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Braune Problembären im Dienst der Polizei?

Einer par­la­men­ta­ri­schen Anfra­ge der SPÖ-Abge­­or­d­­ne­­ten Sabi­ne Schatz bzw. ihrer Beant­wor­tung durch Innen­mi­nis­ter Wolf­gang Peschorn ver­dan­ken wir span­nen­de Ein­sich­ten, wie man im Innen­mi­nis­te­ri­um bzw. bei der Poli­zei mit wegen Wie­der­be­tä­ti­gung ver­ur­teil­ten Poli­zis­ten umgeht. Dass 2018 und in der ers­ten Jah­res­hälf­te 2019 ins­ge­samt fünf Poli­zis­tIn­nen mit Ver­fah­ren bzw. Ermitt­lun­gen wegen NS-Wie­­der­­be­­tä­­ti­­gung kon­fron­tiert sind, ist auch nicht gerade […]

14. Aug 2019

Wir wol­len uns an die­ser Stel­le nicht wirk­lich aus­ma­len, wie die Ant­wort eines Innen­mi­nis­ters Kickl auf die­se Anfra­ge aus­ge­fal­len wäre: wegen Daten­schutz und lau­fen­der Ermitt­lun­gen lei­der kei­ne Ant­wort möglich?

So aber wis­sen wir, dass der Poli­zei­be­am­te aus Nie­der­ös­ter­reich, der bei der Poli­zei­di­rek­ti­on Wien sei­nen Dienst ver­sieht und von uns aus­führ­lich vor­ge­stellt und auch durch eine Sach­ver­halts­dar­stel­lung gewür­digt wur­de, trotz Ver­ur­tei­lung durch ein Geschwo­re­nen­ge­richt (Anfang Juni 2019 in St. Pöl­ten wegen Wie­der­be­tä­ti­gung zu einer beding­ten Haft­stra­fe zu 12 Mona­ten – noch nicht rechts­kräf­tig) wei­ter­hin als Poli­zist tätig sein darf. Dem „Stan­dard“ wur­de Anfang Juni 2019 dazu erklärt, dass es noch ein paar Wochen dau­ern kön­ne, bis dazu dienst­recht­lich eine Klä­rung erfol­ge. Der­wei­len wür­de der Beam­te im Innen­dienst – ohne Waf­fe – beschäf­tigt. Bis zum Zeit­punkt der Anfra­ge­be­ant­wor­tung hat sich dar­an offen­sicht­lich nichts geändert.

Polizist aus NÖ teilt NS-nahe Inhalte
Poli­zist aus NÖ teilt NS-nahe Inhalte

Dass sol­che Über­gangs­zu­stän­de im Innen­dienst jah­re­lang andau­ern kön­nen, wis­sen wir etwa auch aus dem Fall des Poli­zis­ten Bern­hard B., dem sei­ne brau­nen Akti­vi­tä­ten eben­so wenig gescha­det haben wie sei­ne Ver­ur­tei­lung nach einen Ver­kehrs­un­fall, bei dem er als alko­ho­li­sier­ter Len­ker meh­re­re Per­so­nen erheb­lich verletzte.

In der Anfra­ge­be­ant­wor­tung wies der Minis­ter auch dar­auf hin, dass noch gegen wei­te­re vier Poli­zis­tIn­nen Ermitt­lun­gen wegen Wie­der­be­tä­ti­gung statt­fin­den wür­den: gegen drei Grup­pen­in­spek­to­rIn­nen in der Stei­er­mark und gegen einen in Kärn­ten. Bei dem Kärnt­ner Poli­zis­ten han­delt es sich nicht um den Kla­gen­fur­ter Stadt­po­li­zis­ten, der 2015 trotz mas­sivs­ter Het­ze straf­recht­lich ver­schont blieb und dienst­recht­lich mit einer Ermah­nung davon­kam, son­dern um den Völ­ker­mark­ter FPÖ-Stadt­rat Hans Chris­ti­an Steinacher, den wir schon im Juni 2017 mit eini­gen sei­ner unfass­ba­ren Sprü­che vor­ge­stellt haben.

Auf sei­ner offi­zi­el­len Face­book-Sei­te „Stadt­rat Hans Chris­ti­an Steinacher“ stellt er sich bild­lich an der Sei­te des unter­ge­gan­ge­nen Innen­mi­nis­ters Kickl vor – damit kei­ne Zwei­fel auf­kom­men! Steinacher, der auch ein pri­va­tes Face­book-Kon­to betreibt, das jetzt aller­dings off­line ist, hat in der Ver­gan­gen­heit so ziem­lich gegen alles gehetzt, was ihm ins Visier gekom­men ist. Homo­pho­be Sprü­che und letzt­klas­si­ge aus­län­der­feind­li­che „Witz­chen“ fin­den sich bei ihm eben­so wie die Het­ze gegen die „Radi­kal­slo­we­nen“ vom (christ­li­chen) Rat der Kärnt­ner Slo­we­nen und einen Schü­ler, der zum The­ma 10. Okto­ber (Tag der Volks­ab­stim­mung 1920) für Steinacher anschei­nend zuviel Kri­ti­sches vor­ge­tra­gen hat.

