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FPÖ Gänserndorf: Ehemaliger Bezirkssekretär für’s „Ausradieren“ des EU-Kommissions-Vizepräsidenten

Der Bezirk Gän­sern­dorf wür­de bei der FPÖ inner­par­tei­lich einen beson­de­ren Warn­hin­weis recht­fer­ti­gen. Seit Jah­ren gibt es dort immer wie­der hef­ti­ge Rei­be­rei­en zwi­schen den Funk­tio­nä­ren, Aus­trit­te, Rück­trit­te, ja sogar einen Über­tritt zur KPÖ. Außer­dem sind dort eini­ge beson­ders hef­ti­ge Rechts­aus­le­ger aktiv. Dies­mal geht es aber nicht um Mar­kus Ripfl, son­dern um den frü­he­ren Bezirks­se­kre­tär und Gemeinderatskandidaten […]

21. Jun 2017

2015 orte­te ihn die NÖN neben Mar­kus Ripfl als einen von denen im Bezirk, die „weit rechts“ ange­sie­delt sind:

„Weit rechts ange­sie­delt waren sicher­lich der ehe­ma­li­ge Anger­ner FP-Gemein­de­rat Ste­fan Nikl und der eins­ti­ge FPÖ-Bezirks­ob­mann Rudolf Fischer aus Groß-Enzers­dorf. Auch dem jet­zi­gen FP-Bezirks­se­kre­tär Juli­us Böhm aus Ober­sie­ben­brunn wird nach­ge­sagt, dass er in feucht-fröh­li­cher Run­de ger­ne inhalt­lich rechts­las­ti­ge Reden schwingt“ (NÖN, Gän­sern­dorf, 24.3.2015).

Mitt­ler­wei­le braucht Böhm, der 2015 noch bei der Gemein­de­rats­wahl für die FPÖ kan­di­dier­te, nicht ein­mal mehr eine feucht-fröh­li­che Run­de, um rechts­las­tig aus­fäl­lig zu wer­den. Mit einer feucht-fröh­li­chen FPÖ-Run­de wäre es in Ober­sie­ben­brunn ohne­hin schwie­rig. Die Par­tei schaff­te dort das Kunst­stück, bei der Gemein­de­rats­wahl von 2,8% auf 2,5% abzu­bau­en – in Stim­men aus­ge­drückt, von 35 auf 31. Lag’s viel­leicht an den KandidatInnen?

Sicher ist, dass die FPÖ im Bezirk einen star­ken Ver­schleiß an Funk­tio­nä­ren und Man­da­ta­ren hat. Im April 2008 wur­de der dama­li­ge Bezirks­ob­mann Hel­mut Leit­ner sei­ner Funk­ti­on ent­ho­ben, sein Nach­fol­ger Wal­ter Mich­alus trat Ende Okto­ber von der Funk­ti­on zurück und aus der Par­tei aus. „Ich bin weder blind noch blöd“, teil­te er der NÖN (28.10.2008) zum Abschied mit. Ihm folg­te Hubert Marek als Bezirks­ob­mann, der in die­ser Funk­ti­on sogar bis 2013 über­leb­te, ob wohl er 2010 von Juli­us Böhm und dem Ex-Bezirks­ob­mann Leit­ner als „Lügen­ba­ron“ titu­liert wur­de. War­um? Es lohnt sich dazu wie­der die Lek­tü­re der NÖN (9.11.2010):

„Obwohl Leit­ner und Böhm einst erbit­ter­te Geg­ner waren, haben sie sich nun zusam­men­ge­fun­den, um gemein­sam gegen ihr Feind­bild Marek vor­zu­ge­hen. Böhm: ‚Nach­dem bekannt wur­de, dass der ehe­ma­li­ge FP-Bezirks­kas­sier meh­re­re Tra­fi­ken über­fal­len hat, soll­te Marek so schnell wie mög­lich zurück­tre­ten. Die Über­fäl­le fan­den näm­lich, wie ein Detek­tiv­bü­ro her­aus­fand, sehr wohl wäh­rend der Amts­zeit des Kas­siers statt — auch wenn Marek dies bestreitet’ ”.

