Wochenschau KW 51/20

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Ein Nazi-Por­no­vi­deo und ande­re ein­schlä­gi­ge Nach­rich­ten und Fotos brach­ten zwei Vor­arl­ber­gern eine beding­te Haft- und eine unbe­ding­te Geld­stra­fe ein. Ansons­ten in Pro­zes­sen der letz­ten Woche: Nazi-Auto­auf­kle­ber, ein pöbeln­der Alko­ho­li­ker mit NS-Devo­tio­na­li­en, „kein  Kom­men­tar“ bei der Fra­ge, ob Hit­ler ein Held sei. Poli­zis­ten in Otta­kring wur­den mit Hit­ler­gruß und „Sieg Heil“ emp­fan­gen, und die Poli­zei fragt sich, war­um. Ob sie sich das auch bei jenem Teil­neh­mer an einer Coro­na-Leug­ner­de­mo fragt, der mehr­fach unge­stört die rech­te Hand hob, wis­sen wir nicht, weil sich die Poli­zei dazu (noch?) nicht geäu­ßert hat. Wir fra­gen jedoch, wie­so nie­mand von der Exe­ku­ti­ve ein­ge­schrit­ten ist. Und das auch noch: wie­der ein­mal Waf­fen, dazu Wehr­machts­hel­me – dies­mal in Tirol.

Wie­ner Neustadt/NÖ: Nazi-Auf­kle­ber am Auto
Krems/NÖ: Hit­ler ein Held? „Kein Kommentar!“
Eggen­burg-Krem­s/NÖ: zwei­fel­haf­ter Freispruch
Bez. Bregenz/Feldkirch/Vbg.: Wie­der­be­tä­ti­gung am Bau
Bez. Reutte/Tirol: NS-Devo­tio­na­li­en, Waf­fen und Suchtgift
Wien-Otta­kring: „Sieg Heil“ und Hit­ler­gruß für die Polizei
Wien und St. Pöl­ten: Iden­ti­tä­re in Bewegung
Wien: Coro­na-Gruß

Wie­ner Neustadt/NÖ: Nazi-Auf­kle­ber am Auto

18 Mona­te bedingt (nicht rechts­kräf­tig) erhielt am Lan­des­ge­richt Wie­ner Neu­stadt ein Mann, der Auf­kle­ber mit NS-Bezug auf sei­nem Auto spa­zie­ren gefah­ren hat­te und Bil­der und Vide­os via Whats­App ver­schickt haben soll. „Der Tat­zeit­raum erstreck­te sich vom 7. August 2018 bis 1. Juli 2020 an meh­re­ren Orten im süd­li­chen NÖ.“ (heute.at, 15.12.20)

Krems/NÖ: Hit­ler ein Held? „Kein Kommentar!“

Die Fra­ge, ob Hit­ler ein Held sei, moch­te der 30-Jäh­ri­ge vor dem Krem­ser Lan­des­ge­richt nicht beant­wor­ten, ansons­ten zeig­te er sich jedoch reu­mü­tig. 

„Ich weiß, dass es ein Feh­ler war, und es tut mir leid. Ich bin froh, dass ich hier und heu­te damit abschlie­ßen darf“, erklär­te ein 30-jäh­ri­ger Krem­ser vor Gericht. Er gab zu, sich über zwei Jah­re im natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Sin­ne betä­tigt zu haben, indem er die Wie­der­be­le­bung, Ver­brei­tung und Aktua­li­sie­rung der NS-Ideo­lo­gie und des rechts­extre­men Gedan­ken­guts geför­dert habe.“ (NÖN, 16.12.20, S. 22)

Via Social Media hat­te er NS-Ver­herr­li­chung betrie­ben, den Holo­caust geleug­net und die Abschaf­fung des Ver­bots­ge­set­zes gefor­dert. Das kam bei ihm nun zur Anwen­dung, er erhielt ein Jahr auf Bewäh­rung und eine unbe­ding­te Geld­stra­fe von 2.880 Euro. Der Staats­an­wäl­tin war das zu wenig, sie mel­de­te Beru­fung an.

