Wochenschau KW 20/20

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Zwei­mal Whats­App und zwei­mal (mut­maß­li­che) Neo­na­zis: ein­mal bei den Recken rund um Gott­fried Küs­sel, die in der ver­gan­ge­nen Woche Besuch bekom­men haben und ein­mal bei einem Nie­der­ös­ter­rei­cher, der für sei­ne ein­schlä­gi­gen Nach­rich­ten bereits den Gang vors Gericht absol­vie­ren muss­te. Wie bil­lig jemand davon kom­men kann, der mit sei­nem Auto auf einen Men­schen zurast, zeigt die Kärnt­ner Jus­tiz in befremd­li­cher Weise.

Bezirk Scheibbs/NÖ: (nicht nur) ein Schnee­mann mit Hitlergruß
Kärn­ten: mit Auto auf Mann aus dem Kon­go losgerast
Wien, Nie­der­ös­ter­reich, Stei­er­mark: Raz­zi­en bei Neonazis

Bezirk Scheibbs/NÖ: (nicht nur) ein Schnee­mann mit Hitlergruß

Sozia­le Defi­zi­te auf­grund eines kör­per­li­chen Gebre­chens führ­te der Ver­tei­di­ger des 28-Jäh­ri­gen aus dem Bezirk Scheibbs an, die den Mann vir­tu­ell mit dem fal­schen Milieu in Kon­takt gebracht hät­ten. Der muss­te sich nun für Bei­trä­ge, die er wäh­rend der letz­ten Jah­re via Whats­App ver­schickt haben soll, wegen Wie­der­be­tä­ti­gung ver­schickt hat­te, vor Gericht in St. Pöl­ten ver­ant­wor­ten. 

Ange­fan­gen von ver­harm­lo­sen­den Dar­stel­lun­gen, etwa eines Schnee­man­nes, der mit NS-Sym­bo­len aus­ge­stat­tet die rech­te Hand zum Hit­ler­gruß nach vor­ne streckt, über Bil­der sei­nes Wohn­zim­mer­ver­bau­es mit zahl­rei­chen ein­schlä­gi­gen Devo­tio­na­li­en, bis hin zu zahl­rei­chen Fotos, auf denen er selbst mit nack­tem Ober­kör­per posiert, der – über­sät mit Tat­toos – auch jede Men­ge ein­schlä­gi­ge Sym­bo­le auf­weist. (meinbezirk.at, 11.5.20)

Das rechts­kräf­ti­ge Urteil: eine beding­te Frei­heits­stra­fe von 18 Mona­ten mit Bewäh­rungs­hil­fe für die drei­jäh­ri­ge Probezeit.

Kärn­ten: mit Auto auf Mann aus dem Kon­go losgerast

Ein kaum wahr­ge­nom­me­ner, aber wider­li­cher Vor­fall hat sich im letz­ten Novem­ber in Kärn­ten abge­spielt. 

Der 37-jäh­ri­ge Pries­ter, der aus dem Kon­go stammt, rei­nig­te nach eige­nen Anga­ben die Rück­sei­te sei­nes Autos auf einem Park­platz, als ihm plötz­lich ein Auto auf­fiel, das mit über­höh­ter Geschwin­dig­keit auf ihn zuras­te. Er konn­te sich mit einem Sprung zur Sei­te gera­de noch ret­ten, sag­te der Geist­li­che im Gerichts­pro­zess am Diens­tag aus. (kaernten.orf.at, 13.5.20)

Damit nicht genug: Der am Steu­er sit­zen­de 37-jäh­ri­ge Feld­kir­che­ner soll dann aus dem Auto aus­ge­stie­gen sein und mehr­fach „Brauchst Du Bana­nen?“ von sich gege­ben haben. Vor Gericht war dann alles anders, zumin­dest wenn es nach dem Anklag­ten geht: „Er habe es an die­sem Tag sehr eilig gehabt, da er zu einem Gerichts­ter­min muss­te. Er habe den Pries­ter gese­hen, sei aber nicht mit über­höh­ter Geschwin­dig­keit und schon gar nicht absicht­lich auf ihn zuge­fah­ren.“ Und: Er habe nicht von Bana­nen gespro­chen, son­dern gefragt, ob der Pries­ter eine Pan­ne habe. Sehr anstän­dig vom Ange­klag­ten, trotz gro­ßer Eile und Zeit­druck – immer­hin ist ein Gerichts­ter­min ja ein­zu­hal­ten – jeman­den bei einer Pan­ne hel­fen zu wol­len, oder zumin­dest nachzufragen.

