Einer der Unterschiede zwischen der FPÖ unter Jörg Haider und der Strache-FPÖ war, dass Haider, obwohl selbst Burschenschafter, den Einfluss und die Bedeutung der „Schlagenden“ innerhalb der FPÖ sukzessive zurückgedrängt hatte. Das entsprach auch dem Haider’schen Machtkonzept, neben sich keine weiteren fixen Machtzentren zu dulden. Strache war nach der Spaltung der FPÖ 2005 auf die Burschenschafter angewiesen. Während faktisch alle Gliederungen der FPÖ mit Spaltungstendenzen zu kämpfen hatten, bildeten die Verbindungen des deutschnationalen Lagers, darunter vor allem die Burschenschaften, den stabilen ideologisch fundierten Kern der Partei und ihr wichtigstes Rekrutierungsfeld für Spitzenfunktionen (die einzige Ausnahme unter den Burschenschaften war die Silesia in Wien, wo für einige Jahre FPÖ- und BZÖ-Sympathisanten „koexistierten“, bis gegenseitige Intrigen die Verbindung lahmlegten).
Die Ergebnisse unserer Recherche sind durchaus überraschend und eindeutig.
- Die wichtigste und finanziell am besten ausgestattete Landesorganisation, die FPÖ Wien, ist, so wie der Nationalrat, nach wie vor eine Bastion der Burschenschafter. Daran wird auch das Ergebnis der Landtags- bzw. Gemeinderatswahlen nicht viel ändern.
- Die neben Wien größten und politisch gewichtigsten Landesorganisationen Ober- und Niederösterreich haben zwar einen deutlich geringeren Anteil von Burschenschaftern in den Landtagen, sind aber in den Machtzentralen bestens mit Burschenschaftern abgesichert.
- In weiteren drei Bundesländern (Kärnten, Tirol, Salzburg) besetzen „Schlagende“ Spitzenpositionen.
- In Salzburg, wo sich ein Teil der Partei und fast alle Landtagsabgeordneten erst vor kurzem abgespalten haben, gibt es keine Korporierten im Landtag bzw. bei den Freiheitlichen mit Schnell. Der von Strache zum Retter der Landespartei auserkorene interimistische Landesvorsitzende Schöppl ist ein „Schlagender“. Die Spitzenfunktionen sollen mit Korporierten aufgefüllt werden.
Die Mitglieder von akademischen Burschenschaften (Dachverband Deutsche Burschenschaft) und pennalen Burschenschaften (Dachverband Österreichischer Pennäler-Ring) stellen das Gros der korporierten FPÖ-Mandatare.
Zur Ergänzung noch unsere Klassifikation:
Die Abkürzung „aB” steht für akademische Burschenschaft, „pB” für pennale Burschenschaft. Unter diesem Kürzel haben wir alle „deutschnational“ oder deutschvölkisch“ orientierten pennalen Verbindungen zusammengefasst. Für akademische Grenzlandsmannschaft steht „aGLM”, für ein akademisches Corps „aCorps”. Unter dem Begriff „Korporierte“ verstehen wir alle konfessionellen (in der Regel katholischen) oder „deutschvölkisch“ orientierten akademischen und nichtakademischen Verbindungen, unter „Schlagenden“ solche, die sich auch gelegentlich das Gesicht zersäbeln (nicht nur Burschenschafter sind „Schlagende“, konfessionelle sind jedoch keine „Schlagenden“).
MKV und K.Ö.St.V stehen für die eigentlich nicht dem deutschnationalen Lager zurechenbaren katholischen Studentenverbindungen und den Mittelschülerkartellverband.
Wir haben alle uns verfügbaren Quellen herangezogen, um die Zugehörigkeit zu einer Verbindung zu bestimmen. Dennoch können uns dabei Fehler unterlaufen sein. Wir ersuchen um entsprechende Hinweise!
