„Baldur Wien“ im Parlament

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Wenn sich jemand selbst Bal­dur nennt (und nicht Bal­dur heißt), dann ist er sich ver­mut­lich über die Wir­kung sei­nes Namens­wun­sches im Kla­ren. Bal­dur, das ist der tra­gi­sche nor­di­sche Gott, Sohn von Odin, der durch einen Mis­tel­zweig zu Tode kommt. Bal­dur, das ist aber auch Bal­dur von Schi­rach, der Nazi, „Reichs­ju­gend­füh­rer“ und Gau­lei­ter von Wien. Wenn sich einer „Bal­dur Wien“ nennt, dann sieht er sich wohl eher in der Tra­di­ti­on des Bal­dur von Schirach.

„Bal­dur Wien“ nennt sich jener Nazi auf Face­book, der als Secu­ri­ty-Mann von G4S im Par­la­ment ein­ge­setzt war und vor weni­gen Tagen vom Stan­dard-Jour­na­lis­ten Fabi­an Schmid im Medi­en­raum des BVT-U-Aus­schus­ses erkannt und ent­tarnt wor­den ist. Der Schi­rach Bal­dur ver­such­te sich durch Flucht in den letz­ten Tagen des Krie­ges sei­ner Ver­ant­wor­tung zu ent­zie­hen, der „Bal­dur Wien“ ver­steckt sich auch nach sei­ner Ent­tar­nung noch immer hin­ter sei­nem Pseud­onym, obwohl doch schon ziem­lich vie­le wis­sen, wer er ist und wie er wirk­lich heißt.

Facebook-Header von Thomas K.-C. alias Baldur Wien "Odins Raben sehen eure Taten !"

Face­book-Hea­der von Tho­mas K.-C. ali­as Bal­dur Wien

Wer ist „Bal­dur Wien“?

Was sich schwer abstrei­ten lässt: „Bal­dur Wien“ ist ein schwe­rer Anti­se­mit. Als der hier schon mehr­mals vor­ge­stell­te Neo­na­zi Wolf­gang L. ali­as „Sowi­lo“ das Ende sei­ner Face­book-Sper­re ankün­digt und ihm eine Nazi-Tan­te zuju­belt, dass sie ein Gesuch für eine früh­zei­ti­ge Ent­sper­rung ein­rei­chen wer­de, weil es ohne Wolf­gang L. „fad“ sei, da kotzt unser Par­la­ments­wäch­ter „Bal­dur Wien“ dazu:

Unterhaltung zur Facebook-Sperre von Wolfgang L.

Unter­hal­tung zur Face­book-Sper­re von Wolf­gang L.

an wen? den zucker­berg? an juden stellt man kei­ne bit­ten“.

Bei der Gele­gen­heit fällt uns ein, dass im Neo­na­zi-Forum von alpen-donau.info ein „Bal­dur“ aus Wien aktiv war, der gegen den „Juden­sen­der Puls 4“ hetz­te und sein Vor­stel­lungs­pos­ting mit dem Gruß „88“ abschloss. War der „Bal­dur Wien“ vor Jah­ren der „Bal­dur“ aus Wien im Forum („ali­n­fo­do“) von alpen-donau? Nur wenig spä­ter taucht im Neo­na­zi-Forum „Natio­na­le Revo­lu­ti­on“ auch wie­der ein „Bal­dur“ auf, der einem Neu­ling vor­schlägt sich doch bei „stol­zund­frei“, dem Nach­fol­ge­grüpp­chen von alpen-donau, zu mel­den, wenn er Neo­na­zi-Kon­tak­te suche.

Bierseliges Treffen im Alten AKH bei Küssels Freigang Juni 2011: Küssel, Paul B., Thomas C.-K.

Bier­se­li­ges Tref­fen im Alten AKH bei Küs­sels Frei­gang Juni 2016: Küs­sel, Paul B., Tho­mas C.-K. (© recherchewien.nordost.mobi)

Egal, ob der Anti­se­mit „Bal­dur“ aus dem alpen-donau-Forum ident ist mit dem „Bal­dur Wien“ – bei­de sind Neo­na­zis und Anti­se­mi­ten, bei­de hat­ten Kon­takt zu Küs­sel. „Bal­dur Wien“ war (oder ist) Mit­glied der Wie­ner pen­na­len Bur­schen­schaft Fran­ko Che­rus­ker. Bei der fand 2010 eine Haus­durch­su­chung wegen des Ver­dachts der Wie­der­be­tä­ti­gung statt. Die Ver­mu­tung eines Zusam­men­hangs mit den Akti­vi­tä­ten der alpen-donau-Neo­na­zis um Küs­sel war nahe­lie­gend – bei der Raz­zia wur­de aber anschei­nend nichts gefun­den. 2011 – im März ging alpen-donau.info off­line und in der Fol­ge gab’s Ver­haf­tun­gen – war das Jahr der Neu­ori­en­tie­rung für eini­ge alpen-donau-Neo­na­zis. Man dis­ku­tier­te auf Der-Funke.Info dar­über, wie’s wei­ter­ge­hen soll­te. „Bal­dur Wien“ war unter sei­nem Klar­na­men auch irgend­wie dabei – hin- und her­ge­ris­sen zwi­schen offen nazis­ti­schen und frei­heit­li­chen Posi­tio­nen und Personen.

