„Rechtsextremes Gedankengut weist dieser zwar stets von sich“, schreibt „Der Standard“ 2018 über Stefan Magnet, als er das rechte Modelabel „Heimatmode“ für „fesche Faschos“ gegründet hatte, oder, wie Vice Magnets Produktpalette in einer lesenswerten Analyse benannt hatte, mit rechtextremer Symbolik „für rechte Fashionistas”.
Magnets „Heimatmode“ scheint inzwischen still und leise den Bach hinuntergegangen zu sein, die Facebook-Seite ist weg, bei Aufruf des Onlineshops erhält man Sicherheitswarnungen und tut besser daran, nicht weiter zu klicken. Durchaus passend angesichts des ideologischen Backgrounds!
Magnet hat seine sichtbaren Aktivitäten immer mehr zu der im oberösterreichischen Brunnenthal ansässigen Postille „Wochenblick“ verlegt, die vom Rechtsextremismus so weit weg ist wie Brunnenthal von Brunnenthal. Dazu gibt er auf Facebook immer wieder Einblick in seine – ebenso gar nicht rechtsextreme – Gedankenwelt. Etwa zum letzten Muttertag. Da finden die rechten Kameraden alljährlich ihre Erfüllung darin, den Frauen ihre Rolle, die selbstverständlich immer ans Muttersein gekoppelt ist, zuzuweisen. Magnet war davon bereits zwei Tage vorher, just am 8. Mai, als andere den Jahrestag der Befreiung vom Nazi-Terror feierten, beseelt:
„Zum bevorstehenden Muttertag: Ein Hoch den mütterlichen und kämpferischen Frauen.“, schwadroniert er zum Foto eines Textausschnitts in Frakturschrift:
Gerade der kriegerische Norden, das Land der Pflicht, die Heimat der Starken, die in ihrer Ordnung das Gesetz verkörpern, wird die mütterlichen Frauen, die entthronten Königinnen des Lebens, in ihr Reich zurückführen. Der starke, gesetzesbewußte kämpferische Mann sehnt sich um der Vollendung der Schöpfungseinheit willen nach der mütterlichen Frau, die nicht sein Spielzeug, sondern seine Gefährtin, seine Mitschöpferin sein soll.
Diese wahrlich jeden kriegerisch-nordisch veranlagten und zeugungswilligen Mann erfüllenden Zeilen stammen aus der Feder des deutschen Nazi-Schriftstellers Kurt Eggers, der seine NS-linientreuen Vorstellungen über Frauen 1935 in der Schrift „Von der Heimat und ihren Frauen“ verewigt hat.
Eggers, 1905 in Berlin geboren, gehört zweifellos zu den sehr frühen und widerlichsten rabiat-völkischen Protagonisten aus der Vor-NS-Zeit, dessen Werdegang der Historiker Elmar Vieregge in einem Aufsatz schon mit dem Titel „Rezeption eines historischen Gewalttäters“ (1) hinlänglich charakterisiert. So ist auch im Wikipedia-Eintrag zum jungen Eggers zu lesen: „Eggers hohe Gewaltbereitschaft vor allem Juden gegenüber brachte ihm in der Schule den Beinamen ‚Eggers, der Judentöter’ ein.“
Eggers war einer jener vorher chronisch erfolglosen Figuren, die ab der nationalsozialistischen Machtübernahme 1933 in Deutschland auch schnell Karriere gemacht haben. Eggers trat in die SS ein, wo er 1936 zum Leiter der Abteilung Feiergestaltung im „Rasse- und Siedlungshauptamt“ avancierte. Zum Kriegseinsatz meldete sich der fanatisierte Eggers freiwillig und diente als Kompaniechef in der für ihre zahllosen (auch in Österreich begangenen) Kriegsverbrechen bekannten 5. SS-Panzer-Division „Wiking“. Nachdem Eggers 1943 an der Ostfront umgekommen war, wurde eine Propaganda-SS-Standarte nach ihm benannt.
Unter Alt- und Neonazis ist Eggers wegen seiner konsequenten Haltung Thema und Vorbild. Sichtbar wurde dies nicht nur in diversen Nachdrucken seiner literarischen Hinterlassenschaft und einschlägigen Publikationen, in denen das Ideal des für die deutsche Heimat kämpfenden Dichters propagiert wurde und wird, sondern auch in Neonazi-Foren wie „altermedia“ und „Thiazi“ und sogar im Rechtsrock, wo 2011 Texte von Eggers von der NSHC-Band (2) „Thrima“ vertont wurden.
Vierrege fasst Eggers’ Beliebtheit in der rechtsextremen Szene so zusammen:
Mit Kurt Eggers steht heutigen Rechtsextremisten ein kulturell tätiger Frontkämpfer als Vorbild zur Verfügung, der nicht nur Theoretiker, sondern Handelnder war. Zu verdanken haben sie dies der ideologischen Transferarbeit jahrzehntelang tätiger Altnazis, die Ideologieelemente aus der Zeit des „Dritten Reichs“ bewahrt und unter jungen Aktivisten verbreitet haben.
Wer den außerhalb der braunen Szene weitgehend unbekannten Eggers zitiert, tut das in der Regel nicht zufällig. Wer also ausgerechnet diesen nationalsozialistischen Gewalttäter aus seinem Fundus fischt, um ein Hoch auf die Mütter loszuwerden, muss sich schon die Frage gefallen lassen, wie sehr er selbst in jenem Gedankengut verhaftet ist, das Eggers propagiert.
Gut, diejenigen, die Magnets tiefbraunes Mütter-Hoch gelikt haben, können, aber müssen nicht wissen, aus wessen Feder die dem Posting angehefteten Zeilen stammen. Da helfen wir mit diesem Beitrag gerne, etwa der ehemaligen Mitarbeiterin des FPÖ-Parlamentsklubs und Bezirksratskandidatin 2015, Bernadette C., oder dem ehemaligen Braunauer FPÖ-Vizebürgermeister Christian Schilcher, der 2019 wegen seines Rattengedichts den Hut nehmen musste oder Martina Grabmayr, Ehefrau des Linzer FPÖ Gemeinderats Wolfgang Grabmayr und Obfrau jenes Vereins, der Räumlichkeiten in der Linzer „Villa Hagen“ an die Identitären vermietet hatte (3).
Update 22.5.20: Magnet hat sein Muttertagsposting inzwischen gelöscht.
Fußnoten
1 Elmar Vieregge, Rezeption eines historischen Gewalttäters. Die Bedeutung von Kurt Eggers als Freikorpskämpfer, NS-Dichter und SS-Soldat für den Rechtsextremismus. In: Armin Pfahl-Traughber (Hg.), Jahrbuch für Extremismus- und Terrorismusforschung 2013, Brühl/Rheinland 2013, S. 95–112. (unter: https://docplayer.org/10573566-Extremismus-terrorismus.html)
2 NSHC: Kürzel für National Socialist Hardcore
3 vgl. https://www.diepresse.com/5606040/identitare-linzer-burgermeister-will-weiter-mit-fpo-regieren