Braune Front im Burgenland?

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Neo­na­zis und Rechts­extre­me haben seit Anfang 2020 wich­ti­ge Schalt­stel­len inner­halb der Coro­na-Maß­nah­men-Bewe­gung über­nom­men, von Beginn an die wich­tigs­ten Demos orga­ni­siert, Red­ner gestellt, brau­ne Ideo­lo­gie­frag­men­te ein­ge­speist und ziel­stre­big auf Stra­ßen­kampf und Bür­ger­krieg hin­ge­ar­bei­tet. Dane­ben arbei­ten sie auch an der Stär­kung ihrer eige­nen Struk­tu­ren. Vor allem im Bur­gen­land tut sich da gera­de etwas.

Bei vie­len Coro­na- Demos in Wien war es deut­lich sicht­bar: das Trans­pa­rent mit der bur­gen­län­di­schen Flag­ge. Dahin­ter ver­sam­mel­ten sich die Aktivist:innen der „Coro­na-Quer­front“, also jener men­gen­mä­ßig nicht sehr bedeut­sa­men Trup­pe von Neo­na­zis und sons­ti­gen Rechts­extre­men um Gott­fried Küs­sel. Bei eini­gen die­ser Demos kamen sie sicht­bar aus dem Bur­gen­land ange­reist. Aus dem Bur­gen­land? Was machen Küs­sel & Co im Bur­gen­land – und war­um mar­schie­ren sie hin­ter der bur­gen­län­di­schen Flag­ge? Fra­gen wie die­se wur­den jetzt beant­wor­tet. Die aus­ge­zeich­ne­te Recher­che von „Öster­reich Rechts­au­ßen“ (ÖRA) zur Coro­na-Quer­front ist schon vor über einem Monat online gegan­gen – da waren wir gera­de auf Pause.

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Detail­reich wird in dem Bei­trag „Coro­na Quer­front“ – Die neo­na­zis­ti­schen Netzwerker*innen der Coro­na-Demons­tra­tio­nen“ nach­ge­wie­sen, wie seit Anfang 2020 eine Grup­pe von Neo­na­zis ihren Ein­fluss auf die Coro­na- Maß­nah­men­be­we­gung sys­te­ma­tisch aus­wei­tet – erkenn­bar in Wien, aber vor allem dort, wo man zunächst kaum hin­schaut – im Bur­gen­land. Es sind vor­wie­gend Neo­na­zis, die schon sehr lan­ge im Geschäft sind, die schon etli­che Häu­tun­gen hin­ter sich haben – von Akti­on Neue Rech­te, VAPO über Alpen-Donau bis hin zu Unwi­der­steh­lich, um nur eini­ge der klas­si­schen Neo­na­zi-Orga­ni­sa­tio­nen der letz­ten Jahr­zehn­te zu nen­nen. Die Recher­che belegt eben­falls, dass es rund um die „Coro­na-Quer­front“ auch kei­ne Berüh­rungs­ängs­te gibt. Bur­schen­schaf­ter sind eben­so dabei wie Rest­be­stän­de von Akti­ven der neo­na­zis­ti­schen „Par­tei des Vol­kes“, der „Frei­heit­li­chen Hei­mat­be­we­gung“ (FHB), Nazi-Hoo­li­gans, rech­te Biker. Ja, und auch Iden­ti­tä­re, die zwar ger­ne Neo­na­zis als Ord­ner beschäf­ti­gen, auf ihre vor­geb­li­che Abgren­zung zu den Neo­na­zis aber bei Wotan schwö­ren wür­den, tum­meln sich unter und mit den Querfrontlern.

Apro­pos: Es wäre schon mal ein eige­nes Kapi­tel wert, die hier­ar­chi­sche Bezie­hung Rechts­extre­mer zu ihren Ord­nern zu reflek­tie­ren. Die Iden­ti­tä­ren benut­zen die Neo­na­zis als ihre Stie­fel­trup­pen, wäh­rend die Neo­na­zis auf einen „obsku­ren Teil der ost­ös­ter­rei­chi­schen Coro­na-Rech­ten“ (ÖRA) zurück­grei­fen müs­sen, die „St. Georgs-Bru­der­schaft“: „Ihres Zei­chens nach han­delt es sich bei SGB um eine Orga­ni­sa­ti­on, die für zwei­er­lei Auf­ga­ben zustän­dig ist: soge­nann­ten ‚unab­hän­gi­gen‘ Jour­na­lis­mus und Ordner*innen-Dienste bei Demos wie Kund­ge­bun­gen sowie zeit­wei­se im Auf­trag der Stadt Wien auf der Donau­in­sel und im Rah­men des Donau­in­sel­fests.“ (ÖRA)

