Kein Nazi will er sein, nur ein Patriot, sagte ein Braunauer, der wegen 24 Anklagepunkten nach dem Verbotsgesetz vor Gericht stand. Verurteilt wurde der „Patriot“ dennoch. Einen Schuldspruch erntete ebenfalls ein Burgenländer, der in seinen widerlichen Postings „eine Gaudi“ gesehen hatte und auch kein Nazi sein will. Ein „Kasperltheater“ sah wiederum ein selbsternannter Ex-Präsident aus den Reihen der Staatsverweigerer in deren Bestreben, in Graz zur Selbstjustiz zur schreiten. Und Oberösterreichs MFG-Chef, meint, es wäre besser gewesen, man hätte mit Hitler verhandelt, anstatt in den Krieg einzutreten.
Braunau/Ried: Kein Nazi, nur Patriot
Bez. Güssing/Eisenstadt: Alles eine Gaudi
Wien: Selbsternannter Präsident verurteilt
Ö: Vandalismus und Hassbotschaften gegen jüdische und muslimische Einrichtungen
MFG-OÖ: Mit Hitler verhandeln
Braunau/Ried: Kein Nazi, nur Patriot
Es sind 24 Delikte, begangen zwischen 2015 und 2021, die dem zweifach vorbestraften 26-jährigen Braunauer zur Last gelegt wurden. Er habe auf Facebook NS-Inhalte veröffentlicht und auch via WhatsApp weitergeleitet. Zudem hat sich der Angeklagte, dessen Anwalt meinte, er sei kein Nazi, sondern ein Patriot, eine Schwarze Sonne in der Achsel tätowieren lassen und die auch öffentlich gezeigt.
Er habe die angeklagten Sujets lustig gefunden – wohl weniger sein Vater, der ihm lakonisch mit „Trottel“ geantwortet habe. Die originelle Erklärung für sein Tattoo: „Mein ganzer Arm ist mit geometrischen Mustern tätowiert, da hat es gut dazugepasst.“ (nachrichten.at, 23.8.22) Dass er in Gruppen mit dem Namen „88“ unterwegs gewesen ist, erklärte der „Patriot“ damit, es sei seine Nummer bei früheren Stockcar-Rennen gewesen.
Dann konfrontiert der vorsitzende Richter den Beschuldigten noch mit Drohungen, die aber nicht in diesem Prozess angeklagt sind. (…) Demnach hat der Beschuldigte einen Journalisten im Internet mit den Worten „Bitte findet den Hurensohn und bringt ihn um” bedroht. Er habe sich bei diesem entschuldigt, es tue ihm leid, aber der Journalist schreibe falsche Dinge. Er sei nie Teil der rechten Szene, sondern in der Tuning-Szene unterwegs gewesen. „Wenn man dort etwas bestellt, dann erhält man immer wieder Sticker mitgeschickt”, sagt der Angeklagte. Einer wird mit der Aufschrift „Deutschland den Deutschen” gezeigt. „Das ist aber noch einer der harmloseren”, sagt der Innviertler. (nachrichten.at)
Am Ende des Prozesses standen ein einstimmiger Schuldspruch in allen Anklagepunkten und nicht rechtskräftige 15 Monate bedingt.
Bez. Güssing/Eisenstadt: Alles eine Gaudi
Die Erklärungen bzw. Ausreden, die da am Landesgericht Eisenstadt bei einem Wiederbetätigungsprozess dürften so abenteuerlich gewesen sein, dass der Autor den Prozess gegen einen Pensionisten aus dem Bezirk Güssing seinen Artikel mit Bemerkungen wie „Einfach zum Kotzen“, „tollkühne Ausreden“, „Frechheit“, ob der Angeklagte „noch alle Tassen im Schrank hat“ garnierte.
Der Staatsanwalt warf dem Pensionist, Anfang 60, aus dem Bezirk Güssing, vor, im Zeitfenster von rund eineinhalb Jahren, ab Februar 2018, insgesamt 22 x verwerfliche und geschmacklose „Nazi“-Nachrichten versendet zu haben. Über WhatsApp und andere Social-Media-Plattformen. (…) Eine Vielzahl der Dateien zeigte junge, spärlich bekleidete Damen mit Hakenkreuzen quer über den Bauch sowie Schirmkappen mit Reichsadler, gepaart mit Aufschriften wie „Ausländerfreie Zone“ oder „dem Führer gefällt das!“ (meinbezirk.at, 25.8.22)
Alles sei nur „eine Gaudi“ gewesen, Sympathien mit dem Nationalsozialismus hege er nicht, betonte der Burgenländer. Er musste dennoch einen einstimmigen Schuldspruch, zwölf Monate bedingter Haft, eine unbedingte Geldstrafe über 1.800 Euro sowie die Übernahme der Prozesskosten über 500 Euro hinnehmen. Das akzeptierte der Angeklagte, die Staatsanwaltschaft gab keine Erklärung ab, daher ist das Urteil nicht rechtskräftig.
