Wann der Besitzer des griechischen Lokals „Siga Siga“ in Ternitz, Ioannis P., sein Lokal gesperrt hat oder sperren musste und nur mehr für „Freunde“ als „Asylheim für Ungeimpfte“ öffnet, haben wir nicht eruiert. Schon aber, dass er bereits mehrfach Besuch von der Polizei hatte: wegen Nichteinhaltung der Corona-Maßnahmen und auch, weil keine Betriebsstättengenehmigung vorgelegen sein soll. Und es hat unzählige Strafverfügungen gegeben, von denen P. einige mit dem von ihm sehr beliebten „Arsch lecken“ als Zusatz veröffentlicht hat und über die er sagt, dass „alles ungültig” sei: „Ich habe mich vom System verabschiedet, ich zahle keine Strafe. (…) Eine Strafe wird Strafe genannt, wenn es bezahlt wird”, erzählt er in einem Video. „Auf der Grenze kommen jeden Tag 400 Illegale”, phanatsiert der aus Griechenland nach Österreich zugewanderte Mann, „und die [die Polizei] stürmen im Lokal hier”.
In seinem an sich recht eintönigen, fäkal geprägten Beschimpfungsrepertoir befindet sich auch „du Schwuchtel, du“; jedenfalls hat der selbsternannte Kämpfer für Menschenrechte P. damit einen Polizeibeamten bedacht und dafür eine Verwaltungsstrafe wegen Verletzung des öffentlichen Anstands kassiert. Aber P. scheint es ohnehin auf Publicity anzulegen, die er reichlich durch seine Provokationen und Konfrontationen mit den Behörden erhält. Strafverfügungen werden dann auf Telegram präsentiert, was ihm in der einschlägigen Szene fortlaufenden Applaus einträgt.
Nachdem am 11. Februar mehr als 40 Beamt*innen dem Lokal einen Besuch abgestattet hatten, war es gleich zwei Tage später wieder so weit. Am 13. Februar verzichtete die Polizei jedoch darauf, das Lokal zu betreten, sondern zog es vor, durchs Fenster hineinzuschauen.
Am 11. Februar gab’s offenbar Hochbetrieb im „Siga Siga“. Angekündigt war ein Abend mit der vom Verteidigungsministerium nach jahrelangem Treiben gekündigten Ministerialrätin Monika Donner, die nun fleissig durchs Land tourt, um vier- bis fünfstündige Vorträge zur „Corona-Diktatur“ zu halten. Für das versprochene „sensationelle Erlebnis“ wird davor manchmal Speis und Trank angeboten – vermutlich gegen Spenden. Donner selbst verlangt laut Website Eintrittsgeld – geschmalzene 20 € bis 25€ pro Event.
Beim Griechen-Wirt in Ternitz befanden sich im Vorfeld zum Donner-Abend mehr als 100 Personen, um sich am Buffet zu laben, als um 18 Uhr die Polizei zu einer Razzia eintraf.
Lest den Thread: Polizei rückt in Schwurbler-Lokal „Siga Siga” in Ternitz an. Große Aufregung in Schwurblerszene. Besitzer hat bemerkenswerte Weise, die 2 S seines Lokals zu schreiben, ist möglicherweise Reichsbürger und hatte gestern Küssel zu Gast. Tja … https://t.co/YN1utG6Nws
— stopptdierechten.at (@stopptrechte) February 12, 2022
Auf Twitter machte die Razzia, von der der Wirt live via Telegram berichtete, schnell die Runde, nach und nach wurden weitere Details zum Ternitzer Gasthaus bekannt: die Anwesenheit von Gottfried Küssel, der sich bei der Essenszufuhr offenbar gestört fühlte und wegen Anstandsverletzung eine Anzeige kassiert haben soll, eine bemerkenswerte Schreibweise der zwei S beim Lokalnamen, die in gemischter Typografie frappant an eine verbrecherische Organisation der Nationalsozialisten erinnert oder auch ein seltsamer Verein, der seltsame Pässe ausstellt und der uns daher noch beschäftigen wird.
Die Latte an Verfehlungen, die seitens der Polizei am 11. Februar festgestellt wurden, ist lang
.) unbefugte Gewerbeausübung einer Gaststätte,
.) Betrieb einer Gaststätte ohne aufrechter Betriebsanlagengenehmigung,
.) Verdacht der Abgabenhinterziehung und Bestimmungen nach dem ASVG,
.) 2 Betreiber des Gasthauses wegen Verstoß gegen das COVID-19-Maßnahmengesetz (mehrere Delikte),
.) 61 Anzeigen (Personen) wegen Aufenthalt in einem Gastbetrieb ohne gültigen 2‑G- Nachweis und
.) 6 Anzeigen wegen Anstandsverletzung.
Im gegenständlichen Lokal wurden widerrechtlich Speisen und Getränke ausgeschenkt und ein Küchenbetrieb war eindeutig wahrnehmbar. Es waren außerdem mehrere illegal beschäftigte Personen im Lokal tätig. (Pressemeldung 12.2.22 LPD NÖ)
„Die Lokalbetreiber wiesen die Vorwürfe zurück: Es handle sich ausschließlich um private Räumlichkeiten. Diese würden vom ‚Bündnis für Grundrechte und Freiheit’ und dem Verein ‚Trivium international’ genutzt. Der griechische Betreiber nannte die Räumlichkeiten zudem ‚Asylheim für Ungeimpfte’.” (nachrichten.at, 14.2.22)
Der Gasthof soll nun also ein Lokal jener Partei („Bündnis”) sein, die die Schwurbler*innen der ersten Stunde, Konstantina Rösch und Roman Schiessler, ins Leben gerufen haben, nachdem sie bei „MFG“ rausgeflogen sind. Mit der Organisation „Trivium international“, bei der P. Mitglied ist, werden wir uns in einem zweiten Teil beschäftigen, denn die weist wie P. auch selbst starke reichsbürgerliche Fragmente auf.