St. Georgsbund und SGB (Screenshot Website SGB)

St. Georgs­bund und SGB (Screen­shot Web­site SGB)

SGB-Akti­vis­ten waren nicht nur in Eisen­stadt, son­dern auch in Wien als Ord­ner, Foto­gra­fen, aber auch als Demons­tran­ten unter­wegs. SGB ist Teil der Ree­nact­ment- oder Mit­tel­al­ter­be­we­gung, in der es eine Anfäl­lig­keit für rechts­extre­me und neo­na­zis­ti­sche Ten­den­zen gibt.

Und wer ist seit März 2022 der „Gast­ge­ber & Haus­herr“ von SGB? Es ist der mehr als ver­hal­tens­auf­fäl­li­ge Ex-Wirt Ioan­nis Palaio­loga­ros ali­as „Siga Siga“ in Ter­nitz, in des­sen Loka­li­tä­ten nicht nur SGB ihren „Redak­ti­ons­sitz“ auf­ge­schla­gen hat, son­dern des Öfte­ren auch der Gott­fried Küs­sel und wei­te­re Kamerad:innen wie die Ärz­tin Kon­stan­ti­na Rösch anzu­tref­fen sind.

Siga-Siga Wirt als "Gastgeber und Hausherr" von SGB (Screenshots Website SGB)

Siga-Siga Wirt als „Gast­ge­ber und Haus­herr” von SGB (Screen­shots Web­site SGB)

Ein altes Anti­fa-Sprich­wort sagt: Wo der Gott­fried wab­bert, sind Waf­fen nicht weit weg. Die Recher­che von ÖRA arbei­tet nicht nur sehr detail­liert über bestimm­te Per­so­nen, son­dern auch über kon­kre­te Vor­fäl­le (Waf­fen­fun­de, Haus­durch­su­chun­gen) her­aus, dass Waf­fen für die Neo­na­zi-Sze­ne wich­tig sind. Und damit sind wir schon in Pur­bach, der klei­nen bur­gen­län­di­schen Stadt am Neu­sied­ler­see, gelan­det. Dort ist näm­lich nicht nur ein Nest von Corona-Querfrontler:innen, son­dern fand Mit­te Juni auch eine bewaff­ne­te Haus­durch­su­chung wegen des Ver­dachts auf „bewaff­ne­te Ver­bin­dun­gen“ (§ 279 StGB) statt.

Zwar wur­den kon­kret vor Ort kei­ne Waf­fen sicher gestellt, die Ermitt­lun­gen aber hal­ten an, der Ver­dacht sei kei­nes­falls auf­ge­ho­ben. So muss geschlos­sen wer­den, dass u. U. Eisen­stadt und das Nord­bur­gen­land sowie die Gren­ze in den Süden Nie­der­ös­ter­reichs für CQ nicht nur aus agi­ta­to­ri­schen Grün­den inter­es­sant war: Es wird unklar blei­ben, wozu genau das Objekt in Pur­bach gedient haben möge, doch die Häu­fung der Punk­te neo­na­zis­ti­scher Inter­ak­ti­on lässt Spiel­raum für Beden­ken. (ÖRA)

Die beein­dru­cken­de Recher­che von ÖRA ist Anfang August ver­öf­fent­licht wor­den. Mitt­ler­wei­le wis­sen wir, dass Aktivist:innen aus dem Umfeld von Küs­sels „Quer­front“ bei den Gemein­de­rats­wah­len in Pur­bach antre­ten wol­len. Auch des­halb ist die Recher­che von ÖRA so wichtig.

Die Corona-Querfront rund um Gottfried Küssel mit Peter Rennmayr aus Purbach (© Presseservice Wien, Beschriftung ÖRA)

Die Coro­na-Quer­front rund um Gott­fried Küs­sel mit Peter Renn­mayr aus Pur­bach (© Pres­se­ser­vice Wien, Beschrif­tung ÖRA)

➡️ „Coro­na Quer­front“ – Die neo­na­zis­ti­schen Netzwerker*innen der Corona-Demonstrationen
➡️ Coro­na-Pro­tes­te: Kom­man­do von Rechts­au­ßen (Sept. 2020)