Aktivitäten und Interessen auf Facebook-Account von Thomas C. (2011)

Akti­vi­tä­ten und Inter­es­sen auf Face­book-Account von Tho­mas K.-C. (2011)

Das ist ihm offen­sicht­lich geblie­ben. Dem „Bal­dur Wien“ gefal­len heu­te auf Face­book Kom­men­ta­re von Nor­bert Hofer, Vilims­ky, Johann Gude­nus genau­so wie sol­che von Mar­kus Ripfl, dem erst vor kur­zem aus der FPÖ aus­ge­schlos­se­nen Rechtsextremen.

Ein Like von "Baldur Wien" für Harald Vilimsky

Ein Like von „Bal­dur Wien” für Harald Vilimsky

Likes von „Bal­dur Wien“ gehen an ver­schie­de­ne aka­de­mi­sche Bur­schen­schaf­ten (Teu­to­nia, Sile­sia, Liber­tas), an die FB-Sei­te des mitt­ler­wei­le ver­stor­be­nen Neo­na­zi Gerd Hon­sik, an alpen-donau.info, an die Deut­sche Bur­schen­schaft, den RFS und natür­lich an die ver­schie­de­nen Sei­ten von „Unwi­der­steh­lich“, wo „Bal­dur Wien“ sei­ne neue Hei­mat gefun­den hat.

Ein Like von "Baldur Wien" für den Mord an Ernst Kirchweger: "Besagter Kirchweger, ein aggressiver Wirrkopf, wurde in den 19060ern von einem beherzten Studenten in einem putativen Notwehrakt neutralisiert."

Ein Like von „Bal­dur Wien” für den Mord an Ernst Kirch­we­ger: „Besag­ter Kirch­we­ger, ein aggres­si­ver Wirr­kopf, wur­de in den 1960ern von einem beherz­ten Stu­den­ten in einem puta­ti­ven Not­wehr­akt neutralisiert.”

Dass er auch die neo­na­zis­ti­sche „Gefan­ge­nen­hil­fe Freun­des­kreis“ likt, könn­te pro­ak­ti­ves Ver­hal­ten von ihm sein. Schließ­lich wur­de er 2015 schon ein­mal wegen Ver­dacht der Wie­der­be­tä­ti­gung vom LVT Wien ange­zeigt. Die Ermitt­lun­gen wur­den aller­dings wie­der ein­ge­stellt, wie Peter Pilz in einer Pres­se­kon­fe­renz am 20.11. mitteilte.

Sein Like für das Bun­des­heer hat ver­mut­lich einen per­sön­li­chen Hin­ter­grund. „Bal­dur Wien“ hat sich nicht nur beim Bun­des­heer für ein Jahr ver­pflich­tet und war aus­ge­rech­net Ende 2015 für meh­re­re Mona­te in Kärn­ten im Assis­tenz­ein­satz zur Grenz­si­che­rung tätig, son­dern hat dort auch einen Vater in hoher Funk­ti­on. Danach war „Bal­dur Wien“ für ver­schie­de­ne Secu­ri­ty-Fir­men tätig und lan­de­te schließ­lich 2018 bei G4S im Par­la­ment. Auf der Face­book-Sei­te von Johann Gude­nus erteil­te „Bal­dur Wien“ vor eini­gen Mona­ten bereit­wil­lig Aus­kunft, wie man ins Par­la­ment hin­ein­kommt: „Alle Abge­ord­ne­ten sowie deren Mit­ar­bei­ter dür­fen das Haus ohne Kon­trol­le betre­ten. Kon­trol­liert wer­den nur Gäs­te und Besu­cher“.

Was „Bal­dur Wien“ dabei ver­ges­sen hat anzu­mer­ken: Zeit­wei­se war er für die­se Kon­trol­len zustän­dig – anschei­nend nicht nur für die Aus­kunfts­per­so­nen im Unter­su­chungs­aus­schuss zum BVT. Dass ihm dabei sei­ne alten Bur­schen­schafts­freun­de nie über den Weg gelau­fen sind, ist ziem­lich unwahr­schein­lich. Der eine mit sei­ner beweg­ten Ver­gan­gen­heit in der VAPO ist jetzt als Pres­se­re­fe­rent im FPÖ-Klub tätig, der ande­re im Kabi­nett von Nor­bert Hofer. Ende 2011 unter­hiel­ten sich jeden­falls alle drei auf dem Face­book-Kon­to des spä­te­ren Secu­ri­ty-Bur­schen noch ganz köstlich.

Facebookunterhaltung (2011): Thomas K.-C., H.G. (Mitarbeiter Kabinett Hofer und Ex-Obmann Franko-Cherusker), H.E. (Pressereferent im FPÖ-Parlamentsklub)

Face­book­un­ter­hal­tung (2011): Tho­mas K.-C., H.G. (Mit­ar­bei­ter Kabi­nett Hofer und Ex-Obmann Fran­ko-Che­rus­ker), H.E. (Pres­se­re­fe­rent im FPÖ-Parlamentsklub)

P.S.: Wer wünscht noch im Dezem­ber 2016 mit einem Wehr­machts­fo­to aus 1940 „Fro­he Weihnachten“?

Pressemitarbeiter im FPÖ-Klub (Ex-Vapo) teilt auf Facebook Wehrmacht-Bild

Pres­se­mit­ar­bei­ter im FPÖ-Klub (Ex-Vapo) teilt auf Face­book Wehrmacht-Bild

Deutsche Weihnacht 1940 Weihnachtsringsendung

Deut­sche Weih­nacht 1940 Weihnachtsringsendung