„Unwiderstehlich“ nennt sich eine Neonazi-Gruppe, die seit 2016 mit einer Webseite und auch auf Facebook präsent sein will. Einer ersten Einschätzung der Gruppe, die die „Recherche Wien“ Anfang 2017 vorgenommen hat, ist eigentlich wenig hinzuzufügen. Die Versuche der personellen Expansion durch die Gründung von regionalen Ablegern auf Facebook sind mittlerweile gründlich gescheitert – öffentlich bespielt werden jetzt nur mehr die Webseite und eine einzige Facebook-Seite.
Die „Recherche Wien“ berichtete 2017 noch von Stammtischen, die via Facebook beworben wurden. Damit ist auch schon lange Schluss – die Kommunikation der Nazis hat sich auf WhatsApp und andere Kanäle verlagert. „Unwiderstehlich“ knüpft nicht zufällig an „Unsterblich“, die Nazi-Hooligans von der Wiener Austria, an, die ihre Blütezeit schon einige Jahre hinter sich haben. „Unsterblich“ ist als „Old School Austria-Unsterblich“ seit Anfang 2016 wieder mit einer Facebook-Seite präsent, pflegt dort in erster Linie aber nur dümmliche Anti-Rapid-Sprüche.
Ein Gutteil der Nazis von „Unsterblich“ hat sich mit den Nazi-Hools von Rapid-Wien und den Resten der Küssel-Jünger in der Gruppe „Unwiderstehlich“ zusammengetan. Nazi-Ideologie sticht Hooligan-Feindschaft. Bei „Unwiderstehlich“ finden sich Rapid-Nazis und Austria-Nazis, die versuchen, über die Webpräsenz braune Ideologie zu verbreiten. Wir verwenden hier den Begriff „braune Ideologie“ bewusst, weil auch die Positionierungen von „Unwiderstehlich“ in ihrer medialen Präsenz so gehalten sind, dass sie zwar erkennbar an NS-Ideologie anknüpfen, sie aber nicht klar wiedergeben: Die „Unwiderstehlichen“ kennen das Verbotsgesetz und beachten dessen Anforderungen für ihre öffentliche Webpräsenz – und in ihre Keller und WhatsApp-Gruppen hat man ja erst in der Vorwoche hineingeschaut!
Als „menschenrechtswidriges Rechtsungetüm“ versuchen die „Unsterblich“-Nazis das von ihnen so benannte „NSDAP-Verbotsgesetz“ zu denunzieren. Im Verbotsgesetz geht’s aber nicht nur um das Verbot der NSDAP und ihrer Unterorganisationen bzw. deren Neubildung, sondern eben auch – mit starken Einschränkungen – um Wiederbetätigung (§ 3g) und um Holocaustleugnung (§ 3h).
Wenn die „Unsterblichen“ über einen angeblich „pathologischen Schuldkult“ herziehen, über den „Oberzionisten Strache“, über „arbeitsunwillige Pseudoasylanten“, über die Demokratie als „Herzensangelegenheit einer kleinen, aber fanatischen Minderheit“, dann sind zwar die zentralen NS-Topoi Antisemitismus, Rassismus, Antidemokratie angesprochen und als solche erkennbar, aber doch so, dass sie nicht vom Verbotsgesetz erfasst sind.
Die „Unwiderstehlichen“ hetzen aber auch gegen „Axtmänner“, „Messermänner“, „Lumpen“ und „Sexbestien in Kutte“. Ein kurzer Text über angebliche „afghanische Sexbestien“ wird mit dem Foto eines lüstern imaginierten Schwarzen illustriert, der eine – natürlich – weiße Frau bedrängt. Wenn das nicht Verhetzung ist!
Zur Auflockerung zwischen den Hetztexten gibt es für das schüttere Facebook-Publikum von „Unwiderstehlich“ immer wieder Zitate, die man unter Nazis vermutlich als „erbaulich“ versteht. Germanische Geistesgrößen wie Bismarck, Spengler und Schopenhauer, bevorzugt aber auch Antisemiten wie Turnvater Jahn, Heinrich von Treitschke („Die Juden sind unser Unglück“) und Julius Langbehn werden da exhumiert, damit sie in den braunen Stammbüchlein der Unwiderstehlichen für ihre Kinder ein schönes Plätzchen abgeben.
Die Unwiderstehlichen sind trotz der Vereinigung von Rapid- und Austria-Nazihools bei ihrer personellen Expansion gescheitert. Die Hausdurchsuchungen wurden bislang weder auf der Facebook-Seite noch auf der Webseite von „Unwiderstehlich“ irgendwie kommentiert. Nur am zeitweiligen Abtauchen von „Baldur Wien“, der zur Kerntruppe von „Unwiderstehlich“ zählt, und einiger anderer aus der Stammbelegschaft auf Facebook war erkennbar, dass es Bewegung bei den braunen Kameraden gibt.
„Baldur Wien“ ist mittlerweile wieder aufgetaucht. Der ist zuletzt unangenehm aufgefallen, weil er 2018 im Parlament als Security-Mitarbeiter ausgerechnet im Untersuchungsausschuss zum Verfassungsschutz tätig war. Als vorläufiges Ergebnis der Hausdurchsuchungen von letzter Woche kann übrigens auch festgehalten werden, dass gleich mehrere der Hausbesuchten als Security-Personal tätig sind. Dass sich in diesem Bereich selbst vorbestrafte Neonazis ohne Problem (wieder)betätigen können, haben wir 2019 in einer dreiteiligen Serie beschrieben.