Der ange­grif­fe­ne Marek kon­tert nicht unele­gant in der NÖN:

„Böhm, der bei der Gemein­de­rats­wahl in Ober­sie­ben­brunn nichts zusam­men­ge­bracht hat, will jetzt wie­der bei uns auf­ge­nom­men wer­den. Gerüch­ten zur Fol­ge soll er einer rechts­ra­di­ka­len Grup­pie­rung bei­getre­ten sein. Und dass ich zurück­tre­te, ist ein Wunsch­den­ken von ihm“. (NÖN (9.11.2010)

Es sind vie­le Infor­ma­tio­nen über die FPÖ im Bezirk, die man durch den Streit erhält. Der ehe­ma­li­ge Kas­sier der FPÖ hat anschei­nend Tra­fi­ken über­fal­len, unser Juli­us Böhm aus Ober­sie­ben­brunn ist 2010 aus der FPÖ aus­ge­tre­ten und laut dem Gerücht, das der amtie­ren­de Bezirks­ob­mann da auf­ge­schnappt hat, einer rechts­ra­di­ka­len Grup­pie­rung bei­getre­ten. Ob und wel­cher, das bleibt unklar.

Aber auch aktu­ell – Böhm ist schon längst wie­der der FPÖ bei­getre­ten und zwi­schen­zeit­lich sogar zum Bezirks­se­kre­tär avan­ciert – zeigt er auf sei­nem Face­book-Account deut­lich sei­ne Gesin­nung. Ihm gefal­len nicht nur Gerd Hon­sik und Mar­tin Sell­ner, son­dern natür­lich auch Pegi­da, die Iden­ti­tä­ren, Info-Direkt und die Patrio­ti­sche Platt­form, das Sam­mel­be­cken der Rechts­extre­men in der AfD. Unter sei­en Face­book-Freun­den fin­det sich auch das Pseud­onym eines bekann­ten ober­ös­ter­rei­chi­schen Rechts­extre­men, des­sen Lis­te bei den Wel­ser Gemein­de­rats­wah­len wegen Wie­der­be­tä­ti­gung nicht antre­ten durf­te und Namens­ge­ber für das Pseud­onym ist. War­um befreun­det man sich mit einem Pseud­onym? Egal, wich­ti­ger ist, was Juli­us Böhm so postet.

In der öffent­li­chen FB-Grup­pe „FPÖ“ stellt ein ande­rer Rechts­au­ßen eine Mel­dung der rechts­extre­men „anonymousnews.ru“-Seite mit einem dümm­lich sexis­ti­schem (und ras­sis­ti­schem) Kom­men­tar über Lie­be bzw. Sex zwi­schen (jun­gen) Migran­ten und älte­ren Frau­en online. Mel­dun­gen wie die­se brin­gen älte­re Her­ren wie Böhm dazu, ihr Inners­tes offenzulegen:

„Die Alte soll­te sich schä­men. Hof­fent­lich prü­gelt sie der Neger irgend­wann. Ein Vibra­tor auf Kran­ken­kas­se könn­te die alten Fun­zen viel­leicht zur Räson brin­gen!!!“ (8.6.2017).

Was da geof­fen­bart wird, hat nichts mehr mit der sonst so deut­lich beton­ten blau­en Beschüt­zer­hal­tung für die Frau­en zu tun. Es ist ekel­haft, ras­sis­tisch, sexis­tisch und gewalttriefend.

