Wer will mich?
Die Stimmung sei mies, wie aus internen Schreiben hervorginge, berichtet die Antifa Meran. Aus der Sicht der veranstaltenden Burschenschaften nachvollziehbar: Nachdem antifaschistische Proteste zu einer Ausladung durch die Gemeinde Algund geführt hatte, zeigten sich die Burschen zwar maximal empört, drohten Klagen an, richteten damit jedoch nichts aus: Algund wollte die rechtsextreme Gesellschaft nicht bei sich sehen. Also musste für das letzte Wochenende an Alternativen gebastelt werden, was zumindest in Südtirol nur schwer gelang.
Wie heute bekannt wurde, hatten mehrere Gaststätten im Meraner Raum entsprechende Anfragen bekommen – und abgelehnt. Auch ein Lokal in Marling hatte einer Reservierungsanfrage zunächst zugesagt, da die Rechtsextremen mit falschem Namen aufgetreten waren. Nachdem die Betreiber:innen auf die Hintergründe aufmerksam wurden, luden sie die Burschenschafter wieder aus: „Wir wollen mit derartigen Gruppen nichts zu tun haben und distanzieren uns“, hieß es auf Nachfrage. (antifameran.noblogs.org, 15.9.23)
Getrenntes Besäufnis
Was schlussendlich von der Verbandstagung blieb, war ein Vortreffen am Freitag-Abend statt in Südtirol bei der Burschenschaft Cimbria in München. Ein paar wenige Burschen fanden in einem Lokal im Passeiertal Unterschlupf.
Die „Verbandsratssitzung“ fand am 15. September im Lokal „Sandwirt“ statt, dem Geburtshaus von Andreas Hofer im Passeiertal. Dort wurde auch für rund 30 „Burschenschafter“ ein „Begrüßungsabend“ ausgerichtet, während die freitägliche Hauptveranstaltung auf der anderen Alpenseite im Haus der „Münchener Burschenschaft Cimbria“ stattfand.
Mit Bussen wurden die „Burschen“ am 16. September nach Südtirol gekarrt. Doch es dürften insgesamt unter hundert an dem als „Tirolkommers“ betitelten ritualisierten Besäufnis teilgenommen haben. Der „Kommers“ fand im Vereinshaus von Marling/Marlengo statt, einem Dorf unweit von Meran. Die DB hatte das Haus unter dem Vorwand angemietet, dort an dem Abend einen „deutsch-italienischen Kulturverein“ gründen zu wollen. (autonome-antifa.org, 16.9.23)
Beim Tirolkommers am Samstag zeigte sich neben den Burschen auch die Tiroler FPÖ-Landtagsabgeordnete Gudrun Kofler. Die bekämpft zwar den italienischen Faschismus Marke Meloni, gegen den hausgemachten Rechtsextremismus hat sie allerdings nichts einzuwenden.
Zwei Razzien im Vorgang
Letzten Donnerstag (14.9.23) rückte in Würzburg die Polizei aus und in die Räumlichkeiten der Teutonia Prag ein. Freundschaftsbesuch war es keiner. Der Vorwurf: Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und Volksverhetzung. Die Prager Teutonen waren bereits in der Vergangenheit auffällig geworden, „Nachbarn klagen über laute Musik aus dem Haus der Studentenverbindung Prager Teutonia zu Würzburg. Von volksverhetzendem Rechtsrock ist die Rede. Auch ‚Sieg Heil‘-Rufe sollen die Burschenschaftler nachts ins Wohngebiet grölen“, berichtete die Mainpost vor drei Jahren (18.7.20, S. 25). Ein Video von BR24 zeigt, wie Polizisten Kisten aus dem Teutonen-Haus tragen; es seien Schriftstücke und Datenträger beschlagnahmt worden.
Die Razzia dürfte auch in Wien und Graz mit besonderem Interesse verfolgt worden sein, zumal die Prager Teutonen zusammen mit der Albia Wien und der Arminia Graz im „Schwarz-Rot-Goldenen Kartell“ organisiert sind – sich also besonders nahestehen. Im Frühjahr war nach einer Anzeige die Albia Wien wegen des Verdachts auf Wiederbetätigung durchsucht worden. Warum erst so spät – die Anzeige kam bereits im August 2022 – und weitere Details mochte der Innenminister im Zuge einer parlamentarischen Anfrage der Grünen allerdings nicht beantworten. Mehr als ein Jahr nach der Anzeige ist auch nichts über etwaige Ermittlungsergebnisse bekannt.
Es fragt sich jedoch, was bei den Alben über die Teutonen aufgestöbert wurde und nun bei den Teutonen über die Alben. Schwer anzunehmen ist jedenfalls, dass die Durchsuchung in Würzburg die gute Laune beim Tirolkommers in Südtirol nicht gerade befördert haben dürfte.