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Straches Cartoon: Antisemitismus nicht relevant?

Son­ja Ablin­ger, Abge­ord­ne­te der SPÖ, woll­te genau­er wis­sen, war­um die Staats­an­walt­schaft Wien nach Mona­ten die Anzei­ge gegen FPÖ-Obmann Stra­che wegen des Vor­wurfs der Ver­het­zung durch eine anti­se­mi­ti­sche Kari­ka­tur ein­ge­stellt hat. Sie stell­te eine par­la­men­ta­ri­sche Anfra­ge. Jetzt erhielt sie eine Ant­wort durch die Jus­tiz­mi­nis­te­rin, die nicht nur sie „baff“ mach­te. Im August 2012 hat­te Stra­che auf […]

2. Apr 2013

Im August 2012 hat­te Stra­che auf sei­nem Face­book-Kon­to eine Kari­ka­tur ver­öf­fent­licht, die die anti­se­mi­ti­sche Vari­an­te eines Car­toons dar­stellt, in dem das The­ma Ban­ken berei­chern sich mit­hil­fe von will­fäh­ri­gen Regie­run­gen auf Kos­ten des hun­gern­den Volks abge­han­delt wird. Der Car­toon, der laut Ablin­ger von einem kana­di­schen Kari­ka­tu­ris­ten stammt, wur­de in der Stra­che-Vari­an­te mit ent­schei­den­den Ver­än­de­run­gen bei der Figur des Ban­kers wie­der­ge­ge­ben: der sab­bern­de Ban­ker erhielt statt der Knol­len­na­se eine Haken­na­se, die vor­her motiv­lo­sen wei­ßen Man­schet­ten­knöp­fe David­ster­ne und das – vor­her aus­drucks­lo­se – Auge einen ste­chen­den Blick, mit dem das Gegen­über hun­gern­des Volk fixiert wird.

Die Stra­che-Vari­an­te der Kari­ka­tur zielt ein­deu­tig auf anti­se­mi­ti­sche Emo­tio­nen ab – sie weicht auch nur in die­sen Kri­te­ri­en vom Ori­gi­nal ab. Das hat kein Gerin­ge­rer als Andre­as Möl­zer, der EU-Abge­ord­ne­te der FPÖ erkannt, der gegen­über dem „Stan­dard“ dazu erklär­te: „….Wenn man es genau­er mit dem his­to­risch kun­di­gen Auge betrach­tet, dann macht man Stopp”. Und wei­ter: „Das gel­te „nicht nur wegen der Knöp­fe” am Ärmel eines dar­ge­stell­ten fet­ten Ban­kers in Form von Juden­ster­nen, „son­dern schon wegen der gan­zen Phy­sio­gno­mie” (Stan­dard, 12.9.2012). Die Zustim­mung zur anti­se­mi­ti­schen Kom­po­nen­te unter den Stra­che-Fans auf Facebook.


Anti­se­mi­ti­sche Kari­ka­tur auf Stra­ches Face­book-Sei­te und zum Ver­gleich die — eben­falls pro­ble­ma­ti­sche — ori­gi­na­le Kari­ka­tur auf Stra­ches Facebook-Seite:

Die Reak­ti­on auf den anti­se­mi­tisch ver­än­der­ten Car­toon war in der media­len Öffent­lich­keit ein­deu­tig. Nie­mand woll­te den von Stra­che vor­ge­brach­ten Ent­las­tungs­ver­su­chen Glau­ben schen­ken die im Gegen­teil als „beson­ders dümm­lich“ (Chris­ti­an Ult­sch, „Die Pres­se“ 2.9.2012) bezeich­net wur­den. Bun­des­prä­si­dent Fischer sah in dem Stra­che-Car­toon eine „fei­ge Spe­ku­la­ti­on mit Über­res­ten des Anti­se­mi­tis­mus“ und ein Vor­arl­ber­ger FPÖ- Bür­ger­meis­ter trat aus Pro­test gegen den Car­toon aus der Par­tei aus.

Die Ant­wort der Jus­tiz­mi­nis­te­rin macht des­halb zunächst ein­mal tat­säch­lich „baff“.

„Das Ermitt­lungs­ver­fah­ren wur­de mit der wesent­li­chen Begrün­dung ein­ge­stellt, dass durch die in der Anfra­ge genann­te Kari­ka­tur nicht gegen die Gesamt­heit der jüdi­schen Bevöl­ke­rung gehetzt wur­de, son­dern – wie sich aus dem die Kari­ka­tur beglei­ten­den Text ergab – Kri­tik an der öster­rei­chi­schen Bun­des­re­gie­rung und dem von die­ser beschlos­se­nen Euro-Ret­tungs­schirm geübt wer­den soll­te, sodass schon der objek­ti­ve Tat­be­stand des § 283 Abs. 2 StGB nicht erfüllt wur­de. Die­se Rechts­an­sicht wird von der zustän­di­gen Fach­ab­tei­lung im Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Jus­tiz geteilt. Die Ein­ho­lung exter­ner Gut­ach­ten war im Hin­blick auf die Rechts­la­ge nicht gebo­ten“, heißt es in der Ant­wort zu den Fra­gen 1, 3 und 6.

Inter­pre­tiert für Nor­mal­sterb­li­che: es mag zwar Anti­se­mi­tis­mus im Spiel gewe­sen sein bei dem Car­toon, da er sich aber nicht gegen alle Juden (als Grup­pe), son­dern „nur” gegen einen Ban­ker gerich­tet habe und der beglei­ten­de Text zudem nur Kri­tik an der Bun­des­re­gie­rung ent­hal­te, sei der Tat­be­stand der Ver­het­zung nach § 283 Abs. 2 des Straf­ge­set­zes nicht erfüllt.

Die gra­fi­schen Ver­än­de­run­gen des Ori­gi­nal-Car­toons durch die von Stra­che gezeig­te Ver­si­on hal­ten Jus­tiz­mi­nis­te­ri­um und Staats­an­walt­schaft „für die Ent­schei­dung nicht wesent­lich“!

Die­se Igno­ranz macht nicht nur „baff“, son­dern auch wütend!