Ausfälle wie diese findet der FPÖ-Bezirksobmann lediglich „nicht immer glücklich gewählt"...
Aus­fäl­le wie die­se fin­det der FPÖ-Bezirks­ob­mann ledig­lich „nicht immer glück­lich gewählt”…

Damit nicht genug. Böhm kennt auch noch ande­re Töne. Über bezeich­nen­de Wege kommt ein Bei­trag der rechts­extre­men Sei­te „Unser Mit­tel­eu­ro­pa“ auf die Time­line der FPÖ-Grup­pe. Bei der rechts­extre­men Ver­net­zungs­sei­te „Unser Mit­tel­eu­ro­pa“, die zwi­schen Job­bik, FPÖ und AfD pen­delt und von Mar­kus Ripfl flei­ßig bewor­ben wird, ist ein Bei­trag über eine angeb­li­che Äuße­rung von Frans Tim­mer­mans, Vize­prä­si­dent der EU-Kom­mis­si­on erschie­nen, wonach „mono­kul­tu­rel­le Staa­ten“ aus­ra­diert wer­den soll­ten. Fake–News pur! Im Bei­trag selbst fin­det sich sogar eine Über­set­zung der Rede von Tim­mer­mans. Bloß steht da nichts von „aus­ra­die­ren“.

Für den FPÖ-Mann Böhm ist die Sache den­noch klar. Er postet:

„Wort gegen Wort: Wir wer­den die­sen Drecks­kerl Tim­mer­mann „aus­ra­die­ren”. (29.4.2017)

Frans Timmermans, Vizepräsident der Europäischen Kommission, wird laut Böhm "ausradiert" werden...
Frans Tim­mer­mans, Vize­prä­si­dent der Euro­päi­schen Kom­mis­si­on, wird laut Böhm „aus­ra­diert” werden…

Die bei­den Pos­tings von Böhm soll­ten rei­chen, damit die Par­tei Kon­se­quen­zen zieht. Und bei der Gele­gen­heit auch mit den Admi­nis­tra­to­ren die­ser FPÖ-Grup­pe, von denen eini­ge nicht zum ers­ten Mal wegen Untä­tig­keit bei Het­ze auf­ge­fal­len sind, auf­räumt. Schließ­lich sind sie alle Funk­tio­nä­rIn­nen bzw. der FPÖ: Ber­na­dette The­re­se (Con­rads), Andrea Kell­ner, Doris Kod­nar, Odo Dös­chl und Johan­na Lau­ra Schel­len­hu­ber.
Das Pos­ting mit dem „Aus­ra­die­ren“ ist mitt­ler­wei­le (21.6., 9:00) gelöscht (es war zumin­dest bis inkl. 20.6. 17:00 online), das ande­re nicht.

Die Admins der Offenen Gruppe auf Facebook
Die Admins der Offe­nen Grup­pe auf Facebook

Nach­trag zu den Funk­tio­nä­ren im Bezirk Gän­sern­dorf: 2013 muss­te Marek als Bezirks­ob­mann abtre­ten. Ihm folg­te inte­ri­mis­tisch Rudolf Fischer, dann Rene Azin­ger, bis dann Her­bert Steindl im Juni 2014 den Schleu­der­sitz annahm. Dazwi­schen wur­de in der Bezirks-FPÖ auch sonst flei­ßig aus­ge­tre­ten, ein­ge­tre­ten (Böhm!) und aus­ge­schlos­sen. Sogar einen Über­tritt zur KPÖ gab’s. 2013 wech­sel­te der stell­ver­tre­ten­de Bezirks­par­tei­ob­mann Mar­kus Fen­drych zur KPÖ.

P.S.: Die „NÖN“ (21.6.17) berich­tet in ihrer Aus­ga­be für Gän­sern­dorf über den „Face­book-Eklat um FPÖ-Urge­stein“. Online ist eine gekürz­te Ver­si­on abruf­bar. Böhm war für die „NÖN“ für eine Stel­lung­nah­me nicht erreich­bar, Her­bert Steindl, der der­zeit den Bezirks­ob­mann der FPÖ gibt, ver­such­te sich in der Vari­an­te Ver­harm­lo­sung und Beschwich­ti­gung und bezeich­ne­te Böhm als alten, kran­ken Mann und die Het­ze­rei­en Böhms als „nicht immer glück­lich gewählt“.