Schärding-Ried/OÖ: Brauner Klassiker im Innviertel
Bruck/Leitha-Konrneuburg/NÖ: Antisemitismus aus „Frust“
Feldkirch/Vbg.: Schnellläuterung vor Prozess
Salzburg: Junger Neonazi und sein Lieferant vor Gericht
Wien: „Nazikeule“ wegen Satire?
Schärding-Ried/OÖ: „Heil Hitler“ als Kurzschlussreaktion
Mühlviertel-Linz/OÖ: Mimikry-Hitlerbüste im Schlafzimmer
Schärding-Ried/OÖ: Brauner Klassiker im Innviertel
Es ist der Klassiker: einerseits vom Ort her – das Innviertel, aus dem der bereits vorbestrafte Angeklagte stammt –, andererseits die Delikte: Der junge beschäftigungslose Mann hat diverse braune Dateien, darunter auch Musik der mit dem NSU in Beziehung stehenden Musikband „Gigi und die braunen Stadtmusikanten“ mit anderen ausgetauscht und selbst mit Schwarzer Sonne und „Heil Hitler“ posiert und gegen das Waffengesetz verstoßen.
Der Innviertler hatte laut Anklage im Jahr 2017 mehrere Bilddateien, Sprachnachrichten, Videos und ein Lied der Band „Gigi und die braunen Stadtmusikanten“ mit nationalsozialistischem Inhalt über den Nachrichtendienst WhatsApp an weitere Personen weitergeschickt. Diese werden gesondert verfolgt, auch ihnen droht ein Verfahren. (…) Zudem wurden beim Beschuldigten trotz eines aufrechten Waffenverbots, das 2018 verhängt wurde, mehrere Waffen, wie Schlagringe, eine Machete und eine Schreckschusspistole gefunden. (nachrichten.at 22.7.20)
Zwei Jahre Haft, davon acht unbedingt lautete das nicht rechtskräftige Urteil am Rieder Landesgericht.
Bruck/Leitha-Konrneuburg/NÖ: Antisemitismus aus „Frust“
Es wäre interessant zu erfahren, wie der „Frust“, den der 33-jährige Angeklagte während der Flüchtlingskrise nach Eigenaussage verspürt habe, antisemitische Äußerungen erklärt oder gar rechtfertigt. Oder die Hakenkreuzfahne und das Hitler-Porträt, womit der Angeklagte sein Wohnzimmer schmückte. Ein Sonnenrad habe er sich auf seiner Brust tätowieren lassen wollen, das sei aber nicht fertig geworden, darum ist’s bei einem Hakenkreuz geblieben. „Mittlerweile habe er das Tattoo entfernen lassen. Das Gericht verurteilte den Angeklagten schließlich zu 18 Monaten bedingter Haft. Nicht rechtskräftig.“ (noen.at, 30.7.20)
Feldkirch/Vbg.: Schnellläuterung vor Prozess
Die Weihnachtsfeiertage scheinen dem 33-jährigen Angeklagten nicht gut getan zu haben. Am Stefanitag habe der ehemalige Skiliftmitarbeiter attackenartig innerhalb von 30 Minuten diverse braune Bilder und Sprüche via WhatsApp an seine Arbeitskollegen geschickt. Ziemlich flott scheint dann auch eine Läuterung eingetreten zu sein.
Der Angeklagte hatte unter anderem Bilder von Adolf Hitler verschickt, versehen mit Sprüchen wie „Guter Junge“ und „Nicht alle Helden tragen Masken“. Inzwischen habe er erfahren, dass der Bruder seines Großvaters im Zweiten Weltkrieg als Soldat in Russland ums Leben gekommen sei. Das habe ihm die Augen für die Gräuel von Kriegen geöffnet, sagte der Angeklagte vor Gericht. (Neue Vorarlberger Tageszeitung, 4.8.20, S. NEUE21)
Das bereits rechtskräftige Urteil: eine unbedingte Geldstrafe von 2.880 Euro. Ob dem Täter die „88“ in der Geldsumme freuen, ist nicht überliefert.
