Wochenschau KW 19/22 (Teil 1)

Vier Wieder­betä­ti­gung­sprozesse und ein neuer FPÖ-„Einzelfall“ sind der Stoff aus Teil 1 unseres Rück­blicks auf die let­zte Woche. Mit Blick auf Buf­fa­lo, wo am 14. Mai ein Neon­azi aus ras­sis­tis­chen Motiv­en zehn Men­schen erschoss und drei weit­ere ver­let­zte, sind die recht­sex­treme Vor­fälle in Öster­re­ich, die wir hier zusam­menge­tra­gen haben, freilich ver­gle­ich­sweise harm­los. Der Fall eines Essen­er Schülers, mit dessen Ver­haf­tung in der Vor­woche der Plan, ein Sprengstof­fat­ten­tat auf ein Gym­na­si­um zu verüben, noch ver­hin­dert wer­den kon­nte, zeigt jedoch ein­mal mehr das Gefahren­po­ten­tial, das von der recht­sex­tremen Szene ausgeht. 

Steyr-Wels-Linz/OÖ: 3 Prozesse nach dem Verbotsgesetz
Wals-Siezen­heim und Salzburg: Wieder ein­mal ein Keller
Wang/NÖ: Nazi-Maibaum von FPÖ-Gemeinderat
Buffalo/USA und Essen/D: Recht­sex­tremer Ter­ror: ein­mal aus­ge­führt, ein­mal verhindert

Steyr-Wels-Linz/OÖ: 3 Prozesse nach dem Verbotsgesetz

Am 9.5. wurde am Lan­des­gericht Steyr ein 35-Jähriger freige­sprochen, der wegen des Ver­schick­ens von 16 NS-Motiv­en (Hitler-Bild, Hak­enkreuze etc.) via What­sApp angeklagt war. „Allerd­ings kon­nte dem Mann kein Vor­satz nachgewiesen wer­den, weshalb der Richter einen – inzwis­chen rechts­gülti­gen – Freis­pruch fällte.“ (ooe.orf.at, 11.5.22)

Ein 20-Jähriger war gle­ich mit 105 Anklagepunk­ten kon­fron­tiert. Er hat­te NS-Sujets und ein­schlägige Sprach­nachricht­en (darunter: „darum bin ich Nation­al­sozial­ist und kein Blauer“) in ein­er What­sApp-Gruppe platziert. Der junge Mann, der sich nun der Reli­gion zuge­wandt und diese Inhalte gelöscht hat, kam jedoch mit ein­er Diver­sion und 200 Sozial­stun­den davon. Der Staat­san­walt legte dage­gen Beschw­erde ein.“ (Kro­nen Zeitung, 12.5.22, S. 18)

Nicht bekan­nt ist der Aus­gang des Prozess­es gegen einen 53-Jähri­gen in Linz, der „Fotos mit Hak­enkreuzen, Reich­sadler und Hitler-Porträts ver­schickt haben [soll]. In einem Video wird Adolf Hitler als Tacho- und Drehzahlmess­er-Fig­ur gezeigt. Dieses Film­chen soll er in eine Gruppe mit 49 Mit­gliedern gestellt haben.“ (Kro­nen Zeitung, 12.5.22, S. 18)

Wals-Siezen­heim und Salzburg: Wieder ein­mal ein Keller

Die Feier im Keller eines Pri­vathaus­es eines bere­its ein­schlägig vorbe­straften Flach­gauers liegt schon mehr als fünf Jahre zurück, führte aber erst jet­zt zu Ankla­gen und bis­lang einem Prozess. Die sieben Angeklagten haben es zu Sil­vester 2017/18 braun krachen lassen, und ein Teil­nehmer, gegen den ein geson­dertes Ver­fahren läuft, hat­te das Treiben auf einem Video fest­ge­hal­ten. Erst im Zuge der Haus­durch­suchun­gen nach einem Neon­azi-Konz­ert im steirischen St. Bar­bara seien die Ermit­tler auf das besagte Video gestoßen. Danach hat es weit­ere mehr als drei Jahre gedauert, bis es nun zum Prozess am Salzburg­er Lan­des­gericht kam.

Die Angeklagten, fünf Män­ner und zwei Frauen, zwis­chen 37 und 40 Jahre alt, ken­nen sich großteils seit ihrer Jugend. Von den Män­nern sind zwei bere­its im eng­sten Sinn ein­schlägig vorbe­straft, ein­er hat Vorstrafen wegen Gewalt­de­lik­ten. „Die Män­ner haben damals im Keller, in dem der Gast­ge­ber ein Bild­plakat von Adolf Hitler in Lebens­größe aufge­hängt hat­te, nicht nur getrunk­en, son­dern Nazi-Lieder wie das Horst-Wes­sel-Lied gesun­gen, dazu ver­bote­nen Recht­srock gehört, wieder­holt dabei Nazi-Gesten gezeigt und Hitler­parolen gegrölt“, so Neher. Mehrere Teil­nehmer hät­ten auch ein­schlägige T‑Shirts getra­gen. Den bei­den Frauen, Part­ner­in­nen von zwei der Män­ner, lastete der Ankläger an, für ein Foto vor dem Hitler­plakat posiert zu haben. Eine habe zudem daheim im Klei­der­schrank ein­schlägige T‑Shirts „bere­it­ge­hal­ten zum Zweck, sie später öffentlich zu zeigen“. (Salzburg­er Nachricht­en, 13.5.22, S. 6)