Nationalrat (18 von 40 MandatarInnen sind bei Verbindungen, 14 Burschenschafter)
- Strache Heinrich pennV Vandalia Wien
- Karlsböck Andreas aB Aldania („Ehre –Freiheit –Vaterland“)
- Hafenecker Christian aB Nibelungia Wien
- Bösch Reinhard aB Teutonia Wien
- Stefan Harald aB Olympia Wien („Wahr und treu, kühn und frei!“)
- Schrangl Philipp aB OÖ Germanen Wien
- Rosenkranz Walter aB Libertas Wien („Freiheit-Ehre-Vaterland“)
- Kassegger Axel aB Germania Graz („Ehre-Freiheit-Vaterland“)
- Neubauer Werner pennV Teutonia Linz, pennV Gothia Meran
- Podgorschek Elmar pennV Germania Ried, aGLM Cimbria
- Höbart Christian pennV Tauriska Baden
- Hofer Norbert pennV Marko-Germania Pinkafeld
- Haider Roman pennV Donauhort Aschach
- Zanger Wolfgang pennV Austria Knittelfeld, aC Vandalia Graz
- Mölzer Wendelin aC Vandalia Graz, aC Suevia München
Mädelschafterinnen
- Kitzmüller Anneliese pennMädelschaft Sigrid zu Wien, aMädelschaft Iduna Linz
- Rosenkranz Barbara aGilde Edda
Mittelschülerkartellverband (MKV)
- Darmann Gernot k. ö St.V. Sponheim Wolfsberg (MKV)
Klubdirektor
Nemeth Norbert aB Olympia
Bundesrat (2 von 9 MandatarInnen sind Burschenschafter)
- Brückl Hermann pennV Scardonia Schärding
- Jenewein Hans Jörg pennV Nibelungia Wien, aB Silesia Wien (unklar)
EU- Abgeordnete (2 von 4 sind Korporierte)
- Obermayr Franz aC Alemannia Wien in Linz
- Mayer Georg aC Vandalia Graz
Landtag bzw. Gemeinderat Wien ( von 27 MandatarInnen sind 12 Burschenschafter)
- Gudenus Johann pennV Vandalia Wien
- Wansch Alfred aB Olympia
- Kowarik Dietbert aB Olympia
- Nepp Dominik aB Aldania
- Herzog Johann aB Aldania
- Ebinger Gerald aB Aldania
- Blind Armin aB Aldania
- Stark Rudolf aB Aldania
- Rösch Bernhard aB Gothia
- Günther Helmut aGLM Cimbria
- Jung Wolfgang pennV Albia Bad Ischl, aTafelrunde Wiking Wiener Neustadt
- Guggenbichler Udo pennV Hollenburg Ferlach, aB Albia, aB Arminia Graz
- Eisenstein Herbert K.Ö. St.V. Waldmark Horn (MKV)
Landtag Burgenland (von 6 Abgeordneten ist 1 Burschenschafter)
- Molnar Geza bezeichnete sich selbst als Mitglied einer schlagenden Studentenverbindung
Landtag Steiermark (von 14 Abgeordneten 2 oder 1)
- Deutschmann Gerald aB Marcho Teutonia Graz (unklar). Die „Kleine Zeitung“(11.5.2014) berichtet, dass die Burschenschafter in der FPÖ einen der ihren, nämlich Deutschmann, als FPÖ-Klubobmann im Landtag haben wollten.
- Hadwiger Gunter aFliegerschaft Wieland-Staufen Graz („Aufwärts, sonnenwärts – deutsch und treu“)
Landtag Kärnten (von 6 Abgeordneten ist 1 Burschenschafter)
- Leyroutz Christian (Klubobmann) aB Suevia Innsbruck (”Freiheit, Ehre, Vaterland”)
Landtag Tirol (von 4 Abgeordneten ab 1.10. 1 schlagender Verbindungsstudent)
- Abwerzger Markus (Landesparteivorsitzender) aSängerschaft Skalden
Landtag Vorarlberg (von 9 Abgeordneten ist 1 Mitglied einer pennalen Verbindung)
Kinz Hubert pennV Nibelungen Bregenz
Landtag Salzburg ( keine Burschenschafter im Landtag)
In Salzburg sind die Blauen gespalten. Im Landtag sitzen 6 blaue Abgeordnete. 5 von ihnen unterstützen die alte Parteiführung (Doppler / Schnell) , 1 den neuen, von Strache und der Bundespartei unterstützten FPÖ-LPO Andreas Schöppl, der ein Mitglied der akademischen Landsmannschaft der Salzburger zu Salzburg ist. Der will den schwächelnden Ableger der Bundespartei aufpäppeln, indem er Burschenschafter und Corps-Studenten in die Führungsspitze holt.
Landtag Oberösterreich (von 9 Abgeordneten sind 2 Korporierte)
- Steinkellner Günther (Klubobmann) aCorps Alemannia Wien in Linz
- Cramer Adalbert aCorps Hellas Wien
Auch der Landesparteiobmann und Landesrat Manfred Haimbuchner sowie der EU-Parlamentarier Franz Obermayr sind Mitglieder beim Corps Alemannia Wien in Linz (der Nazi und SA-Mann Horst Wessel war ebenfalls beim Corps Alemannia Wien). Der Klubdirektor der FPÖ im Landtag, Ferdinand Watschinger, ist Mitglied der aB Brixia Innsbruck.
Landtag Niederösterreich (von 4 Abgeordneten ist 1 Mitglied einer pennalen Verbindung)
- Landbauer Udo pennV Germania Wiener Neustadt
Ähnlich wie in Oberösterreich besetzen die Burschenschafter in NÖ aber die wichtigen Spitzenpositionen in der Partei. Landesparteiobmann (LPO) ist Walter Rosenkranz (aB Libertas Wien), geschäftsführender LPO Christian Höbart (pennV Tauriska Baden) und Landesparteisekretär Christian Hafenecker (aB Nibelungia Wien)