Salzburg: Junger Neonazi und sein Lieferant vor Gericht
Das Servieren von Wein gehört ja an sich zu den Kernaufgaben eines Kellners. Ein außergewöhnliches Service ließ ein 39-jähriger Salzburger jedoch einem 20-jährigen Neonazi angedeihen: Er bestellte für ihn über einen Onlineversand diverse NS-Devotionalien, darunter auch eine Flasche Wein mit Hitler-Etikett. Dafür erhielt er rechtskräftig eine außerordentliche Strafmilderung (warum?) und zehn Monate bedingte Haft. (vgl. sn.at, 5.8.20)
Hin und wieder ein paar kleine rassistische Gedanken
Eine Woche später stand dann der 20-jährige Abnehmer vor Gericht, der nicht ganz so glimpflich davonkam wie sein Lieferant. Der präsentierte sich als geläutert und meinte, dass er nur „[h]in und wieder (…) ein paar kleine rassistische Gedanken“ habe. „Ansonsten habe er ‚das alles im Griff‘. (sn.at, 12.8.20)“. Mit „das alles“ meint er seinen Hang zum Neonazismus.
Er soll zwischen 2017 und 2019 eine Vielzahl einschlägiger Postings im Internet und Nachrichten in WhatsApp-Chats getätigt und NS-Devotionalien bestellt haben. Der Angeklagte habe beispielsweise auch geplant, eine Moschee mit Schweineblut zu beschmieren, sagte die Staatsanwältin, die von einem „wirklich umfangreichen Akt“ sprach. Der 20-Jährige sei noch „von einem Jahr von der Idee des Nationalsozialismus zu 100 Prozent überzeugt gewesen“. (sn.at)
Das nicht rechtskräftige Urteil: Eine Zusatzstrafe von 24 Monaten bedingt zu einer früheren Verurteilungen. Vom Vorwurf einer Körperverletzung wurde er freigesprochen.
Wien: „Nazikeule“ wegen Satire?
Ein Freund von Alkoholflaschen mit gepflegten Etiketten, nämlich mit dem Konterfei von Adolf Hitler, ist wie der Salzburger Jung-Neonazi aus dem vorhergehenden Beitrag auch ein 39-jähriger Wiener aus Floridsdorf. Er selbst bezeichnete sich als „Freund der Satire“ und tatsächlich, das, was er da im Laufe des Prozesses an Rechtfertigungsversuchen von sich gab, könnte direkt aus der Tagespresse stammen. Da waren einmal seine WLAN-Passwörter, etwa „Gestapo 88“, „Schutzstaffel 88“ oder auch „Schutzstaffel 1“. die er sich deshalb zugelegte, um seinen Nachbarn zu provozieren – weil der ihn für einen Nazi gehalten hatte. Einem jüdischen „Freund“ ließ er ebenfalls einschlägige Nachrichten zukommen, weil auch der ihn als Nazi tituliert habe.
Wieso wohl? Vielleicht deshalb: ein Eisernes Kreuz als Tattoo am Oberarm , reihenweise verschickte Nazi-Bilder, ‑Videos und ‑Sprüche? Weil Bilder von ihm selbst mit Hitler-Maske auf seinem Computer gefunden wurden?
Die habe er bei Amazon bestellt. „Das war aus Jux. Mein Vater hat sich vor 50 Jahren als Hitler verkleidet, der ist 1935 geboren“, rechtfertigt T. sich. Warum er zweimal am 20. April Bilder mit einem Bezug zu Adolf Hitler versendet hat? „Weil ich dumm war. Ich war depressiv und habe viel getrunken. Es war eh nur eine kurze Zeit.“ – „Es war zwischen 2017 und 2019!“, korrigiert Apostol ihn. Wenig später platzt es aus dem Angeklagten heraus: „Das ist schon wieder die Nazikeule, die mir aufgedrängt wird!“, verteidigt er ein Bild. (derstandard.at, 6.8.20)
Von 28 Anklagepunkten wurde der Satire-Freund in 20 Punkten schuldig gesprochen. Er erhielt dafür 18 Monate, davon drei Monate unbedingt.
