Schlaglichter auf einige Referent*innen der Volition
Ein geteilter Bezug zu Verschwörungsphantastik und Esoterik verbindet die geladenen Redner*innen der „Volition“. Darunter befindet sich auch der niederösterreichische Trickkünstler Riccardo Leppe, über dessen Aktivitäten – darunter auch die Verbreitung der „Germanischen Neuen Medizin“ oder der braunesoterischen „Anastasia“-Ideologie – wir vor kurzem berichtet haben. Außerdem ist der österreichische Ökonom Franz Hörmann angekündigt, der seit vielen Jahren in der Szene umtriebig ist (u.a. bei der „Antizensurkonferenz“ des Schweizer Sektengurus Ivo Sasek oder dem rechtsextremen Medienprojekt „AUF1“) und auch schon in etlichen Formaten mit den erwähnten Akteur*innen zu sehen war.
Der deutsche Aktivist Veikko Stölzer erreicht über seinen Telegram-Kanal „Veikko aka Son Go Q“ immerhin beinahe 67.000 Abonnent*innen, die er, wie der Name nahelegt, u.a. mit Verschwörungsmythen aus der QAnon-Szene versorgt. Wie alle der Erwähnten ist er offen anti-links und anti-liberal; ein Post mit QAnon-Verweis macht das sehr deutlich – diese Einsicht ist wichtig, weil sie die oft kolportierte Annahme, Esoteriker*innen mit verschwörungsmythischem Einschlag verstünden sich selbst als irgendwie eher linke Hippies, klar widerlegt.

Das hier vorgestellte Milieu ist ein stramm rechtes, in jeder Hinsicht. Das zeigen auch Stölzers Auftritte im reichsbürgerlichen Milieu, zuletzt in Worbis (Thüringen) im Zuge eines Vernetzungstreffens, bei dem vier Haftbefehle vollstreckt wurden und Personen anwesend waren, die dem Umfeld der wegen des Verdachts auf Rechtsterrorismus im Dezember 2022 hochgenommen „Patriotischen Union“ rund um Prinz Reuß zuzurechnen sind.
Die Rechtslastigkeit betrifft ebenfalls den deutschen YouTube-Schwurbler Robin Kaiser (31.500 Follower), der auch bei der „Volition“ auftreten wird und auf dessen rhetorische Inszenierung ein genauerer Blick lohnt. Mit schwer erträglicher Guru-Attitüde verbreitet der junge Mann allerlei Unsinn mit rechtsextremer Schlagseite. Darunter auch spirituell eingenebelte, prorussische Propaganda, etwa im Video „Machtwechsel auf Erden“: Im Vergleich zu den „westlich indoktrinierten Ländern, deren Kultur stückweise zersetzt wurde“ habe das russische Feld „in seiner Kultur noch eine wesentlich tiefere spirituelle Verwurzelung“. Es spiele daher eine wichtige Rolle bei der Rückkehr zu einem „natürlich spirituellen Selbstverständnis des Menschen“. Die USA figurieren hier freilich als die „größten Kriegstreiber der Welt“, als Zentrum einer „künstlich aufgesetzten Zivilisation“.
In dem Video „Die Abschaffung der menschliche Uridee“ halluziniert Kaiser von einer „transhumanistischen Agenda“, die natürlich von einer weltbeherrschenden Macht orchestriert wird. Zur angeblichen Agenda zählen allerlei Stichworte der „normalen“ extremen Rechten, etwa die „Abschaffung der Geschlechter, der Transgender-Kult“, außerdem die Abschaffung von Staaten („One World Order“), Kulturen, Währungen, Sprachen und der Familie. So plump ist der erleuchtete Rechtsextremismus, wenn er seine Ängste referiert!