Eggen­burg-Krem­s/NÖ: zwei­fel­haf­ter Freispruch

Ein­ein­halb Jah­re hat­te es gedau­ert, bis gegen einen 57-jäh­ri­gen Bewoh­ner einer Wohn­haus­an­la­ge in Eggen­burg Anzei­ge erstat­tet wur­de. Der zeig­te sich regel­mä­ßig im betrun­ke­nen Zustand im Hof, rief brau­ne Paro­len und beläs­tig­te eine neu hin­zu gezo­ge­ne Fami­lie. „Als eine syri­sche Fami­lie zuzog, beschimpf­te der 57-Jäh­ri­ge die­se als Kana­ken. Schließ­lich gip­fel­ten die Pöbe­lei­en in der Auf­for­de­rung an eine Fami­lie ihren drei­jäh­ri­gen Sohn zu einem klei­nen Adolf zu erzie­hen.“ (meinbezirk.at, 18.12.20)

Im Kel­ler des Adolf-Fans fan­den sich nebst Haken­kreuz-Schmie­re­rei­en auch diver­se brau­ne Fan­ar­ti­kel – die sei­en schon bei sei­nem Ein­zug dort gewe­sen, gab der Beschul­dig­te im Pro­zess an. Ein Gut­ach­ter stell­te zwar jah­re­lan­gen Alko­hol­miss­brauch fest, mein­te jedoch, „dass ein Bezug des Beschul­dig­ten zur Rea­li­tät gege­ben gewe­sen sei“. Falls das über­setzt bedeu­tet, der Ange­klag­te hängt auch im nicht betrun­ke­nen Zustand der NS-Ideo­lo­gie an, dann fäll­ten die Geschwo­re­nen mit einem Frei­spruch wohl ein – nicht rechts­kräf­ti­ges – Fehlurteil.

Bez. Bregenz/Feldkirch/Vbg.: Wie­der­be­tä­ti­gung am Bau

Mit zum Teil emp­find­li­chen Geld­stra­fen agiert das Lan­des­ge­richt Feld­kirch, wenn es um Delik­te nach dem Ver­bots­ge­setz geht. So auch im Fall von zwei Bau­ar­bei­tern. Ein Vor­ar­bei­ter (37 Jah­re) ist bereits Ende Novem­ber vor Gericht gestan­den ist. Von ihm hat­te der in der letz­ten Woche ver­ur­teil­te Ange­klag­te (22 Jah­re) Fotos auf­ge­nom­men, die ihn bei einem in den Staub gezeich­ne­ten Haken­kreuz zeig­ten. 

Der Vor­ar­bei­ter hat die Fotos auf sei­ner Face­book­sei­te ver­öf­fent­licht. Dafür und wegen ande­rer Delik­te nach dem Ver­bots­ge­setz wur­de über den 37-Jäh­ri­gen Ende Novem­ber am Lan­des­ge­richt eine beding­te Haft­stra­fe von neun Mona­ten und eine unbe­ding­te Geld­stra­fe von 5600 Euro (280 Tages­sät­ze zu je 20 Euro) ver­hängt.“ (Neue Vor­arl­ber­ger Tages­zei­tung, 19.12.20, S. NEUE23)

Der 22-jäh­ri­ge Ange­klag­te hat­te sei­nen Vor­ar­bei­ter mit diver­sem ein­schlä­gi­gem Mate­ri­al ver­sorgt: Fotos, Vide­os, auf denen Geburts­tags­fei­er­lich­kei­ten für Adolf Hit­ler zu sehen waren „und ein Mann mit Hit­ler­gruß beim Sex vor einer Haken­kreuz­fah­ne. Beim Inter­net­link wur­de auf einen Online­shop für NS-Devo­tio­na­li­en hin­ge­wie­sen“ (NVT). Über­ra­schend, dass sich laut Ver­tei­di­ger der Ange­klag­te über­rascht gezeigt hat­te, denn „[v]or allem mit sozia­len Medi­en auf­ge­wach­se­nen jun­gen Men­schen sei viel­fach nicht bewusst, dass sie sich mit dem Besitz und Ver­schi­cken von Fotos und Vide­os mit NS-Sym­bo­len straf­bar machen“ (NVT).

Zur Über­ra­schung gesell­te sich eine (nicht rechts­kräf­ti­ge) Ver­ur­tei­lung samt Stra­fe: neun Mona­te bedingt und eine unbe­ding­te Geld­stra­fe von 3.600 Euro.

