Bei der Befragung von Elmar Podgorschek durch den Untersuchungsausschuss des Nationalrates wurde der Landesrat von der SPÖ-Abgeordneten Sabine Schatz mit einem Foto konfrontiert, das ihn 2006 bei der sogenannten „Palm-Feier“ von Burschenschaftern und Neonazis 2006 in Braunau zeigt. Den Zeitpunkt, zu dem das Foto geschossen wurde, konnte der Landesrat sogar ziemlich exakt benennen („Es ist elf bis zwölf Jahre alt“), auch sich selbst erkannte er auf dem Foto wieder, bei seinen restlichen Beobachtungen zu diesem Termin wurde er allerdings ziemlich unpräzise.
Wir zitieren hier zunächst einmal den Live-Ticker des „Standard“ mit Podgorscheks Antwort auf die Frage, in welchem Zusammenhang das Foto entstanden sei:
2006, damals habe er keine politische Funktion ausgeübt. Man habe ein Gedenken veranstaltet anlässlich des 200. Todestages eines Freiheitskämpfers (Palm-Gedenken), sagt Podgorschek.
Die Polizei sei anwesend gewesen und er wurde darauf hingewiesen, ‚dass ein Herr Küssel, denn ich nicht kannte’ anwesend sei. Er habe nicht mit ihm gesprochen und ihn auch nicht gekannt. Er wolle mit dem Herrn auch nichts zu tun haben, aber im öffentlichen Raum würde man eben Fotos schießen.
Das geht schon noch etwas genauer, Herr Landesrat!
Keine politische Funktion?
Die Behauptung von Podgorschek, wonach er 2006 – zum Zeitpunkt der Palm-Kundgebung – keine politische Funktion ausgeübt habe, ist stark untertrieben. Podgorschek war im August 2006 zwar nur Gemeinderat der Stadt Ried (vorher war er schon Vizebürgermeister und Stadtrat), aber ab 2005 in der Strache-Partei Mitglied des Bundesparteivorstandes und ab Jänner 2006 stellvertretender FPÖ-Landesparteiobmann in Oberösterreich (siehe auch OTS zum Lebenslauf) .
Gedenken woran?
Der damalige Landesparteiobmann der FPÖ OÖ, Lutz Weinzinger, war es denn auch, der die geniale Idee hatte, einen Aufmarsch von Burschenschaftern zum 200. Todestag des Buchhändlers Palm zu veranstalten, der 1806 auf Befehl von Napoleon hingerichtet worden war. Der Braunauer Verein für Zeitgeschichte hatte für den 26. August 2006 zwar auch eine Feier im Braunauer Palm-Park angesetzt, aber an der wollten Weinzinger und seine Burschis nicht teilnehmen. Die wollten nämlich in Simbach (BRD) und in Braunau aufmarschieren, um so wohl besser die symbolische Bedeutung von Palm für – sagen wir’s doch offen! – das „deutsche Volk“ zur Geltung zu bringen. „Palm ist für die Freiheit unseres Volkes gestorben“, erklärte Weinzinger zunächst in Simbach und enthüllte dort eine Gedenktafel .


Später dann, beim Palm-Denkmal in Braunau, durfte Herwig Nachtmann, Burschenschafter und 1995 wegen Veröffentlichung eines holocaustleugenden Artikels zu einer Geld- und bedingten Haftstrafe verurteilt, zum Thema „Pressefreiheit“ eine Rede halten, an der selbst der Neonazi, der unter dem Pseudonym „Dr. Brandt“ in diversen Neonazi-Foren kommentierte, nichts auszusetzen hatte:
Am Palm-Denkmal hielt schließlich Herwig Nachtmann eine sehr gute Rede. Da gab es wirklich nichts daran auszusetzen. Sie enthielt alle wesentlichen Punkte unserer Weltsicht. Durch den Rückblick in unsere Geschichte, insbesonders die des durch Besatzerhand gemordeten Palm, wurde an der Deutschheit Österreichs kein Zweifel gelassen.

Keiner kannte Küssel und die anderen braunen Buben?
Mitten unter den Burschenschaftern marschierten am 26. August 2006 auch Neonazis mit. Das ist schon deshalb nicht verwunderlich, weil es bei den Burschenschaftern ja auch Neonazis gibt. Dass Neonazis und Rechtsextreme bei dem Aufmarsch zugegen sein würden, war schon im Vorfeld der Kundgebung bekannt – sowohl die Polizei in Österreich als auch auf deutscher Seite war darauf vorbereitet.
Dass – neben etlichen anderen Neonazis – der weitum bekannte Neonazi und Burschenschafter Gottfried Küssel nur dem armen Elmar Podgorschek nicht bekannt war, müssen wir so zur Kenntnis nehmen. Aber die anderen, die oberösterreichischen Neonazis, die auch mitmarschierten?
Seinem Obmann Weinzinger war Küssel jedenfalls gut bekannt. In einer Zeitung hatte der – ebenfalls 2006 – Küssel einen „Idioten“ genannt. Die Beschimpfung nahm Weinzinger dann in einer Ehrenerklärung wieder zurück: „Als Mann der Ehre, der keinen anderen Ehrenmann in seiner Ehre anpatzt, habe ich gewusst, was sich gehört.“ (derstandard.at, 15.4.11)
Einige Neonazis, die nicht Burschenschafter waren, aber am Burschenschafter-Auftrieb in Braunau/Simbach teilnahmen, marschierten zumindest zeitweise unmittelbar hinter Podgorschek. Wollten sie dem aufstrebenden blauen Star, der damals noch so tief stapelte, proaktiv schaden? Durch eine Umgarnung?
Die braunen Buben waren jedenfalls leicht erkennbar, weil sie sich mit trachtigen Lederhosen maskiert hatten. Der Kundgebungsleiter, vermutlich Weinzinger, hätte also durchaus die Möglichkeit gehabt, die Neonazis zum Verlassen der Kundgebung aufzufordern. Das ist nicht geschehen – im Gegenteil, es wurde gelacht und gefeixt. Von Distanz war nichts zu bemerken. Ein Foto zeigt Podgorschek, wie er sich zu den hinter ihm marschierenden Neonazis umdreht. Vermutlich hat er ihnen empört zugerufen: „Schleicht’s Euch, Ihr braunen Buben!“ Aber leider hat es niemand gehört.