Ein bemerkenswertes Detail am Rande:
An dieser Stelle muss erwähnt werden, dass Apostol konsequent die Anklageschrift modifizieren lässt. Denn die Staatsanwältin, die das Schriftstück verfasst hat, muss sich entweder blind auf die Angaben der Ermittler des Landesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung verlassen haben – oder sie hat wenig Ahnung von Zeitgeschichte. Denn zum Anklagepunkt mit der SS-Einheit steht „Wehrmachtssoldaten“. Ein noch deutlicheres Beispiel: In der Anklage wird ein Video beschrieben mit: „Eine Person in Wehrmachtsuniform macht den Hitlergruß.“ Der Vorsitzende ändert das in: „Eine Person in SS-Uniform. Die Heinrich Himmler heißt.“ (derstandard.at)
Wer auch immer die Verantwortung für diese fehlerhaften Beschreibungen trägt: Er oder sie sollte sich im Bereich der Zeitgeschichte einer Nachschulung unterziehen!
Schärding-Ried/OÖ: „Heil Hitler“ als Kurzschlussreaktion
Er habe angeblich beobachtet, wie ein Mädchen von zwei Ausländern belästigt worden sei – so die Erklärung des 29-jährigen Innviertlers für sein Geschrei mitten in Schärding: „Tut endlich mal etwas, greift hart durch, das Ganze interessiert mich nicht mehr, Heil Hitler!“ (nachrichten.at, 12.8.20)
Beim Prozess in Ried klang die Angelegenheit schon etwas anders: „Vor Gericht räumte er ein, die Situation an jenem Abend falsch eingeschätzt zu haben. Der Heil-Hitler-Ruf sei aufgrund seiner starken Alkoholisierung eine Kurzschlussreaktion gewesen.“ (nachrichten.at)
Für diesen „Kurzschluss“ fasste der Mann neun Monate bedingt aus.
Mühlviertel-Linz/OÖ: Mimikry-Hitlerbüste im Schlafzimmer
Der 43-jährige Jürgen G. kann von einigem viel vorweisen: Er hat acht Vorstrafen und noch viel mehr Tattoos – 78 sollen seinen Körper zieren, darunter auf seiner Brust die Zahl „88“, dem Code für „Heil Hitler“. Und das war auch der Grund, warum er wegen Verstoßes gegen das Verbotsgesetz wieder vor Gericht landete. Denn die „88“ hatte er an einem Badesee zur Schau gestellt. Aber, so der Mühlviertler, er könne „ja nicht mit einem Pullover baden gehen“ (krone.at, 12.8.20). „Heute“ führt allerdings aus, dass er damit auch auf Facebook posiert hatte.
Richtiggehend kreativ ist die Erklärung für eine Hitlerbüste, die sich an einer Wand seines Schlafzimmers befunden hatte. „Den Hitlerkopf habe er in der Werkzeugkiste eines Bekannten gefunden und dann von diesem geschenkt bekommen. ‚Damit er nicht kaputt geht, habe ich ihn halt aufgehängt. Er war sehr klein und grau. Und man hat ihn auf meiner grauen Wand ja kaum gesehen”, so der Angeklagte vor Gericht.’“ (heute.at) Eine Mimikry-Büste gewissermaßen also, die sich ihrer Umgebung anpasst, damit sie nicht gesehen wird!
Und dann waren beim sich vor Gericht sich geläutert gebenden Angeklagten auch noch „abscheuliche Bilder mit Nazi-Symbolen“, die er via WhatsApp verschickt hatte und trotz Waffenverbot der Besitz von „einer Luftdruck-Pistole, einem Schlagstock, einem Spazierstock mit eingebautem Messer und einem Reizgasspray“ (heute.at). Das seien jedoch nur Sammelobjekte.
Nachdem der Staatsanwalt zum verhängten Strafausmaß – 15 Monate bedingte Haft und 1.680 Euro Geldstrafe – keine Erklärung abgeben hat, ist das Urteil nicht rechtskräftig.