Bez. Reutte/Tirol: NS-Devo­tio­na­li­en, Waf­fen und Suchtgift

Zwei Haus­durch­su­chun­gen bei vier Per­so­nen zwi­schen 24 und 34 Jah­ren (drei deut­sche Staatsbürger*innen und eine ser­bi­sche Staats­bür­ge­rin) för­der­ten nicht nur eini­ge ein­schlä­gie Gegen­stän­de wie Wehr­machts­hel­me ver­ziert mit Haken­kreuz und SS-Rune zuta­ge, son­dern auch aller­lei Waf­fen. Tot­schlä­ger, Schlag­rin­ge, Mache­ten, But­ter­fly­mes­ser, Wurf­mes­ser und eine Gewehr­pa­tro­ne sowie eine Schreck­schuss­pa­tro­ne. Dazu kam noch eine gerin­ge Men­ge Sucht­gift. (Vgl. krone.at, 17.12.20)

Wien-Otta­kring: „Sieg Heil“ und Hit­ler­gruß für die Polizei

Jene Poli­zis­ten, die nach einem Anruf wegen Lärm­be­läs­ti­gung in der Woh­nung in der Gab­lenz­gas­se ein­tra­fen, wur­den gleich ein­schlä­gig mit einem herz­haf­ten „Sieg Heil“ samt Hit­ler­gruß an der Türe begrüßt. Ein Zei­chen zum Ein­lass dürf­te das aller­dings nicht gewe­sen sein, denn sowohl der Vater als auch der Sohn zeig­ten sich recht unkooperativ.

Die Beam­ten woll­ten den auf­ge­brach­ten Mann zunächst beru­hi­gen und des­sen Iden­ti­tät fest­stel­len, berich­te­te Pres­se­spre­cher Mar­co Jam­mer. Da ver­such­te der 44-Jäh­ri­ge schon einen Beam­ten mit einem Kopf­stoß im Gesicht zu tref­fen. Anschlie­ßend schlu­gen und tra­ten der Mann und sein 27-jäh­ri­ger Sohn unter ande­rem auf Kopf und Ober­kör­per der Poli­zis­ten ein. (wien.orf.at, 19.12.20)

Dafür setz­te es eine Anzei­ge nach dem Ver­bots­ge­setz, wegen Wider­stands gegen die Staats­ge­walt und wegen Kör­per­ver­let­zung. „War­um der Mann den Hit­ler­gruß gezeigt hat, ist laut Poli­zei noch unklar. Er muss erst befragt wer­den“, sag­te der Poli­zei­spre­cher. Wir rät­seln auch, war­um er dazu auch noch „Sieg Heil“ geru­fen hat …

Wien und St. Pöl­ten: Iden­ti­tä­re in Bewegung

Die Iden­ti­tä­ren ver­fal­len wie­der, wenn auch unter wech­seln­den Namen, in den alten Aktio­nis­mus. Die „Patrio­ten in Bewe­gung“ beweg­ten sich nach St. Pöl­ten, um beim dor­ti­gen Rat­haus ein ver­het­zen­des anti­is­la­mi­sches Trans­pa­rent anzu­brin­gen. 

„Jeder, der sei­ne Reli­gi­on fried­lich und auf Basis der in Öster­reich gel­ten­den Geset­ze lebt, ist in St. Pöl­ten will­kom­men. Für jene, die gegen fried­lich mit uns zusam­men­le­ben­de Mit­bür­ge­rin­nen und Mit­bür­ger ande­rer Reli­gio­nen het­zen, gilt das glei­che wie für jene, die ihre Reli­gi­on für fana­ti­sche Mis­se­ta­ten miss­brau­chen: Behal­ten Sie Ihren Hass für sich und ver­scho­nen Sie St. Pöl­ten damit!”, so Vize­bür­ger­meis­ter Mat­thi­as Adl. (heute.at, 19.12.20)

In Wien wur­de die Grup­pe beim Ver­such, an der Fas­sa­de der ÖVP-Zen­tra­le die EU- und Öster­reich-Fah­ne zu ent­fer­nen, von der Poli­zei gestellt.

Wien: Coro­na-Gruß

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