Im Herbst 2015, also genau im Berichtszeitraum, wurde bekannt, dass eine vertrauliche Schulungsunterlage des Landesamtes für Verfassungsschutz (LVT) Niederösterreich, die Polizeibeamte über die Freeman- und OPPT-Bewegung instruieren sollte, offensichtlich von Sympathisanten dieser Bewegung geleakt und in Form eines 18-minütigen Videos über YouTube verbreitet wurde.
Die Schulungsunterlage war im wesentlichen eine Powerpoint-Präsentation des niederösterreichischen Verfassungsschutzes mit Handlungsanweisungen für Polizeibeamte, die mit AnhängerInnen der Freeman‑, OPPT-Bewegung „amtlich“ zu tun haben. Da das aus den Unterlagen erstellte Video von einem Schweizer Anhänger der Freeman-Bewegung, dem schwer antisemitischen Heinz Christian Tobler, online gestellt wurde, liegt ein Verdacht nahe: „Die vertrauliche Dokumentation wurde somit von einem oder mehreren Beamten elektronisch gezielt an jene verschickt, die Gegenstand der Dokumentation sind — ein Datenleck.“ (Profil Nr. 45 vom 2.11.2015)
Seither wird wegen Amtsmissbrauch und Geheimnisverrat ermittelt. Auch wenn die Ermittlungen gegen „unbekannte Täter“ laufen, ist es ziemlich offensichtlich, dass Polizeibeamte die Unterlagen weitergegeben haben. Polizisten, die mit der Freeman- oder OPPT-Bewegung sympathisieren?
2014 musste die Polizei im Juli mit beachtlicher Mannstärke in Hollenbach (Bezirk Waidhofen/Thaya) gegen AnhängerInnen der OPPT-Bewegung einschreiten und rund 40 von ihnen festnehmen. Mehr als 100 OPPT-Fans waren auf dem Bauernhof zusammengeströmt, um einem „Volkstribunal“ gegen eine Anwältin beizuwohnen. Mit ihrem Einsatz stoppte die Polizei die Selbstjustiz der OPPT-Fans. Zum ersten Mal waren Öffentlichkeit und Polizei in Hollenbach mit einem derart massiven und militanten Aufmarsch der OPPT-Anhänger konfrontiert.
Bis zu diesem Zeitpunkt waren in Österreich nur einzelne AnhängerInnen der ideologisch deutlicher als rechtsextrem erkennbaren „Reichsbürger“-Bewegung aufgefallen, etwa jener Kärntner „Reichsbürger“, der sich 2012 bei einer Verkehrskontrolle mit einem „Reichsausweis“ legitimieren wollte.
Anfang 2015 kündigten Anhänger der OPPT- bzw. Freeman-Bewegung an, Gerichtssäle für „Naturrechts“-Verhandlungen beschlagnahmen zu wollen, was zur Folge hatte, dass an 18 namentlich genannten Gerichtsstandorten tatsächlich die Sicherheitsmaßnahmen verstärkt wurden. Spätestens ab diesem Zeitpunkt handelte es sich für die Behörden nicht mehr nur um verrückte Obskuranten. Der Verfassungsschutz verharmloste aber sogar in seiner (geleakten) Powerpoint-Präsentation noch immer: „Derzeit keine konkrete oder unmittelbare Gefährdung”, ist da zu lesen. Eine krasse Fehleinschätzung, wie dem Verfassungsschutz eigentlich nach dem Diebstahl bzw. der Veröffentlichung seiner Unterlagen dämmern müsste.
Mittlerweile häufen sich nämlich die Polizeieinsätze, bei denen die „Souveräne“ und Anhänger der „Freeman“ Verkehrskontrollen oder Pfändungsbescheide verweigern. Auch strafrechtliche Verfahren wegen des Verdachts der Wiederbetätigung, der Verhetzung oder auch simpel wegen der „Ansammlung von Kampfmitteln“ fallen in den Tätigkeitsbereich der „Souveräne“, „Freeman“-Fans usw.
Im Herbst 2015 wurde von einigen aus dem rechtsextremen Obsksuranteneck sogar ein „Staatenbund Österreich“ samt verfassunggebender Versammlungen aus der Taufe gehoben. Über das Internet-Radio „okitalk“ versorgen sie ihre Staatsbürger mit dem bewährten Mix aus antisemitisch inspirierten Verschwörungslegenden, Chemtrails, W‑LAN, RFID-Chips usw.
Der Verfassungsschutz hat sich anscheinend dafür entschieden, die diversen Gruppen aus dem Eck der rechtsextremen Staatsverweigerer und Obskuranten weiterhin zu ignorieren. Wie die „Krone“ (11.2.2016, Kärnten-Ausgabe) meldet, gibt es allein für Kärnten 50 problematische Fälle bei OPPT, die dort dem Verfassungsschutz gemeldet wurden: „Die meisten Mitglieder gelten als ‚typische’ Querulanten, bei einigen ist das Gefahrenpotenzial allerdings schwer einschätzbar.“
Weitere Infos über OPPT, Freeman usw.:
Verschwörer.at bzw. Unten rechts.