Linz: Hitlergruß und Pöbeleien gegen Journalist*innen im FPÖ-Bierzelt bei Kickl und Co
Wien: Ermittlungen gegen blaue Ex-Führungsriege mitsamt Kickl in der Inseratenaffäre
Landeck/T: Apotheker mit Vorgeschichte vor Gericht
Linz: Hitlergruß und Pöbeleien gegen Journalist*innen im FPÖ-Bierzelt bei Kickl und Co
Die wahlkämpfende FPÖ-Obrigkeit sprach auch heuer bei der blauen Bierzelt-Maiveranstaltung am Linzer Urfahranermarkt. Reden steuerten FPÖ-Chef Kickl, FPÖ-EU-Mann Harald Vilimsky und der oberösterreichische FPÖ-Chef Manfred Haimbuchner bei.
Kickl inszenierte sich gewohnt als Rebell und Opfer; er sei der „Staatsfeind Nummer eins“ und der künftige „Volkskanzler“. Sämtliche der aktuellen Propagandaslogans der extremen Rechten waren Teil seiner Agitation: So wetterte er gegen „Klima-Kommunismus“, „Regenbogenkult“ und „Völkerwanderer“. Für sein Bekenntnis zu „Remigration“ – vulgo: Massendeportation – erntete er Applaus im Bierzelt. Auch an die antisemitischen Ressentiments seiner Fans appellierte er, als er davon raunte, Österreich dürfe nicht zum „Hampelmann der Globalisten“ werden. Der verkürzte, völkische Antikapitalismus ist freilich trotzdem konsequent auf der Seite des Kapitals – in Kickls vulgärer Diktion kam das etwa zum Ausdruck, als er sozialdemokratische Vorschläge zur Arbeitszeitverkürzung als „Untergang des Unternehmertums“ halluzinierte.
Die Hetze der blauen Redner zeitigte naheliegende Konsequenzen: Ein Fan pöbelte einen Redakteur vom ADR im Bierzelt an. FPÖ-EU-Kandidat Harald Vilimsky hatte in seiner Rede zuvor gegen die „deutschen Propagandasender ARD und ZDF“ gehetzt. Denselben Pöbler hatte Kickls Rede dann offenbar so ergriffen, dass er im Anschluss an Kickls Rede während des gemeinschaftlichen Absingens der Bundeshymne laut meinbezirk.at (1.5.24) auf eine Bierbank stieg, den Hitlergruß tätigte und „Österreich“-Rufe von sich gab.
Dass diese Vorfälle in der Medienberichterstattung so gut wie nicht vorkamen, ist erstaunlich, schließlich zeigen sie nicht nur wie nahe Hetze und Handgreiflichkeit beieinander liegen können, sondern auch, wie schnell die demagogische Verwendung von NS-Vokabeln („Volkskanzler“) zu direkter NS-Wiederbetätigung führen kann. Kurz: Die braunen Fans hören genau was Kickl sagt.
Ergriffen waren übrigens nicht nur der Hitlergrüßer, sondern auch die schunkelnden blauen Patrioten*innen beim Singen der Bundeshymne. Mit dem Text taten sich dennoch manche schwer:
Wenn die Oberpatrioten der #FPÖ nicht einmal den Text der ersten Strophe der Bundeshymne hinkriegen: „Land der Äcker zukunftsreich” pic.twitter.com/jQDTyL9nNg
— stopptdierechten.at (@stopptrechte) May 2, 2024
Wien: Ermittlungen gegen blaue Ex-Führungsriege mitsamt Kickl in der Inseratenaffäre
Im Ermittlungskomplex der Inseratenaffäre geht es bekanntlich hauptsächlich um die ÖVP und die Machenschaften der Clique um Ex-Kanzler Sebastian Kurz. Nun rückt auch die blaue Politik jener Zeit in den Fokus:
Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hat ein Ermittlungsverfahren gegen Ex-FPÖ-Chef und Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache sowie gegen die einstigen blauen Minister Mario Kunasek, Herbert Kickl, Norbert Hofer und Beate Hartinger-Klein eingeleitet. (derstandard.at, 29.4.24)
So soll Vizekanzler Strache dem Fellnerschen Boulevardmedium „Österreich“ mit einem „Inseratenstopp“ gedroht haben, weil dort dem Ex-FPÖler Ewald Stadler eine Bühne in Talkformaten geboten wurde.
Seinen blauen Parteikollegen schrieb Strache zuvor laut Chats, man solle Fellner „nicht mit Inseraten füttern, damit er permanent (…) FPÖ-Hasser einlädt“. Wenig später schrieb der Vizekanzler: „Bitte weiter bei Fellner schalten. Wir haben es geklärt! Er kommt uns entgegen.“ (Ebd.)
Die Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien ordnete ein Ermittlungsverfahren am 18.4. an, nachdem die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) das Verfahren eigentlich einstellen wollte. Die Anordnung kam mit einiger Dringlichkeit, denn eine Verjährung der mutmaßlichen Vergehen stand im Raum.
Den ehemaligen Regierungsmitgliedern Hartinger-Klein (Gesundheit), Herbert Kickl (Inneres), Mario Kunasek (Verteidigung) und Norbert Hofer (Verkehr) wird vorgeworfen, auf Parteichef Straches Geheiß Inseratenschaltungen in ihren jeweiligen Ressorts in Auftrag gegeben zu haben. Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung. (Ebd.)
Ausführliche Nachlese: „Standard“ (29.4.24).
Landeck/T: Apotheker mit Vorgeschichte vor Gericht
Am 29.4. musste sich ein Apotheker vor Gericht verantworten, der bereits 2017 für Aufsehen sorgte. Damals musste der Mann seinen Hut als FPÖ-Funktionär nehmen, weil seine NS-Devotionaliensammlung publik geworden war: Er zog sich aus dem Landesvorstand der Tiroler FPÖ zurück und wurde dann auch aus der Partei ausgeschlossen. Was blieb, war seine Apotheke. Im Herbst 2021 wurden Ermittlungen gegen den Mann wegen des Verdachts auf gefälschte Impfzertifikate eingeleitet. Und eben darum ging es bei der aktuellen Verhandlung.
Konkret hatte er etlichen Personen, die eine Covid19-Impfung verweigerten, eine Kochsalzlösung „geimpft“ und dafür ein Fake-Zertifikat ausgestellt.
In seiner Apotheke in Landeck sind damals insgesamt 129 Menschen „geimpft“ worden. Menschen, die bewusst nach Landeck pilgerten, um sich nicht korrekt impfen zu lassen und dennoch ein Impfzertifikat zu erhalten. (orf.at, 29.4.24)
Der erstangeklagte Apotheker, der sich während der Verhandlung geständig zeigte, stand mit drei weiteren Involvierten vor Gericht: eine Apothekenmitarbeiterin, eine Ärztin und ein Arzt.
Der Apotheker wurde nicht rechtskräftig zu einer Geldstrafe über 12.000 Euro verurteilt. Die anderen kamen mit einer Diversion davon und müssen lediglich ein Bußgeld sowie die Gerichtskosten bezahlen.