Ganz so hat es der Rich­ter aller­dings nicht gese­hen: Der bereits nach dem Ver­bots­ge­setz ver­ur­teil­te Feld­kirch­ner wur­de (nicht rechts­kräf­tig) wegen Nöti­gung zu einer Geld­stra­fe von 960 Euro und zu einer Ver­län­ge­rung der Pro­be­zeit auf fünf Jah­re für jene Bewäh­rungs­stra­fe, die er wegen Wie­der­be­tä­ti­gung auf­ge­fasst hat­te, verurteilt.

Was ler­nen wir dar­aus? Da kann jemand direkt auf eine Per­son mit dem Auto los­fah­ren, auch noch mit ras­sis­ti­schen Beschimp­fun­gen nach­le­gen und wird dafür zu einer nied­ri­gen Geld­stra­fe ver­ur­teilt. Berich­tet wur­de dar­über übri­gens aus­schließ­lich auf der Kärnt­ner ORF-Web­site und mit einer Kurz­no­tiz in der Kro­nen Zei­tung (4.5.20, S. 20), die berich­tet, der Feld­kir­che­ner „sei rasant in eine Park­lü­cke gefah­ren – so rasant, dass sich ein Pries­ter nur durch einen Sprung zur Sei­te ret­ten konn­te“.

Wien, Nie­der­ös­ter­reich, Stei­er­mark: Raz­zi­en bei Neonazis

Am Frei­tag berich­te­te der Kurier von ins­ge­samt 24 Haus­durch­su­chun­gen bei 19 oder 20 Per­so­nen (hier diver­gie­ren die Medi­en­be­rich­te), die dem Neo­na­zi­mi­lieu zuzu­rech­nen sind. 

Am Mitt­woch sol­len laut KURIER-Infor­ma­tio­nen mehr als 300 Poli­zis­ten in Öster­reich zuge­schla­gen haben. 24 Woh­nun­gen, davon 18 in [Wien], vier in Nie­der­ös­ter­reich und zwei in der Stei­er­mark wur­den fast zeit­gleich von den Behör­den gestürmt. Auf­trag­ge­ber war die Staats­an­walt­schaft Wien. In eini­gen Fäl­len muss­te die Son­der­ein­satz­trup­pe Cobra oder die WEGA die Türen auf­bre­chen. Bei den Haus­durch­su­chun­gen wur­den zahl­rei­che Com­pu­ter , Daten­trä­ger, Mobil­te­le­fo­ne und auch Devo­tio­na­li­en aus der NS-Zeit sicher­ge­stellt. Qua­si neben­bei wur­de auch eine klei­ne­re Men­ge Can­na­bis gefun­den. Die genaue Aus­wer­tung ist der­zeit noch im Lau­fen, heißt es. (kurier.at, 15.5.20)

Offen­bar wur­de auch bei jenem Mann aus der brau­nen Sze­ne geklin­gelt, der auf Face­book unter „Bal­dur Wien“ unter­wegs war – der Account ist mitt­ler­wei­le off­line – und 2018 im Par­la­ment als Secu­ri­ty Dienst getan hat­te. In wel­ches wei­te­re Umfeld die aktu­el­len Durch­su­chun­gen geführt hat­ten, ist selbst mit gerin­gen Hin­ter­grund­kennt­nis­sen klar: Es ist jenes, das sich um Gott­fried Küs­sel, alpen-donau.info und „Unwi­der­steh­lich“ ver­sam­melt hat. Das bestä­tigt auch ein Arti­kel aus „oe24“:

Gott­fried Küs­sel selbst ist auf Whats­App nicht aktiv. Der eins­ti­ge VAPO-Anfüh­rer tele­fo­niert auch kaum. Er passt offen­sicht­lich nach zwei lan­gen Gefäng­nis­auf­ent­hal­ten genau(er) auf. Per­so­nen aus sei­nem Umfeld – vie­le von ihnen waren schon bei dem eins­ti­gen Neo­na­zi-Ver­ein „Reich“ invol­viert – hat­ten via Whats­App-Grup­pen aber kein Geheim­nis aus ihrer absur­den Gesin­nung gemacht. 19 Per­so­nen hat­ten nach dem Ver­bots­ge­setz Rele­van­tes geschrie­ben. (…) Die Ver­däch­ti­gen sind zwi­schen 20 und über 50 Jah­re alt, sie arbei­ten teils als Secu­ri­tys, teils bei der Gemein­de Wien, eini­ge von ihnen sind arbeitslos.

Neben NS-Devo­tio­na­li­en sei­en bei den Durch­su­chun­gen auch diver­se Waf­fen (Gewehr, eine abge­säg­te Pump­gun sowie jede Men­ge Stahl­ru­ten und Schlag­rin­ge) sicher gestellt worden.