"Radikalslowenen"
„Radi­kal­slo­we­nen”
Nach dem Urteil gings gleich weiter: Der FPÖ-Stadtrat lud die Abschlussklassen der NMS Völkermarkt/Velikovec zum Schweinsbraten...
Nach dem Urteil gings gleich wei­ter: Der FPÖ-Stadt­rat lud die Abschluss­klas­sen der NMS Völkermarkt/Velikovec zum Schweinsbraten

Stadt­rat Hans Chris­ti­an Steinacher, mut­maß­li­cher Nach­kom­me des ande­ren Hans Steinacher, den „Die Zeit“ in einem Bei­trag über Kärn­ten tref­fend beschrie­ben hat („Er war ein Nazi, dann war er wie­der kein Nazi und stieg nach 1945 erfolg­reich in der Par­tei­hier­ar­chie der bür­ger­li­chen ÖVP hin­auf.“), hat 2016 für das Schwimm­bad von Völ­ker­markt eine Bade­ord­nung erlas­sen, die „lan­des­üb­li­che Bade­klei­dung“ vor­schreibt. So woll­te der Blaue Steinacher sexu­el­le Über­grif­fe ver­hin­dern! Natür­lich waren Steinacher und mit ihm die FPÖ 2018 auch gegen die Insze­nie­rung des Hand­ke-Stücks „Die Stun­de da wir nichts von­ein­an­der wuss­ten“, weil es angeb­lich Gefüh­le ver­let­zen könn­te und ver­ur­teil­ten das „lin­ke Trei­ben“. Klar, dass sich H.C. Steinacher ent­schie­den gegen die Umbe­nen­nung von Stra­ßen in Völ­ker­markt aus­sprach, die nach belas­te­ten Nazis benannt sind. Als „Lin­ke Nazis“ (!) und „Abschaum“ beschimpf­te er dage­gen jene Demons­trie­ren­den, die am Dach des Wie­ner Ver­kehrs­mi­nis­te­ri­ums pyro­tech­ni­sche Gegen­stän­de zündeten.

Quelle: FPÖ Fails
Quel­le: FPÖ Fails

Und dann das: Im Zeit­raum zwi­schen Okto­ber und Dezem­ber 2018 wur­den auf Steinach­ers Face­book-Sei­te Bil­der bzw. Bei­trä­ge gepos­tet, die nach Ansicht der Staats­an­walt­schaft den Ver­dacht der Wie­der­be­tä­ti­gung und Ver­het­zung begrün­den. Die Bil­der,„bei­spiels­wei­se eine Schirm­müt­ze mit SS-Toten­kopf­sym­bol oder Comic­fi­gu­ren mit NS-Schär­pen“ (Klei­ne Zei­tung, 12.8.19) wur­den anschei­nend von bis­lang unbe­kann­ten Drit­ten auf Steinach­ers Sei­te gestellt. Ob er sie in ange­mes­se­ner Frist gelöscht hat, wird nach Aus­kunft der Staats­an­walt­schaft Kla­gen­furt der­zeit eben­so geprüft wie die Iden­ti­tät der Poster.

Das Pos­ting von Steinacher aus dem Jahr 2016, in dem er sich dar­über beklagt, dass in Köln Demos von Tür­ken pro und kon­tra Erdo­gan erlaubt blei­ben, wäh­rend eine „Demo der ech­ten Deut­schen“ ver­bo­ten wür­de, fällt unter kei­nen Straftatbestand.

"die Demo der chten Deutschen wird verboten"
„die Demo der chten Deut­schen wird verboten”

Es illus­triert nur sehr deut­lich die Gesin­nung und den Stand­ort des FPÖ-Stadt­rats und Poli­zis­ten – so wie das Pos­ting, in dem der den „Stan­dard“ als „Kom­mu­nis­ten­blattl“ denun­ziert. Die Kärnt­ner Poli­zei­di­rek­ti­on sieht der­zeit kei­ne Not­wen­dig­keit, Schrit­te gegen Steinacher einzuleiten …

Steinacher bezeichnet den "Standard" als "Kommunistenblattl"
Steinacher bezeich­net den „Stan­dard” als „Kom­mu­nis­ten­blattl”