Im Video „Geld aus spiritueller Sicht“ bezeichnet Kaiser das Geldsystem als „schwarzmagische Wertschöpfung“ und als ein „satanisches System“ von „künstlichen Werten“. Der permanent fokussierte Kontrast von „natürlich“ versus „künstlich“ und die Behauptung, Wertschöpfung sei „parasitär“, verweisen auf die Ursuppe des modernen Antisemitismus, wo Juden und Jüdinnen als Strippenzieher eines magischen Geld- und Finanzsystems vorgestellt werden, das einem angeblich organischen und produktiven Kapitalismus entgegengesetzt wird.
Kaisers Tipp gegen Geldprobleme solcher Art: „Verfolgt die Quelle des Geldes energetisch bis zum Ursprung und schaut direkt in das in die Pyramide eingesperrte allsehende Auge.“ Tut man dies, könne man die destruktive Bestimmung des Geldes „umprogrammieren“. Denn Geld werde eben auch „magisch geprägt“ und nur wer dies „in der Schwingungssignatur klar wahrnehmen und auflösen kann, wird eine heilsame Beziehung zu Geld aufbauen können“.
An diesem Unsinn wird etwas sichtbar: Der rechtsesoterische Jargon versöhnt stets einen pathetisch aufgeladenen Gut-Böse-Maximalismus (Satanismus vs. Erleuchtung) mit der Spießigkeit seiner Zielgruppe (eine „heilsame Beziehung zu Geld haben“). Abgelenkt wird von diesem Widerspruch mit einem Gewitter aus plattesten Kalendersprüchen: „Nichts macht so arm wie Neid“ oder „Verkaufe dich nicht unter deinem Wert“.
Reaktionäre Geschlechterideologie als Scharnier
Eine ideologisch ähnlich große Rolle wie die daueroffene Flanke hin zum Antisemitismus spielt das Bestehen auf eine vermeintlich natürliche Geschlechtlichkeit. Der Antifeminismus fungiert hier, ganz wie im Rest der extremen Rechten, als milieuübergreifende Scharnier- und Mobilisierungsideologie – von konservativ bis zu braun. Die bereits erwähnten Veranstalter der „Volition”, Michael Bauder und Carsten Pötter, zeigen in einem YT-Gespräch über „Weiblichkeit“, welche sexistischen Ausmaße das annehmen kann.

Duale, also „natürliche“ Geschlechtlichkeit (Mann und Frau) überhöhen und totalisieren die beiden Männer derartig grotesk, dass sie zu der Behauptung kommen, von „die“ Sonne und „der“ Mond zu sprechen, sei eigentlich „falsch“ – denn der Mond sei ja eigentlich weiblich und die Sonne männlich. Sie versuchen das tatsächlich auch in ihrem Gespräch so beizubehalten.
Zur Hyper-Vergeschlechtlichung kommt die ständige Mutmaßung, dass etwas „Ursprüngliches“ verloren gegangen sei. So sei den Frauen „ursprüngliches Wissen“ „über Jahrzehnte abtrainiert worden“. Und Pötter meint weiter: Deswegen brauche es heute „Spezialisten wie Gynäkologen, wie Ultraschall, wie regelmäßige Untersuchungen, ob das Kind ohne Mangel antritt – das sind ja alles Dinge, die vor hundert oder hundertzwanzig Jahren von der Frau selbst gewusst wurden.“ Jeder Ultraschall sei „ein Eingriff in den Prozess des Wachstums“. Eingedenk der durch die moderne Medizin stark gesunkenen Mortalitätsrate bei Säuglingen gleicht Pötters Ansatz einem massiven Rückschritt bei sozial- und gesundheitspolitischen Errungenschaften.
Das Geschwurbel kommt immer in einem wissenschaftsimitierenden Jargon daher, der sich kaum die Mühe macht, Sinn zu ergeben. Wieder Pötter: Männer „können aussehen wie George Clooney, aber wenn die nicht in der Lage sind, die Schwächen der Frau auf der immunologischen Ebene auszugleichen, können sie aussehen, wie sie wollen, sie werden keinen Stich landen.“ So sollen Frauen qua ihrer Gebärmutter erkennen können, welcher Mann der richtige Zeugungspartner ist. Ob dieser Fähigkeit könne man sagen, „dass das Weib das Upgrade ist“, lacht darauf Bauder.
Nachdem Frauen im esoterisch-biologistischen Sermon auf bloße Naturfunktionen runterreduziert sind, kommt Bauder – der ständig nur von „Weib“ und „Weibern“ spricht – dazu festzuhalten, was „die Weiblichkeit letztendlich tatsächlich braucht“, und das ist „Schutz, die Ritterlichkeit … all das, was dazu da [ist], die Weiblichkeit zu schützen, damit sie ihren Job machen kann“. Männer stünden für das „Haus“, und da gehöre die Frau dazu. Mehr noch: Die Frau sei auch Teil des Mannes – deshalb heiße es „der“ Mann, aber „das“ Weib – damit sei „das natürliche Prinzip auch sprachlich dargestellt“ worden. So sei das ursprünglich konzipiert gewesen, und das habe natürlich nichts mit Abwertung zu tun. Pötter ergänzt diese extreme sexistische Abwertung: „Männlich ist außerhäuslich und Weiblich innerhäuslich; damit wird klar, wer wo was zu tun hat.“
Auch hierbei handelt es sich, wie bei Kaiser oben beschrieben, um jene „normale“ rechte – also bürgerlich-reaktionäre – Wunschvorstellung einer harmonischen „organischen“ Gesellschaft, wo alle ihren qua Natur zugewiesenen Platz haben, wo es keine Konflikte, Ambivalenzen und Ambiguitäten gibt. Dieses plumpe Bild ergibt sich immer, wenn man hinter den aufgeblähten Obskurantismus der Rechtsesoterik blickt.
➡️ Teil 1: Ein Blick auf Format und Organisator*innen