Wien: Selbsternannter Präsident verurteilt
Ein 59-jähriger Wiener, der sich vor fünf Jahren zum Präsidenten des „Staates der Wiener Herzen“, einem Ableger des „Staatenbund Österreich“ ernannt hatte, musste in der letzten Woche vor Gericht aufmarschieren. Dort beteuerte er, im staatsfeindlichen Gefüge nichts zu sagen gehabt habe. Er sei für ein vom Staatenbund angestrengten „Völkerrechtsgericht“, das in Graz tagen und dem die auf Lebenszeit ernannte Staatenbund-Präsidentin Monika Unger vorsitzen hätte sollen, zum Schöffen erkoren worden.
„Das war alles Kasperltheater“, bemerkte dazu der Angeklagte, „ich hab’ das alles nicht ernst genommen.“ In einem Seminar in Tschechien sei er auf seine Schöffentätigkeit vorbereitet worden – dabei sei hauptsächlich mit verschieden färbigen Kärtchen hantiert worden: „Das Gericht hab’ ich nicht ernst genommen. Man muss in einer Organisation ja nicht alles ernst nehmen. Ich habe es nicht für möglich gehalten, dass man einfach in ein Gericht reinmarschieren und verhandeln kann.“ Er sei einfach neugierig gewesen: „Ich wollt’ mir das anschauen.“ (wien.orf.at, 24.8.22)
Der sich vor Gericht als geläutert gebende Nichtmehr-Präsident kassierte rechtskräftig 24 Monate bedingter Haft.
Ö: Vandalismus und Hassbotschaften gegen jüdische und muslimische Einrichtungen
In den letzten Wochen mussten mehrere Angriffe gegen muslimische und jüdische Einrichtungen verzeichnet werden. In Wien wurde am „Campus der Religionen“ die Fahne der jüdischen Glaubensgemeinschaft heruntergerissen. Auf einem Video sind drei Personen zu sehen, die die Fahne gezielt entfernen und dann flüchten.
Zudem erfolgten drei Angriffe Wiener Moscheen.
In zwei Fällen handelt es sich um Beschmierungen an den Außenwänden. So wurde zuerst eine Moschee in Ottakring mit rechtsextremistischen Botschaften beschmiert. In Favoriten wurde eine Moschee der bosniakischen Gemeinde (Moslems aus u. a. Bosnien-Herzegowina, Anm.) mit serbisch-nationalistischen Botschaften besprüht. (…) Außerdem wurden an einer weiteren Moschee in Floridsdorf mehrfach gewaltverherrlichende Drohnachrichten am Eingangsbereich angebracht, die auch nationalsozialistisches Gedankengut beinhalten. Eine der Drohnachrichten, die der BezirksZeitung vorliegt, beinhaltet auch mehrere religiöse Beleidigungen sowie homophobe Äußerungen. Die Nachricht wurde mit „Heil Hitler” beendet. (meinbezirk.at, 23.8.22)
Angriffe gab es auch auf islamische Einrichtungen außerhalb von Wien.
MFG-OÖ: Mit Hitler verhandeln
Dass sich bei der MFG eine Reihe von Verschwörungsideologien getriebene Personen befinden, ist bekannt. Einen wahren Tiefpunkt lieferte der oberösterreichische Parteiobmann Joachim Aigner allerdings in einem Interview mit den Oberösterreichischen Nachrichten (23.8.22).
Dort meinte er zu Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine befragt, Österreich müsse als neutrales Land „mit den Streitparteien (…) sprechen und (…) sagen: Bitte kommt nach Österreich auf neutralen Boden und verhandelt dort.“ Auf die Frage, „Hätten andere Staaten im Zweiten Weltkrieg auch sagen sollen: Hitler ist zwar in Polen einmarschiert, in Frankreich – wir halten uns da aber raus, wir sind neutral?“, meinte Aigner zwar, er wisse nicht, ob es damals Bemühungen von neutralen Staaten gegeben hätte, zwischen den Alliierten und den Nationalsozialisten zu verhandeln, aber: „Gespräche sind immer sinnvoller als Gewalt. Krieg ist kein Mittel, nicht einmal ein letztes Mittel.“
Als abstrus und inakzeptabel bezeichneten Vertreter anderer Parteien Aigners Aussagen. Darauf, dass er im selben Interview auch en passant, den Klimawandel leugnete, reagierte dann niemand mehr:
Was sind die Rezepte der MFG gegen den Klimawandel?
Das Klima hat sich immer schon verändert. Dass die klimatische Veränderung jetzt schneller ist und ob das menschengemacht ist oder nicht, sei dahingestellt. Das kann und will ich nicht beurteilen.
Die einzige Frage, die sich uns noch stellt, wäre, warum dem Mann fast eine ganze Seite einer Zeitung gegeben wurde, um einen derartig hanebüchenen Unsinn zu verbreiten?