die Haupt­rol­le besetzt, bezeich­net. Was dar­an inno­va­tiv sein soll, geht aus dem Arti­kel nicht her­vor, aber dafür, dass der Film, bei dem auch der eben­falls ins Ver­schwö­rungs­ideo­lo­gi­sche abge­rutsch­te Kaba­ret­tist Roland Dürin­ger eine Rol­le spie­len darf, mit öffent­li­chen Mit­teln geför­dert wird und dass der kauf­män­ni­sche Direk­tor des Kran­ken­hau­ses „stolz [ist], die Kul­tur­sze­ne damit unter­stüt­zen zu kön­nen“ (NÖN).

Trotz des Starts ihrer Film­kar­rie­re fin­det Don­ner Zeit, in den Räum­lich­kei­ten des ehe­ma­li­gen Lokals „Siga Siga“ in Ter­nitz um 35 Euro Ein­tritts­geld über „die Kri­se als Chan­ce” zu erzäh­len und wie das eige­ne Poten­zi­al genützt wer­den kann. Der Don­ner-Abend könn­te Geld in die Kas­sa des Wir­tes spü­len, der in der letz­ten Woche aller­dings einen Don­ner-Schlag der ande­ren Art erleb­te: Er bekam wie­der ein­mal Besuch von der Poli­zei, die ihn dies­mal ver­haf­ten woll­te, nach­dem der Ex-Wirt sei­ne Ersatz­frei­heits­stra­fe wegen Nicht­be­zah­lung einer Stra­fe nicht ange­tre­ten hat­te. Ioan­nis P. dreh­te dabei sei­nen eige­nen Film mit der Han­dy­ka­me­ra, fuch­tel­te mit einem Küchen­mes­ser her­um und rief: „Erschießt mich!“

Ganz lücken­los ist die fil­mi­sche Doku­men­ta­ti­on die­ses hys­te­ri­schen Auf­tritts, der von Schimpf­ti­ra­den des Ex-Wir­tes beglei­tet war, lei­der nicht. Das vor­läu­fi­ge Ende war jeden­falls, dass die Poli­zei wie­der abge­zo­gen ist, wohl, weil P. das Geld in bar raus­ge­rückt hat.

Spä­tes­tens am 2. Juni wird mit dem nächs­ten film­rei­fen Auf­tritt von P. zu rech­nen sein. Da wird er sich am Lan­des­ge­richt Wie­ner Neu­stadt wegen aller­lei Delik­te – dar­un­ter nach dem Ver­bots­ge­setz – ver­ant­wor­ten müs­sen. Er und sei­ne Entou­ra­ge rufen bereits seit Wochen dazu auf, zu dem Ter­min ins Lan­des­ge­richt zu kom­men. Mit Wir­bel ist also zu rechnen.