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Wochenschau KW 42/20

Ahnungs­los, war­um er Hil­­ter-Bil­­der in sei­ner Woh­nung hän­gen hat­te – so gab sich ein West­stei­rer, der befin­det, dass Frau­en wie sei­ne Ex-Freun­­din, gegen die er gewalt­tä­tig vor­ge­gan­gen ist, in der Hit­­ler-Zeit ver­gast wür­den. Einem Nie­der­ös­ter­rei­cher kommt ein ver­het­zen­der FB-Kom­­men­­tar ziem­lich teu­er zu ste­hen. Fast zeit­gleich sind Neo­na­­zi-Poli­­ti­ker aus der Slo­wa­kei und Grie­chen­land zu teil­wei­se hohen […]

19. Okt 2020

Graz/Weststmk: Keine Ahnung von nichts
Wien: Keine Aufhebung der Immunität von Norbert Hofer
St. Pölten/Bez. Amstetten: hohe Geldstrafe wegen Verhetzung
Slowakei/Griechenland: Haftstrafen für Neonazi-Parteiführer

Graz/Weststmk: Keine Ahnung von nichts

Ein Hit­ler­bild im Schlaf­zim­mer, eines in der Küche – auf die Fra­ge, war­um er die auf­ge­hängt hat­te, gab sich der vor dem Gra­zer Lan­des­ge­richt ste­hen­de 28-jäh­ri­ge West­stei­rer ahnungs­los. Er sei ein Samm­ler von Hit­ler-Mün­zen, die jedoch bei einer Haus­durch­su­chung nicht sicher gestellt wor­den waren. Zuvor war er bei einem Pro­zess wegen Kör­per­ver­let­zung – er hat­te auf dem Kör­per sei­ner Freun­din eine Ziga­ret­te aus­ge­drückt – mit ein­schlä­gi­gen Äuße­run­gen auf­ge­fal­len. „‚Er sag­te, wenn wir in der Hit­ler-Zeit wären, wür­den Frau­en wie wir ver­gast.‘ Auf Nach­fra­ge erzähl­te die Mut­ter der Ex-Freun­din des Man­nes dann wei­ter, ‚dass er oft über Hit­ler sprach‘.“ (Klei­ne Zei­tung, 16.10.20, S. 22)

Die wei­te­re Befra­gung gestal­te­te sich etwas zäh. „War­um haben Sie die Bil­der auf­ge­hängt?“, frag­te der Rich­ter. „Kei­ne Ahnung“, kam es vom Ange­klag­ten. Er habe im Mit­tel­punkt ste­hen wol­len, erklär­te der 28-Jäh­ri­ge: „Da stehst ein­fach gut da vor der Fami­lie“. „Wie­so?“, hak­te der Rich­ter nach. „So halt.“ Das Hit­ler-Bild in der Küche sei im Übri­gen so hoch oben gestan­den, dass man es fast nicht gese­hen habe. „Was hat das dann für einen Sinn, wenn Sie jeman­den beein­dru­cken wol­len und ein Bild so hoch hän­gen, dass man es nicht sieht?“. „Kei­ne Ahnung.“ (steiermark.orf.at, 15.10.20)

Sei­ne Ex-Freun­din, die sich in einem Sor­ge­rechts­streit um ein gemein­sa­mes Kind mit dem Mann befin­det, gab an, Hit­ler sei für ihn eine Vater­fi­gur. „Außer­dem soll der Ange­klag­te ange­kün­digt haben, sein Kind wer­de vor ihm „salu­tie­ren“ müs­sen, wenn es zehn Jah­re alt sei. „Das habe ich nie gesagt, ich woll­te nur Höf­lich­keit“, empör­te sich der Beschul­dig­te.“ (steiermark.orf.at)

Das Urteil: Schuldspruch,15 Mona­ten Haft bedingt und 1.200 Euro Geld­stra­fe sowie die Wei­sung, an einer Füh­rung in der KZ-Gedenk­stät­te Maut­hau­sen teilzunehmen.

Wien: Keine Aufhebung der Immunität von Norbert Hofer

Der Immu­ni­täts­aus­schuss des Natio­nal­rats beschloss ein­stim­mig, dem Ersu­chen der Staats­an­walt­schaft um eine Aus­lie­fe­rung von Nor­bert Hofer nicht statt­zu­ge­ben. Die Aus­sa­ge sei ein­deu­tig in Zusam­men­hang mit Hofers poli­ti­scher Tätig­keit gestan­den, hieß es von Sei­ten des Parlaments.

Hofer war nach einer Rede am Wie­ner Vik­tor-Adler-Markt wegen sei­ner Äuße­rung, „Ich fürch­te mich nicht vor Coro­na, Coro­na ist nicht gefähr­lich. Da ist der Koran gefähr­li­cher, mei­ne Lie­ben, als Coro­na.“, wegen des Ver­dachts auf Ver­het­zung und Her­ab­wür­di­gung reli­giö­ser Leh­ren von der der Isla­mi­schen Glau­bens­ge­mein­schaft ange­zeigt worden.