Sechs der Angeklagten wur­den schuldig gesprochen und kassierten bed­ingte Haft­strafen zwis­chen zehn und 22 Monat­en, zwei haben drei Monate bed­ingt als Zusatzs­trafe zu ein­er vorherge­hen­den Verurteilung bekom­men. Ein Mann ist mit einem Freis­pruch davon gekom­men. Fünf der Urteile sind bere­its rechtskräftig.

Wang/NÖ: Nazi-Maibaum von FPÖ-Gemeinderat

In der öffentlichen Face­book-Gruppe Alt-Scheibbs wer­den jede Menge alter Ansicht­en der Gemeinde geteilt. Am ersten Mai postet der Admin­is­tra­tor ein Foto aus 1938, das einem mit einem Hak­enkreuz deko­ri­erten Maibaum zeigt. Beschriftet ist das Bild mit „1. Maibaum im nat.soz. Scheibbs 1938“. Der Wanger FPÖ-Gemein­der­at Her­bert Höllmüller fand das Foto offen­bar so anre­gend, dass er es über What­sApp an mehrere Per­so­n­en aus der FPÖ weit­ergeleit­et hat.

Maibaum in Scheibbs 1938 mit Hakenkreuz und Beschriftung (Screenshot FB-Gruppe Alt-Scheibbs)

Maibaum in Scheibbs 1938 mit Hak­enkreuz und Beschrif­tung (Screen­shot FB-Gruppe Alt-Scheibbs)

Das fand sein Bezirksparteiob­mann Rein­hard Teufel, Land­tagsab­ge­ord­neter und Ex-Kabi­nettchef von Her­bert Kickl im Innen­min­is­teri­um, offen­bar nicht so gut wie Höllmüller. Teufel legte Höllmüller nahe, die FPÖ frei­willig zu ver­lassen. Höllmüller denkt jedoch nicht daran, der Empfehlung des Bezirkschefs zu folgen.

„Ich habe nicht genau geschaut, mir nicht viel dabei gedacht und es ein­fach weit­ergeschickt. Erst später habe ich das Hak­enkreuz gese­hen”, schildert Höllmüller im NÖN-Tele­fonat und wun­dert sich sehr über die Fol­gen, die dieses What­sApp aus­gelöst hat. (…) „Ver­ständ­nis habe ich keines dafür. Aber wenn man mich los wer­den will, dann sollen sie das machen.“ (noen.at, 13.5.22)

Auf sein Man­dat verzicht­en will Höllmüller keines­falls, er werde „kün­ftig eben als freier Man­datar“ weitermachen.

Buffalo/USA und Essen/D: Recht­sex­tremer Ter­ror: ein­mal aus­ge­führt, ein­mal verhindert

Der Schock am Son­ntag war groß: Ein 18-jähriger Neon­azi ermordete am 14. Mai in Buf­fa­lo (USA) zehn Men­schen, vor­wiegend und absichtlich Schwarze. Die Tat war eine Blau­pause von jen­er des Atten­täters aus Christchurch.Wenige Tage zuvor wurde im deutschen Essen ein 16-jähriger Schüler festgenom­men, der einen Sprengstof­fan­schlag auf ein Gym­na­si­um geplant haben soll. Auch bei ihm dien­ten recht­sex­treme Atten­täter wie Anders Behring Breivik als Vorbild.

Die auch von öster­re­ichis­chen ver­schwörungside­ol­o­gis­chen Kanälen und dem recht­sex­tremen Medi­um „report24“ ver­bre­it­ete Behaup­tung, der Atten­täter von Buf­fa­lo habe Beziehun­gen zum ukrainis­chen neon­azis­tis­chen Azov-Batail­lon gehabt, ist erfun­den. Als Beleg für die anti-ukrainis­che Pro­pa­gan­da dient ein Foto des Täters, das ihn in einem T‑Shirt zeigt, auf dem die „Schwarze Sonne“ prangt, die auch das Azov-Batail­lon bis 2015 in seinem Abze­ichen als Hin­ter­grund ver­wen­det hat­te. Abge­se­hen davon, dass die „Schwarze Sonne“ in Neon­azi-Kreisen seit Jahrzehn­ten ver­bre­it­et ist, ref­eren­ziert der Buf­fa­lo-Atten­täter auch in seinem „Man­i­fest“ mit der Abbil­dung der „Schwarzen Sonne“ auf Seite eins auf den Christchurch-Atten­täter, dessen Man­i­fest eben­falls ein Bild des NS-Sym­bols auf der ersten Seite zeigt.

Hier eine gut zusam­menge­fasste Einord­nung der Tat in Buffalo:

➡️ Bell­tow­er News: Die ras­sis­tis­che und anti­semi­tis­che Ide­olo­gie des Täters