St. Pölten/Bez. Amstetten: hohe Geldstrafe wegen Verhetzung

Teu­er zu ste­hen kam einem 51-jäh­ri­gen Most­viert­ler ein Kom­men­tar, den er in der Face­book-Grup­pe „Wir sind die FPÖ“ abge­son­dert hat­te. Dort dif­fa­mier­te er Flücht­lin­ge als min­der­wer­ti­ge Tie­re, weil, so sei­ne Erklä­rung vor Gericht, er „ein Gast­haus, in dem zwölf Flücht­lin­ge unter­ge­bracht waren, nach deren Aus­zug gese­hen [habe]. Da schau­te es wild aus und das mach­te mich zor­nig.“ (heute.at, 12.10.20)

Er kas­sier­te – nicht rechts­kräf­tig – eine Geld­stra­fe von 3.600€.

Slowakei/Griechenland: Haftstrafen für Neonazi-Parteiführer

Spen­den­schecks mit der sym­bol­träch­ti­gen Sum­me von 1488 Euro (14: Neo­na­zi-Code für „Adolf Hit­ler“; 88 für „Heil Hit­ler“) könn­ten dem slo­wa­ki­schen Neo­na­zi-Par­tei­chef der LSNS (Volks­par­tei unse­re Slo­wa­kei), Mari­an Kot­le­ba, zum Ver­häng­nis wer­den. Die hat­te er aus­ge­rech­net am 14. März 2017 ver­teilt – genau 78 Jah­re nach der Grün­dung des von Hit­ler-Deutsch­land abhän­gi­gen slo­wa­ki­schen Mario­net­ten­staa­tes. Vier Jah­re und vier Mona­te lau­te­te das Urteil in der ers­ten Instanz. 

Kot­le­ba (Jg. 1977) wur­de vom Gericht der Unter­stüt­zung einer Ideo­lo­gie für schul­dig befun­den, die die Bür­ger­rech­te und die Demo­kra­tie gefähr­de. Es ist das ers­te Mal, dass ein Par­la­ments­ab­ge­ord­ne­ter in der Slo­wa­kei zu einer Gefäng­nis­stra­fe ver­ur­teilt wur­de. Das Urteil ist noch nicht rechts­kräf­tig, da Kot­le­ba Beru­fung ein­ge­legt hat und das Urteil beim Obers­ten Gericht anfech­ten will. Soll­te das Urteil bestä­tigt wer­den, dürf­te Kot­le­ba auch sein Abge­ord­ne­ten­man­dat ver­lie­ren. (bnr.de, 13.10.20)

Einen Tag nach Kot­le­ba erwisch­te es den Chef der grie­chi­schen Neo­na­zi-Par­tei „Gol­de­ne Mor­gen­rö­te“ (Chry­si Avgi), Nikos Mich­alo­li­a­kos, dazu auch deren gesam­te Führungsspitze.

Nach einem fünf Jah­re andau­ern­den Pro­zess wur­de zuerst die Par­tei, die 2019 aus dem grie­chi­schen Par­la­ment geflo­gen ist, selbst als „kri­mi­nel­le Ver­ei­ni­gung“ ver­ur­teilt. Danach folg­ten die Urtei­le gegen die Parteispitzen.

Mich­alo­li­a­kos muss wegen der Füh­rung einer kri­mi­nel­len Orga­ni­sa­ti­on für 13 Jah­re ins Gefäng­nis, wie das Gericht in Athen urteil­te. Gegen wei­te­re Par­tei­mit­glie­der, unter ihnen der inzwi­schen aus­ge­tre­te­ne Euro­pa­ab­ge­ord­ne­te Ioan­nis Lagos, wur­den eben­falls lan­ge Haft­stra­fen ver­hängt. (…) Ein Anhän­ger der Gol­de­nen Mor­gen­rö­te wur­de für den Mord am lin­ken Rap­per Pav­los Fys­sas zu lebens­lan­ger Haft ver­ur­teilt. (zeit.de, 14.10.20)

2013 hat­te die FPÖ-nahe rechts­extre­me Platt­form „unzen­su­riert“ noch von einer „Hexen­jagd“ gegen die Neo­na­zi-Par­tei geschwa­felt und die Ermitt­lun­gen nach dem Mord an Fys­sas wegen Bil­dung einer kri­mi­nel­len Ver­ei­ni­gung als „tak­ti­sches Manö­ver der Regie­ren­den, da die „Gol­de­ne Mor­gen­rö­te“ laut Umfra­gen zur dritt­stärks­ten Kraft im Land wer­den könn­te“ bezeich­net. Vom Urteil der ver­gan­ge­nen Woche berich­te­te „unzen­su­riert“ dann nicht mehr.

"unzensuriert" über "Golden Dawn" am 3.11.2013
„unzen­su­riert” über „Gol­den Dawn” am 3.11.2013